TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/1 I408 2234031-1

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Veröffentlicht am 01.09.2020
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Entscheidungsdatum

01.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
NAG §53
NAG §55 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I408 2234031-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des BFA, XXXX vom 10.07.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Am 21.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer unter Hinweis, dass er seit 18.10.2013 in Österreich gemeldet sei, keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, nicht sozialversichert sei und eine strafgerichtliche Verurteilung aufweise, zur beabsichtigten Ausweisung schriftlich Parteiengehör gewährt. Das Parteiengehör wurde Corona bedingt an der Abgabestelle ohne Übernahmebestätigung hinterlassen auf seitens des Beschwerdeführers erfolgte keine Reaktion.

2.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 10.07.2020 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und erteilte ihm einen Durchsetzungsausschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung.

3.       Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde am 11.08.2020 Beschwerde erhoben und auf die Anmeldebescheinigung vom 13.07.2015 verwiesen sowie eine Krankenstandbestätigung der Österreichischen Gesundheitskasse für den Zeitraum 06.06.2020 bis 03.07.2020 und eine Aufenthaltsbestätigung des XXXX Instituts ab 06.07.2020 vorgelegt.

4.       Am 01.09.2020 wurde von der Rechtsvertretung ein vorläufiger Patientenbrief des XXXX Instituts übermittelt, woraus hervorgeht, dass der Beschwerdeführer massive Alkoholprobleme aufweist, mit 2,89 Promille die Entzugsbehandlung angetreten hat und bis 01.09.2020 eine stationäre Therapie geplant ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 23.11.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung zu einer unbedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je € 4--, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen verurteilt (AS 5). Diese Ersatzfreiheitsstrafe verbüßte er vom 16.10.2019 bis 04.11.2019.

Der Beschwerdeführer ist polnischer Staatsbürger und verfügt seit 18.10.2013 über einen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet. Ab 07.04.2014 hatte er mit Unterbrechungen bis 03.09.2019 immer wieder unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse aufgenommen und ist über die Österreichische Gesundheitskasse versichert. Nach einem Unfall am 12.12.2019 bezog er Krankengeld und seit 06.07.2020 ist er im XXXX Institut wegen seiner Alkoholprobleme in stationärer Behandlung (AS 50 sowie OZ 3). Er wohnt seit Anbeginn in einer eigenen Wohnung neben der Wohnung seiner Mutter und wird von ihr finanziell unterstützt.

Aufgrund eines rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet seit Oktober 2013 hat er das Recht auf Daueraufenthalt erworben (§ 53 NAG).

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Behördenakt sowie dem Beschwerdevorbringen und finden in den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Abfragen aus ZMR und AJ-WEB Auskunftsverfahren ihre Deckung.

Das Privatleben und die Alkoholprobleme des Beschwerdeführers ergibt sich aus den übermittelten Unterlagen. Die Beschäftigungsverhältnisse seit April 2014, unterbrochen durch krankheitsbedingte Abwesenheiten bzw. durch Zeiten mit Bezug von Arbeitslosenunterstützung und Notstandshilfen sind zweifelsfrei dokumentiert. Aus dieser Zusammenschau ist es auch nachvollziehbar, dass er als Person finanziell von seiner Mutter unterstützt wird.

Daraus resultiert auch die Feststellung, dass er zwischenzeitlich das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 66 FPG bezieht sich nicht auf EWR-Bürger, die gemäß § 53a NAG ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben, d.h. die sich länger als fünf Jahre rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid war daher zu beheben.

Da im vorliegenden Fall bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

Alkoholabhängigkeit Ausweisung Behebung der Entscheidung Daueraufenthalt EU (int. Schutzberechtigte) Durchsetzungsaufschub ersatzlose Behebung EU-Bürger EWR-Bürger Kassation Unionsbürger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2234031.1.00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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