Entscheidungsdatum
28.11.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W171 2225669-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Taner ÖNAL, Graz, gegen die Festnahme und die Anhaltung aufgrund des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl: XXXX zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden werden gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG und § 40 Abs. 1 Zi. 1 i.V.m. § 34 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 (Anfechtung der Festnahme) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
V. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 (Anfechtung der Anhaltung in Schubhaft) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste in Österreich illegal ein und stellte am 15.07.2015 und am 17.06.2019 je einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 04.04.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß §§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
1.3. Dagegen wurde vom BF Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des BVwG vom 20.02.2019, XXXX , wurde die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.
1.4. Der BF ist nach der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung aus dem österreichischen Bundesgebiet nicht ausgereist, sondern in Österreich verblieben.
1.5. Am 17.06.2019 stellte der BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 17.07.2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde (Spruchpunkte I. und II.) und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem hielt die belangte Behörde fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Gegen den BF wurde weiters ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
1.6. Das daraufhin eingeleitete Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch das Erkenntnis des BVwG vom 29.07.2019 abweisend erledigt. Die aufschiebende Wirkung wurde nicht zuerkannt. Das Erkenntnis wurde am 01.08.2019 rechtskräftig.
1.7. Am 05.11.2019 wurde der BF aufgrund eines Festnahmeauftrags festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Im Rahmen einer durchgeführten Einvernahme gab der BF auf Nachfrage an, dass er nicht in ein anderes Mitgliedsland weitergereist sei, da er wisse, in diesem Falle werde er wieder nach Österreich zurückgebracht. In der Zeit vom 02. bis 04.11.2019 sei er bei einem Freund, den er aus der Kirche kenne gewesen und habe dort übernachtet. Er könne das Essen im Camp nicht essen und war daher bei Freunden. Es sei dort gekocht worden und das dauere eben länger. Er habe unendlich viele Freunde, bei denen er jederzeit schlafen könne. Er verfüge über Euro 150,-- und habe sonst keine Ersparnisse. Er habe freiwillig beim Roten Kreuz und in der Kirche gearbeitet. Er sei gesund und brauche keine Medikamente. Seine Familienangehörigen seien im Iran. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er habe viele Freunde, bei denen er essen und schlafen könne.
1.8. Ebenso am 05.11.2019 wurde über den BF bescheidmäßig die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Im gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde näher ausgeführt, dass der BF durch sein bisheriges Verhalten in Österreich im Hinblick auf den erforderlichen Sicherungsbedarf die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 8 und 9 FPG verwirklicht habe, die Inhaftierung verhältnismäßig sei und eine andere Möglichkeit sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer das Land auch verlassen werde, nicht gegeben sei. Die Anordnung der gegenständlichen Schubhaft sei daher notwendig und auch verhältnismäßig. Die Verhängung eines gelinderen Mittels werde als nicht ausreichend sicher empfunden, die Außerlandesbringung des BF auch sicherstellen zu können.
1.9. Am 08.11.2019 wurde der BF durch Angehörige der afghanischen Botschaft als afghanischer Staatsangehöriger identifiziert und per 13.11.2019 ein Heimreisezertifikat für ihn ausgestellt.
1.10. Mit Beschwerdeschriftsatz vom 22.11.2019 erhob der BF durch seinen Rechtsanwalt Beschwerde gegen die Festnahme, Anhaltung und die Anordnung sowie die Fortsetzung der Schubhaft. Die Festnahme, die Anordnung sowie der Vollzug der Schubhaft gegen den BF seien vor dem Hintergrund seiner persönlichen Verhältnisse nicht notwendig und unverhältnismäßig. Die Schubhaft sei daher rechtswidrig. Der BF sei der Behörde für die notwendigen Schritte der Erlangung eines Ersatzreisedokuments stets zur Verfügung gestanden. Ausreichende Anhaltspunkte, dass er sich dem weiteren Verfahren entziehen wolle, seien nicht gegeben. Der BF habe sich abgesehen von rund zwei bis drei Tagen an der Wohnadresse aufgehalten und sei zur Mitwirkung bereit gewesen. Der BF sei nunmehr seit vier Jahren in Österreich und habe keine Schritte gesetzt, die die Annahme rechtfertigen würden, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Eine ins Treffen geführte Verhaltensweise (Störung der Nachtruhe sowie verspätete Rückkehr in die Unterkunft) seien keinesfalls ausreichend, Schubhaft zu legitimieren. Ebenso wenig sei eine dreitägige Abwesenheit ausreichende Grundlage für einen derart tiefen Eingriff in das Grundrecht des BF. Es hätten jedenfalls mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden können. Auch die Tatsache, dass sich der BF bisher nicht um ein Reisedokument gekümmert habe, könne Schubhaft nicht legitimieren. Zur Einholung eines Reisedokuments sei die Behörde nach dem FPG ermächtigt, unter Mitwirkung des Fremden, ein entsprechendes Reisedokument bei der Vertretungsbehörde zu beantragen. Die Mitwirkungsverpflichtung könne dem Fremden dabei bescheidmäßig auferlegt werden. Der Behörde seien daher andere wirksame Instrumente zur Seite gegeben, um die Mitwirkung zu veranlassen und Schubhaft zu vermeiden.
Der BF sei nunmehr seit drei Wochen in Schubhaft und sei die Dauer der Schubhaft nicht mehr verhältnismäßig, zumal es unklar ist, ob eine Abschiebung des BF tatsächlich durchgeführt werden könne.
Der BF sei in der evangelischen Pfarrgemeinde sozial verankert und ehrenamtlich tätig. Zweifellos habe der BF dort auch finanzielle Unterstützung, da er dort persönlich und sozial sehr gut verankert sei. Es sei daher nicht von Fluchtgefahr des BF auszugehen.
Beantragt wurde, die Festnahme sowie die darauffolgende Anhaltung für rechtswidrig zu erklären, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und einen Kostenersatz zuzusprechen.
1.11. Ebenso am 22.11.2019 wurde der Verwaltungsakt dem Gericht vorgelegt und eine Stellungnahme zum gegenständlichen Schubhaftverfahren übermittelt. Am 05.11.2019 sei eine Buchung für die nächste Charterabschiebung nach Kabul vorgenommen worden und sei eine Abschiebung des BF im Rahmen einer Charterrückführung nach Afghanistan sehr wahrscheinlich. Nach Vorführung des BF vor die afghanische Botschaft am 08.11.2019 wurde per 13.11.2019 ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt. Dem BF wurde eine Information über die bevorstehende Charterabschiebung zur Kenntnis gebracht. Der BF verweigert jedoch die Unterschrift der Übernahmebestätigung.
Die Bundesbetreuung des BF sei seit 02.11.2019 beendet und verfüge der BF auch über keine Wohnsitzmeldung. Ein fester Wohnsitz bestehe nicht. Der BF sei nicht rückreisewillig, da er selbst angab, dass er lediglich in einen anderen Mitgliedsstaat ausreisen wolle. Der BF sei auch nicht kooperationsbereit, da er den wiederholten Aufforderungen zur Ausreise nicht nachkam und auch seine periodische Meldeverpflichtung missachtet habe. Im Hinblick auf das gesetzte Verhalten des BF sei erhebliche Fluchtgefahr gegeben und die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung dringend geboten.
Der Ersatz der Kosten wurde beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
A. Feststellungen:
1. Zur Person und zum Verfahren:
1.1. Der BF reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 15.07.2015 und am 17.06.2019 je einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Er ist nicht österreichischer Staatsbürger und daher Fremder im Sinne des § 2 Absatz 4 FPG. Er ist afghanischer Staatsangehöriger.
1.3. Er leidet an keinen gesundheitlichen Einschränkungen.
2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Mit Bescheid vom 17.07.2019 wurde über den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Die RKE ist durchsetzbar.
2.2. Für den BF liegt ein Heimreisezertifikat vor und wurde bereits ein Charterflug gebucht.
2.3. Der BF ist haftfähig.
3. Zum Sicherungsbedarf:
3.1. Der BF war vom 2.11. bis inkl. 4.11.2019 nicht in dem ihm zugewiesenen Quartier anwesend und für die Behörde nicht greifbar.
3.2. Gegen den BF besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.
3.3. Er ist nicht gewillt in seine Heimat auszureisen.
3.4. Der BF ist weder kooperationswillig, noch vertrauenswürdig.
3.5. Zum Zeitpunkt seiner zweiten Asylantragstellung lag bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den BF vor.
4. Zur familiären/sozialen Komponente:
4.1. Der BF ging bisher keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
4.2. Er ist seit 02.11.2019 von der Grundversorgung abgemeldet und verfügt nicht über einen gesicherten Wohnsitz.
4.3. Familiäre Anknüpfungspunkte hat der BF in Österreich nicht.
4.4. Der BF verfügt über kein nennenswertes Vermögen im Inland und über keine wesentlichen Barmittel.
4.5. Er ist in Österreich nur gering sozial vernetzt. Der BF hat in Österreich keine Personen, zu denen ein besonders zu berücksichtigendes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis besteht.
5. Zur Festnahme:
5.1. Der BF wurde am 05.11.2019 aufgrund des Festnahmeauftrags des BFA festgenommen und über ihn sodann die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
5.2. Zum Zeitpunkt der Festnahme bestand gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
B. Beweiswürdigung:
1.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.3.):
Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF ergeben sich im Wesentlichen aus dem Akteninhalt, dem auch keine gesundheitlichen Einschränkungen des BF zu entnehmen waren (1.3.).
1.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):
Unstrittig ist, dass den BF betreffend eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt. Aus dem Akteninhalt lässt sich ersehen, dass mit dem Bescheid vom 17.07.2019 bereits eine Rückkehrentscheidung getroffen und die Abschiebung für zulässig erklärt wurde. Das BVwG hat im Beschwerdeverfahren keine aufschiebende Wirkung erteilt (2.1.).
Im Rahmen der durch das BFA abgegebenen Stellungnahme vom 22.11.2019 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass per 13.11.2019 für den BF seitens der afghanischen Botschaft ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde. Die Flugbuchung einer baldigen Charterabschiebung nach Kabul wurde nach dieser Information bereits am 05.11.2019 vorgenommen (2.2.)
Aus den Unterlagen im Akt, sowie aus der Anhaltedatei ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der BF nicht haftfähig sein könnte. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde nicht erstattet (2.3.).
1.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):
Die Abwesenheit des BF von seiner Unterkunft im Rahmen der Grundversorgung vom 02.11. bis inklusive 04.11.2019 ergibt sich einerseits aus dem Akt und andererseits wird die Richtigkeit dieses Faktums auf Seite 6 der Beschwerde bestätigt.
Hinsichtlich der Feststellung (3.2.) darf auf die Ausführungen zu (2.1.) verwiesen werden.
Die Feststellung zu (3.3) hinsichtlich der Ausreiseunwilligkeit des BF ergibt sich nach Ansicht des Gerichts aus der Aussage des BF im Rahmen der Einvernahme am 05.11.2019. Darin geb der BF selbst an, lediglich in einen anderen Staat ausreisen zu wollen. Daraus schließt das Gericht, dass dieser in keiner Weise beabsichtigt, Österreich bzw. auch den Schengenraum in seine Heimat zu verlassen. Untermauert wird diese Interpretation klar dadurch, dass der BF nach dem Akteninhalt am 08.07.2015, daher sieben Tage vor seiner Erstantragstellung in Österreich, in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Der BF hat daher bereits bewiesen, dass er innerhalb der Europäischen Union örtlich als flexibel anzusehen ist. Eine Rückreisewilligkeit des BF in sein Herkunftsland kann weder aus seinem bisherigen Verhalten, noch aus seinen verbalen Äußerungen entnommen werden. Aus Sicht des Gerichtes war daher im gegenständlichen Fall nicht von Rückkehrwilligkeit im Sinne von einer Heimreise auszugehen (3.3.).
Unter 3.4. wird dem BF weder Kooperationswille, noch Vertrauenswürdigkeit attestiert. Nach den Informationen im Akt hat der BF mehrmals gegen die Hausordnung seiner Unterkunft in Traiskirchen verstoßen. Dabei handelte es sich um ein Fernbleiben vom Quartier bzw. um die Störung der Nachtruhe. Der BF wurde im Zuge seiner Unterbringung mehrmals darauf hingewiesen und hat dennoch abermals einen Verstoß gegen die dortige Hausordnung gesetzt. Schließlich verweigerte der BF die Unterschrift auf einer Übernahmebestätigung (AS 147). Es kann also im Wege einer Gesamtbetrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass der BF, der sich in der Vergangenheit nicht an die Regelungen der Grundversorgung halten konnte nunmehr, wo ihm bewusst wird, dass seine Abschiebung unmittelbar bevorstehen könnte, als kooperationswillig oder auch vertrauenswürdig angesehen werden.
Aufgrund des Antrags auf internationalen Schutz vom 15.07.2015 kam es erstmals zum Ausspruch einer Rückkehrentscheidung durch die Behörde. Der Bescheid wurde durch Abweisung der Beschwerde seitens des BVwG bestätigt. Es trifft daher zu, dass zum Zeitpunkt der zweiten Antragstellung (17.06.2019) bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den BF vorgelegen ist. (3.5).
1.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.5.):
Die Feststellungen zu diesem Punkt beruhen im Wesentlichen auf den Aussagen des BF im Rahmen der Einvernahme am 05.11.2019, auf den Ermittlungsergebnissen des ersten Beschwerdeverfahrens (Asylantrag vom 15.07.2015) sowie aus den Ermittlungsergebnissen aus dem Beschwerdeverfahren aus Anlass des zweiten Antrags auf internationalen Schutz vom 17.06.2019.
Der BF gab selbst in der Einvernahme vom 05.11.2019 an, über einen Betrag von Euro 150,-- zu verfügen. Nach Einblick in die Anhaltedatei ergab sich, dass der BF dort über rund 355,-- Euro verfügen konnte. Beide Beträge stellen kein nennenswertes Vermögen und auch keine wesentlichen Barmittel im Sinne der Feststellung zu 4.4 dar und war daher in weiterer Folge nicht von Selbsterhaltungsfähigkeit des BF auszugehen. Hinzu kommt, dass der BF auch bisher, bis zum 02.11.2019, in Grundversorgung verbracht hat (4.1.).
Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass der BF aufgrund seiner Abwesenheit seit 02.11.2019 keine Grundversorgung mehr bezieht und auch sein Quartier verloren hat. Aufgrund der Angaben des BF in der Einvernahme vom 05.11. ergibt sich für das Gericht, dass der BF zwar Übernachtungsmöglichkeiten, nicht aber über einen gesicherten Wohnsitz verfügt (4.2.).
Die Feststellungen zu 4.3. und 4.5. ergeben sich aus den aktuellen Feststellungen in den beiden bisherigen Asylverfahren. In beiden Verfahren wurden die sozialen Verhältnisse des BF einer Prüfung unterzogen und stellte sich heraus, dass der BF in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte hat und nur gering sozial vernetzt ist. Diese Feststellungen begründen sich konkret auf das Erkenntnis des BVwG zu XXXX vom 20.02.2019 (Seite 88 f) und der Entscheidung zu XXXX vom 29.07.2019 (Seite 7f). Aufgrund der Aktualität dieser Ermittlungsverfahren konnten die diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse auch im Schubhaftverfahren unterstellt werden.
1.5. Zur Festnahme (5.1. - 5.2.):
Hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit der Festnahme finden sich keine weiteren Ausführungen (außer die Behauptung der Rechtswidrigkeit an sich) im Beschwerdeschriftsatz. Das Gericht hat daher die formale Richtigkeit und die Voraussetzungen für die Festnahme zu überprüfen. Der unter (5.1.) dargestellte und festgestellte Sachverhalt ergibt sich klar aus dem Verwaltungsakt. Hinsichtlich der Feststellung zu (5.2). darf auf die Ausführungen zur Feststellung (3.2. bzw. 2.1.) verwiesen werden. Daraus ergibt sich, dass die Voraussetzungen zur Erlassung eines Festnahmeauftrages vorgelegen sind und daher auch die Festnahme auf gesetzlicher Basis durchgeführt wurde.
2.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.
C. Rechtliche Beurteilung:
1.1. Zu Spruchpunkt I. :
1.1.1. Gesetzliche Grundlage:
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
Schubhaft
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Festnahmeauftrag
(1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.
(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4. wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat."
Festnahme
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt."
Zur Judikatur:
1.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
1.1.3. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und stellte insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz. Im Rahmen dieser Asylverfahren wurde zuletzt gegen den BF eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme ausgesprochen. Dies hat ihn jedoch nicht dazu gebracht, aus freien Stücken Österreich zu verlassen. Zwischen 2. und 4. November 2019 hat er sich durch Untertauchen den Behörden entzogen, um seinen rechtswidrigen Aufenthalt zu prolongieren. Er hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass er Regeln der österreichischen Rechtsordnung nicht die notwendige Bedeutung beimisst und auch nicht gewillt ist, sich regelkonform zu verhalten. Dies findet zusätzlich noch Ausdruck darin, dass er im Zuge seines Aufenthalts in einer Betreuungseinrichtung der Grundversorgung wiederholt gegen die Hausordnung verstieß und verspätet in das Quartier zurückkehrte bzw. die Nachtruhe storte. Der BF hat sich im Rahmen seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich daher in mehreren Belangen nicht kooperationswillig gezeigt und kann er auch nicht als vertrauenswürdig bezeichnet werden. Durch sein bisheriges Verhalten, insbesondere durch seine Aussage in der Einvernahme vom 05.11.2019, hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht beabsichtigt, freiwillig in sein Heimatland zurückzureisen. Gemeinsam mit der Tatsache, dass der BF auch für einige Tage untergetaucht ist, hat sich klar manifestiert, dass er sich einer Durchsetzung der Abschiebung auf freiem Fuße mit hoher Wahrscheinlichkeit entziehen würde.
Zur Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist jedoch auch die soziale/familiäre Komponente zu beachten. Der BF verfügt in Österreich über keine berufliche Integration und ist nicht selbst- erhaltungsfähig. In Österreich verfügt er nur über eine geringe soziale Vernetzung im Rahmen der Kirchengemeinde, die ihn jedoch in der Vergangenheit nicht vom Untertauchen abhalten hat können. Das Gericht konnte nicht feststellen, dass der BF derart in seinem sozialen Umfeld integriert wäre, dass davon auszugehen wäre, dass er sich in weiterer Folge auch für die nahende Abschiebung bereithalten würde. Es kann daher die geltend gemachte, aber gering zu bewertende soziale Verankerung nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bei einer Freilassung aus der Schubhaft in weiterer Folge für die Behörden neuerlich unerreichbar wäre. Im Einklang mit den behördlichen Ausführungen geht das Gericht davon aus, dass beim BF jedenfalls Sicherungsbedarf besteht. Nach Ansicht des Gerichts bestand auch zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde zur Recht die Annahme von Fluchtgefahr.
1.1.4. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall auch eine Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gegeben. Betrachtet man das Interesse des BF am Verbleib in Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass der Gewichtung des öffentlichen Interesses an der Sicherung einer Abschiebung des BF dennoch ein höherer Stellenwert zuzuschreiben war. Seine bestehenden sozialen Kontakte können in ihrer Gesamtheit nicht darüber hinwegtäuschen, dass der BF dennoch über keine derart relevanten sozialen Anbindungen im Inland verfügt, dass eine haftweise Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen wäre.
Das Gericht geht daher auch im Hinblick auf die bereits zum Zeitpunkt der Verhängung klar ersichtlichen Kürze der Schubhaft im Rahmen einer durchgeführten Abwägung der Verhältnismäßigkeit davon aus, dass die am 05.11.2019 über den BF verhängte Schubhaft auch weiterhin verhältnismäßig ist.
1.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels hätte nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung geführt. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers und eine Kooperation desselben nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wären. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, im Inland zu verbleiben, nicht alles unternehmen würde, seinen (rechtswidrigen) Aufenthalt im Inland oder zumindest seinen illegalen Verbleib im EU-Raum weiter zu verlängern und unterzutauchen. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist nicht gegeben. Der Beschwerdeführer war in der Vergangenheit nicht gewillt, in seine Heimat zurückzukehren. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden könnte. Das Gericht geht nicht davon aus, dass die Verhängung eines gelinderen Mittels im vorliegenden Fall als ausreichend angesehen werden könnte.
1.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erwies sich daher auch als "ultima ratio". Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.
1.2. Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde und zwei Asylverfahren vorangegangen. Den diesbezüglichen Ermittlungsergebnissen kam auch die nötige Aktualität zu, sodass von der neuerlichen Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine Anhaltspunkte.
1.3. Die Festnahme und Überstellung des BF am 05.11.2019 erfolgte auf Grundlage des § 34 BFA-VG. Die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft waren, wie das nunmehrige Verfahren gezeigt hat, bereits zu diesem Zeitpunkt bereits gegeben. Gem. § 40 Abs. 1 Zi. 1 BFA-VG waren die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes daher berechtigt, den BF zum Zweck der Vorführung vor das BFA festzunehmen. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der seinerzeitigen Festnahme hervorgekommen und auch in der Beschwerdeschrift nicht konkret angegeben worden.
Zu den Spruchpunkten III. bis V - Ersatz der Verfahrenskosten:
Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Nach der Rechtsprechung des VwGH (VwGH v. 31.08.2017, Ro 2016/21/0014) handelte es sich im vorliegenden Fall um eine kombinierte Beschwerde, bei der sowohl die Festnahme (IV), als auch die Anhaltung in Schubhaft (V) bekämpft wurde. Es handelt sich daher rechtlich um zwei Beschwerden und waren daher auch zwei Kostenzusprüche zu treffen. Der Kostenersatzantrag der beschwerdeführenden Partei war abzuweisen.
Zu Spruchpunkt B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aufwandersatz Fluchtgefahr Interessenabwägung Kostenersatz öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2225669.1.00Im RIS seit
26.11.2020Zuletzt aktualisiert am
26.11.2020