TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/5 LVwG-2020/44/2036-4, LVwG-2020/44/2037-4

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Veröffentlicht am 05.11.2020
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Entscheidungsdatum

05.11.2020

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §38 Abs1
WRG 1959 §138 Abs1
NatSchG Tir 2005 §7 Abs1
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.07.2020, Zahl ***, betreffend eines wasser- und naturschutzrechtlichen Wiederherstellungsauftrages

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird im Anfechtungsumfang stattgegeben und die Frist zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes in den Spruchpunkten A und B mit 31.08.2021 neu festgesetzt. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde AA der wasser- und naturschutzrechtliche Auftrag gemäß § 138 WRG 1959 und § 17 TNSchG 2005 erteilt, bis spätestens 31.12.2020 das auf seinem Grundstück Nr **1, KG Z, konsenslos betonierte Bachbett des BB-Baches rückzubauen sowie eine im Bachbett liegende Holzschwelle zu entfernen.

Dagegen hat AA mit Schreiben vom 07.08.2020 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben.

Auf die Durchführung der vom Landesverwaltungsgericht für den 19.10.2020 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer am 15.10.2020 telefonisch verzichtet. Er hat – auch in weiteren Telefonaten am 03.11.2020 und 04.11.2020 – gegenüber dem Landesverwaltungsgericht eingeräumt, die gegenständlichen Wasserbauten ohne Vorliegen der erforderlichen wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligungen errichtet zu haben. Zur allfälligen Nachholung der erforderlichen Bewilligungen hat er sein Beschwerdebegehren darauf einschränkt, die Leistungsfrist bis 31.08.2021 zu erstrecken.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat auf seinem Grundstück **1, KG Z, außerhalb geschlossener Ortschaften das Bachbett des BB-Baches im Bereich einer Wirtschaftsbrücke ausbetoniert und eine Holzschwelle verlegt. Bis dato liegt dafür keine wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung vor.

III.      Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer hat vor dem Landesverwaltungsgericht die konsenslose Bauführung im Bachbett eingeräumt.

IV.      Rechtslage:

Die relevanten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lauten auszugsweise wie folgt:

„Besondere bauliche Herstellungen.

§ 38.

(1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(…)

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138.

(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)       eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

(…)“

Die relevanten Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005) lauten auszugsweise wie folgt:

㤠7

Schutz der Gewässer

(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m² folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

(…)

b)       die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;

(…)

§ 17

Rechtswidrige Vorhaben

(1) Wird ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

(…)

b)       die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

(…)“

V.       Erwägungen:

Unter einer Anlage im Sinne des WRG 1959 und des TNSchG 2005 ist alles zu verstehen, was durch die Hand des Menschen "angelegt", also errichtet wird (VwGH 08.10.1959, 0257/58; 18.10.1993, 92/10/0134). Gemäß § 38 Abs 1 WRG 1959 genügt bereits die Errichtung von Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer für das Entstehen der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht. Diese Bestimmung kennt keine Geringfügigkeitsschwelle. Das Bachbett eines Flusses liegt jedenfalls im Hochwasserabflussbereich (VwGH 06.11.2003, 2003/07/0034). Auch nach § 7 Abs 1 lit b TNSchG 2005 bedarf außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern jede Errichtung von Anlagen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

Der Beschwerdeführer hat vor dem Landesverwaltungsgericht die konsenslose Bauführung im Bachbett eingeräumt. Die Behörde hat ihm im angefochtenen Bescheid daher zu Recht wasser- und naturschutzpolizeiliche Aufträge nach § 138 WRG 1959 und § 17 TNSchG 2005 erteilt, um den gesetzlichen Zustand wiederherzustellen.

Um dem (einsichtigen) Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, die erforderlichen Bewilligungen innerhalb der Leistungsfrist nachzuholen, hat das Landesverwaltungsgericht die Frist zur Wiederherstellung antragsgemäß erstreckt.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Baumaßnahmen im Bachbett;
Wiederherstellungsauftrag;
Erstreckung Leistungsfrist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.44.2036.4

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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