TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/15 I416 2231680-1

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Veröffentlicht am 15.06.2020
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Entscheidungsdatum

15.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I416 2231680-1/3Z

T E I L E R K E N N T N I S

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , StA. Tunesien, vertreten durch Verein Menschrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2020, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2020, Zl: XXXX kommt somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein tunesischer Staatsangehöriger, heiratete am XXXX 2016 in Tunesien die österreichische Staatsangehörige Frau XXXX . Nach legale Einreise ins Bundesgebiet, stellte der Beschwerdeführer am 12.5.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“. Dem Beschwerdeführer wurde infolge seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ gültig vom 03.06.2016 bis 02.06.2017 ausgestellt. Am 14.04.2017 brachte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein, der von der BH XXXX mit Gültigkeit bis 02.06.2018 ausgestellt wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.03.2018, GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer den Sohn seiner Ehefrau am Körper verletzt, seine Ehefrau gefährlich bedroht und den Sohn wissentlich falsch des Vergehens der gefährlichen Drohung bezichtigte, indem er vor der Polizeiinspektion XXXX wahrheitswidrig angab, dieser habe ihm im letzten Jahr mit einem Messer bedroht.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 23.3.2018, XXXX , wurde die Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden.

Mit einem Schriftsatz vom 16.05.2018, bezeichnet als Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass es beabsichtigt sei gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot einzuleiten und wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, binnen zwei Wochen nach Zustellung, die im Schreiben angeführten Fragen zu beantworten. Mit Schreiben vom 20.5.2018 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme und führte zusammengefasst aus, dass er seit 19.06.2016 dauerhaft in Österreich leben würde, dass er seit 01.04.2018 in einer Wohngemeinschaft mit seinem Freund XXXX leben würde, dass er seit Jänner bei der Firma XXXX GmbH als Produktionshilfsarbeiter arbeiten würde, dass er den Kranführerschein gemacht habe und dass er krankenversichert sei. Er führte weiters aus, dass er noch Kontakt zu seiner Familie in Chebba habe und diese zumindest einmal im Jahr besuchen möchte. Dieser Stellungnahme war ein Konvolut an Unterlagen (Gehaltszettel, Anmeldebescheinigung bei der XXXX GKK, ein Versicherungsdatenauszug, die Kopie eines Mietvertrages, eine Meldebescheinigung, ein Dienstvertrag und eine Überlassungsmitteilung gemäß § zwölf Abs. 1 AÜG und, einen Kranführerausweis) beigelegt.

Am 10.9.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen führte er aus, dass er gesund sei, dass er geschieden sei und dass er keine Kinder habe. Deutsch habe er bereits in Tunesien gelernt und hier lerne er Deutsch durch seine Arbeitskollegen. In Tunesien habe er sechs Jahre die Schule, dann drei Jahre ein College und drei Jahre eine Berufsschule (Installateur) und dann zwei Jahre die Tourismusschule besucht. In Tunesien würden noch seine Familie, nämlich beide Eltern, zwei Brüder und eine Schwester leben, zu denen er regelmäßig (jeden Tag) Kontakt habe. Zu seinen Lebensumständen in Österreich führte er aus, dass er eine Freundin habe, die XXXX heißen würde und sei er mit dieser seit ca. eineinhalb Jahren zusammen. Seine Freundin habe bereits zwei Kinder, die acht bzw. fünf Jahre alt seien, der Vater der beiden Töchter komme, soviel er wisse, aus dem Kosovo und sei er sich sicher, dass XXXX bis jetzt mit keinem Mann verheiratet gewesen sei. Er gab weiters an, dass seine Freundin aktuell im zweiten Monat schwanger sei, dass er diese vor der Scheidung mit seiner Exfrau kennen gelernt habe, sie sei seine Nachbarin gewesen sei und habe er bereits vor der Scheidung ein Verhältnis mit ihr gehabt, wobei sich aber um keine richtige Beziehung gehandelt habe. Er und seine Freundin würden sich fast jeden Tag sehen, da sie nicht weit weg von ihm wohnen würde, er wisse jedoch die Adresse nicht. Seine Freundin würde gerade die Polizeischule besuchen, sie habe auch einen Campingplatz gekauft und würde gerade einen Gewerbeschein machen und würden sie dann dort gemeinsam nebenbei den Campingplatz betreiben. Wohnen würde er zusammen mit XXXX , den er noch aus Tunesien kennen würde. Er selbst habe zehn Tage nach seiner Ankunft in Österreich begonnen zu arbeiten, er sei bei mehreren Firmen als Hilfsarbeiter tätig gewesen und sei die letzten drei Jahre lediglich für vier Monate arbeitslos gewesen. Finanzieren würde er seinen Lebensunterhalt durch seine Arbeit. Auf Vorhalt seiner rechtskräftigen Verurteilung führte er zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass dies alles nicht stimmen würde, auf Vorhalt des Verhandlungsprotokolls im Rahmen der Scheidung, führte er aus, dass das nicht stimmen würde, dass er dazu nicht sagen würde, dass seine Exfrau lügen würde und dass er glaube, dass sie psychische Probleme habe. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme, legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 18.10.2018 vor, in welcher bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot Karte plus“ gestellt hat und er bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt verfügt. Weiters legte er einen Dienstzettel der Firma XXXX GmbH vor, eine Heiratsurkunde, eine Umsatzliste der Raiffeisenbank, Lohn und Gehaltszettel, einen Mietvertrag, ein polizeiliches Führungszeugnis der Republik Tunesien vom 20.4.2016, die Kopie eines Reisepasses gültig bis 29.09.2020, in Arabisch abgefasste Schriftstücke, das Scheidungsurteil, ein ÖSD Zertifikat A2 vom 29.11.2017, eine Meldebestätigung, die Kopie einer Zulassungsbescheinigung, die Kopie eines seitens der BH XXXX ausgestellten Führerscheins, die Kopie des Aufenthaltstitels als Familienangehöriger mit der Gültigkeit bis 2.6.2018 und die Kopie der e-Card, gültig bis 31.05.2020.

Am 6.5.2020 wurde die belangte Behörde seitens der Freundin des Beschwerdeführers telefonisch kontaktiert, um sich über den Verfahrensstand des Beschwerdeführers zu informieren. Anlässlich dieses Telefonates gab Frau XXXX an, dass der Beschwerdeführer arbeitslos sei, dass er nach wie vor getrennt von ihr an seiner eigenen Wohnadresse wohnen würde und dass sich an der Lebenssituation des Beschwerdeführers in Österreich nach wie vor nichts geändert habe, er habe weder Kinder, noch würden Familienangehörige von ihm in Österreich leben. Sie selbst sei ebenfalls ohne Beschäftigung.

Mit E-Mail der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 6.05.2020 erging unter Anschluss eines Versicherungsdatenauszuges und des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ vom 18.10.2018, das Ersuchen um Erhebung und Stellungnahme gemäß § 25 NAG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2020, Zl: XXXX , wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Bescheid und Verfahrensanordnung wurden am 12.05.2020 zugestellt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.06.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens aufgrund mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen. Es wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich bereits seit 2016 in Österreich befinde und Grund für die Einreise die Eheschließung mit einer österreichischen Staatsangehörigen gewesen sei, wobei diese Ehe mit Scheidungsurteil vom BG XXXX am 23.03.2018 geschieden worden sei, dass der Beschwerdeführer durchwegs einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und nur wenige Monate ohne Beschäftigung gewesen sei und habe dieser aufgrund der Corona Virus Pandemie seine Anstellung verloren. Der Beschwerdeführer befinde sich seit eineinhalb Jahren in einer Beziehung mit Frau XXXX , welche zwei minderjährige Kinder habe, zu denen der Beschwerdeführer regelmäßigen Kontakt habe, sodass auch trotz der Tatsache, dass kein gemeinsamer Haushalt bestehen würde, ein schützenswertes Familienleben vorliegen würde. Zudem sei es ihm und seiner Lebensgefährtin aus den bereits im Parteiengehör angegebenen Gründen nicht möglich ein gemeinsames Leben in Tunesien zu führen. Es würde daher ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bestehen und werde dazu explizit auf seine Ausführungen im Rahmen des Parteiengehörs hingewiesen. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55, 57 erteilen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben wird, in eventu, die festgestellte Zulässigkeit der Abschiebung nach Tunesien aufheben, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG aufheben und zurückverweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß 17 Abs. 1 BFA-VG zuerkennen, sowie zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft geblieben Ermittlungsverfahrens gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.06.2020 vorgelegt. Verfahrensgegenständlicher Akt ist bei der zuständigen Gerichtabteilung I416 bis 15.06.2020 physisch nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen, Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 22/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Zu 2.2 Spruchpunkt A)

2.2.1. Behebung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die belangte Behörde erkannte gegenständlich einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab und stützte sich hierbei auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, wonach "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.03.2018 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden sei. Daraus ergebe sich, dass aufgrund der von seiner Person ausgehenden Gefahr, seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung dringend geboten ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, genügt es zur Begründung der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise eines Fremden jedoch nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern ist darüber hinaus darzulegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053; 03.07.2018, Ro 2018/21/0007; 12.09.2013, 2013/21/0094).

Derartige besondere Umstände, welche eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich erscheinen ließen, wurden seitens der belangten Behörde nicht ins Treffen geführt und wurde im Wesentlichen schlicht auf jene Sachverhalte, welche bereits zur Begründung für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme herangezogen wurden (das Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung), verwiesen. Auch sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Beschwerdefall keine Umstände zu Tage getreten, welche die sofortige Notwendigkeit einer Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – rechtfertigen würden.

Daher liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG gegenständlich nicht vor und war Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, mit dem einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukommt.

Gegenständlich war ein Teilerkenntnis (vgl. auch § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG) zu erlassen, da das BVwG über die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG 2014 binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden hat (vgl. VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023).

Der Spruch des Bescheides der belangten Behörde war auch insoweit trennbar, als sich die gegenständliche Entscheidung nur auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Bescheidspruch bezieht.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Gefährdung der Sicherheit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Straftat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I416.2231680.1.02

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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