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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §185;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 93/13/0226 E 31. März 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, Johannesplatz 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. April 1993, Zl. 6/3 - 3064/93-01, betreffend Zurücknahme einer Berufung gegen Feststellungsbescheide (§ 188 BAO) für die Jahre 1989 und 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer einer Liegenschaft (Hausgemeinschaft) und erzielt als solcher aus der Vermietung der Liegenschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In den Verfahren gemäß § 188 BAO betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1989 und 1990 wich das Finanzamt insoweit von den Abgabenerklärungen ab, als es bei der Absetzung für Abnutzung (AfA) von einer längeren Restnutzungsdauer des vermieteten Gebäudes ausging. Da die Hausgemeinschaft von der Bestimmung des § 28 Abs. 5 EStG 1988 Gebrauch gemacht hatte, wonach die die Werbungskosten übersteigenden, nach mietrechtlichen Vorschriften verrechnungspflichtigen Einnahmen einem steuerfreien Betrag zugeführt werden können, wirkte sich die Kürzung der AfA (= Kürzung der Werbungskosten) nur auf die Höhe des genannten steuerfreien Betrages, nicht jedoch auf die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus, die erklärungsgemäß festgestellt wurden. In den Begründungen der Feststellungsbescheide wurde auf die Kürzung der AfA hingewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Feststellungsbescheide Berufung, in der er sich gegen die Herabsetzung der AfA wendete.
Die belangte Behörde wies in einem Mängelbehebungsauftrag vom 7. Jänner 1993 (den Verwaltungsakten nicht angeschlossen, jedoch in den Beschwerdeschriftsatz als Kopie einbezogen) darauf hin, daß der Spruch beider Bescheide den Abgabenerklärungen entspreche. Das geänderte Ausmaß der AfA einerseits und des steuerfreien Betrages gemäß § 28 Abs. 5 EStG 1988 andererseits sei lediglich in der Begründung der Feststellungsbescheide mitgeteilt worden. Da nur der Spruch eines Bescheides mit Berufung bekämpft werden könne, werde der Beschwerdeführer gemäß § 275 BAO aufgefordert bekanntzugeben, in welchen Punkten der Spruch der Feststellungsbescheide bekämpft werde. Auf die Rechtsfolge der Unterlassung dieser Bekanntgabe (Fiktion der Zurücknahme der Berufung) wurde hingewiesen.
Der Beschwerdeführer vertrat in Beantwortung dieses Schreibens die Auffassung, daß die Änderung der AfA durch das Finanzamt als Teil des Spruches der angefochtenen Feststellungsbescheide anzusehen sei. Gegen diese Änderung richte sich die Berufung.
Die belangte Behörde beauftragte das Finanzamt, die Berufung gemäß § 275 BAO bescheidmäßig als zurückgenommen zu erklären, weil der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen habe.
Der vom Finanzamt daraufhin weisungsgemäß erlassene Bescheid wurde vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpft. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung abgewiesen. Dagegen wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Streit besteht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließlich darüber, ob die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Feststellungsbescheide zu Recht als zurückgenommen erklärt wurden.
Der Beschwerdeführer bestreitet dies mit der Begründung, seine Berufung habe keine Mängel im Sinne des § 275 BAO aufgewiesen. In beiden Feststellungsbescheiden sei das Finanzamt von den diesbezüglichen Abgabenerklärungen insoweit abgewichen, als AfA und steuerfreier Betrag gemäß § 28 Abs. 5 EStG 1988 geändert worden seien. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß sich die beiden Änderungen per Saldo nicht auf die Höhe der erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausgewirkt hätten. Ein Abweichen von den Abgabenerklärungen müsse als Teil des Bescheidspruches angesehen werden.
Zu diesem Vorbringen genügt es, den Beschwerdeführer auf die gegenteilige hg. Rechtsprechung hinzuweisen. In seinem Erkenntnis vom 20. April 1995, 92/13/0086, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem dieselbe Rechtsfrage betreffenden Fall sinngemäß ausgesprochen, daß dann, wenn der Abgabenanspruch durch das Abweichen der Abgabenbehörde von der Abgabenerklärung keine Änderung erfährt, kein Recht des Abgabepflichtigen verletzt wird und daher auch gegen einen solchen Bescheid kein Rechtsmittel zulässig ist. Sollten die für das Abweichen von der Abgabenerklärung maßgebenden Umstände in einem anderen (späteren) Verfahren letztlich dazu führen, daß Streit über Bestehen oder Ausmaß der Bemessungsgrundlage entsteht, so bietet dieses Verfahren die Möglichkeit entsprechender Rechtsverteidigung, ohne daß dem der allein in Rechtskraft erwachsene Spruch des früheren Bescheides entgegenstehen würde.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend die oft fehlende Trennung zwischen Spruch und Begründung gehen am Kern des Problems vorbei. Selbstverständlich kann auch ein Begründungselement mit Rechtsmittel bekämpft werden; Voraussetzung ist aber, daß es im bekämpfbaren Spruch des Bescheides dergestalt seinen Niederschlag gefunden hat, daß durch den Spruch des Bescheides Rechte des Beschwerdeführers verletzt sein können.
Da die Berufung des Beschwerdeführers somit kein Vorbringen enthielt, in welchen Punkten der Spruch der angefochtenen Feststellungsbescheide eine Änderung erfahren sollte, entsprach die Vorgangsweise gemäß § 275 BAO der Gesetzeslage. Verfassungsrechtliche Bedenken sind diesbezüglich beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden, sodaß der Anregung des Beschwerdeführers, "beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich jener Paragraphe der Bundesabgabenordnung (zu) beantragen, auf welche sich die belangte Behörde stützt", nicht aufzugreifen war.
Auch die weitere eventualiter vorgebrachte Rüge des Beschwerdeführers, einen allenfalls zulässigen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 275 BAO hätte nur die Abgabenbehörde erster Instanz, nicht jedoch die belangte Behörde erteilen dürfen, ist unbegründet. Zu Recht verweist die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 279 BAO, wonach im Berufungsverfahren die Abgabenbehörden zweiter Instanz die Obliegenheiten und Befugnisse haben, die den Abgabenbehörden erster Instanz auferlegt und eingeräumt sind. Diese Berechtigung umfaßt auch die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages (vgl. Stoll, BAO-Kommentar III, S. 2700 f, und die dort referierte hg. Rechtsprechung).
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1993130081.X00Im RIS seit
11.07.2001