Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in den verbundenen Familienrechtssachen 1. des Antragstellers A***** B*****, MAS Msc (AZ 1 Fam 58/18y, führend), und 2. der Antragstellerin A***** B***** (AZ 1 Fam 59/18w), beide *****, beide vertreten durch Mag. Barbara Senninger, Rechtsanwältin in Stegersbach, gegen die Antragsgegnerin A***** B*****, vertreten durch Mag. Gudrun Ott-Sander, Rechtsanwältin in Wien, jeweils wegen Enthebung von der Unterhaltsverpflichtung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Februar 2020, GZ 45 R 516/19v-34, womit infolge Rekurses der Antragsgegnerin der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 9. September 2019, GZ 1 Fam 58/18y, 59/18w-25, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
„Die Anträge des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin, sie jeweils von ihrer Unterhaltspflicht gegenüber der Antragsgegnerin mit Ablauf des Juni 2018 zu entheben, werden abgewiesen.“
Der Erstantragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 2.873,26 EUR (darin enthalten 478,39 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Zweitantragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 1.436,63 EUR (darin enthalten 239,19 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Die Antragsteller sind die Eltern der am ***** 1996 geborenen Antragsgegnerin, die mit ihnen nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.
[2] Der Erstantragsteller ist aufgrund eines Beschlusses des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 14. 12. 2017 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung in Höhe von 670 EUR verpflichtet, die Zweitantragstellerin aufgrund eines Beschlusses des selben Gerichts vom 27. 4. 2016 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 345 EUR. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen (inklusive Sonderzahlungen) des Erstantragstellers beträgt nach diesem (letzten) Unterhaltstitel 3.337,85 EUR, jenes der Zweitantragstellerin 2.086,81 EUR. Die Antragsteller leben im gemeinsamen Haushalt. Jedenfalls der Erstantragsteller hat eine akademische Ausbildung.
[3] Die Antragsgegnerin begann im Wintersemester 2014/2015 das Bachelor-Lehramtsstudium für Neue Mittelschulen in den Fächern Englisch und Musik an der kirchlichen pädagogischen Hochschule Wien/Krems. Die durchschnittliche Studiendauer beträgt sechs Semester. Bis 9. September 2019 erwarb sie in diesem Studium insgesamt 170 ECTS-Punkte (von 180 Punkten). Davon erwarb sie im Wintersemester 2017/2018 4,5 ECTS, im Sommersemester 2018 1 ECTS, im Wintersemester 2018/2019 5,5 ECTS und im Sommersemester 2019 10,5 ECTS-Punkte.
[4] Im Zeitraum vom Wintersemester 2015/2016 bis zum Sommersemester 2018 absolvierte sie zusätzlich und erfolgreich den Hochschullehrgang „Zweisprachiger Unterricht an Volks- und Neuer Mittelschule mit deutscher und kroatischer Unterrichtssprache sowie Kroatischunterricht an Volks- und Neuer Mittelschule“ an der pädagogischen Hochschule Burgenland, weshalb sich der Abschluss des Studiums verzögerte. Insgesamt erwarb sie dadurch 34 ECTS-Punkte.
[5] Mit der Dienstrechts-Novelle 2013 wurde das Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrerinnen und Lehrer geändert. Ab 2019 muss ein Masterstudium abgeschlossen werden, um eine unbefristete Stelle als Lehrerin zu erhalten. Es besteht die Möglichkeit, innerhalb von fünf Jahren den Abschluss des Masterstudiums nachzuholen. In der Übergangsphase zwischen altem und neuem Dienstrecht, nämlich im Zeitraum vom Schuljahr 2015/2016 bis zum Schuljahr 2018/2019, konnten Junglehrerinnen und Junglehrer zwischen dem Einstieg in das alte oder das neue System wählen. Diese Information wurde vom Bundesministerium für Bildung und Frauen mit Broschüre vom April 2015 veröffentlicht. Achtsemestrige Bachelor-Lehramtsstudien, die dem neuen Dienstrecht entsprechen (Abschluss mit 240 ECTS-Punkten) und die zu einem Masterstudium berechtigen, wurden erst ab dem Schuljahr 2016/2017 nach und nach eingeführt.
[6] Seit Oktober 2017 absolviert die Antragsgegnerin zusätzlich ein solches, dem neuen Dienstrecht entsprechendes Lehramtsstudium „Bachelorstudium Lehramt Sekundarstufe Englisch, Burgenlandkroatisch/Kroatisch“ an der PH Burgenland, das auch dazu berechtigt, an höheren Schulen zu unterrichten. Im Bereich Bildungswissenschaften wurden dafür alle erforderlichen ECTS-Punkte vom Studium an der PH Wien/Krems angerechnet. Somit hat sie für diesen Bereich keine weiteren ECTS-Punkte zu erwerben. Für den Zweig Englisch wurden 32,5 ECTS-Punkte angerechnet und es wurde von der PH Burgenland bereits zugesagt, dass weitere 11 ECTS-Punkte angerechnet werden, sobald das Studium an der PH Wien/Krems abgeschlossen wird. Durch das bisherige Studium an der PH Burgenland hat die Antragsgegnerin weitere 14,5 ECTS-Punkte erworben. Für den Abschluss im Zweig Englisch fehlen somit 36 ECTS-Punkte, welche voraussichtlich bis Ende des Sommersemesters 2020 erreicht werden können. Für den Bereich Burgenlandkroatisch/Kroatisch wurden vom absolvierten Hochschullehrgang 15 ECTS-Punkte angerechnet. Insgesamt wurden bisher zwei Semester abgeschlossen, womit noch vier Semester fehlen.
[7] Die Antragsteller begehrten die Enthebung von ihrer Unterhaltspflicht mit Ablauf des Juni 2018 und brachten im Wesentlichen vor, laut Studienordnung hätte die Antragsgegnerin das Studium auf der PH Wien/Krems bereits im Juni 2017 beenden können. Dies entspreche der durchschnittlichen Studiendauer von sechs Semestern. Dass die Antragsgegnerin bislang das Studium noch nicht abgeschlossen habe, bedeute, dass sie das Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betreibe, sodass die Unterhaltspflicht nicht mehr bestehe. Das weitere Bachelorstudium auf der PH Burgenland sei nicht notwendig. Die Antragsgegnerin könnte nach Abschluss ihres ursprünglichen Studiums als Lehrerin an einer Neuen Mittelschule arbeiten.
[8] Die Antragsgegnerin wendete ein, sie habe zusätzlich zum Bachelorstudium Lehramt für Neue Mittelschulen noch einen Lehrgang im Zeitraum von Oktober 2015 bis Juli 2018 absolviert. Seit Oktober 2017 absolviere sie ein weiteres Lehramtsstudium. Dies sei aufgrund der Dienstrechts-Novelle 2013 erforderlich, da darin die Ausbildung von Lehrern geändert worden sei. Für die Übernahme in ein unbefristetes Dienstverhältnis sei der Abschluss eines Masterstudiums erforderlich. Um zum Masterstudium zugelassen zu werden, benötige sie 240 ECTS-Punkte. Mit dem Bachelorstudium nach dem bisherigen Modell werde das Studium lediglich mit 180 ECTS-Punkten abgeschlossen. Aufgrund der Gesetzesänderung habe sich diese Verzögerung ergeben. Das neue Bachelorstudium ermögliche überdies, auch an Gymnasien zu unterrichten, sodass es eine höherwertige Ausbildung darstelle. Sie habe ihr Studium stets ernsthaft und zielstrebig betrieben, weshalb weiterhin ein Unterhaltsanspruch bestehe.
[9] Das Erstgericht enthob die Antragsteller mit Ablauf des Juni 2018 von ihrer Unterhaltspflicht. Es stützte sich auf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und vertrat die Ansicht, dass sich die Antragsgegnerin vorrangig um einen Abschluss des Bachelorstudiums an der PH Wien/Krems hätte bemühen müssen. Unter Berücksichtigung eines Toleranzsemesters und gerechtfertigter Verzögerungen durch den zusätzlich absolvierten Hochschullehrgang hätte ein Abschluss des Lehramtsstudiums an der PH Wien/Krems bis zum Ende des Sommersemesters 2018 möglich sein müssen. Daraus folge, dass die Antragsgegnerin das Studium insgesamt betrachtet nicht angemessen ernsthaft und zielstrebig betreibe. Mit Ablauf des Juni 2018 sei die fiktive Selbsterhaltungsfähigkeit eingetreten.
[10] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Seine Entscheidung begründete es im Wesentlichen damit, dass sich die Antragsgegnerin bei zielstrebiger Vorgangsweise auf den Abschluss des von ihr ursprünglich betriebenen Studiums hätte konzentrieren müssen, anstatt – bei ohnedies unzureichendem Studienerfolg – zeitgleich eine weitere Ausbildung zu beginnen. Die Aufnahme einer dritten Hochschulausbildung habe keinen Einfluss mehr auf den Eintritt ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit.
[11] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung des Höchstgerichts zu der Frage fehle, inwieweit bei der Beurteilung des Studienerfolgs die Absolvierung von Mehrfachstudien zu berücksichtigen sei bzw ob der Umstand ins Gewicht falle, dass bei Studienbeginn eines Unterhaltsberechtigten von diesem letztlich angestrebte weitere Studiengänge noch nicht in dieser Form eingerichtet gewesen seien.
[12] Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Anträge auf Enthebung von der Unterhaltspflicht abgewiesen werden; hilfsweise wird beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
[13] Die Antragsteller beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[14] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil dem Rekursgericht eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Er ist auch berechtigt.
[15] Die Antragsgegnerin macht geltend, die Annahme des Rekursgerichts, sie habe beim Bachelorstudium auf der PH Burgenland ohne Berücksichtigung von Anrechnungen lediglich 14,5 ECTS-Punkte erworben, widerspreche den vorgelegten Urkunden und sei aktenwidrig. Ihre diesbezügliche Parteienaussage habe sich allein auf das Englischstudium bezogen. Für die dauerhafte Berufsausübung sei aufgrund der Dienstrechts-Novelle die Absolvierung des Masterstudiums erforderlich, für welches jedoch ein Bachelorstudium im Ausmaß von 240 ECTS-Punkten Voraussetzung sei. Mit dem ursprünglich begonnenen Bachelorstudium hätte die Antragsgegnerin auf Dauer nicht als Lehrerin tätig sein dürfen. Das neue Bachelorstudium ermögliche überdies, auch an Gymnasien zu unterrichten, sodass es eine höherwertige Ausbildung sei. Durch die Vorgangsweise der Antragsgegnerin, bei der sie sich sehr viele Lehrveranstaltungen habe anrechnen lassen können, könne sie möglichst rasch und zeitsparend die Voraussetzungen für das Masterstudium erfüllen. Die Vorinstanzen hätten bei der Beurteilung des Studienerfolgs außer Acht gelassen, dass die Antragsgegnerin mehrere Studien teilweise parallel betreibe und lediglich den Studienerfolg des ursprünglichen Bachelorstudiums beurteilt.
[16] Hiezu wurde erwogen:
[17] 1. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein noch nicht selbsterhaltungsfähiges studierendes Kind so lange Anspruch auf Unterhalt, als es sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt, was in der Regel zu bejahen ist, wenn die durchschnittliche Studiendauer für das betreffende Fach nicht überschritten wird (
RS0083694). Ein Kind verliert aber nicht schon deshalb seinen Unterhaltsanspruch, weil es aus subjektiven oder objektiven Gründen ein aufgenommenes Studium – etwa aufgrund eines entschuldbaren Irrtums über seine persönlichen Voraussetzungen oder über die mangelnden Berufsaussichten – wechselt, weil einerseits für die Wahl eines den Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums eine gewisse Überlegungszeit (im Allgemeinen höchstens ein Jahr [vgl: RS0047679]) nötig ist und andererseits sich erst im späteren Verlauf des Studiums die Unrichtigkeit der zunächst getroffenen Studienwahl herausstellen kann (RS0047617). Soweit die für die Entscheidung des Kindes über den erstmaligen Studienwechsel in Anspruch genommene Frist über das angemessene Maß hinausgeht, darf dies nicht zu Lasten des Unterhaltspflichtigen gehen. Die Frage des Erlöschens des Unterhaltsanspruchs ist dann so zu beurteilen, als ob das Kind schon nach Ablauf der angemessenen Überlegungsfrist mit dem zweiten Studium begonnen hätte. Von diesem Zeitpunkt an ist daher die durchschnittliche Dauer des neuen Studiums zu berechnen (RS0047679). Kann die Überschreitung der angemessenen Überlegungsfrist des Kindes hinsichtlich des erstmaligen Studienwechsels noch als entschuldbar angesehen werden, so schadet es nicht, wenn das erste Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde (RS0047675). Schuldzuweisungen mit der Rechtsfolge der bleibenden hypothetischen Selbsterhaltungsfähigkeit haben keine entscheidende Bedeutung. Vielmehr ist am Kindeswohl zu messen, ob Veränderungen in der Ausbildung eines Kindes dessen Lebensverhältnisse entscheidend verbessern können. Erst danach ist zu prüfen, ob dem diesem Vorhaben widersprechenden Unterhaltspflichtigen die Verlängerung oder das Wiederaufleben der Unterhaltsverpflichtung zumutbar ist (2 Ob 97/97x). Daher wurde im Einzelfall auch ein erstmaliger Studienwechsel nach drei Jahren als (noch) entschuldbare Fehleinschätzung gewertet, sofern das neue Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird (3 Ob 210/07i). Für die Beurteilung der Angemessenheit der in Anspruch genommenen Frist, des Ausbildungserfolgs im neuen Studienzweig und der dem Unterhaltspflichtigen noch zumutbaren (insgesamten) Studiendauer nach einem Wechsel des Studienzweigs sind jeweils die Umstände des Einzelfalls entscheidend (3 Ob 210/07i mwN).
[18] 2. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass während des Lehramtsstudiums der Antragsgegnerin eine Änderung der Ausbildungsordnung für Lehrer wirksam wurde und das neue achtsemestrige Bachelorstudium auch dazu berechtigt, nicht nur an Neuen Mittelschulen, sondern auch an höheren Schulen zu unterrichten, und die Möglichkeit bietet, ein (berufsbegleitendes) Masterstudium anzuschließen, was nach den getroffenen Feststellungen seit dem Jahr 2019 für alle Junglehrer verpflichtend ist. Zutreffend hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem neuen Studium somit um eine weitergehende, vertiefende Berufsausbildung handelt, die eine Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten der Antragsgegnerin bedeutet.
[19] Im Hinblick darauf, dass dieses neue Bachelorstudium frühestens ab dem Schuljahr 2016/2017 angeboten wurde und Prüfungen in erheblichem Umfang aus dem bisherigen Studium und dem daneben absolvierten Hochschullehrgang angerechnet wurden, ist im vorliegenden Fall der Wechsel in das weiterführende Studium, das unmittelbar der Berufsvorbereitung dient, auch noch nach drei Jahren entschuldbar. Nicht entscheidend ist daher, ob die Antragsgegnerin nach Abschluss ihres ursprünglichen Bachelor-Lehramtsstudiums an der PH Wien/Krems berechtigt wäre, dauerhaft an einer Neuen Mittelschule zu unterrichten. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts liegt auch kein mehrfacher „Studienwechsel“ vor, weil die Antragsgegnerin mit dem Hochschullehrgang für Kroatisch – wie die Antragsteller selbst ausführen – lediglich eine Zusatzausbildung absolviert hat.
[20] 3. Die Kontrolle, ob ein Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, hat bei – wie hier – fehlender Gliederung in Studienabschnitte durch eigenständige Beurteilung der vom Unterhaltswerber erbrachten Leistungen zu erfolgen (
RS0120928). Dabei ist ein zielstrebiger Studienerfolg nicht zwingend bereits dann zu verneinen, wenn nach schlichtem Dividieren die pro Semester erreichten ECTS-Punkte nicht (stets) jenen Punkten entsprechen, die bei einer durchschnittlichen Studiendauer im rechnerischen Durchschnitt auf ein Semester entfallen (3 Ob 181/19t; 7 Ob 131/19v).
[21] Nach den Feststellungen fehlten der Antragsgegnerin im (relevanten) Entscheidungszeitpunkt erster Instanz (3 Ob 181/19t; RS0006801) für den Abschluss des neuen Bachelorstudiums für Englisch 36 ECTS-Punkte, die voraussichtlich bis Ende des Sommersemesters 2020, also in etwa zwei Semestern, erreicht werden konnten. Für den Abschluss in Kroatisch fehlten noch vier Semester. Das bedeutet, dass ein Abschluss des neuen Bachelorstudiums – trotz des bis zum Ende des Sommersemesters 2018 erfolgreich absolvierten zusätzlichen Hochschullehrgangs – im Zweig Englisch unterhalb der Mindeststudiendauer und im Zweig Kroatisch ohne Überschreitung der Mindeststudiendauer möglich ist. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass die Antragsgegnerin das neue Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betreibe. Ob das Rekursgericht die erstinstanzlichen Feststellungen zu den an der PH Burgenland erworbenen ECTS-Punkten zutreffend interpretiert hat, kann dahinstehen.
[22] 4. Für die Belastbarkeit von Geldunterhaltspflichtigen ist generell zu beachten, dass Entscheidungen in Unterhaltssachen an den Verhältnissen in einer fiktiven „intakten Familie“ zu orientieren sind (3 Ob 210/07i; 1 Ob 49/02s). Vor dem dargelegten Hintergrund wäre in einem vergleichbaren Fall davon auszugehen, dass maßstabsgerechte Durchschnittseltern weiterhin einen durch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begrenzten finanziellen Beitrag zur Ausbildung ihres Kindes leisten würden.
[23] 5. Ausgehend von diesen Erwägungen bestand die Unterhaltspflicht der Antragsteller jedenfalls im September 2019 (Entscheidungszeitpunkt erster Instanz) noch fort. Die Anträge der Eltern sind daher abzuweisen.
[24] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG. Gemäß § 9 Abs 3 RATG ist als Bemessungsrundlage die einfache Jahresleistung heranzuziehen. Der Anteil des Erstantragstellers am gesamten Interesse der verbundenen Verfahren beträgt rund zwei Drittel, jener der Zweitantragstellerin rund ein Drittel.
Textnummer
E129688European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00102.20V.0917.000Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020