Entscheidungsdatum
03.06.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
I422 2122788-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX, StA. Algerien, vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, Jakominiplatz 16/II, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2020, Zl. 831007608/191137316, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Formularvordruck „Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Besonderer Schutz“ sowie Schriftsatz ihres Rechtsvertreters beantragte die Beschwerdeführerin am 06.11.2019 die Erteilung eines Aufenthaltstitels „besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG.
2. Mit Verbesserungsauftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 21.01.2020 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert binnen vier Wochen ein gültiges Reisedokument sowie eine Geburtsurkunde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV im Original vorzulegen, widrigenfalls ihr Anbringen negativ zu entscheiden wäre.
3. Am 12.02.2020 langte bei der belangten Behörde eine diesbezügliche Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin niemals in Besitz eines gültigen Reisedokuments gewesen sei, weswegen ihr in Österreich unter anderem eine Karte für Geduldete ausgestellt worden sei. Sie stellte sodann einen Antrag auf Heilung eines Verfahrensmangels nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV, da es ihr unverschuldet nicht möglich sei, einen geforderten Reisepass beizubringen. Zusätzlich legte die Beschwerdeführerin eine Kopie einer „Bestätigung der Geburt“, ausgestellt am 31.01.2019, vor.
4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 19.03.2020, Zl. 831007608/191137316, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 aufgrund § 13 Abs. 3 AVG zurück (Spruchpunkt I.) und den Antrag auf Mängelheilung vom 25.09.2019 gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 AsylG-DV ab.
5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und wurde diese in der Folge dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Verfahrensgang:
Die im Verfahrensgang geschilderten und unstrittigen Ausführungen werden zu Feststellungen erhoben. Ergänzend werden darüber hinaus folgende Feststellungen getroffen:
1.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist algerische Staatsangehörige, volljährig und geschieden. Ihre Identität steht nicht fest.
Die Beschwerdeführerin hält sich mit einigen kurzen Unterbrechungen seit Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 15.07.2013 im Bundesgebiet auf. Ihr Asylantrag wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2017, GZ: I409 2122788-1/37E, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Am 06.11.2018 wurde die Beschwerdeführerin durch eine Delegation der algerischen Vertretungsbehörde in Wien als algerische Staatsbürgerin identifiziert. Da ihr im Anschluss jedoch kein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde, erhielt die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde eine Karte für Geduldete mit Gültigkeit von 08.11.2018 bis 07.11.2019.
Mit Formularvordruck sowie Schriftsatz ihres Rechtsvertreters beantragte die Beschwerdeführerin am 06.11.2019 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG. Mit Verbesserungsauftrag vom 21.01.2020 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, ein gültiges Reisedokument und eine Geburtsurkunde jeweils im Original vorzulegen. In der Folge brachte die Beschwerdeführerin erstmals eine „Geburtsbestätigung“, ausgestellt am 31.01.2019, in Kopie ohne beglaubigte Übersetzung in Vorlage. Ein gültiges Reisedokument wurde nicht beigelegt und ein Antrag auf Heilung eines Mangels gestellt, da es ihr unverschuldet nicht möglich sei, den geforderten Reisepass aus dem Herkunftsstaat beizubringen. Entgegen diesem Vorbringen ist die Erlangung eines algerischen Reisepasses – insbesondere bei gleichzeitiger Vorlage einer Bestätigung der Geburt – für algerische Staatsangehörige möglich.
Die Beschwerdeführerin wurde über die sie treffende Mitwirkungspflicht hingewiesen. Darüber hinaus wurde ihr der Umstand, dass eine Verletzung dieser Pflicht zur Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels führen könne, zur Kenntnis gebracht. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht zur Gänze nachgekommen ist.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde.
2.2. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und der Angaben der Beschwerdeführerin im Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.
2.3. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellungen zu ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Volljährigkeit und ihrem Familienstand ergeben sich aus ihren diesbezüglichen glaubhaften und nicht widerlegten Angaben im bisherigen Verwaltungsverfahren sowie dem vorgelegten Scheidungsurteil des Bezirksgerichtes Graz-West vom 16.09.2019 zu 408 C 21/19b-9. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen aufgekommen.
Da die Beschwerdeführerin den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht ihre Identität nicht zweifelsfrei fest.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich und die rechtskräftige Rückkehrentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes sind durch den vorliegenden Verwaltungsakt und die aktuellen ZMR- und IZR-Auszüge belegt.
Die Identifizierung der Beschwerdeführerin als algerische Staatsbürgerin sowie die Ausstellung der Duldungskarte ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, dem aktuellen IZR-Auszug und dem bekämpften Bescheid, dessen diesbezügliche Feststellungen im Beschwerdeschriftsatz zudem bestätigt wurden.
Die Feststellungen zum Verfahrensablauf sowie der letztlich vorgelegten Urkunde in Kopie ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt. Die Beschwerdeführerin schilderte in der Stellungnahme vom 12.02.2020, dass es ihr gelungen sei, durch ihre Geschwister im Herkunftsstaat eine Bestätigung der Geburt aus dem Herkunftsstaat Algerien, datiert per 31.01.2019, beizubringen. Die Beschaffung eines gültigen Reisedokuments sei ihr jedoch unverschuldet nicht möglich und sie auch zu keinem Zeitpunkt ihres bisherigen Lebens im Besitz eines solchen gewesen.
Auf der allgemein zugänglichen Website der algerischen Botschaft (http://www.algerische-botschaft.at/Passeport.htm) wird zunächst darauf hingewiesen, dass Ausstellungen von Reisepässen vorgenommen werden, sofern folgende Erfordernisse erfüllt werden: Vorlage einer Geburtsurkunde, eines Antragsformulars für den biometrischen Reisepass, einer Konsularkarte, eines Nachweises einer gültigen Aufenthaltserlaubnis, einer Karte zur Bestimmung der Blutgruppe, von vier Passfotos, eines ungültigen Passes oder einer Verlusterklärung, von Arbeits- oder Schulzeugnissen und eines Adressnachweises). Überdies wird eine, für eine Reisepassausstellung vorausgesetzte Registrierung der Geburt für algerische Staatsangehörige bei Erfüllung weiterer Kriterien vorgenommen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin bereits als algerische Staatsbürgerin identifiziert wurde und sie im gegenständlichen Verwaltungsverfahren erstmals eine Geburtsbestätigung vorlegen konnte. Ihr Vorbringen, wonach sie zu keinem Zeitpunkt ihres bisherigen Lebens im Besitz eines gültigen Reisepasses ihres Herkunftsstaates gewesen sei, ist allerdings nicht glaubhaft. Im Rahmen des vorangegangenen Asylverfahrens gab sie bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2013 an, dass sie aus ihrem Herkunftsstaat legal mit dem Flugzeug ausgereist sei. Sie sei dabei im Besitz ihres Reisepasses ausgereist. Auf weiteres Nachfragen bestätigte sie, dass es sich um einen algerischen Reisepass gehandelt habe, der vom Passamt Mozaia ausgestellt worden sei. Nach ihrer Ankunft in der Türkei habe sie den Reisepass weggeworfen. Bei näherer Betrachtung der zuvor genannten Erfordernisse stellt sich eine nachträgliche Erlangung einer Bestätigung der Geburt zweifelsfrei am aufwendigsten dar, wobei der Beschwerdeführerin dies offensichtlich gelungen ist. Eine besondere Schwierigkeit der Erlangung der weiteren Unterlagen zur Ausstellung eines Reisepasses lässt sich hingegen nicht erahnen. Die Beschwerdeführerin legte keinerlei Nachweise – wie Zeitbestätigungen über ihre Aufenthalte in der Botschaft oder anderweitige Bescheinigungsmittel – vor, wonach sie tatsächlich Bemühungen zur Erlangung eines Reisepasses unternommen habe, ihr jedoch unverschuldet ein solches Dokument nicht ausgestellt wurde. Des Weiteren ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin nun, im Gegensatz zum Zeitpunkt der Verweigerung der Ausstellung des Heimreisezertifikats, über eine Bestätigung der Geburt verfügt. Eine Unmöglichkeit der Erlangung eines Reisepasses kann somit jedenfalls nicht allein auf den Umstand der verweigerten Ausstellung des Zertifikats gestützt werden.
Die Feststellungen betreffend die Kenntnis der Beschwerdeführerin über ihre Mitwirkungspflicht ergeben sich einerseits aus den im Formular zum verfahrenseinleitenden Antrag enthaltenen Hinweisen (AS 35) sowie andererseits aus dem nochmaligen Hinweis im Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 21.02.2020 (AS 85). Überdies durchlief die Beschwerdeführerin bereits ein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren und war sie auch im gegenständlichen Verfahren rechtsfreundlich vertreten. Da die Beschwerdeführerin einerseits kein gültiges Reisedokument sowie andererseits eine Geburtsurkunde nur in Kopie vorlegte, kam sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV sind folgende Urkunden und Nachweise - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:
1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;
3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;
4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.
Ein Nachweis über die Duldung ist zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 anzuschließen (Abs. 3).
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Ist ein Anbringen iSd § 13 Abs. 3 AVG mangelhaft, so steht es im Ermessen der Behörde, entweder einen förmlichen Verbesserungsauftrag zu erteilen oder aber die Behebung des Mangels auf andere Weise zu veranlassen (vgl. AB 1998, 27; VwGH 27.09.2013, 2010/05/0166). Die Zurückweisung eines Antrags gemäß § 13 Abs. 3 AVG ist allerdings nur zulässig, wenn die Behörde dem Antragsteller dessen Verbesserung – nachweislich – aufgetragen hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Stand 01.01.2014 mit Verweis auf VwSlg 15.793 A/2002).
Die nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrags ist der gänzlichen Unterlassung der Mängelbehebung gleichzusetzen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Stand 01.01.2014 mit Verweis auf VwGH 11.06.1992, 92/06/0069).
Im gegenständlichen Fall erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin nach Prüfung des Antrags gemäß § 57 AsylG einen förmlichen Verbesserungsauftrag iSd § 13 Abs. 3 AVG mit dem klar formulierten Auftrag, die Beschwerdeführerin möge ein gültiges Reisedokument und eine Geburtsurkunde, jeweils im Original, vorlegen. Die Beschwerdeführerin legte daraufhin jedoch kein Reisedokument vor und wurde der diesbezügliche Antrag auf Heilung von der belangten Behörde - wie unter Spruchpunkt 3.2. auszuführen sein wird - zu Recht als unbegründet abgewiesen. Demgegenüber brachte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung über ihre Geburt gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV ein, jedoch anstelle des geforderten Originals lediglich als Kopie. Im erfolgen Verbesserungsauftrag der belangten Behörde wurde der zu verbessernde Sachverhalt deutlich aufgezeigt, insbesondere wurde auf eine Vorlage im Original sowie die Folgen des Nicht-Nachkommens hingewiesen. Aufgrund ihrer ordnungsgemäßen Vorgehensweise ist die belangte Behörde bei unvollständigen oder unrichtigen Urkundenvorlagen nicht dazu verpflichtet, einen nochmaligen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Vielmehr treten nach Ablauf der gesetzten Frist die angekündigten negativen Folgen ein.
Soweit im Beschwerdeschriftsatz auf das inhaltliche Vorliegen der Voraussetzungen für eine Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG eingegangen wird, ist aufgrund der gesetzlich begrenzten Kompetenz des erkennenden Gerichtes zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung lediglich darauf hinzuweisen, dass aus der wiederholten Ausstellung einer Karte für Geduldete in der Vergangenheit nicht zwingend zu schließen ist, dass die Voraussetzungen für die weitere Duldung iSd § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG vorliegen (vgl. VwGH 21.09.2017, Ra 2017/22/0128). Aber auch eine noch gültige Karte für Geduldete steht einer abweichenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Duldung im Verfahren nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht entgegen (vgl. VwGH 31.08.2017, Ro 2016/21/0019).
Nachdem somit die in § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG-DV bezeichneten Nachweise nicht erbracht wurden bzw. die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen den vorgegebenen Anforderungen nicht entsprachen, war der Antrag in Ermangelung der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen durch die belangte Behörde zu Recht zurückzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG iVm § 8 AsylG-DV als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Abweisung des Antrages auf Mängelheilung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage:
Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV kann die Behörde auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 AsylG-DV und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:
1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,
2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder
3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Im gegenständlichen Fall beantragte die Beschwerdeführerin die Heilung eines Verfahrensmangels, da es ihr – trotz dahingehender Aufforderung der belangten Behörde - unverschuldet nicht möglich sei, einen geforderten Reisepass aus dem Herkunftsstaat beizubringen. Zur Unterstützung ihres Vorbringens führte die Beschwerdeführerin jedoch weder im Antrag auf Mängelheilung noch im Beschwerdeschriftsatz stichhaltige Gründe für das Vorliegen einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erlangung eines Reisedokuments an.
Wie in der Beweiswürdigung näher dargestellt, ist die Erlangung eines gültigen Reisedokuments nicht unmöglich bzw. unzumutbar. Da ein gegenteiliger Nachweis von der Beschwerdeführerin - feststellungsgemäß - nicht erbracht wurde, hat die Behörde diesen Antrag zu Recht abgewiesen.
Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde ausführt, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, vor ihrer meritorischen Entscheidung über den Antrag gemäß § 57 AsylG die Behebung der Mängel (bezogen auf den gestellten Antrag auf Heilung eines Verfahrensmangels) zu veranlassen, ist dem nicht zuzustimmen:
Wie bereits unter Punkt 3.1.2. näher ausgeführt, erteilte die belangte Behörde einen ordnungsgemäßen Verbesserungsauftrag, welcher einen klar formulierten Auftrag beinhaltete. Infolgedessen stellte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Antrag auf Mängelheilung bezüglich des einzubringenden Reisedokuments und legte zugleich eine Kopie ihrer Geburtsbestätigung vor. In der Stellungnahme heißt es dazu: „Soweit es unverschuldet der Antragstellerin jedoch nicht möglich ist, ebenso ein gültiges Reisedokument aus ihrem Herkunftsstaat Algerien beizubringen, stellt die Antragstellerin bereits nunmehr unter einem den Antrag auf Heilung eines Verfahrensmangels in der Form, dass es der Antragstellerin unverschuldet nicht möglich ist, einen geforderten Reisepass aus dem Herkunftsstaat beizubringen.“ Der gestellte Antrag auf Mängelheilung bezog sich somit zweifelsfrei auf die Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments und haftet diesem Antrag kein Mangel an. Die Erteilung eines Verbesserungsauftrages in Bezug auf den gestellten Antrag auf Heilung eines Mangels ist somit aufgrund der fehlenden Verbesserungsbedürftigkeit nicht vorgesehen.
Soweit im Beschwerdeschriftsatz nun die Behauptung aufgestellt wird, die Beschwerdeführerin hätte im Zuge einer weiteren aufgetragenen Verbesserung Gründe dafür vorgebracht, dass sich der Antrag auf Mängelbehebung auch auf die Unmöglichkeit der Vorlage einer Geburtsurkunde im Original beziehe, so kann dem nicht gefolgt werden. Einerseits ergibt sich – wie bereits zuvor ausgeführt – aus dem Antrag auf Mängelheilung klar die Intention der Beschwerdeführerin, wonach ihr die Beschaffung eines Reisepasses nicht möglich sein solle. Andererseits verzichtete die Beschwerdeführerin in der Beschwerde auf nähere Ausführungen, weshalb eine Unmöglichkeit der Vorlage der Geburtsbestätigung im Original vorliegen solle und kamen im Verfahren auch sonst keine Gründe für eine derartige Annahme hervor.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren rechtsfreundlich vertreten war und von einem berufsmäßigen Parteienvertreter ein sorgsames Nachkommen eines Verbesserungsauftrags zu erwarten ist. Zumal auch der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass bei der Behandlung eines ergangenen Verbesserungsauftrages besondere Sorgfalt geboten ist (vgl. VwGH 04.03.2020, Ra 2020/18/0065; 12.07.2003, 2002/05/1220; 28.06.2001, 2001/16/0093).
Entgegen der im Beschwerdeschriftsatz aufgestellten Behauptung, die belangte Behörde hätte weitergehende Ermittlungen zur Frage der Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Vorlage der ersuchten Dokumente durchführen müssen, erachtet das erkennende Gericht die Vorgehensweise der belangten Behörde als rechtmäßig. Es ist somit in einer Gesamtschau nicht ersichtlich, weshalb ein derartiger Antrag sowie die anschließende Ausstellung eines Reisepasses für die Beschwerdeführerin unmöglich oder unzumutbar sein sollten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV als unbegründet abzuweisen
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Da der verfahrenseinleitende Antrag gemäß § 13 Abs. 2 AVG zurückzuweisen war und der Sachverhalt im Hinblick auf die Abweisung des Antrages auf Mängelheilung durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde, die gebotene Aktualität aufweist und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der belangten Behörde teilt, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 bzw. § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Verfahren wurde sich eingehend mit der Thematik „Verbesserungsauftrag“ sowie „Antrag auf Heilung eines Mangels“ auseinandergesetzt, und weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Reisedokument Urkundenvorlage Verbesserungsauftrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2122788.2.00Im RIS seit
13.10.2020Zuletzt aktualisiert am
13.10.2020