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EStGNorm
EStG 1972 §16 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissar Dr. Dorner, über die Beschwerde des Dipl. Ing. Dr. AF in W, vertreten durch Dr. Alexander Wanke, Rechtsanwalt in Wien I, Rudolfsplatz 12, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat I, vom 27. Februar 1986, Zl. 223-3/85, betreffend Einkommensteuer für 1983 und 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der seit 1971 im Raum Wien bzw. in Wien als Arbeitnehmer beschäftigt ist, übernahm in den Folgejahren eine Land- und Forstwirtschaft und eine Fremdenpension. Die Betriebe sind in Kärnten gelegen, wo seit der Verehelichung des Beschwerdeführers im Jahre 1973 auch seine Familie lebt.
In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1983 und 1984 begehrte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf einen bereits im Lohnsteuerverfahren gestellten Antrag die Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten für wöchentliche Heimfahrten von Wien nach Kärnten (1983: S 78.352,--, 1984 S 77.142,--) sowie die Kosten der doppelten Haushaltsführung (Miete in Wien jeweils S 12.000,--). Im Lohnsteuerverfahren ist eine dieselben Werbungskosten betreffende Berufung noch unerledigt. Für das Streitjahr 1983 stellte der Beschwerdeführer den Eventualantrag, im Falle der Nichtanerkennung der Fahrtkosten als Werbungskosten diese in Höhe von S 26.400,-- (15 Fahrten von Wien nach Kärnten und zurück resultierend aus wöchentlichen Fahrten in den Monaten Juni bis August zusätzlich gelegentlicher Kontrollfahrten) bei der Einkommensteuerveranlagung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde ließ mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid die geltend gemachten Werbungskosten nicht zum Abzug zu. Sie legte begründend dar, Kosten, deren Ursache in einer aus persönlichen Gründen getroffenen Wahl des Wohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort liege, waren solche der Lebensführung. Im Falle der Beibehaltung eines entfernt gelegenen Wohnsitzes durch eine Reihe von Jahren rechtfertige dieser längere Zeitraum grundsätzlich die Annahme, daß für die Beibehaltung vorwiegend private bzw. nicht mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehende Gründe maßgebend seien. Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn der gemeinsame Wohnsitz sich zwar außerhalb der üblichen Entfernung vom Dienstort des einen Ehegatten befinde, der andere Ehegatte jedoch am Ort dieses Wohnsitzes eine Erwerbstätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes ausübe.
Im Beschwerdefall sei nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers seine nichtselbständige Tätigkeit zur Erzielung eines familiengerechten Einkommens unentbehrlich und stelle somit auch den Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit dar. Daß für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Kärnten durch eine Reihe von Jahren dennoch nicht private Gründe ausschlaggebend gewesen seien, hätte der Beschwerdeführer damit zu begründen versucht, daß seine Gattin die beiden Kärntner Betriebe führe. Dabei übersehe der Beschwerdeführer jedoch, daß nur eine Erwerbstätigkeit der Ehegattin im Sinne des Einkommensteuergesetzes diese Beurteilung rechtfertigen könnte. Daß die Gattin aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fremdenpension Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes erziele, werde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Nach seinen eigenen Angaben führe und beaufsichtige die Gattin „im Rahmen ihrer familiären Verpflichtung zur Mithilfe“ die Betriebe. Ebenso seien die Einkünfte in all den Jahren vom Beschwerdeführer in den Einkommensteuererklärungen als von ihm erzielte ausgewiesen und der Alleinverdienerabsetzbetrag beansprucht worden. Aus diesen Gründen gehe auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Leere, welche Ehegatten betreffe, die beide Einkünfte an verschiedenen Orten erzielten. Im Beschwerdefall erziele nur der Beschwerdeführer an verschiedenen Orten Einkünfte, wobei sich der Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in Wien befinde.
Da sohin die Fahrtkosten für die wöchentlichen Familienheimfahrten nicht durch die nichtselbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers, sondern durch die aus außerberuflichen Gründen getroffene Wahl seines Familienwohnsitzes bedingt gewesen seien, hätten sie nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Jedoch könnten die Fahrten zwischen Wien und Kärnten nicht ausschließlich der privaten Sphäre zugerechnet werden, sondern seien zum Teil durch die Land-. und Forstwirtschaft und den Gewerbebetrieb veranlaßt und stellten daher Betriebsausgaben dieser Betriebe dar, und zwar bezüglich 23 Fahrten jährlich. Daraus ergeben sich für das Jahr 1983 Betriebsausgaben in Höhe von S 40.810,-- und für 1984 in Höhe von S 43.010,--. Diese Betriebsausgaben seien zu 2/3 dem Gewerbebetrieb und zu 1/3 der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen.
Vorliegende Beschwerde macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde im Verfahren betreffend die Einkommensteuer über die Werbungskosten (Mietaufwand in Wien, Kosten der Familienheimfahrten) abgesprochen habe, obwohl das Lohnsteuerverfahren, dem allein die Entscheidung über die Werbungskosten vorbehalten gewesen wäre, noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Betriebsausgaben (für die Kontrollfahrten nach Kärnten) habe die belangte Behörde ohne entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers (im Einkommensteuerverfahren) zuerkannt. Der Antrag im Lohnsteuerverfahren auf Berücksichtigung eines Teiles der Fahrtkosten als Betriebsausgaben hätte im Veranlagungsverfahren überhaupt nur dann (und nur für 1982 und 1983) Berücksichtigung finden und als gestellt gelten sollen, wenn der Berufung im Lohnsteuerverfahren nicht stattgegeben worden wäre. Über diese Berufung habe aber die zuständige Behörde bis heute nicht entschieden. Für Rechtsausführungen zur Frage der Werbungskosten sei die belangte Behörde nicht zuständig. Sie hätte daher richtigerweise zufolge des Eventualantrages des Beschwerdeführers das anhängige Berufungsverfahren über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Einkommensteuerbescheide gemäß § 281 BAO bis zum rechtskräftigen Abschluß des hinsichtlich der Frage der Werbungskosten präjudiziellen Berufungsverfahren in der Lohnsteuersache aussetzen müssen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Einkommensteuer ohne eine Bindung an Ergebnisse eines Lohnsteuerverfahrens zu veranlagen ist. Bei dieser Veranlagung hat die hierfür zuständige Abgabenbehörde (erster und zweiter Instanz) den Sachverhalt eigenständig zu würdigen und dieser ihrer Würdigung entsprechende Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen. Eine „Präjudizialität“ der Entscheidung in der Lohnsteuersache für die Einkommensteuerveranlagung besteht, anders als der Beschwerdeführer meint, somit nicht (Stoll, BAO-Handbuch, Seite 448, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 41 EStG 1972 Tz 1, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2 § 41 Tz 11, Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. März 1959, Zl. 11/56, Slg. Nr. 1971/F, und vom 4. Mai 1982, Zl. 81/14/0189). Die Abgabenbehörden waren daher auch in keiner Weise verhalten, bei der Einkommensteuerveranlagung das Ergebnis des noch nicht abgeschlossenen Lohnsteuerverfahrens abzuwarten. Sollte dieses Verfahren z.B. auf Grund neuen Vorbringens des Beschwerdeführers - zur Anerkennung höherer als bei der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigter Werbungskosten führen, so könnte dem gemäß § 240 Abs. 3 bis 5 BAO Rechnung getragen werden, zumal eine Lohnsteuerrückzahlung, wie der Abs. 3 leg. cit. zeigt, auch noch in Betracht kommt, wenn eine „Veranlagung ... bereits erfolgt ist“. Die Entscheidung über einen Rückzahlungsantrag im Sinne des § 240 Abs. 3 BAO zu betreiben, liegt ebenso in der Hand des Steuerpflichtigen wie die Betreibung eines Antrages auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte (siehe § 311 BAO und Art. 132 B-VG).
Irrig ist auch die Ansicht des Beschwerdeführers, die Abgabenbehörde dürfte Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur auf Antrag des Steuerpflichtigen zum Ansatz bringen. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn das Gesetz ausdrücklich einen solchen Antrag fordert (siehe z.B. in der derzeit geltenden Fassung § 4 Abs. 4 Z. 4 oder § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972 im Zusammenhalt mit Hofstätter-Reichel, a.a.O., § 62 EStG 1972 Tz 2.5 und der dort angeführten Rechtsprechung).
2.1. Der Vorwurf inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zielt dahin, an dem seit nunmehr fast zehn Jahren in Kärnten bestehenden Familienwohnsitz sei beträchtliches „Grund und Gebäudevermögen” des Beschwerdeführers als Grundlage der dort entfalteten Tätigkeiten vorhanden. Insbesondere die Fremdenpension erfordere die ständige Anwesenheit der „dort tätigen Personen“; der Beschwerdeführer könne sie nicht von Wien aus führen. Die Fremdenpension werde praktisch ausschließlich von der Ehefrau des Beschwerdeführers betrieben, die dafür allerdings im Hinblick auf die derzeitige Ertragssituation keine Entschädigung erhalten könne. Zudem sei die Ehefrau hinsichtlich eines Großteiles des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Pächterin. Der Familienwohnsitz in Kärnten könne daher auch nicht aufgegeben werden. Nicht nur die Eltern des Beschwerdeführers hätten in Kärnten gelebt und dort „wirtschaftliches“ Vermögen geschaffen, sondern auch seine Kinder lebten seit jeher in Kärnten und gingen dort nach wie vor zur Schule. Bemühungen des Beschwerdeführers um unselbständige Beschäftigungen in Kärnten seien gescheitert. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Beziehungen zu Kärnten und den Familienwohnsitz hätte die belangte Behörde die geltend gemachten Fahrt- und Nächtigungs-(Miet-)kosten als Werbungskosten und nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen gehabt.
2.2. Da davon auszugehen ist, daß ein steuerpflichtiger Unternehmer seinen Wohnsitz am Ort des Betriebes (der Betriebsstätte) oder in einer üblichen Entfernung von diesem nimmt, können Ausgaben, die sich aus der Begründung oder Beibehaltung eines Wohnsitzes in größerer Entfernung vom Betrieb ergeben, grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden. Unterhält der Steuerpflichtige Betriebe in verschiedenen Orten, so kommt es darauf an, an welchem Ort er hauptsachlich seine Unternehmertätigkeit (den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit) entwickelt. Die Wahl (Beibehaltung) des Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) an einem anderen Ort (Ort eines anderen Betriebes) in einer vom Mittelpunkt (Schwerpunkt) der beruflichen Tätigkeit ungewöhnlichen Entfernung spricht gegen die Betriebsausgabeneigenschaft der damit verbundenen Aufwendungen jedenfalls beim Hauptbetrieb.
Die eben aufgezeigten Überlegungen finden sich in Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes, welche Einkünfte aus Gewerbebetrieb zum Gegenstand hatten (Erkenntnisse vom 16. Juni 1961, Zl. 146/61, Slg. Nr. 2463/F, vom 25. Oktober 1963, Zl. 1008/63, und vom 29. Jänner 1965, Zl. 1176/63). Es besteht kein Anlaß, in diese von wirtschaftlicher Betrachtungsweise getragenen Aussagen nicht auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, wie sie im Beschwerdefall neben gewerblichen Einkünften in Rede stehen, einzubinden, und zwar in dem Sinn, daß die Begründung oder Beibehaltung des Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) in unüblicher Entfernung vom Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit aus anderen als in dieser Tätigkeit gelegenen Gründen nicht im Rahmen dieser Tätigkeit zu einkunftsmindernden Ausgaben (Betriebsausgaben, Werbungskosten) führen kann.
2.3. Im Beschwerdefall stehen dem Beschwerdeführer drei Einkunftsquellen zur Verfügung, und zwar (pauschalierte) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, gewerbliche Einkünfte (Fremdenpension) sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die nichtselbständige Arbeit ist als der Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit anzusehen. Dies zeigt nicht allein ein Vergleich mit den Betriebsergebnissen (Einkünfte in den Streitjahren aus Land- und Forstwirtschaft nicht über + S 10.500,--, Verluste aus Gewerbebetrieb, aber Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von S 224.181,-- und S 316.266,--). Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren macht dies deutlich: Er legte in einer Eingabe an die Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 28. Jänner 1985 dar, daß er sein Haupteinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit beziehe und daß seit einigen Jahren die Familieneinkünfte überwiegend im Raum Wien erzielt worden seien. Vor allem aber vermag der Beschwerdeführer der Feststellung der belangten Behörde, daß die nichtselbständige Arbeit den Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit darstelle, nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.
Die nichtselbständige Haupttätigkeit entfaltete der Beschwerdeführer aber seit 1971 unbestrittenermaßen in Wien (Raum von Wien). Die Begründung im oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes seit dem Jahre 1973 in Kärnten - in einer für Arbeitnehmerwohnsitze unüblichen Entfernung von Wien - kann jedenfalls bezogen auf die Streitjahre 1983 und 1984 nicht (mehr) aus im Rahmen der nichtselbständigen Haupttätigkeit gelegenen Gründen gerechtfertigt angesehen werden. Müssen doch Aufwendungen mit den aus der nichtselbständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen in einem unmittelbaren, ursachlichen Zusammenhang stehen, um Werbungskosten zu bilden. Die Ursache dafür, warum der Beschwerdeführer den Kärntner Wohnsitz beibehält, ist jedoch nicht in seiner Wiener Tätigkeit zu finden und auch nicht etwa darin, daß er seit 1973 in Wien keine geeignete Familienunterkunft hätte besorgen können (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 22. April 1986, Zl. 84/14/0198); derartiges hat der Beschwerdeführer weder im gegenständlichen Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet. Die Ursachen für die Beibehaltung des Kärntner Wohnsitzes sind vielmehr in Umständen zu sehen, die nicht mit der Wiener Tätigkeit, sondern mit den privaten Beweggründen des Beschwerdeführers und den Kärntner Betrieben in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
2.4. Die privaten Beweggründe legt die Beschwerde selbst offen, wenn sie ausführt, nicht nur die Eltern des Beschwerdeführers hätten in Kärnten gelebt und dort wirtschaftliches Vermögen geschaffen, sondern auch seine Kinder lebten seit jeher in Kärnten und gingen dort nach wie vor zur Schule. Aber auch der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Beibehaltung des Kärntner Familienwohnsitzes mit den Kärntner Betrieben geht aus der Beschwerde hervor: Sie erfordern darnach die Anwesenheit der Ehegattin in Kärnten zwecks familienhafter Mitarbeit in diesen Betrieben. Ergänzend wird hiezu auf die Ausführungen in Punkt 2.6. hingewiesen.
2.5. Dafür, daß die Ursache für den Kärntner Familienwohnsitz nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der nichtselbständigen Arbeit des Beschwerdeführers im Raum Wien steht, spricht auch im Sinne einer vom Beschwerdeführer nicht widerlegten Vermutung die Beibehaltung des Kärntner Wohnsitzes durch über zehn Jahre (siehe die hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 1965, Zl. 1479/65, und vom 1. Juli 1975, Zl. 550/75).
2.6. Eine andere Betrachtung hätte auf dem Boden der beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes (Beispiele siehe Punkt 2.10.) allenfalls Platz greifen können, wenn der Kärntner Familienwohnsitz im Hinblick auf in der Nähe dieses Wohnsitzes erzielte, einkommensteuerrechtlich relevante Einkünfte der Ehegattin aufrecht erhalten worden wäre. Daß es sich dabei um einkommensteuerrechtlich relevante Einkünfte des einen Ehegatten handeln muß, soll die Beibehaltung des Familienwohnsitzes zu einkommensteuerrechtlich relevanten Aufwendungen (Betriebsausgaben Werbungskosten) des anderen Ehegatten führen, ist spätestens seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1983, Zl. 81/13/0163, klargestellt. Im Beschwerdefall können aber nur einkommensteuerrechtlich relevante Einkünfte des Beschwerdeführers (in Wien und in Kärnten) und nicht auch solche seiner Ehegattin (in Kärnten) unterstellt werden; denn für die Zeit bis einschließlich 1983 wird eine Erzielung von Einkünften im Sinne des Einkommensteuerrechtes durch die Ehegattin (in Kärnten) nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet. Für das Jahr 1984 behauptete er zwar im Verwaltungsverfahren in der schon erwähnten Eingabe an die Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 28. Jänner 1985, die Gattin wäre seit Jahresbeginn Pächterin des überwiegenden Teiles seiner Landwirtschaft. Er legte jedoch in keiner Weise dar, daß die Ehegattin aus dieser von ihm gepachteten Liegenschaft einkommensteuerrechtlich relevante Einkünfte erzielte. Eine solche Darlegung wäre aber umso mehr geboten gewesen, als in der Einkommensteuererklärung für 1984 der Beschwerdeführer als „pauschalierter“ Landwirt aufscheint, der Beruf der Ehegattin mit Hausfrau angegeben ist und für sie der Alleinverdienerabsetzbetrag in Anspruch genommen wurde. Ungeprüft kann bei dieser Sachlage bleiben, ob Einkünfte des einen Ehegatten aus einer vom anderen Ehegatten gepachteten Liegenschaft überhaupt Werbungskosten des Verpächters bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit rechtfertigen können (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1965, Zl. 1176/63). Die Urkundenvorlage vom 20. November 1986 betrifft nicht die Streitjahre, wie anzunehmen bleibt.
2.7. Die Beschwerdeausführungen, die darlegen sollen, daß der Familienwohnsitz tatsächlich in Kärnten gelegen ist, gehen ins Leere, weil der angefochtene Bescheid diesen Wohnsitz nicht in Abrede stellt. Die belangte Behörde verneint aber zu Recht den unmittelbaren und ursächlichen Zusammenhang zwischen diesem Wohnsitz und den im Wiener Raum erzielten Einkünften ausnichtselbständiger Arbeit. Sie sieht vielmehr zutreffend die unmittelbare Ursache für die Beibehaltung dieses Wohnsitzes in privaten Beweggründen und in der Existenz der beiden Kärntner Betriebe. Der Existenz der beiden Kärntner Betriebe trug die belangte Behörde folgerichtig in der Weise Rechnung, daß sie die Kosten von Fahrten, die durch die Kärntner Betriebe als veranlaßt angesehen werden konnten, als Betriebsausgaben berücksichtigte. Über die Höhe dieser Betriebsausgaben besteht kein Streit.
2.8. Die Auffassung der belangten Behörde macht weder im Sinne der Beschwerde die Veräußerung der Kärntner Betriebe erforderlich, noch ist die Aufgabe der nichtselbständigen Arbeit des Beschwerdeführers in Wien notwendig, wie es einer konsequenten Fortführung des Beschwerdestandpunktes entspräche. Es geht vielmehr darum, daß die Haupteinkunftsquelle und nicht eine (oder eine weitere) Nebeneinkunftsquelle die für die steuerlichen Belange maßgebliche übliche Entfernung des Wohnsitzes vom Ort der Berufstätigkeit bestimmt und daß aus dieser Sicht unübliche Entfernungen den durch sie verursachten Aufwendungen (für Fahrten, Verpflegung, Aufenthalt) grundsätzlich den beruflichen Charakter (im Sinne von Betriebsausgaben oder Werbungskosten) nehmen.
2.9. Daß sich der Beschwerdeführer vergeblich um einen Arbeitsplatz in Kärnten bemühte, ändert nichts daran, daß er den (Familien-)Wohnsitz durch mehr als zehn Jahre in unüblicher Entfernung vom Ort seiner Haupttätigkeit hatte. Verwiesen sei zudem auf das hg. Erkenntnis vom 23. November 1983, Zl. 81/13/0163, in dem der Verwaltungsgerichtshof einem gleichgelagerten. Vorbringen des damaligen Beschwerdeführers erwiderte, daß Umstände, die gemessen an der überwiegenden Zahl der Arbeitnehmer als unüblich zu bezeichnen sind, durch eine besondere Zwangssituation einer Minderheit noch nicht das Merkmal des Üblichen erhalten.
2.10. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten deutschen Lohnsteuerrichtlinien bilden keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle.
Die ebenfalls zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 1974, Zl. 1513/73, und vom 22. Mai 1974, Zl. 71/74, betrafen andere Sachverhalte, weil in jenen Beschwerdefallen auf die jeweiligen Ehegatten einkommensteuerrechtlich relevante Einkünfte erzielten. Auch das Erkenntnis vom 1. Juli 1975, Zl. 550/75, stellt - in einem vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt losgelösten Rechtssatz - darauf ab, daß der Ehegatte des Steuerpflichtigen eine Berufstätigkeit ausübt, aus der er Einkünfte erzielt; die Beurteilung des damals entscheidungswesentlichen Sachverhaltes - der Ehegatte des Steuerpflichtigen erzielte keine Einkünfte - führte dann auch dazu, daß die mehr als zehnjährige Beibehaltung des Familienwohnsitzes in unüblicher Entfernung vom Ort der Berufsausübung als durch private Motive veranlaßt gewertet wurde.
3. Als Verfahrensmängel rügt der Beschwerdeführer ungenaue oder fehlende Feststellungen im angefochtenen Bescheid über die Tätigkeit der Ehegattin und über seine Bemühungen um einen Arbeitsplatz in Kärnten. Daß derartige Feststellungen jedoch zu keinem anderen Bescheid hatten führen können, ergibt sich bereits aus den Punkten 2.6. und 2.9.
4. Der angefochtene Bescheid läßt somit keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 25. November 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1986140065.X00Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020