TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/12 G306 2224817-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.2020
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Entscheidungsdatum

12.08.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2224817-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)       Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Befristung des Aufenthaltsverbotes auf 4 Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet a b g e w i e s e n .
Die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde wird bestätigt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 22.07.2019, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 23.07.2019, wurde der BF anlässlich seiner Verurteilung in Österreich über die in Aussicht genommene Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zur Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert.

2. Mit per E-Mail am 01.08.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine Stellungnahme ab.

3. Mit Bescheid des BFA, Zl. XXXX, vom 07.08.2019, dem BF zugestellt am 08.08.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 6 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

4. Mit per Telefax am 22.08.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den unter I.3. genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, in eventu die Behebung des Aufenthaltsverbotes oder die Erklärung der dauerhaften Unzulässigkeit desselben gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG, in eventu die Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

5. Mit oben im Spruch angeführter Beschwerdevorentscheidung des BFA, der RV des BF zugestellt am 16.10.2019 wurde der Beschwerde des BF hinsichtlich des Spruchpunktes I. insoweit stattgegen, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 4 Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

6. Der BF brachte durch seine RV mittels Telefax am 25.10.2019 beim BFA einen Vorlageantrag ein, mit welchem die Vorlage der Beschwerde an das BVwG beantragt wurde.

7. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt, wo sie am 28.10.2019 einlangten.

8. Mit verfahrensleitendem Beschluss des BVwG, Gz.: G306 2224817-1/12Z, vom 26.05.2020, wurde der BF über das Verfahrensergebnis verständigt und unter Verweis auf seine freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet am 13.05.2020 zu einer Stellungnahme, insbesondere ob die Beschwerde weiter aufrecht erhalten und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weiter verlangt werde, binnen zwei Wochen aufgefordert.

9. Mit am 28.05.2020 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz gab der BF durch seine RV bekannt, die Beschwerde weiterhin aufrechtzuerhalten, jedoch den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund seiner freiwilligen Ausreise am 13.05.2020 zurückzuziehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Serbien, der serbischen Sprache mächtig und kinderlos.

Der BF hielt sich seit 2014 bis zu seiner freiwilligen Rückkehr nach Serbien am XXXX.2020 durchgehend in Österreich auf.

Am XXXX.2008 wurde der BF anlässlich einer Personenkontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstmals im Bundesgebiet betreten und aufgrund der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Schubhaft genommen. Der BF stellte daraufhin am 07.08.2008 einen Asylantrag, reiste jedoch am XXXX.2008 freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurück, sodass der Asylantrag gegenstandslos wurde.

Am 03.12.2011 wurde der BF abermals von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet betreten und wies sich der BF dabei mit einem gefälschten slowenischen Reisepass und einem gefälschten slowenischen Führerschein, lautend auf den Namen XXXX aus, woraufhin er festgenommen wurde.

Der BF heiratete am XXXX.2014 die in Österreich lebende slowakische Staatsangehörige XXXX, geb. XXXX, von welcher er sich am XXXX.2017 wieder scheiden ließ. Dem BF wurde vom Amt der XXXX Landesregierung am 08.10.2014 eine Aufenthaltskarte als „Angehöriger einer EWR-Bürgerin“ ausgestellt.

Am XXXX.2019 ehelichte der BF die in Österreich aufhältige kroatische Staatsbürgerin XXXX, geb. XXXX, mit jener er gemeinsam mit deren minderjährigen Sohn ab XXXX.2019 im gemeinsamen Haushalt in Österreich lebte.

Im Bundesgebiet halten sich zudem weitere Familienangehörige des BF auf, jedoch leben die Eltern des BF weiterhin in Serbien, wo der BF geboren wurde und die Schule besuchte und den Beruf des Autoelektrikers erlernt hat.

Der BF weist beginnend mit 02.06.2014 Wohnsitzmeldungen in Österreich auf und wurde in den Zeiträumen XXXX.2015 bis XXXX.2015, XXXX.2019 bis XXXX.2019 in Justizanstalten und XXXX.2018 bis XXXX.2018, XXXX.2018 bis XXXX.2018 und XXXX.2019 bis XXXX.2019 in Polizeianhaltezentren in Österreich angehalten.

Der BF ging zwischen 03.11.2014 und 05.10.2018 insgesamt 10 Erwerbstätigkeiten bei 8 Arbeitgebern im Gesamtausmaß von 1 Jahr 2 Monaten und 13 Tagen nach. Zudem bezog der BF zwischen 26.09.2016 und 31.05.2020 wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:

1.       LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2012, RK XXXX.2012, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 (2), 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Wochen.

2.       LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2019, RK XXXX.2019, wegen der Vergehen der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB, der Nötigung gemäß § 105 Abs. 1 StGB, des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, der schweren Körperverletzung gemäß §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB und des Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB sowie des Verbrechens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 15, 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon 16 Monate bedingt nachgesehen wurden.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in XXXX

A.       Am XXXX.2019 A.D. am Körper verletzt, indem er ihm einen Schlag gegen das linke Auge versetzte, wodurch dieser eine Schwellung am linken Auge erlitt;

B.       Am XXXX.2019 S.P. mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich zum Unterlassen seiner Anhaltung nach der zu Punkt A. genannten Handlung genötigt, indem er in einen PKW stieg, das Fahrzeug startete, dass Gaspedal durchdrückte und den ca. 2 Meter links vor dem Fahrzeug stehenden S.P. anfuhr, sodass dieser auf die Motorhaube geschleudert wurde und dadurch einen Bluterguss im Bereich des linken Knies, am Ellenbogen links und 2 Abschürfungen am rechten Handgelenk erlitt;

C.       Durch die zu Punkt B. genannte Tat versucht S.P. eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) zuzufügen;

D.       Am XXXX.2019 einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Durchführung der Festnahme und der Atemkontrolluntersuchung, zu hindern versucht, indem er Insp. J.R. mehrere Kopfstöße zu versetzen versuchte;

E.       Körperverletzungen an einem Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben und Erfüllung seiner Pflichten zu begehen versucht, und zwar durch die unter Punkt D. angeführte Handlung:

F.       Am XXXX.2018 in XXXX eine fremde bewegliche Sache beschädigt, nämlich das Türglas der Eingangstüre zu einem Wohnhaus, indem er dieses einschlug, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR 382,03 entstand;

G.       Fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem er die Waren in seiner Jackentasche bzw. unter seiner Jacke verbarg und ohne zu bezahlen den Kassabereich passierte, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil er bei den Tatbegehungen von Kaufhausdetektiven beobachtet und vor Verlassen des Geschäftslokals angehalten wurde, und zwar

a.       Am XXXX.2018 in XXXX diverse Bekleidungsartikel im Gesamtwert von EUR 174,98;

b.       Am XXXX.2019 in XXXX ein Parfum im Wert von EUR 89,95.

Mildernd wurden dabei das reumütige Geständnis sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, erschwerend jedoch eine einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen (6 Vergehen und ein Verbrechen) gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat.

Zudem weist der BF eine Verurteilung in Serbien wegen schweren Raubes unter Verwendung einer Schusswaffe auf, weswegen der BF im Jahr 2011 zwecks Auslieferung nach Serbien aufgrund einer noch offenen Reststrafe von 2 Jahren und 7 Monaten zur Fahndung ausgeschrieben war.

Darüber hinaus wurde der BF mit Straferkenntnissen der LPD XXXX vom XXXX.2018, XXXX.2018, XXXX.2018 und XXXX.2018 und XXXX.2019 wegen verschiedener Delikte nach der StVO, dem KFG und dem FSG, darunter Fahren unter Alkoholeinfluss bzw. Suchtmittelbeeinträchtigung und Fahren ohne Lenkerberechtigung, mit Geldstrafen von insgesamt EUR 15.219,- bestraft.

Der BF wurde mit Beschluss des LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2019, am XXXX.2019 bedingt aus seiner Freiheitsstrafe entlassen.

Am XXXX.2020 wurde der BF erneut im Bundesgebiet betreten und in weiterer Folge gegen ihn die Schubhaft verhängt. Am XXXX.2020 kehrte der BF auf dem Luftweg nach Serbien zurück.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Österreich samt den näheren Ausführungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu den Strafen und zur Strafbemessung, sowie die Feststellung, dass der BF diese begangen hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG XXXX vom XXXX.2019. Die bedingte Entlassung des BF aus seiner Freiheitsstrafe beruht ebenfalls auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Erwerbstätigkeiten und Bezüge von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung in Österreich ergeben sich aus einem Sozialversicherungsauszug und konnten die Wohnsitzmeldungen des BF, die Anhaltungen in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren sowie der gemeinsame Haushalt mit der Ehefrau und deren Sohn durch Abfrage des Zentralen Melderegisters ermittelt werden.

Der Verehelichungs- und Scheidungszeitpunkt in Bezug auf die Ehe mit der oben genannten slowakische Staatsangehörigen, beruht auf einer schriftlichen Auskunft der XXXX vom 30.08.2019. (siehe AS 481)

Die freiwillige Rückkehr des BF nach Serbien am XXXX.2020 und XXXX.2020 wurde im Zentralen Fremdenregister dokumentiert und wurde vom RV des BF mit Schreiben vom 28.05.2020 die Rückkehr am XXXX.2020 zudem bestätigt. (siehe OZ 13)

Die neuerliche Betretung des BF im Bundesgebiet am XXXX.2020 und die anschließende in Schubhaftnahme beruht auf einem Schreiben des BFA vom 12.06.2020 (siehe OZ 14) und wird dies im Zentralen Fremdenregister dokumentiert.

Der Schulbesuch und die Berufsausbildung in Serbien beruhen auf den Angaben des BF vor der belangten Behörde im Zuge seiner Betretung im Jahre 2008 (siehe AS 53) und erschließen sich die Serbischsprachkenntnisse aus den Umständen, dass der BF in Serbien geboren wurde und dort die Schule besuchte.

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen in der gegenständlich angefochtenen Beschwerdevorentscheidung des BFA, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch im Vorlageantrag – substantiiert – entgegengetreten wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Rechtliches:

3.1.1. Der mit „Beschwerdevorentscheidung“ betitelte § 14 VwGVG lautet:

„§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 5 Z 11, BGBl. I Nr. 138/2017)“

Der mit „Vorlageantrag“ betitelte § 15 VwGVG lautet:

„§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.“

3.1.2. Die Beschwerdevorentscheidung derogiert den Ausgangsbescheid, das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt aber im Fall eines zulässigen Vorlageantrags die Beschwerde; der Vorlageantrag richtet sich nämlich (nur) darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird. (vgl. VwGH 09.09.2019, Ro 2016/08/0009)

Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die - außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde - an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung. (vgl. VwGH 09.09.2019, Ro 2016/08/0009)

Gegenstand der Prüfung auf eine Verletzung des Vorlageantragstellers ist nicht der ursprüngliche Bescheid, sondern die Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026). (vgl. VwGH 27.02.2019, Ra 2018/10/0052)

„Ist die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid berechtigt, so ist sie vom Verwaltungsgericht stattzugeben: Eine Beschwerdevorentscheidung, die der Beschwerde ebenfalls im gebotenen Umfang stattgegeben hat und den Ausgangsbescheid im Rahmen des durch die Beschwerde abgesteckten Verfahrensgegenstandes rechtskonform abgeändert ober behoben hat, ist zu bestätigen, eine rechtswidrige – den Ausgangsbescheid entweder bestätigende oder in rechtswidriger (etwa nicht weit genug gehender Weise) abändernde – Beschwerdevorentscheidung ist ihrerseits abzuändern (das heißt: durch ein rechtmäßiges Erkenntnis zu ersetzten) oder gegebenenfalls – wenn eine Entscheidung in der betreffenden Sache gar nicht hätte ergehen dürfen – ersatzlos zu beheben. (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019) Rn 774 Ziffer 2)

3.1.3. Dem RV des BF wurde die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung am 16.10.2019 zugestellt und wurde der gegenständliche Vorlageantrag am 25.10.2019 sohin rechtszeitig beim BFA eingebracht.

3.2. Zur Teilstattgabe der Beschwerde und Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung:

3.2.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger, der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

„Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, kommt die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FrPolG 2005 zu; das gilt auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl. E 7. April 2011, 2011/22/0005; B 14. April 2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorliegt.“ (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)

Der BF als Staatsangehöriger von Serbien der mit einer EWR-Bürgerin, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, verheiratet ist und mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebte, ist sohin begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG.

3.2.2. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Einreisverbot“ betitelte § 53 FPG lautet auszugsweise:

„…

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

…“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet:

„§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2.         Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.       Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4.         Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5.         sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a)         die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b)         die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c)       bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“

Der mit „Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers“ betitelte § 54 NAG lautet:

„§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1.       nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2.       nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

1.       die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2.       die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;
3.         ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;
4.         es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5.       ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1.         Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2.         Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3.         durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3.         der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

3.2.3. Da vom BF, der aufgrund seiner Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, aufgrund – (wie noch näher ausgeführt wird) wiederholter eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen bewirkender Straffälligkeiten und – Anhaltungen in Strafhaft (vgl. EuGH 16.01.2014, C-378-12: wonach Anhaltungen in Strafhaft den Aufenthalt unterbrechen und vor sowie nach diesen gelegene Zeiträume nicht addiert werden können) die Voraussetzung eines durchgehenden Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit mehr als 5 noch 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten begünstigten Drittstaatsangehörigen ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN).“ (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)

3.2.3.1. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen der Vergehen der Körperverletzung, der Nötigung, des Widerstandes gegen die Staatsgewalt, der schweren Körperverletzung, der Sachbeschädigung und des Diebstahls sowie des Verbrechens der schweren Körperverletzung zu eine teilbedingten Freiheitstrafe im Gesamtausmaß von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt, verurteilt.

Das vom BF vorgewiesene Verhalten lässt vor dem Hintergrund der wiederholt gezeigten Gewalt, insbesondere unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges und gegen Vertreter der Staatsgewalt gerichtet, eine maßgebliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Bestehen einer erhöhten Gewaltbereitschaft beim BF erkennen. Die Gewaltneigung des BF wird insofern dadurch untermauert, als der BF eine Vorverurteilung in Serbien wegen schweren Raubes unter Verwendung einer Waffe aufweist. Die Neigung zur Negierung gültiger Rechtsnormen hat der BF zudem durch seine wiederholten Verurteilungen (eine Verurteilung in Serbien und zwei in Österreich) sowie durch sein wiederholt verwaltungsstrafrechtlich massiv geahndetes Verhalten unter Beweis gestellt. Das vom BF gezeigte verwaltungsstrafrechtlich geahndete Verhalten, insbesondere Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stellt, aufgrund der damit einhergehenden potentiellen schweren Gefährdung anderer Personen, schon für sich eine schwerwiegende Verfehlung dar.

Letztlich reiste der BF entgegen des Bestehens eines gegen ihn – aufgrund erfolgter Aberkennung der aufschiebenden Wirkung – durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes nach erfolgter Ausreise im Februar 2020 ins Bundesgebiet zurück und bewies erneut, nicht gewillt zu sein, sich an gültige Normen bzw. behördliche Entscheidungen zu halten.

Insofern der BF seine Reue betont, kann ihm vor diesem Hintergrund, insbesondere der wiederholten Missachtung gültiger Normen, kein Glauben geschenkt werden.

Der seit der letzten Straftat bzw. fremdenrechtlichen Verfehlung des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum allein, vermag – insbesondere vor dem Hintergrund der wiederholten Verurteilung und verwaltungsstrafrechtlichen Belangungen des BF sowie der nicht erkennbaren Reue bei letztlich wiederholt gezeigter Gewalt und Ignoranz gegenüber geltender Gesetze – ein zukünftiges Wohlverhalten des BF nicht zu begründen (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: wonach es zur Beurteilung einer Wesensänderung eines Wohlverhaltens in Freiheit bedarf). So haben den BF weder bereits in Serbien erfahrene strafgerichtliche Sanktionen in Form einer Freiheitsstrafe sowie strafgerichtliche Benefizien in Form einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in Österreich von der neuerlichen Delinquenz abzuhalten vermocht.

Der VwGH hat wiederholt ausgeführt, dass der Verhinderung von Gewalt- und Eigentumsdelikten (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 04.06.2008, AW 2008/18/0299) eine große Bedeutung aufgrund deren schwerwiegenden Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, zukomme.

Das vom BF gezeigte Verhalten lässt eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennen und kann dem BF zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden, sodass auch von einer Gegenwärtigkeit der Gefährdung auszugehen ist.

Ferner konnte auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

Der BF kann zwar auf einen beinahe fünfjährigen- Aufenthalt zurückblicken und verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich. Darüber hinaus ist er zudem, wenn auch im Vergleich zur Dauer seines Aufenthaltes nur kurz, Erwerbstätigkeiten in Österreich nachgegangen. Der BF hat somit ein Privat- und Familienleben iSd. Art 8 EMRK in Österreich begründet. Jedoch hat dieses aufgrund des vom BF wiederholt gezeigten Verhaltens eine Relativierung hinzunehmen. Der BF hat entgegen seiner Bezugspunkte in Österreich wiederholt gegen Gesetze verstoßen und damit wissentlich die Möglichkeit diese in Österreich Vorort weiter zu pflegen aufs Spiel gesetzt. Letztlich konnte den BF selbst die Gefahr, sein Aufenthaltsrecht in Österreich verlieren zu können sowie die damit einhergehende Möglichkeit, in örtlicher Nähe zu seinen Angehörigen zu verbleiben, nicht vor der wiederholten Delinquenz abhalten.

Angesichts des besagten und – insbesondere – aufgrund ihrer Art, der teilweisen Einschlägigkeit und der Wiederholung gravierenden Fehlverhaltens ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen den BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere im Bereich der Gewaltdelikte, dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als geeignet die öffentlichen Interessen tatsächlich, gegenwärtig und erheblich, sohin maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG gegenständlich jedenfalls vorliegen, und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.

3.2.3.2. Jedoch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese mit sechs Jahren zwar, aufgrund der Verurteilung des BF zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten gemäß § 67 Abs. 2 FPG iVm. § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (vgl. VwGH 06.09.2012, 2012/18/0032) dem Grunde nach innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens, erweist sich vor dem Hintergrund des konkreten Sachverhaltes jedoch als zu hoch gegriffen.

Wirft man einen Blick auf die Verfehlungen des BF und deren Unwerten, insbesondere im Hinblick auf die vom BF bei seinen letzten Taten gezeigten Gewaltbereitschaft und die vom BF aufgezeigte Rückfallgefährlichkeit, aber auch auf den vom BF nachhaltig aufgezeigten Unwillen sich an gültige Normen zu halten, so erscheint insbesondere vor dem Hintergrund bestehender familiärer Anknüpfungspunkte in Österreich die Verhängung eines auf 4 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gegenständlich als verhältnismäßig.

Insofern war der Beschwerde stattzugeben und die Befristung des Aufenthaltsverbotes auf 4 Jahre herabzusetzten und die gegenständliche – eine Herabsetzung der Aufenthaltsverbotsbefristung im besagten Umfang vorgenommene – Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde in diesem Umfang zu bestätigen.

3.2.4. Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3.         der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativen Zukunftsprognose, welche eingedenk dessen Rückfalls in strafrechtswidriges Verhalten und fehlender Einsicht, einen neuerlichen Rückfall des BF befürchten lässt, kann der belangten Behörde zudem nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Beendigung des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.

Demzufolge war die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen und die gleichlautende Beschwerdevorentscheidung im besagten Umfang zu bestätigen.

3.2.5. Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:

„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1.         der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2.         schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4.         der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5.         das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.

Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der Bestätigung des Aufenthaltsverbotes nicht erkennbar. Verfahrensgegenständlich lässt sich sohin ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen.

Sohin war die Beschwerde auch diesbezüglich abzuweisen und die gleichlautende Beschwerdevorentscheidung im besagten Umfang zu bestätigen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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