TE Vwgh Erkenntnis 2020/9/14 Ra 2020/17/0033

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2020
beobachten
merken

Index

34 Monopole

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1
GSpG 1989 §54

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2020/17/0009 E 03.02.2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bundesministers für Finanzen gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 25. Februar 2020, LVwG-413649/7/Gf/RoK, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: V s.r.o., vertreten durch Dr. Fabian A. Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Jänner 2020 wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei die Einziehung von acht „Glücksspielgeräten“ gemäß § 54 Glücksspielgesetz - GSpG verfügt.

2        2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge gegeben und der Bescheid aufgehoben. Das LVwG sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3        2.2. Begründend führte das LVwG u.a. Folgendes aus: Eine Strafbarkeit gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG trete nur dann ein, wenn im Zuge einer bewilligungslosen Ausspielung die in § 5 Abs. 5 lit. a Z 1 und 2 sowie lit. b Z 1 und 2 GSpG normierten Wertgrenzen überschritten würden, weil eine Strafbarkeit nur dann gegeben sei, wenn es sich nicht um eine in den Regelungsbereich der Länder fallende Ausspielung handle. Es gebe keine Nachweise zur Leistung von die genannten Wertgrenzen übersteigenden Einsätzen pro Spiel im konkreten Fall, weshalb die „objektive Erfüllung des Tatbestandes des § 52 Abs. 1 GSpG“ nicht erwiesen sei. Aus diesem Grund sei der Bescheid aufzuheben.

4        3.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen.

5        3.2. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und brachte u.a. Folgendes vor: Die belangte Behörde habe keinerlei Ermittlungen getätigt, aus denen hervorginge, dass die Voraussetzungen gemäß § 5 GSpG nicht erfüllt seien. Es sei jedoch die Behörde beweispflichtig. Fehle eine landesrechtliche Bewilligung, könne nur eine Strafbarkeit nach dem Oö. Glücksspielautomatengesetz erfolgen. Überdies werde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2020, Ra 2020/17/0013, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 52 Abs. 2 GSpG mit dem Unionsrecht gestellt habe. Die Einziehung sei zur Übertretung akzessorisch und es sei nicht auszuschließen, dass die Bestrafung unionsrechtswidrig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6        4.1. Die Revision erweist sich mit ihrem Vorbringen, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob bereits jegliche Unterschreitung der in § 5 Abs. 5 lit. a Z 1 und 2 sowie lit. b Z 1 und 2 GSpG normierten Wertgrenzen für sich allein genommen eine ausschließlich der Regelungskompetenz der Länder unterliegende Ausspielung zu begründen vermöge, als zulässig.

7        4.2. Zum Vorbringen in der Revisionsbeantwortung wird zunächst Folgendes ausgeführt:

8        Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 27. April 2020, EU 2020/0002 (Ra 2020/17/0013), ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung des Unionsrechts hinsichtlich der Beurteilung des § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG sowie hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Verhängung einer solchen Sanktion stehenden Verhängung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 VStG und einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG gestellt (beim EuGH protokolliert zu C-231/20).

9        Dieses Vorabentscheidungsersuchen betrifft - schon aufgrund der Tatsache, dass im zugrunde liegenden Revisionsverfahren nur der Strafausspruch eines Erkenntnisses angefochten war - nicht etwaige Tatbestandsmerkmale einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, sondern ausschließlich die Verhängung der konkreten Sanktion bei festgestellter Übertretung (sowie damit zusammenhängend die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe sowie die Verhängung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 VStG), sodass sowohl Strafbemessungen nach dem ersten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG (vgl. hiezu insbesondere VwGH 6.5.2020, Ra 2020/17/0001) als auch Beschlagnahme- und Einziehungsverfahren nach dem GSpG hievon nicht erfasst sind. Es bestand daher auch für den Verwaltungsgerichtshof keine Notwendigkeit, das vorliegende Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-231/20 auszusetzen.

10       4.3. Die vorliegende Revision ist auch begründet.

11       Zunächst ist das LVwG im konkreten Fall darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung die Einziehung nach § 54 GSpG unabhängig von einer Bestrafung eines Beschuldigten ist und gemäß § 54 Abs. 1 GSpG von der Verwirklichung eines objektiven Tatbilds nach § 52 Abs. 1 GSpG abhängt (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/17/0157). Das LVwG ist daher verpflichtet, nach Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens nähere Feststellungen zum Vorliegen der Verwirklichung des objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG zu treffen.

12       4.4. Hinsichtlich der Auslegung des § 5 GSpG wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Ro 2020/17/0008, Ro 2020/17/0014, verwiesen.

13       Bereits aus den dort genannten Gründen war das angefochtene Erkenntnis ebenfalls wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

14       Im Übrigen wird das LVwG darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Revisionsfall acht Glücksspielgeräte eingezogen worden sind. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes fallen Ausspielungsstätten mit vier bis neun Glücksspielautomaten in keinem Fall unter die Ausnahme vom Glücksspielmonopol gemäß § 5 GSpG (vgl. VfSlg. 19.972/2015, Punkt IV. 1.5.4.).

Wien, am 14. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020170033.L00

Im RIS seit

22.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten