TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 I401 2223225-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I401 2223225-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Nigeria alias Ghana, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , vom 31.03.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 10.02.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit Fluchtmotiven bezogen auf den Herkunftsstaat Ghana begründete. Er sei dort landesweit von einem einflussreichen Politiker verfolgt worden, weil er dessen Sohn geschlagen habe.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 01.08.2019 wurde dieser Antrag abgewiesen und - nach Durchführung einer Sprachanalyse - festgestellt, dass der Beschwerdeführer aus Nigeria stamme. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.09.2019, I422 2223225-1/4E, als unbegründet abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 04.03.2020, Ra 2019/18/0434, die vom Beschwerdeführer eingebrachte außerordentliche Revision zurück und bestätigte damit die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer stamme nicht aus Ghana, sondern aus Nigeria.

2.1. Am 09.11.2019 wurde der Beschwerdeführer durch Beamte der Landespolizeidirektion Wien festgenommen und verhängte das Landesgericht XXXX über ihn wegen Verdachtes der Suchtmitteldelinquenz am 11.11.2019 die Untersuchungshaft.

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 28.11.2019 wurde ihm die Einleitung eines Rückkehrentscheidungsverfahrens samt der beabsichtigten Verhängung eines Einreiseverbotes zur Kenntnis gebracht. Er nahm zu seinen persönlichen Verhältnissen am 12.12.2019 (in einem in englischer Sprache verfassten Schreiben) Stellung.

2.2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 25.02.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, § 15 StGB und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten, davon 14 Monate bedingt, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Bei der Strafbemessung wurde das reumütige Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel bzw. die Unbescholtenheit, die teilweise Sicherstellung von Suchtgift sowie, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd, als erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen, die Faktenvielzahl sowie der kurze Tatzeitraum gewertet.

Am 30.03.2020 wurde der Beschwerdeführer nach Verbüßen von zwei Dritteln seiner Haftstrafe aus der Strafhaft entlassen und am selben Tag über ihn gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft verhängt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.04.2020, W117 2230079-1/17E, wurde im Spruchpunkt A) I. die Anhaltung in Schubhaft von 30.03. bis 06.04.2020 für rechtswidrig erklärt, da es der dem Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung (wegen Fehlens einer Unterschrift bzw. Amtssignatur) an der Bescheidqualität gemangelt habe. Die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Haft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung lägen aber vor (Spruchpunkt A) II.).

2.3. Zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot wurde der Beschwerdeführer am 19.02.2020 niederschriftlich einvernommen.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 31.03.2020 erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.).

2.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 09.04.2020 (beim Bundesamt eingelangt am 14.04.2020) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Moniert wurde, dass sich das Bundesamt unzureichend mit der Herkunft des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe. Der Beschwerdeführer stamme nicht aus Nigeria, sondern sei Staatsangehöriger von Ghana. Generell habe es das Bundesamt unterlassen, dem Beschwerdeführer Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat Ghana zur Kenntnis zu bringen und mangle es daher an nachvollziehbaren Ermittlungen zur Rückkehrsituation. Auch seien keine Ermittlungen zur Covid-19 Pandemie im Herkunftsstaat getroffen worden. Dem Bundesamt sei außerdem vorzuwerfen, dass es bei der Erlassung des Einreiseverbotes keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes vorgenommen und die vermeintlich vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft habe. Ausführungen zur Dauer des Einreiseverbotes würden ebenso fehlen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der oben widergegebene Verfahrensgang als Sachverhalt festgestellt.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Das Bundesverwaltungsgericht stellte in seinem den Antrag auf internationalen Schutz abweisenden Erkenntnis vom 16.09.2019 zur Person des Beschwerdeführers folgenden Sachverhalt fest:

„Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum katholischen Glauben. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest; es handelt sich um eine Verfahrensidentität. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Schulbildung und arbeitete in seinem Heimatland als Mechaniker für Generatoren. Er ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder leben nach wie vor im Herkunftsstaat. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären und maßgeblichen privaten Kontakte. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Er ist nicht Mitglied in einem Verein und besuchte keinen Deutschkurs. Er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer weist keine tiefgreifenden und maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, kultureller oder beruflicher Hinsicht auf. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.“

Seither haben sich folgende Änderungen ergeben:

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist nigerianischer Staatsangehöriger, trägt den im Rubrum der gegenständlichen Entscheidung erstgenannten Vor- und Nachnamen und ist am erstgenannten Datum geboren.

Der Beschwerdeführer wurde am 25.02.2020 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach dem Suchtmittelgesetz zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt, verbüßte seine Haftstrafe in einer Justizanstalt und ist gegenwärtig in Schubhaft. Er bezieht daher keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Im in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis nach der erhobenen Schubhaftbeschwerde wurde zur Person des Beschwerdeführers außerdem festgestellt:

„Der Beschwerdeführer würde aufgrund der Unmöglichkeit der legalen Arbeitsaufnahme und des Entfalls staatlicher Versorgungsmittel (infolge des rechtskräftigen Abschlusses des Asylverfahrens) und aufgrund seines bisherigen Verhaltens (13!! strafbare Handlungen mit den besonders gefährlichen Substanzen Kokain und Heroin während nicht einmal eines Jahres!!) mit großer Wahrscheinlichkeit in Freiheit wieder „gewerbsmäßigen Drogenhandel“ zur Bestreitung seines Unterhaltes betreiben, hatte er doch auch schon mit Drogen gehandelt, obwohl er parallel dazu staatliche Leistungen aus der Grundversorgung bezog.

Daran knüpft sich wiederum die exorbitant hohe Gefahr des Untertauchens, um der kommenden Strafverfolgung zu entgehen, was wiederum erheblichste Fluchtgefahr im gegenständlichen Fall nach sich zieht. (Schlussfolgerung aus den Sachverhaltselementen).“

Der Beschwerdeführer wurde wegen eines am 14.04.2020 begonnenen Hungerstreiks am 28.04.2020 infolge der dadurch erwirkten Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen.

1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 31.03.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Zur (auszugsweise wiedergegeben) Lage im Herkunftsstaat (mit Angaben der Quellen):

Politische Lage

Nigeria ist in 36 Bundesstaaten (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018; AA 9.2018a; GIZ 4.2019a) und einen Bundeshauptstadtbezirk sowie 774 Local Government Areas (LGA/Bezirke) untergliedert. Die Bundesstaaten werden von direkt gewählten Gouverneuren regiert (AA 12.10.2018; vgl. AA 9.2018a; GIZ 4.2019a). Sie verfügen auch über direkt gewählte Parlamente (AA 9.2018a).

Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die am System der USA orientierte Verfassung enthält alle Attribute eines demokratischen Rechtsstaates (inkl. Grundrechtskatalog, Gewaltenteilung). Dem starken Präsidenten – zugleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte – und dem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber (AA 10.12.2018; vgl. AA 9.2018a). Die Verfassungswirklichkeit wird von der Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und von den direkt gewählten Gouverneuren dominiert. Der Kampf um politische Ämter wird mit großer Intensität, häufig auch mit undemokratischen, gewaltsamen Mitteln geführt. Die Justiz ist der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt (AA 10.12.2018).

Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich meist an Führungspersonen, ethnischer Zugehörigkeit und vor allem strategischen Gesichtspunkten. Parteien werden primär als Zweckbündnisse zur Erlangung von Macht angesehen. Politische Führungskräfte wechseln die Partei, wenn sie andernorts bessere Erfolgschancen sehen. Entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 10.12.2018).

Bei den Präsidentschaftswahlen am 23.2.2019 wurde Amtsinhaber Muhammadu Buhari im Amt bestätigt (GIZ 4.2019a). Er erhielt 15,1 Millionen Stimmen und siegte in 19 Bundesstaaten, vor allem im Norden und Südwesten der Landes. Sein Herausforderer, Atiku Abubakar, erhielt 11,3 Millionen Stimmen und gewann in 17 Bundesstaaten im Südosten, im Middle-Belt sowie in der Hauptstadt Abuja (GIZ 4.2019a; vgl. BBC 26.2.2019). Die Wahlbeteiligung lag mit 36 Prozent deutlich niedriger als 2015. Überschattet wurden die Wahlen von gewaltsamen Zwischenfällen mit mindestens 53 Toten (GIZ 4.2019a).

Die Opposition sprach von Wahlmanipulation. Am 18.3.2019 focht Abubakar das Ergebnis aufgrund von Unregelmäßigkeiten vor dem Obersten Gerichtshof an. Das Verfahren muss gemäß den gesetzlichen Vorgaben innerhalb von 180 Tagen bis spätestens Mitte September abgeschlossen werden. Die Aussichten, dass die Beschwerde Erfolg hat, sind gering. So hatte Präsident Buhari nach den Wahlen von 2003, 2007 und 2011 als Oppositionskandidat ebenfalls vergleichbare Beschwerden eingelegt und diese verloren (GIZ 4.2019a).

Am 9.3.2019 wurden Wahlen für Regionalparlamente und Gouverneure in 29 Bundesstaaten durchgeführt. In den restlichen sieben Bundesstaaten hatten die Gouverneurswahlen bereits in den Monaten zuvor stattgefunden. Auch hier kam es zu Unregelmäßigkeiten und gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 4.2019a). Kandidaten der APC von Präsident Buhari konnten 15 Gouverneursposten gewinnen, jene der oppositionellen PDP 14 (Stears 12.4.2019).

Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen – wenn auch weitgehend informellen – Einfluss. Sie gelten als Kommunikationszentrum und moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein (AA 9.2018a).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-        AA - Auswärtiges Amt (9.2018a): Nigeria - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205844, Zugriff 7.11.2018

-        BBC News (26.2.2019): Nigeria Presidential Elections Results 2019, https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-f0b25208-4a1d-4068-a204-940cbe88d1d3, Zugriff 12.4.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 11.4.2019

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

-        Stears News (12.4.2019): Governorship Election Results, https://nigeriaelections.stearsng.com/governor/2019, Zugriff 12.4.2019

Sicherheitslage

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien (AA 10.12.2018). Im Wesentlichen lassen sich mehrere Konfliktherde unterscheiden: Jener von Boko Haram im Nordosten; jener zwischen Hirten und Bauern im Middle-Belt; sowie Spannungen im Nigerdelta (AA 10.12.2018; vgl. EASO 11.2018a) und eskalierende Gewalt im Bundesstaat Zamfara (EASO 11.2018a). Außerdem gibt es im Südosten zwischen der Regierung und Igbo-Gruppen, die für ein unabhängiges Biafra eintreten, (EASO 11.2018a; vgl. AA 10.12.2018), sowie zwischen Armee und dem Islamic Movement in Nigeria (IMN) Spannungen (EASO 11.2018a). Die 2017 deutlich angespannte Lage im Südosten des Landes („Biafra“) hat sich mit dem Eingriff des Militärs und der mutmaßlichen Flucht des Anführers der stärksten separatistischen Gruppe IPOB derzeit wieder beruhigt (AA 10.12.2018).

In den nordöstlichen Bundesstaaten Adamawa, Borno, Gombe und Yobe kommt es häufig zu Selbstmordanschlägen (BMEIA 12.4.2019). Außenministerien warnen vor Reisen dorthin sowie in den Bundesstaat Bauchi (BMEIA 12.4.2019; vgl. AA 12.4.2019; UKFCO 12.4.2019). Vom deutschen Auswärtige Amt wird darüber hinaus von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten (AA 12.4.2019).

Zu Entführungen und Raubüberfällen kommt es im Nigerdelta und einigen nördlichen Bundesstaaten. Betroffen sind: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bauchi, Bayelsa, Cross River, Delta, Ebonyi, Enugu, Imo, Jigawa, Kaduna, Kano, Katsina, Kogi, Nasarawa, Plateau, Rivers und Zamfara. Für die erwähnten nordöstlichen und nördlichen Bundesstaaten sowie jenen im Nigerdelta gelegenen gilt seitens des österreichischen Außenministeriums eine partielle Reisewarnung; Hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) in den übrigen Landesteilen (BMEIA 12.4.2019).

Das deutsche Auswärtige Amt rät von Reisen in die Bundesstaaten Kaduna (insbesondere Süd-Kaduna), Plateau, Nasarawa, Benue, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insbesondere die Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom ab (AA 12.4.2019). Das britische Außenministerium warnt (neben den oben erwähnten nördlichen Staaten) vor Reisen in die am Fluss gelegenen Regionen der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom and Cross River im Nigerdelta. Abgeraten wird außerdem von allen nicht notwendigen Reisen in die Bundesstaaten Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia, im 20km Grenzstreifen zum Niger in den Bundesstaaten Sokoto und Kebbi, nicht am Fluss gelegene Gebiete von Delta, Bayelsa und Rivers (UKFCO 29.11.2018).

In Nigeria können in allen Regionen unvorhersehbare lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist dauern diese Auseinandersetzungen nur wenige Tage und sind auf einzelne Orte bzw. einzelne Stadtteile begrenzt. Insbesondere die Bundesstaaten Zamfara, das Sokoto (Nordteil) und Plateau (Südteil) sind derzeit von bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen (AA 12.4.2019).

In der Zeitspanne April 2018 bis April 2019 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (2.333), Zamfara (1.116), Kaduna (662), Benue (412), Adamawa (402), Plateau (391). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (2), Kebbi (3) und Osun (8) (CFR 2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-        AA - Auswärtiges Amt (12.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788#content_6, Zugriff 12.4.2019

-        BMEIA - Österreichisches Außenministerium (12.4.2019): Reiseinformationen - Nigeria, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nigeria/, Zugriff 12.4.2019

-        CFR - Council on Foreign Relations (2019): Nigeria Security Tracker, https://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 12.4.2019

-        EASO - European Asylum Support Office (11.2018a): Country of Origin Information Report - Nigeria - Security Situation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001366/2018_EASO_COI_Nigeria_SecuritySituation.pdf, Zugriff 12.4.2019

-        UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (12.4.2019): Foreign Travel Advice - Nigeria - summary, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 12.4.2019

Grundversorgung

Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor (GIZ 4.2019c).

Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 10.12.2018). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat – gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 4.2019c). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 10.12.2018). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 4.2019c).

Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent (AA 9.2018c). Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 4.2019c; vgl. AA 9.2018c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 9.2018c) und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe – v.a. von Reis – angewiesen (ÖB 10.2018; vgl. AA 9.2018c). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben (AA 9.2018c). Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt (ÖB 10.2018).

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2018; vgl. GIZ 4.2019b). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2018; vgl. ÖB 10.2018), fast 50 Prozent unter der Armutsgrenze (GIZ 4.2019b).

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei Jugendlichen wird sie auf über 20 Prozent geschätzt (GIZ 4.2019b). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent – in erster Linie unter 30-jährige – mit großen regionalen Unterschieden (ÖB 10.2018). Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2018). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 4.2019b).

Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2018). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2018). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Nur eine geringe Anzahl von Nigerianern (2016 ca. fünf Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2018).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 4.2019c).

Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für „peppersoup“, „garri“ oder „pounded yam“, für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch „mini-farming“ eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als „bushmeat“ gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun „grasscutter“ (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als „bushmeat“ gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und „grasscutter“ finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-        AA - Auswärtiges Amt (9.2018c): Nigeria - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205790, Zugriff 22.11.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Nigeria - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nigeria/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 11.4.2019

-        UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (12.4.2019): Foreign Travel Advice - Nigeria - summary, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 12.4.2019

-        UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (12.4.2019): Foreign Travel Advice - Nigeria - summary, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 12.4.2019

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als „lead nation“ (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im „Decree 33“ nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets „overstay“ angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

Außerdem wird zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus festgestellt:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Nigeria gibt es mit Stand 27.04.2020 1.273 bestätigte Infektionen und 40 Todesfälle.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten) auf.

Quellen:

https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html, Zugriff 02.04.2020

https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/, Zugriff 02.04.2020

https://orf.at/corona/stories/3157170/, Zugriff 23.03.2020

https://orf.at/corona/stories/3157533/, Zugriff 23.03.2020

https://www.tagesschau.de/ausland/coronavirus-karte-101.html, Zugriff 24.04.2020

https://coronavirus.jhu.edu/map.html, Zugriff 24.04.2020

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor diesem, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria. Außerdem wurde Einsicht genommen in die Gerichtsakten zum Asylverfahren (zu I422 2223225-1) und Schubhaftverfahren (zu W117 2230079-1).

Der Beschwerdeführer bestreitet den vom Bundesamt festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der vom Bundesamt vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung anschließt.

Das Bundesamt hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die nunmehr feststehende Identität des Beschwerdeführers, insbesondere auch seine nigerianische Staatsangehörigkeit, die ohnehin bereits mit Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichtes vom 16.09.2019 festgestellt wurde, fußt auf der im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes durchgeführten Abfrage des Bundesministeriums für Inneres im Visa-Informationssystem (VIS) vom 24.04.2020. Aus ihr ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bei der Antragstellung auf Erteilung eines Touristenvisums, dessen Ausstellung ihm die ungarische Botschaft in Abuja, Nigeria, (wegen einer Vormerkung im Schengener Informationssystem (SIS)) am 14.07.2016 verweigert hatte, im Besitz eines von 29.01.2016 bis 28.01.2021 gültigen nigerianischen Reisepasses („Ordinary passport“) (mit einer bestimmten Passnummer) war. Diese Daten zur Identität finden sich auch im Zentralen Fremdenregister (IZR) vom 23.04.2020. Zudem bestätigte der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Beschluss vom 04.03.2020 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2019, in dem die nigerianische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers festgestellt wurde.

Die übrigen Feststellungen zur Person beruhen im Wesentlichen auf den in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.09.2019 und 06.04.2020 getroffenen Feststellungen. Da zwischen diesen Entscheidungen sieben Monate bzw. drei Wochen vergangen sind und sich - außer der strafgerichtlichen Verurteilung - keine Änderungen ergeben haben und solche auch vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht wurden, konnte auf die genannten Feststellungen verwiesen werden.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 17.04.2019 und der im Akt einliegenden Urteilsausfertigung des Landesgerichtes XXXX .

Die Entlassung des Beschwerdeführers aus der der Sicherung seiner Abschiebung dienenden Schubhaft am 28.04.2020 durch Erwirkung seiner Haftunfähigkeit infolge des am 14.04.2020 begonnenen Hungerstreiks und der vorangegangene Aufenthalt in der Justizanstalt W ergeben sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 26.05.2020 sowie der von einem Polizisten des Polizeianhaltezentrums H an diesem Tag erteilten telefonischen Auskunft.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Wenn in der Beschwerde moniert wird, dass das Bundesamt keine Feststellungen zur abschieberelevanten Lage im Herkunftsstaat getroffen bzw. diese dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht habe, ist festzuhalten, dass im angefochtenen Bescheid Feststellungen zur Lage in Nigeria, basierend auf dem aktuellen Länderinformationsblatt, angeführt sind (Bescheid Seiten 12 ff). Sie mussten dem Beschwerdeführer spätestens seit Abschluss seines Asylverfahrens im September 2019 bekannt sein. Das angeführte Länderinformationsblatt hat seither keine Gesamtaktualisierung erfahren und haben sich - bezogen auf den Beschwerdeführer - auch keine Änderungen ergeben. Aufgrund der geklärten Staatsangehörigkeit erübrigte es sich, auch Feststellungen zur Lage in Ghana zu treffen, und hat das Bundesamt folgerichtig diesbezügliche Ausführungen unterlassen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides, in dem das aktuelle Länderinformationsblatt zu Nigeria zitiert ist, und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines „Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ gemäß § 57 AsylG (gemeint offenbar: einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“) wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keine Hinweise, die es nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung:

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 war - wie ausgeführt - nicht zu erteilen. Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der seit der Asylantragstellung am 10.02.2019 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.09.2019, mit der der Bescheid des Bundesamtes vom 01.08.2019 bestätigt wurde, auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage. Der Beschwerdeführer durfte während der gesamten Dauer des kurzen Aufenthaltes nicht darauf vertrauen, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Seither ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers überdies unrechtmäßig; er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Im Übrigen gilt es darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2019 erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 04.03.2020 zurückwies.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher auch dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40 .447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie das Bundesamt zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine „familienähnliche“ Beziehung in Österreich.

Es fehlen zudem alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser, im Zeitraum eines rund 14-monatigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 25.02.2020 wegen Verbrechen und Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz rechtskräftig verurteilt wurde und damit ein Verhalten gesetzt hat, welches keine Achtung der (straf-) rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Auch der sich aus der Visadatenabfrage ergebende Umstand, dass der Beschwerdeführer unter Vorlage eines nigerianischen Reisepasses vergeblich ein Visum als Tourist für Ungarn beantragt hatte, ist bei der Abwägung der berührten Interessen zu berücksichtigen. Ihm ist zur Last zu legen, dass er in Österreich vor dem Bundesamt, dem Strafgericht, dem Bundesverwaltungsgericht und letztlich im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Aliasidentität verwendet hat. Insbesondere durch das unveränderte Beharren auf einer anderen Staatsangehörigkeit unternahm er den Versuch, vor den Behörden und verschiedenen Gerichten seine wahre Identität zu verschleiern. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinn von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art. 8 EMRK, vgl. § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.3. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Nigeria zulässig ist:

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Nigeria zu einem unzulässigen Eingriff führen und er bei seiner Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. des VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Der Beschwerdeführer ist gesund und daher erwerbsfähig. Vor seiner Ausreise aus Nigeria war er als Mechaniker tätig. Es gibt keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer, der die Sprache seines Landes beherrscht und den überwiegenden Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer adäquaten Hilfstätigkeit oder von Gelegenheitsarbeiten wird bestreiten können bzw. er im Falle der Rückkehr nicht eine staatliche oder private Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könnte. Außerdem leben seine Ehefrau und seine Kinder in Nigeria und hat der Beschwerdeführer damit die Möglichkeit, an familiäre Beziehungen anknüpfen zu können.

Zudem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage in Nigeria (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für das gesamte Staatsgebiet nicht vor, weshalb aus diesem Gesichtspunkt, bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen, kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Es kann auf Basis der Länderfeststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass generell jeder im Fall einer Rückkehr nach Nigeria mit einer existentiellen Notlage konfrontiert wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass - bezogen auf den Beschwerdeführer - ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Außerlandesschaffung nach Nigeria in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass er allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Nigeria bessergestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in Nigeria - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus (COVID-19) festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aktuell XXXX Jahre alt ist und an keinen (schwerwiegenden) Erkrankungen leidet, womit er nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Nigeria vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht zu erkennen.

Derzeit ist jedoch zu beachten, dass entsprechend der medialen Berichterstattung der mit dem Corona-Virus (COVID-19) in Zusammenhang stehende aktuelle Flugverkehr aus Österreich überwiegend eingestellt wurde. Im Fall des Beschwerdeführers bedeutet dies zum gegebenen Zeitpunkt, dass das Bundesamt angehalten sein wird, den Beschwerdeführer ehestmöglich abzuschieben, wenn die bestehenden Maßnahmen zurückgenommen werden und die für die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.4. Zum Einreiseverbot:

3.4.1. Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Das Bundesamt hat das Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestützt, weil der Beschwerdeführer während seines (unrechtmäßigen) Aufenthaltes von einem österreichischen Strafgericht wegen des Verbrechens und Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten rechtskräftig verurteilt wurde, wobei unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren 14 Monate nachgesehen wurden.

Der Ansicht, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche und gegenwärtige schwerwiegende Gefahr darstellt, ist aus folgenden Gründen beizutreten:

Das Bundesamt hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe, sohin dabei gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat es unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem Fremdenpolizeigesetz inhärent ist, (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603; 22.11.2012, 2012/23/0030) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer seit seiner illegalen Einreise durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt aufgrund der gravierenden Verurteilung des Beschwerdeführers, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer auch in Hinkunft eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Einreiseverbot in der vom Bundesamt verhängten Dauer zu rechtfertigen vermag. „Angesichts der verheerenden Auswirkungen der Suchtgiftkriminalität“ hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass „die Staaten berechtigt sind, insofern besonders rigoros vorzugehen" (EGMR Salem v Denmark, 01.12.2016, 77036/11).

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht insbesondere das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität gegenüber (vgl. die Erk. des VwGH 09.09.2014, Zl. 2013/22/0246; 03.09.2015, Zl. Ra 2015/21/0054; u.v.a.).

Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet bzw. auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass es zu einem Zusammentreffen mehrerer Straftaten gekommen ist, er Straftaten wiederholte und durch sein Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Das sich aus der strafgerichtlichen Verurteilung ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der Beschwerdeführer sich in Zukunft wohlverhalten werde. Vielmehr gibt auch das Beharren auf seine angebliche Herkunft aus Ghana und die Verschleierung seiner wahren Identität Anlass zur Prognose, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht. Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung fällt auch ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer trotz rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens und der Feststellung seiner nigerianischen Staatsangehörigkeit seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, sondern sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt bzw. aufhält und er bereits im Juli 2016 im Besitz eines nigerianischen Reisepasses die Ausstellung eines Touristenvisums für Ungarn zu erreichen versuchte.

Hinzu kommt, dass er sich der zur Sicherung seiner Abschiebung angeordneten Anhaltung in Schubhaft durch Erwirkung seiner Haftunfähigkeit infolge eines Hungerstreikes entzogen hat. Er wurde am 28.04.2020 aus dem Polizeianhaltezentrum H entlassen. Die Zeit ist noch zu wenig weit fortgeschritten, um ihm einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel attestieren zu können (VwGH 21.01.2010, 2009/18/0485).

Unter Berücksichtigung der angeführten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere zur Wahrung des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Wohls Österreichs, an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (VwGH 19.05.2004, 2001/18/0074). Angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist daher die Verhängung des Einreiseverbotes in der vom Bundesamt ausgesprochenen Dauer als angemess

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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