Entscheidungsdatum
24.07.2020Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
L503 2221650-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Klaus PLÄTZER, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 11.06.2019, Zl. XXXX , betreffend Haftung für Beitragsschulden, zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Schreiben betreffend "Haftung für Beiträge gem. § 67 Abs. 10 ASVG" vom 7.11.2018 und beigefügter Rückstandsaufstellung gemäß § 64 ASVG vom selben Tag teilte die Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden kurz: "SGKK") dem nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF") als ehemaligem Geschäftsführer der XXXX . (im Folgenden kurz: "S. GmbH") mit, dass auf dem Beitragskonto der S. GmbH aus den Beiträgen samt Nebengebühren ein Rückstand in der Höhe von EUR 235.919,21 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen bestehe. Auf dem Beitragskonto der S. GmbH, bei welcher der BF laut Firmenbuch ab dem 25.2.2013 Geschäftsführer gewesen sei, scheine nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, der Bezahlung der Quote und der Zahlung des Insolvenzentgeltes durch den Insolvenzentgelt-Fonds ein Rückstand offen auf, wovon die SGKK gegen den BF persönlich die Ausfallshaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG in der Höhe des in der beiliegenden Rückstandsaufstellung dargestellten Betrages geltend mache. Bei den geltend gemachten Beiträgen handle es sich um Beiträge, welche von der GmbH im Zuge des Lohnsummenverfahrens gemäß § 58 Abs. 4 ASVG berechnet und der SGKK mitgeteilt worden seien. Es sei Sache des zur Vertretung berufenen Organs, Gründe darzulegen, welche ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen, nämlich die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge, zu erfüllen. Im Konkreten werde eine (näher beschriebene) Aufstellung zum Nachweis der Gleichbehandlung im verfahrensgegenständlichen Haftungs-/Beitragszeitraum Oktober 2014 bis April 2015 beginnend mit dem Beitragsmonat Oktober 2014 (1.10.2014 bis 31.10.2014) erwartet. Durch diese Vorlage solle die Gleichbehandlung der Sozialversicherung mit allen anderen Verbindlichkeiten überprüft werden können. Gemäß der bestehenden Rechtslage hätte der BF bei jeder getätigten Zahlung die SGKK anteilsmäßig berücksichtigen müssen. Der BF werde aufgefordert, die oben angeführten Unterlagen vorzulegen und werde ihm die Gelegenheit gegeben, zusätzliche Beweisanbote einzubringen, welche gegen eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG sprechen. Der BF werde ersucht, den eingangs erwähnten Rückstand bis spätestens 30.11.2018 zu begleichen bzw. innerhalb dieser Frist alle Tatsachen vorzubringen, die seiner Ansicht nach gegen seine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sprechen.
2. Dem steuerlichen Vertreter des BF wurde auf sein Ersuchen hin am 13.2.2019 ein Kontoauszug der S. GmbH vom selben Tag übermittelt.
3. Nach vorangegangener Fristerstreckung durch die SGKK erstattete der BF mit Schreiben seines steuerlichen Vertreters vom 12.4.2019 eine Stellungnahme. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die S. GmbH mit 30.9.2014 bei der SGKK Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 59.465,85 gehabt hätte, welche fast zur Gänze aus den Beiträgen September 2014 resultiert hätten und mit 15.10.2014 fällig gewesen wären. Bis zum 30.9.2014 seien alle Beiträge ordnungsgemäß gemeldet und auch gleichzeitig immer bezahlt worden. Zum 30.9.2014 hätten die Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt jedoch schon ein insolvenzrechtliches Ausmaß erreicht, sodass bereits im Vorfeld mit dem Finanzamt kommuniziert hätten werden müssen und sei anschließend besprochen worden, wie die rückständigen Verbindlichkeiten bezahlt werden könnten. Es sei eine Vereinbarung getroffen worden, die darauf abgezielt habe, dass mit einem Grundstücksverkauf die Verbindlichkeiten gesenkt werden sollten und habe sich das Finanzamt ein Pfandrecht im Grundbuch einverleiben lassen. In der Folge sei das Grundstück auch verkauft worden und sei es tatsächlich zu einer Zahlung an das Finanzamt in Höhe von EUR 1.050.000,00 (davon EUR 1.000.000,00 im Oktober 2014 und EUR 50.000,00 im November 2014) gekommen. Diese beiden Zahlungen seien jedoch nie frei verfügbar für die S. GmbH gewesen, um andere Gläubiger, wie die SGKK, zu befriedigen, da der Käufer die Zahlung direkt an das Finanzamt habe zahlen müssen. Die S. GmbH hätte daher zu keinem Zeitpunkt über die Zahlung aus dem Verkauf des Grundstückes verfügen können. Im Oktober 2014 sei es zu einer Zahlung in Höhe von EUR 2.400.000,00 an die XXXX ( XXXX ; im Folgenden kurz: "H. Bank") aufgrund einer lang bestehenden Hypothek zugunsten der Bank gekommen. Die Zahlung hänge kausal mit der oben erwähnten Vereinbarung zusammen, da aufgrund der Vereinbarung mit dem Finanzamt ein Grundstück habe verkauft werden sollen, damit die Verbindlichkeiten beim Finanzamt getilgt werden könnten. Durch die Hypothek der Bank sei daher ein Betrag in Höhe von EUR 2.400.000,00 nie frei verfügbar gewesen. Im Rahmen des Verkaufs des Grundstückes sei eine Verbindlichkeit im Oktober 2014 gegenüber der XXXX (im Folgenden kurz: "S.F. GmbH" direkt durch den Käufer bezahlt worden, d.h. auch über diese Zahlung in Höhe von EUR 60.841,63 habe nie eine freie Verfügbarkeit bestanden. Betreffend XXXX (im Folgenden: "H. Österreich") wurde ausgeführt, dass hier eine Garantie in Höhe von EUR 55.392,00 am 9.10.2014 gezogen worden sei. Dabei habe es sich um eine Bankgarantie gehandelt, bei der keine Einwände hätten geltend gemacht werden können, sodass auch hinsichtlich dieser Zahlung niemals freie Verfügbarkeit bestanden habe. Betreffend XXXX (im Folgenden S.S.u.K. GmbH") wurde ausgeführt, dass hier drei Zahlungen in Höhe von [insgesamt] EUR 38.403,22 geleistet worden seien; diese hätten jedoch direkt bezahlt werden müssen, da in der Zeit vor dem BF als Geschäftsführer Rechnungen an die S.S.u.K. GmbH bezahlt worden seien, dabei jedoch immer ein nicht zugestandener Skonto in Abzug gebracht worden sei. Die S.S.u.K. GmbH hätte ohne diese Zahlung die Lieferungen an die S. GmbH mit sofortiger Wirkung eingestellt, daher habe nie freie Verfügbarkeit über diesen Betrag bestanden (1. Zahlung am 10.12.2014 EUR 12.952,76; 2. Zahlung 16.2.2015 EUR 11.597,88; 3. Zahlung 19.3.2015 EUR 13.852,80). Zum 30.9.2014 hätte die S. GmbH in Summe EUR 7.761.357,71 Verbindlichkeiten zu Buche stehen gehabt. Im Zeitraum 30.9.2014 bis 30.4.2015 seien neue Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 5.753.621,09 dazugekommen. Des Weiteren seien im Zeitraum 30.9.2014 bis 30.4.2015 Zahlungen in Höhe von EUR 9.248.304,41 geleistet worden. Berücksichtige man jedoch nur die Zahlungen, die frei verfügbar gewesen seien, seien Zahlungen in Höhe von EUR 5.643.667,34 geleistet worden. Unter dem Aspekt der ausschließlich frei verfügbaren Zahlungen seien 41,76% aller Verbindlichkeiten bezahlt worden. Zum 30.9.2014 hätte die S. GmbH in Summe EUR 59.465,85 Verbindlichkeiten gegenüber der SGKK zu Buche stehen gehabt. Im Zeitraum von 30.9.2014 bis 30.4.2015 seien neue Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 409.538,75 dazugekommen. Des Weiteren seien im Zeitraum 30.9.2014 bis 30.4.2015 Zahlungen in Höhe von EUR 162.730,92 geleistet worden. In Summe seien 34,70% aller Verbindlichkeiten bei der SGKK bezahlt worden. Es ergebe sich in Summe eine Differenz in Höhe von 7,06%. Diese Differenz könne nicht als wesentlich angesehen werden, und würde es nicht rechtfertigen, dass der BF persönlich haften solle. Den BF treffe darüber hinaus tatsächlich keine bzw. allenfalls nur eine sehr geringfügige Haftung für die – allenfalls verbleibenden – nicht entrichteten Abgaben, da er die vorhandenen Mittel möglichst anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe und die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht wesentlich schlechter behandelt worden seien als andere Verbindlichkeiten. Die Geltendmachung der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG stelle eine Ermessensentscheidung der Behörde dar und sei dabei insbesondere auf den Grad des Verschuldens Bedacht zu nehmen; von einer Haftung wäre daher abzusehen.
Mit der Stellungnahme wurden eine Saldenliste zum 30.4.2015 und Bankauszüge der S. GmbH sowie eine Aufstellung über die Gleichbehandlung der Verbindlichkeiten vorgelegt.
4. Im Verfahren vor der SGKK wurden weiters ein Grundbuchsauszug vom 4.12.2014, eine Abstattungsvereinbarung der S. GmbH mit der H. Bank vom 21.10.2014 sowie ein Kaufvertrag zwischen der S. GmbH und der XXXX (undatiert, nicht unterfertigt) vorgelegt.
5. Mit Schreiben vom 18.3.2019 teilte der ehemalige Masseverwalter der S. GmbH zusammengefasst mit, dass nachträglich Vermögen (Liegenschaftsanteile) hervorgekommen sei, welches er zu verwerten versuche. Die SGKK erklärte sich mit Schreiben vom 21.3.2019 mit dieser Vorgehensweise einverstanden. Mit Schreiben vom 20.5.2019 teilte der ehemalige Masseverwalter schließlich mit, dass er erwarte, zum vorliegenden Schätzpreis keinen Käufer zu finden und er daher anrege, ihn als Buchgläubiger zu ermächtigen, die Anteile zu einem zu einem bestmöglichen, jedoch beliebigen Kaufpreis freihändig zu verwerten. Die SGKK stimmte dem mit Schreiben vom 22.5.2019 zu.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid betreffend "Haftung gemäß §§ 67 Abs. 10 und 83 ASVG" vom 11.6.2019 sprach die SGKK aus, dass der BF als ehemaliger Geschäftsführer von Beitragskontoinhaberin S. GmbH der SGKK gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge s.Nbg. aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Oktober bis April 2015 von EUR 47.514,12 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das seien ab 7.11.2018 3,38% p.a. aus EUR 35.536,15, schulde. Der BF sei verpflichtet, diesen Betrag binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen an die SGKK zu bezahlen.
Zur Begründung führte die SGKK zusammengefasst aus, dass auf dem Beitragskonto der S. GmbH derzeit ein Rückstand offen aufscheine. Von diesem mache die SGKK gegen den BF persönlich im Zuge der Ausfallshaftung den Betrag von insgesamt 47.514,12 geltend, wovon EUR 35.536,15 Kapital und EUR 11.977,97 Verzugszinsen berechnet bis 6.11.2018 seien. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg sei das Insolvenzverfahren aufgehoben worden. Nach Bezahlung der Quote, dem Abzug der Zahlung des Insolvenzentgeltfonds und der Prüfung der übermittelten Unterlagen sei der oben errechnete Betrag uneinbringlich bei der Gesellschaft. Der BF habe Unterlagen zur Prüfung vorgelegt. Laut seiner Aufstellung vom 12.4.2019 seien die Gläubiger der S. GmbH zu 41,76% und die SGKK zu 34,70% befriedigt worden. Die Zahlungen aus dem Verkauf der Liegenschaften EZ XXXX und EZ XXXX , jeweils KG XXXX , BG XXXX , die aufgrund der im Grundbuch eingetragenen, hypothekarisch besicherten Forderung geleistet worden seien (EUR 2.400.000,00 an die H. Bank, EUR 1.050.000,00 an das Finanzamt und EUR 60.841,63 an die S.F. GmbH), sowie die hypothekarisch besicherte Forderung selbst, seien jedoch nicht zu berücksichtigen, weil die Firma darüber zu keinem Zeitpunkt frei habe verfügen können und die Forderungen durch die Verwertung der Liegenschaft zur Gänze abgedeckt worden seien. Die Zahlungen von gesamt EUR 38.403,44 an die S.S.u.K. GmbH seien bei der Berechnung der Ungleichbehandlung zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung beziehe sich auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich seien und könne eine Bevorzugung von Gläubigern auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von Zug-um-Zug-Geschäften bestehen. Aus den übermittelten Unterlagen errechne sich somit eine 55,83%ige Befriedigung sämtlicher Gläubiger. Demgegenüber seien die Forderungen der SGKK zu 35,69% befriedigt worden, wodurch es zu einer Ungleichbehandlung von 20,14% gekommen sei. Entsprechend dieser Berechnung hafte der BF für den oben genannten Betrag.
7. Mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 11.7.2019 erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Darin brachte der BF begründend im Wesentlichen vor, dass bereits Verjährung des Rechtes auf Feststellung eingetreten sei, da Abgabenschulden geltend gemacht würden, die im Zeitraum Oktober 2014 bis April 2015 fällig geworden seien. Der BF sei erst mit Schreiben der SGKK vom 7.11.2018 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass offene Beträge auf dem Konto der Beitragsschuldnerin aushaften würden. Die Konkursquote von 2,19% sei in jedem Fall auf einen allfälligen Haftungsbetrag des BF mindernd anzurechnen. Mit Beschluss vom 29.1.2019 sei ein Nachtragsverteilungsverfahren eingeleitet worden, sodass die Konkursquote noch nicht endgültig feststehe. Nähere Details zum Abzug der Zahlung des Insolvenzentgeltfonds und der bezahlten Quote seien im angefochtenen Bescheid nicht ausgeführt worden. Aus der übermittelten Rückstandsaufstellung sei nicht ersichtlich, welche Zahlungen in welcher Höhe auf welche Forderungen tatsächlich angerechnet worden seien. Den BF treffe kein Verschulden daran, dass er gehindert gewesen sei, die Verpflichtungen der Gesellschaft zur Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge zu erfüllen. Es sei an die SGKK ein Stundungsersuchen übermittelt worden, um den Liquiditätsengpass auszugleichen und das Fortbestehen der Gesellschaft sicherzustellen; die belangte Behörde habe jedoch stattdessen einen Insolvenzantrag gestellt. Den BF treffe allenfalls nur eine sehr geringfügige Haftung für die nicht entrichteten Beiträge. Die rechtliche Beurteilung der SGKK, dass die hypothekarisch besicherten Forderungen nicht zu berücksichtigen seien, sei unrichtig. Es müssten alle Verbindlichkeiten ins Verhältnis zu jenen Geldmitteln gesetzt werden, die zur Begleichung tatsächlich zur Verfügung stünden. Damit sei tatsächlich nur eine Ungleichbehandlung im Ausmaß von ca. 7% erfolgt, welche wohl im geschäftlichen Verkehr zu vernachlässigen und in der Praxis gar nicht zu vermeiden sei, weshalb den BF keine Haftung treffen könne. Entgegen der Rechtsansicht der SGKK sei auch der Zahlungsbetrag von EUR 38.403,44 an die S.S.u.K. GmbH bei den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu berücksichtigen. Die H. Österreich habe am 9.10.2014 eine Bankgarantie in Höhe von EUR 55.392,00 gezogen. Die SGKK sei auf diesen Betrag in keiner Weise eingegangen und habe diesen Betrag bei der Berechnung der Zahlungsquote offenbar unrichtigerweise berücksichtigt. Die SGKK sei auch jegliche genauere Berechnung und Begründung der im Bescheid angegebenen Prozentzahlen schuldig geblieben und sei nicht nachvollziehbar, in welcher Höhe die Forderungen der SGKK befriedigt worden seien. Zwischen der Rückstandsaufstellung vom 7.11.2018 und der buchhalterischen Auswertung in der Stellungnahme des BF bestehe keine vollständige Übereinstimmung. So seien im Jänner 2015 Zahlungen an die SGKK in Höhe von EUR 103.046,34 geleistet worden, wobei dieser Betrag offensichtlich die im Zeitraum Jänner 2015 fälligen Beitragsschulden erheblich übersteige und wäre der Beurteilungszeitraum auf die Vergangenheit zu erstrecken, wenn durch den Haftenden Beiträge beglichen worden seien, die bereits davor fällig gewesen seien. Aus dem Bescheid sei in keiner Weise zu entnehmen, woraus sich die Verzugszinsen zusammensetzen und wie diese berechnet worden seien und könne der BF nur für Verzugszinsen ab Fälligkeit des ihm gegenüber bescheidmäßig festgestellten Betrages haftbar gemacht werden. Im Hinblick auf die gesamten Ausführungen und die Umstände der gegenständlichen Angelegenheit wäre von einer Haftung gänzlich abzusehen bzw. diese zumindest entsprechend zu reduzieren.
8. Am 24.7.2019 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Im Vorlagebericht führte die SGKK zusammengefasst aus, dass Beiträge gegen den Vertreter geltend gemacht werden könnten, solange diese gegenüber der Primärschuldnerin nicht verjährt seien. Sowohl die Frist der Einforderung als auch der Feststellung sei noch offen. Die Verteilungsquote aus dem Insolvenzverfahren in Höhe von 2,190596% sei beim geltend gemachten Haftungsbetrag berücksichtigt worden; aus dem eingeleiteten Nachtragsverteilungsverfahren seien keine weiteren Zahlungseingänge zu erwarten gewesen. Aus dem Kontoauszug vom 13.2.2019 sei die Zahlung des Insolvenzentgeltfonds abzulesen. Die Zahlung von EUR 55.392 aufgrund einer gezogenen Bankgarantie sei bei der Berechnung der Befriedigungsquote nicht berücksichtigt worden. Grundlage für die konkrete Berechnung der Befriedigungsquote gegenüber allen Gläubigern seien die übermittelten Unterlagen des BF gewesen. Diese sei mit der damaligen steuerlichen Vertretung des BF und dem BF selbst besprochen worden und aus der Rückstandsaufstellung vom 7.11.2018 ableitbar. Die aushaftenden und geltend gemachten Verzugszinsen würden ausschließlich die offenen Beiträge im haftungsrelevanten Zeitraum betreffen. Selbst bei Annahme einer bloß 7%igen Ungleichbehandlungsquote würde der BF eben in diesem Ausmaß haften und könne keineswegs davon gesprochen werden, dass diese "vernachlässigbar" sei. Warum es dem Betrieb nicht möglich sein solle, eine Ungleichbehandlung von Gläubigern zu vermeiden, bleibe unklar.
9. Mit Schreiben vom 7.2.2020 (OZ 2) ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die SGKK um Übermittlung der Urschrift des angefochtenen Bescheides im Original. Am 14.2.2020 wurde die Urschrift des Bescheides von der SGKK auftragsgemäß vorgelegt – diese trägt die eigenhändige Unterschrift des Genehmigenden.
10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.6.2020 wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der BF die Stellungnahme der SGKK vom 19.7.2019 (Vorlagebericht) zur Äußerung binnen zwei Wochen übermittelt.
11. Mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 6.7.2020 erstattete der BF eine Stellungnahme, in welcher er zunächst auf die Ausführungen in der Beschwerde verwies. Der BF führte neuerlich aus, dass ihn kein Verschulden an einer allfälligen Ungleichbehandlung und der nicht ordnungsgemäßen Beitragsentrichtung treffe. Im Jänner 2015 seien erhebliche Beträge an die SGKK bezahlt worden und sei aus der Rückstandsaufstellung nicht ersichtlich, auf welche offenen Forderungen dieser Betrag angerecht worden sei und bestehe die dringende Vermutung, dass der Zahlungsbetrag tatsächlich auf Altlasten angerechnet worden sei. In einem solchen Fall müsse der Beurteilungszeitraum entsprechend erweitert werden. Bei einer Ungleichbehandlungsquote von 7% sei wohl offensichtlich, dass eine völlige Gleichbehandlung schlichtweg unmöglich sei; anderenfalls müssten vor jeder einzelnen Zahlung komplizierte Prozentrechnungen angestellt werden, die sämtliche aktuelle Verbindlichkeiten berücksichtigen, was bei einem Betrieb in der Größenordnung wie gegenständlich völlig unmöglich sei. Weiters möge die nunmehr erhebliche Verfahrensdauer und erhebliche Verfahrensverzögerung mildernd berücksichtigt werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF vertrat die S. GmbH (FN XXXX ) ab dem 25.2.2013 als handelsrechtlicher Geschäftsführer selbständig.
Im Zuge des Insolvenzverfahrens vor dem Landesgericht Salzburg, Zl. XXXX , wurde mit Beschluss vom 9.6.2015 der Konkurs über die S. GmbH eröffnet und die Gesellschaft infolge dessen aufgelöst. Mit Beschluss vom 10.10.2018 wurde der Konkurs nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben. Es wurde eine Quote von 2,190596% erzielt. Der Insolvenz-Entgelt-Fonds leistete Zahlungen an die SGKK in Höhe von EUR 5.479,40 und EUR 172.654,10. Mit Beschluss vom 29.1.2019 wurde eine Nachtragsverteilung von nachträglich hervorgekommenem Vermögen der S. GmbH angeordnet; ein Zahlungseingang aus dieser Nachtragsverteilung ist nicht erfolgt.
Die laufendenden Beitragsforderungen der SGKK (bezeichnet als "RV Beitrag" und "NV Beitrag") sowie die erfolgten Zahlungseingänge ergaben einen jeweils dem Kontoauszug vom 13.2.2019 (Beilage X.) entsprechenden Saldo. Nach Bezahlung der Quote im Insolvenzverfahren sowie den Zahlungen des Insolvenz-Entgelt-Fonds haften laut Rückstandsausweis vom 7.11.2018 (Beilage I.), auf dem der gegenständliche Bescheid beruht, für den Zeitraum von Oktober 2014 bis April 2014 weiterhin Beiträge (bezeichnet als "Beitrag Rest" und "NV Beitrag Rest") in Höhe von EUR 176.445,65 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 59.473,56, insgesamt sohin ein Betrag von EUR 235.919,21, unberichtigt aus.
Im haftungsrelevanten Zeitraum bestanden laut Aufstellung des BF (Beilage XIII.) Verbindlichkeiten der S. GmbH – ausgenommen jene gegenüber der SGKK – in Höhe von insgesamt EUR 13.514.978,80 (EUR 7.761.357,71 + EUR 5.753.621,09) und wurden Zahlungen an die Gläubiger der S. GmbH – ausgenommen die SGKK – in Höhe von insgesamt EUR 9.248.304,41 geleistet, darin enthalten Zahlungen an das Finanzamt in Höhe von EUR 1.050.000,00; an die H. Bank in Höhe von EUR 2.400.000,00; an die S.S.u.K. GmbH in Höhe von EUR 38.403,44; eine Zahlung aufgrund einer Garantie zugunsten der H. Österreich in Höhe von EUR 55.392,00 sowie eine Zahlung an die S.F. GmbH in Höhe von EUR 60.841,63.
Gegenüber der SGKK bestanden laut Aufstellung des BF (Beilage XIII.) im haftungsrelevanten Zeitraum Verbindlichkeiten der S. GmbH in Höhe von insgesamt EUR 468.995,60 (EUR 59.456,85 + EUR 409.538,75) und wurden Zahlungen an die SGKK in Höhe von EUR 162.730,92 geleistet.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der SGKK. Der festgestellte Sachverhalt geht unmittelbar daraus hervor.
Die getroffenen Feststellungen zum aushaftenden (und geltend gemachten) Gesamtbetrag an Sozialversicherungsbeiträgen und Verzugszinsen beruhen im Wesentlichen auf dem Inhalt des im Akt erliegenden Rückstandsausweises vom 7.11.2018 (Beilage I.). Die einzelnen Beitragsforderungen und Zahlungseingänge auf dem Beitragskonto der S. GmbH, darunter die Zahlung der Insolvenzquote (Wertstellungsdatum 25.9.2018; vgl. Vorlagebericht, S. 3) sowie die Zahlungen des Insolvenz-Entgeltfonds (Wertstellungsdatum 5.11.2018) gehen eindeutig aus dem Kontoauszug vom 13.2.2019 (Beilage X.) hervor. Dies gilt gleichermaßen für die Höhe der Verzugszinsen. Die Feststellungen zu den Verbindlichkeiten der S. GmbH gegenüber ihren Gläubigern bzw. gegenüber der SGKK sowie zu den geleisteten Zahlungen im haftungsrelevanten Zeitraum gründen sich zur Gänze auf die Angaben des BF in der Stellungnahme vom 12.4.2019 (Beilage XIII.), entsprechen somit seinem eigenen, dem angefochtenen Bescheid ebenfalls bereits zugrunde gelegten, Vorbringen. Auf dieser Grundlage lässt sich auch – bei Berücksichtigung der hierfür maßgeblichen Zahlungen und Verbindlichkeiten der S. GmbH (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt II.3.3.) – die Berechnung der einzelnen für die Beurteilung der Gläubigergleichbehandlung relevanten Quoten (Beitragszahlungsquote, allgemeine Zahlungsquote) nachvollziehen.
Soweit in der Beschwerde (S. 5) ausgeführt wird, dass der SGKK ein Stundungsersuchen übermittelt worden sei, ist dem zu entgegnen, dass sich ein Stundungsersuchen nicht im Verwaltungsakt befindet und der Eingang eines solchen Ersuchens von der SGKK gegenüber der Kanzlei des rechtsfreundlichen Vertreters des BF bereits am 27.5.2019 verneint wurde (vgl. den Aktenvermerk über ein Telefonat vom selben Tag; Beilage XXII.). Aus dem Aktenvermerk geht weiters hervor, dass der SGKK vonseiten des rechtsfreundlichen Vertreters des BF mitgeteilt worden sei, dass ein Stundungsersuchen in der Steuerberatungskanzlei nicht aufliege – dies, obwohl laut den Angaben des BF gegenüber der SGKK der Steuerberater das Ersuchen gestellt haben solle (vgl. wiederum den Aktenvermerk vom 27.5.2019; Beilage XXII.). Vor diesem Hintergrund konnte – auch angesichts des Umstandes, dass im Rahmen der Beschwerde keine Beweismittel für die Stellung eines derartigen Ersuchens vorgelegt wurden – nicht als erwiesen angenommen werden, dass tatsächlich ein Stundungsersuchen an die SGKK gestellt worden wäre.
Zum weiters erhobenen Beschwerdeeinwand (Beschwerde, S. 4), die Konkursquote stehe noch nicht endgültig fest, da mit Beschluss [des LG Salzburg] vom 29.1.2019 ein Nachtragsverteilungsverfahren eingeleitet worden sei, ist festzuhalten, dass bereits der (ehemalige und wieder beauftragte) Masseverwalter davon ausgegangen ist, dass eine dem Schätzwert entsprechende Verwertung nicht möglich sein werde und er versuchen werde, das nachträglich hervorgekommene Vermögen zu einem beliebigen Kaufpreis freihändig zu verwerten (Schreiben vom 20.5.2019; Beilage XXIII.). Eine tatsächlich erfolgte Verwertung von nachträglich hervorgekommenem Vermögen bzw. daraus resultierende Zahlungseingänge sind nicht aktenkundig; auch mit der Beschwerde wurden keinerlei Nachweise für eine stattgefundene Verwertung vorgelegt. Der SGKK war daher nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgegangen ist, dass keine weiteren Zahlungseingänge zu erwarten seien (vgl. Vorlagebericht, S. 4) und die aushaftenden Beiträge, wie oben dargestellt, auf Grundlage des Ergebnisses der Schlussverteilung ermittelt hat.
Es war daher vom oben festgestellten Sachverhalt auszugehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich stellte der BF den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge gemäß § 414 Abs. 2 ASVG durch einen Senat entscheiden. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG durch einen Senat. § 410 Abs. 1 Z 4 ASVG ("wenn er die Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ausspricht") ist von der Senatszuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes auf Antrag nicht umfasst und liegt auch kein sonstiger Fall des § 414 Abs. 2 ASVG vor. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet daher gegenständlich durch einen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Rechtliche Grundlagen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz:
3.2.1. § 58 ASVG lautet auszugsweise:
Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Beitragsvorauszahlung
§ 58. […]
(5) Die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
[…]
3.2.2. § 67 ASVG lautet auszugsweise:
Haftung für Beitragsschuldigkeiten
§ 67. […]
(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.
3.2.3 § 83 ASVG lautet:
Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze
§ 83. Die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen gelten entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung.
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass ein Tatbestandsmerkmal des § 67 Abs. 10 ASVG und primäre Haftungsvoraussetzung die Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner ist bzw. der Haftungspflichtige jedenfalls so lange nicht in Anspruch genommen werden kann, als ein Ausfall beim Beitragsschuldner als Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann. Wesentliche und primäre sachliche Voraussetzung der subsidiären Haftung eines Vertreters ist die objektive gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner. Erst wenn diese feststeht, ist auf die Prüfung der für eine Haftung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (vgl. die Erk. des VwGH vom 22.09.2004, 2001/08/0141; vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 10.10.2018 wurde der Konkurs über die S. GmbH nach erfolgter Schlussverteilung aufgehoben. Zahlungseingänge aus einer mit Beschluss vom 29.1.2019 angeordneten Nachtragsverteilung sind nicht erfolgt. Es steht somit die objektive Uneinbringlichkeit der aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge der S. GmbH als Primärschuldnerin fest. Auf Grund seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. GmbH war der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Vertreter im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG anzusehen und machte die SGKK diesem – als potenziell Haftungspflichtigem – gegenüber die Haftung im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG geltend.
Der rezenten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge (vgl. VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038) wurde durch das SRÄG 2010, BGBl. I Nr. 62, der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 10 ASVG dahingehend erweitert (vgl. zur vorangehenden Rechtslage VwGH (verstärkter Senat) vom 12.12.2000, 98/08/0191, VwSlg. 15528A), dass durch die Einfügung des § 58 Abs. 5 ASVG den dort angeführten Vertretern (u.a. von juristischen Personen) die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen der von ihnen Vertretenen übertragen wurde. Eine Verletzung der diesbezüglichen Pflichten ist daher nunmehr Anknüpfungspunkt der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (vgl. VwGH vom 15.11.2017, Ro 2017/08/0001). Eine solche die Haftung begründende Pflichtverletzung kann insbesondere darin bestehen, dass der Vertreter die fälligen Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, indem er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (vgl. VwGH vom 7.10.2015, Ra 2015/08/0040). In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen – nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens – die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (vgl. VwGH vom 26.5.2004, 2001/08/0043; vom 26.1.2005, 2002/08/0213; vom 25.5.2011, 2008/08/0169). Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (vgl. VwGH vom 21.09.1999, 99/08/0065; vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Hinblick auf die am Ende des Beurteilungszeitraumes unberichtigt gebliebenen Verbindlichkeiten hat der Vertreter jedenfalls die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten im Beurteilungszeitraum sowie die im Beurteilungszeitraum darauf geleisteten Zahlungen nachvollziehbar darzustellen und zu belegen (vgl. VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227, zur Parallelbestimmung § 25a BUAG).
Gläubigergleichbehandlung liegt nach der Rechtsprechung des VwGH (nur) dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, unter Einschluss der Beitragsverbindlichkeiten dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht (vgl. VwGH vom 27.4.2020, Ro 2020/08/0001).
Der BF wurde mit Schreiben der SGKK vom 7.11.2018 aufgefordert, Unterlagen zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung vorzulegen. Mit Stellungnahme vom 12.4.2019 legte der BF eine Saldenliste und Bankauszüge der S. GmbH sowie eine Aufstellung über die Gleichbehandlung der Verbindlichkeiten vor. Aus den vorgelegten Unterlagen ergab sich nach den Ausführungen in der Stellungnahme des BF, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in Summe 34,70% aller Verbindlichkeiten bei der SGKK bezahlt worden seien; die SGKK berücksichtigte im Bescheid zugunsten des BF eine Beitragszahlungsquote von 35,69%, sodass der BF insoweit nicht als beschwert gelten kann. Aus der Stellungnahme des BF vom 12.4.2019 ergab sich weiters, dass ein Teil der geleisteten Zahlungen infolge hypothekarischer Belastung nicht zur Entrichtung der Beitragsschulden zur Verfügung stand, nämlich die Zahlung an die H. Bank in Höhe von EUR 2.400.000,00, die Zahlungen an das Finanzamt in Höhe von insgesamt EUR 1.050.000,00 sowie die Zahlung an die S.F. GmbH in Höhe von EUR 60.841,63; weiters eine Zahlung aufgrund einer Garantie zugunsten der H. Österreich in Höhe von EUR 55.392,00. Diese Zahlungen wurden – dem Vorbringen des BF entsprechend – von der SGKK bei der Berechnung der allgemeinen Zahlungsquote nicht berücksichtigt. Hinsichtlich dreier Zahlungen an die S.S.u.K. GmbH in der Höhe von insgesamt EUR 38.403,44 gelangte die SGKK jedoch zur Auffassung, dass diese sehr wohl in die Berechnung der allgemeinen Zahlungsquote miteinzubeziehen seien. Der BF bringt dazu in der Beschwerde vor, dass diese Zahlungen nicht zu berücksichtigen seien, da bei bereits bezahlten Rechnungen ein nicht zugestandener Skonto in Abzug gebracht worden sei und es sich bei der Zahlung daher um Korrekturen bereits bezahlter Rechnungen gehandelt habe. Soweit in diesem Zusammenhang in der Stellungnahme vom 12.4.2019 geltend gemacht wird, dass die S.S.u.K. GmbH ohne diese Zahlung die Lieferungen an die S. GmbH mit sofortiger Wirkung eingestellt hätte, vermag auch dies nichts an der Berücksichtigung dieser Zahlung zu ändern, da sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf Zahlungen bezieht, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (vgl. VwGH vom 26.1.2005, 2002/08/0213). Die SGKK hat die geleisteten Zahlungen an die S.S.u.K. GmbH daher zu Recht in die Berechnung der allgemeinen Zahlungsquote miteinbezogen.
Der BF brachte in der Beschwerde zudem vor, es hätten bei der Berechnung der allgemeinen Zahlungsquote nur die aus den nicht frei verfügbaren Mitteln getätigten Zahlungen außer Betracht bleiben dürfen, die entsprechenden Verbindlichkeiten (die hypothekarisch besicherten Forderungen gegen die S. GmbH) hätten hingegen berücksichtigt werden müssen. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Gläubigergleichbehandlung grundsätzlich das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten zu bilden ist (vgl. das zitierte Erk. des VwGH vom 27.4.2020). Bleiben im gegenständlichen Fall bestimmte Zahlungen infolge ihrer Nichtverfügbarkeit für die Entrichtung der Beitragsschulden außer Betracht, so muss dies folglich auch für die mit den entsprechenden Zahlungen getilgten Verbindlichkeiten gelten. Anderenfalls würde dies – wie etwa im konkreten Fall – zu einer massiven Verzerrung der allgemeinen Zahlungsquote führen, wodurch eine realistische Beurteilung der Gläubigergleichbehandlung nicht mehr möglich wäre. Die SGKK hat daher zu Recht neben den geleisteten nicht frei verfügbaren Zahlungen auch die damit getilgten Verbindlichkeiten bei der Berechnung der allgemeinen Zahlungsquote nicht berücksichtigt, wodurch sich die errechnete Quote von 55,83% ergab. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Berechnung der allgemeinen Zahlungsquote, anders als in der Stellungnahme des BF vom 12.4.2019 vorgenommen, unter Einschluss der Beitragsverbindlichkeiten zu erfolgen hatte (vgl. abermals das zitierte Erk. des VwGH vom 27.4.2020). Es ergab sich somit die im Bescheid dargestellte rechnerische Differenz von 20,14%. Eine Zahlung von "Altlasten", wie in der Beschwerde vorgebracht, etwa durch die Zahlung eines Betrages in Höhe von EUR 103.046,34 im Jänner 2015, ist unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht erkennbar und ergibt sich bereits aus dem Kontoauszug vom 13.2.2019 zweifelsfrei, dass zum Zahlungszeitpunkt (Wertstellungsdatum) im Jänner 2015 bereits weit höhere Beitragsschulden aufgelaufen waren, wodurch die behauptete "Überzahlung" im verfahrensgegenständlichen Zeitraum und allenfalls daraus resultierende Konsequenzen ausgeschlossen sind.
Es liegt damit eine Ungleichbehandlung der Beitragsschulden zu Ungunsten der SGKK in Höhe von EUR 35.536,15 (das sind 20,14% der aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 176.445,65) vor. Der Vertreter hat nach der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtung zur anteilsmäßigen Befriedigung der Beitragsschulden unmöglich war. Gelingt dieser Nachweis aus welchen Gründen immer nicht oder wird er erst gar nicht angetreten, dann darf die Behörde von einer kausalen, schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters ausgehen und ihn für die gesamten, uneinbringlich gewordenen Beiträge in Haftung nehmen (vgl. Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, Rz 142 zu § 67 ASVG). Der BF konnte nicht darlegen, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen zur anteilsmäßigen Befriedigung der (auch weiterhin aushaftenden) Beitragsschulden im konkreten Ausmaß unmöglich war, sodass eine schuldhafte Pflichtverletzung und insoweit eine Haftung des BF für die Beitragsschulden der S. GmbH angenommen werden konnte. Wenn in der Beschwerde ins Treffen geführt wird, dass bei der Geltendmachung der Haftung auf den Grad des Verschuldens Bedacht zu nehmen sei und der BF stets bemüht gewesen sei, die Insolvenz zu vermeiden und Zahlungsvereinbarungen zu treffen sowie rechtzeitig um Stundung angesucht habe, ist dem zu entgegnen, dass es auf ein Verschulden des Vertreters an der Insolvenz der Gesellschaft nicht ankommt (vgl. etwa VwGH vom 10.11.1998, 98/08/0025), wobei im Übrigen festzuhalten ist, dass für die tatsächliche Stellung eines Stundungsersuchens an die SGKK, wie in der Beweiswürdigung dargelegt, ohnehin keine Anhaltspunkte bestehen. Für eine Minderung der Haftung aufgrund einer mit Stellungnahme des BF vom 6.7.2020 geltend gemachten "erheblichen Verfahrensdauer und erheblichen Verfahrensverzögerung" besteht keine Rechtsgrundlage. Gemäß § 83 ASVG sind die Haftungsbestimmungen auch für die angefallenen Verzugszinsen anzuwenden, woraus sich im konkreten Fall – gerechnet bis 6.11.2018 – eine Haftung für Verzugszinsen in Höhe von EUR 11.977,97 (das sind 20,14% der aushaftenden Verzugszinsen in Höhe von EUR 59.473,56) ergibt. Zur im Bescheid ebenfalls ausgesprochenen Haftung für Verzugszinsen für die aushaftenden Beiträge in Höhe von EUR 35.536,15 ab dem 7.11.2018 ist auszuführen, dass die Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG auf Grundlage des unter www.oenb.at veröffentlichten Basiszinssatzes zu berechnen sind. Im Jahr 2018 betrug der Zinssatz 3,38% (vgl. Derntl in Sonntag, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, Rz 10 zu § 59 ASVG) und gilt dieser Zinssatz weiterhin.
Zum Einwand des Eintritts der Feststellungsverjährung ist Folgendes auszuführen: Durch die Anmeldung der Forderung im Konkurs der S. GmbH war die Verjährung gemäß (§ 68 Abs. 2 ASVG iVm) § 9 Abs. 1 IO unterbrochen und begann erst mit Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses von neuem zu laufen. Gemäß § 68 Abs. 1 ASVG wirken Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung gegen den Zahlungspflichtigen in gleicher Weise gegen den Beitragsmithaftenden. Daher konnte die Feststellung der Haftung des BF ebenfalls nicht verjähren. Die Feststellungsverjährung konnte ihm gegenüber erst mit dem Feststehen der objektiven Uneinbringlichkeit der noch nicht verjährten Forderung gegenüber der Primärschuldnerin, d.h. im vorliegenden Fall mit der rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses über die Primärschuldnerin mit Beschluss vom 10.10.2018, zu laufen beginnen (vgl. VwGH vom 9.9.2019, Ra 2019/08/0126, mit Hinweis auf VwGH vom 1.4.2009, 2008/08/0223; sowie VwGH vom 9.1.2020, Ra 2019/08/0180). Der BF wurde erstmals mit Schreiben der SGKK vom 7.11.2018 von der ihn betreffenden Haftung für die Beitragsschulden der S. GmbH (Primärschuldnerin) verständigt und wurde seine Haftung bereits mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11.6.2019 ausgesprochen. Die Feststellungsverjährung konnte damit nicht eintreten.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Geschäftsführer einer Gesellschaft als Vertreter für deren Beitragsschulden gemäß § 67 Abs. 10 ASVG zu haften hat, bereits eine umfassende und einheitliche – auszugsweise auch zitierte – Rechtsprechung des VwGH besteht, von der die gegenständliche Entscheidung auch nicht abweicht.
Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art. 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art. 6 EMRK für Art. 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 14.03.2012, U466/11; 27.06.2013, B823/2012; 21.02.2014, B1446/2012; VwGH 23.01.2013, 2010/15/0196; 24.01.2013, 2012/21/0224).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH vom 10.8.2000, 2000/07/0083, und vom 14.5.2003, 2000/08/0072). Der Gerichtshof hat darüber hinaus bekräftigt, dass die systematische Durchführung mündlicher Verhandlungen die notwendige Sorgfalt bei der Erledigung dort beeinträchtigten kann, wo es – wie etwa in Sozialversicherungssachen – allgemein um eher technische Fragen geht, die in einem schriftlichen Verfahren besser gelöst werden können (vgl. das Urteil vom 18.7.2013, Fall Schädler-Eberle, Zl. 56.422/09; vgl. VwGH vom 3.11.2015, 2013/08/0153).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich bereits aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest. Es konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Schlagworte
Beitragsschuld Geschäftsführer Gleichbehandlung Haftung Nachweismangel Pflichtverletzung UneinbringlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L503.2221650.1.00Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020