Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** O*****, vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch ***** und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 1. Vorlage von Unterlagen und Provisionsabrechnung, 2. Vorlage eines Buchauszugs und 3. Zahlung von 55.878 EUR sA, aufgrund der Befangenheitsanzeige der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** vom 30. Juli 2020 im Revisionsverfahren AZ ***** in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die von der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** im Verfahren AZ ***** angezeigten Gründe sind nicht geeignet, die Besorgnis ihrer Befangenheit zu begründen.
Text
Begründung:
[1] Für die Behandlung des im Spruch genannten Rechtsmittels ist der ***** Senat des Obersten Gerichtshofs zuständig. Die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs ***** ist Mitglied dieses Senats. Sie zeigt an, dass im Verfahren ***** ein Parteienvertreter, *****, der ehemalige Kanzleipartner ihres Ehemanns, eines emeritierten Rechtsanwalts, gewesen sei. Nach der Emeritierung ihres Ehemanns sei es zwischen diesem und ***** wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Pensionsvereinbarung betreffend ihren Ehemann zu persönlichen Differenzen gekommen. Ein daraus resultierender Rechtsstreit sei jüngst durch einen unbedingten Generalvergleich beendet worden, die persönlichen Differenzen seien aber noch weiterhin aufrecht. Sie sei in die Differenzen zwischen ihrem Ehemann und ***** zwar nicht persönlich involviert und fühle sich subjektiv nicht befangen. Es bestehe jedoch der objektive Anschein, sie könnte voreingenommen sein.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die Befangenheitsanzeige ist nicht begründet.
[3] Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (RS0046052 [T2]). Andererseits spricht die Vermutung aber für die Unparteilichkeit eines Richters, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen (RS0046129 [T1, T2]).
[4] Im vorliegenden Fall hat die Richterin selbst ausgeführt, sich subjektiv nicht befangen zu fühlen. Auch objektiv kann ein bereits abgeschlossener Rechtsstreit zwischen ihrem Ehemann und einem Parteienvertreter den Anschein der Befangenheit nicht begründen. Denn einem Richter kann grundsätzlich unterstellt werden, dass er jedenfalls nach Abschluss eines solchen Rechtsstreits zwischen dem Vertreter und der nun von ihm vertretenen Partei differenziert, sodass sich allenfalls noch vorhandene persönliche Differenzen nicht auf die Entscheidungsfindung auswirken. Es war daher auszusprechen, dass die von ihr angezeigten Gründe nicht geeignet sind, die Besorgnis ihrer Befangenheit zu begründen (§ 22 Abs 3 GOG iVm § 19 Abs 2 JN; vgl 2 Ob 22/19d [zu einem gleichgelagerten Sachverhalt]).
[5] Von der dieselbe Richterin betreffenden anderslautenden Entscheidung des erkennenden Senats vom 26. 2. 2020, 2 Nc 5/20p, unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt dadurch, dass damals die Streitigkeiten zwischen ihrem Ehemann und ***** noch nicht verglichen waren. Unter diesen Umständen konnte noch ein Anschein der Befangenheit bestehen.
Textnummer
E129307European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0020NC00025.20D.0917.000Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
28.10.2020