TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/13 L526 2221869-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.2019
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Entscheidungsdatum

13.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L526 2221869-1/7E

L526 2221871-1/9E

L526 2221868-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Mutter XXXX , alle vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH - ARGE Rechtsberatung, alle StA. GEORGIEN, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 17.06.2019, Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des Bescheides von XXXX , geb. XXXX zu lauten hat:

Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 04.05.2016 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP" oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch "bP1" bis "bP3" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB" oder BFA) mehrere Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und Eltern der minderjährigen bP3.

Die bP hielten sich vor ihrer Einreise in Österreich bereits in Deutschland auf, wo ihre Anträge auf internationalen Schutz abgewiesen wurden, die bP1 befand sich auch einmal in Frankreich und ging zwischenzeitlich vor der Einreise nach Österreich wieder nach Georgien zurück, während die bP2 und bP3 aus Deutschland einreisten.

I.2. Die bP1 reiste am 17.09.2015 erstmalig in Österreich ein und gab damals als Grund für die Ausreise aus dem Heimatstaat an, dass sie bei der Partei von Saakaschvili gewesen sei und man sie deshalb umbringen wollte.

Es wurde eine medizinische gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren erstellt.

Mit Bescheid vom 20.01.2016 wurde der Antrag vom 01.10.2015 gem. § 5 Absatz 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gemäß § 61 Absatz 1 FPG gegen die bP1 die Außerlandesbringung angeordnet. Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Absatz 2 FPG die Abschiebung nach Frankreich für zulässig erklärt. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2016 als unbegründet abgewiesen.

I.3. Der Antrag der bP1 auf internationalen Schutz vom 04.05.2016 wurde mit Bescheid des BFA vom 04.05.2016 als unzulässig zurückgewiesen und gemäß § 61 Absatz 1 FPG gegen die bP 1 die Außerlandesbringung angeordnet. Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Absatz 2 FPG die Abschiebung nach Frankreich für zulässig erklärt. Mit Beschluss des BVwG vom 20.02.2017 wurde der bekämpfte Bescheid behoben.

I.4. Am 03.05.2017 wurde der bP1 Parteiengehör gewährt und wurde das Verfahren in der Folge zugelassen.

Am 10.10.2017 erfolgte eine Einvernahme der bP1 vor der bB. Die bP1 gab im Wesentlichen an, dass sie bei der "Hauptmannschaft" gearbeitet habe und über Weisung mehrere Garagen räumen lassen hätte müssen. Diese seien illegal gebaut worden. Aufgrund dessen hätte sie Probleme mit einem der Nachbarn bekommen. Von dem Nachbarn namens XXXX , einem ehemaligen Häftling und Drogensüchtigen seien ihr Stichverletzungen am XXXX .2011 zugefügt worden. Zudem hätten die Vertreter der Regierungspartei Georgischer Traum sie - als seit 2006 aktives Mitglied der nationalen Bewegung - aus dem Land "gejagt". Mit Parteimitgliedern hätte sie seit 2010 Probleme gehabt und hätte es mehrfach körperliche Übergriffe auf sie gegeben.

Am 09.04.2018 und 19.03.2019 kam es zu weiteren Einvernahmen vor der bB. Die bP1 wiederholte grundsätzlich ihre Angaben zu den Problemen wegen ihrer Tätigkeit für die Bezirksverwaltungsbehörde und den damit in Auftrag gegebenen Garagenabrissen sowie die Probleme im Zusammenhang mit ihrer Parteimitgliedschaft.

Die bP1 legte einen georgischen Führerschein sowie den Personalausweis, ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, ein Schreiben über ihre Parteimitgliedschaft und eine Deutschkursbestätigung vor.

I.4. Mit Bescheiden vom 18.07.2016 wurden die ersten Anträge der bP2 und bP3 vom 21.03.2016 gem. § 5 Absatz 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gemäß § 61 Absatz 1 FPG gegen die bP1 die Außerlandesbringung angeordnet. Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Absatz 2 FPG die Abschiebung nach Deutschland für zulässig erklärt. Die dagegen eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnis des BVwG vom 10.10.2016 als unbegründet abgewiesen und wurden die bP im Oktober 2016 nach Deutschland überstellt.

I.5. Die bP2 und bP3 reisten am 07.06.2017 erneut in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag gegenständliche, zweite Anträge auf internationalen Schutz.

Die bP2 brachte erstbefragt vor, dass sie und ihr in Österreich aufhältiger Ehegatte krank wären und in Georgien keine Behandlungsmöglichkeiten gegeben wären. Sie sei im Jahr 2014 in Georgien vergewaltigt worden, habe dies aber aus Angst nicht angezeigt. In Österreich hätte sie dies einem Psychologen erzählt. Weiters habe die bP1 Probleme in Georgien und wolle sie mit ihrer Familie hier in Österreich leben, da Versuche, in Italien bzw. Deutschland zu leben, nicht funktioniert hätten.

Am 09.04.2018 wurde die bP2 vor der bB einvernommen. Sie führte aus, sie hätte eine Blutkrankheit, Probleme mit der Schilddrüse und den Lenden und leide an psychologischen Problemen. Zur Befragung des Fluchtgrundes wurde Folgendes zu Protokoll genommen:

"LA: Würden Sie nun bitte alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung hier in Österreich ausführlich darlegen? Aus welchen Gründen verließen Sie das Heimatland? Was war Ihrer Meinung nach der zuletzt ausschlaggebende Grund für Sie zu flüchten? Warum stellen Sie einen Asylantrag?

VP: Als mein Mann ausgereist ist dachte ich mich würde das alles nicht betreffen. Ich wurde aber immer wieder gefragt, wo mein Mann ist. Manchmal habe ich die Tür nicht geöffnet, aber einmal hat es auch sexuelle Gewalt gegeben. Darüber kann ich nicht gut reden. Dieser Gewalttäter hat mir gedroht, wenn ich etwas darüber erzähle, was passiert ist, würde das Folgen haben. Auch mein Bruder, der bei der Schutzpolizei arbeitet, wird Probleme bekommen. Ich wollte nicht, dass mein Bruder seine Arbeit verliert, darum bin ich nicht zur Polizei gegangen. Der Vorfall hat dann zu meiner Ausreise geführt. Für die Psyche meines Sohnes wäre es auch nicht gut gewesen in Georgien zu bleiben. Ich habe schon einmal ein Kind verloren.

LA: Wann wurden Sie Opfer sexueller Gewalt?

VP: 2013. Wir hatten zwar die Wohnung schon verkauft, aber waren noch nicht ganz ausgezogen.

LA: Wann genau im Jahr 2013 hat sich der Vorfall ereignet?

VP: Im Oktober oder November. Ich bin dann zu meiner Schwester gezogen.

LA: Wie genau hat der Vorfall stattgefunden?

VP: Es wurde geklopft, das Kind hat schon geschlafen. Er hat gesagt " Ich bin die Polizei", ich habe geöffnet, er ist in die Wohnung gekommen und er hat wie immer angefangen mich auszufragen, wo mein Mann ist. Ich habe gesagt ich weiß es nicht. Mein Mann weiß davon aber nichts. Dann hat er mich gestoßen und ist auf mich losgegangen. Er hat Gewalt angewendet. Er war alleine. Ich habe geöffnet weil er gesagt hat, dass er Polizist ist und ich dachte es gibt etwas Wichtiges.

LA: Haben Sie den Mann gekannt?

VP: Nein, ich habe ihn nie wiedergesehen, weder zuvor noch danach. Dann bin ich auch umgezogen."

Zudem führte die bP2 aus, dass sie mehrfach zu Hause aufgesucht und nach ihrem Mann gefragt worden sei. An die Polizei hätte sie sich nicht gewendet. Sie sei auch Mitglied der Partei "Nationale Bewegung" gewesen und hätte diese bei den Wahlen unterstützt.

Am 19.03.2019 erfolgte eine weitere Einvernahme der bP2 vor der bB, in welcher die bP2 angab, sich in schlechter gesundheitlicher Verfassung zu befinden. Sie glaube, dass sie Bluthochdruck habe und legte sie ein Konvolut an medizinischen Schreiben vor. Erstmalig brachte die bP2 vor, dass "seltsame Dinge" in Georgien passieren würden und sie Angst um ihr Kind habe, welches das westliche Leben gewohnt sei.

Im Verfahren vor der bB hat die bP2 zudem ihren Personalausweis, eine Kopie eines Parteimitgliedausweises und Empfehlungsschreiben vorgelegt.

I.6. Für die bP3 wurden keine eigenen Gründe geltend gemacht. Vorgelegt wurden für sie Unterstützungsschreiben einer Lehrerin sowie eines Sportvereins, Schulzeugnisse und psychologische Befunde.

I.7. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Den Beschwerden wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.7.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP1 in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

"Ihre Fluchtgründe aufgrund politischer Verfolgung waren nicht glaubhaft.

Sie gaben an, in Ihrer Heimat politisch tätig gewesen zu sein und folglich aus diesem Grund Probleme gehabt hätten. Sie hätten verschiedene Aufgaben in der Stadt XXXX übernommen wie Lagerhallen demontieren zu lassen, die Instandhaltung von Straßen oder Sie hätten auch Hilfestellung für benachteiligte Familien gegeben. Der Bürgermeister XXXX hätte Ihnen den Auftrag gegeben, in XXXX Lagerhallen zu demontieren. Die Hallen hätten laut Ihren Angaben der Bevölkerung gehört. Es entspricht vermutlich schon der Realität, dass in Georgien ohne Genehmigung der Eigentümer oder ohne Vorankündigung Gebäude demontiert werden, jedoch ist es rechtlich allerdings fragwürdig.

In diesem Zusammenhang schilderten Sie einen Vorfall mit Ihrem Nachbarn, bei dem Sie ebenfalls eine Halle demontiert hätten. Als Sie im August 2011 mit Ihrer Frau auf der Straße gewesen wären, sei Ihr Nachbar von hinten gekommen und hätte Sie mit einem Messer verletzt. Mehr konnten Sie von diesem Vorfall nicht berichten, außer dass Sie im Krankenhaus genäht werden mussten. Sie konnten keinen Befund des Krankenhauses vorlegen.

Nach etwa zwei Monaten im Jahr 2011 hätte sich erneut ein Angriff auf Sie ereignet. Aus einem russischen XXXX wären 4 Personen ausgestiegen und diese hätten plötzlich auf Sie eingeprügelt. Von dieser Schlägerei hätten Sie Rippenprellungen und Blutungen bekommen. Sie wären laut eigenen Angaben in Ihrer Einvernahme am XXXX .2019 zur Polizei gegangen, konnten jedoch keinerlei Berichte der Behörden vorlegen. Sie hätten deshalb keine Unterlagen, weil Ihnen damals nicht danach zumute gewesen wäre. Widersprüchlich dazu gaben Sie in Ihrer Einvernahme am 09.04.2018 an, dass Sie nach den Übergriffen nie eine Anzeige gemacht hätten. In Zusammenschau mit den Aussagen Ihrer Ehegattin ist hervorzuheben, dass Ihre Gattin in Ihrer Einvernahme im April 2018 zu Protokoll gab, dass Sie sich an keine Polizei gewandt hätten. An späterer Stelle brachte sie jedoch vor, dass sie schon glaube, Sie seien bei der Polizei gewesen.

Aufgrund von mehrmals widersprüchlich getätigten Aussagen ist es für die zu erkennende Behörde nicht nachvollziehbar, ob Sie nun nach den angeblichen Übergriffen sich an die Behörden gewandt hätten oder nicht. Sofern Sie tatsächlich eine Anzeige bei der Polizei erstattet hätten, so hätten sie dies gleichlautend wiedergeben können, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln, weshalb an dieser Stelle ein eindeutiges Indiz für eine konstruierte Geschichte wahrgenommen werden konnte.

Ferner konnten Sie sich nicht mehr an die Farbe des Wagens erinnern, jedoch an das Fahrzeugmodell " XXXX ". Bei der Schilderung von selbsterlebten Gefahrensituationen entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass man sich bei spontaner Rückerinnerung zunächst primär an die Farbe und nicht an das Modell eines Fahrzeugs erinnert.

Zusätzlich zeigen sich erneut Widersprüche Ihrer Aussagen hinsichtlich der Anzahl der Personen, die Sie angegriffen hätten. Während der Einvernahme im Jahr 2018 behaupteten Sie, dass Sie von etwa 6 oder 7 Personen zusammengeschlagen wurden. Im Zuge der Einvernahme durch den erkennenden Organwalter am 19.03.2019 gaben Sie an, dass aus dem Auto genau 4 Personen ausgestiegen wären. Auch wenn Sie keine genaue Anzahl der Personen nennen konnten, ist es für die Behörde nicht nachvollziehbar, wie diese Angreifer in einem XXXX Platz gefunden hätten, wenn es sich tatsächlich um 7 Personen gehandelt hätte.

Befragt nach dem Grund, weshalb Sie von diesen Personen bedroht und angegriffen wurden, tätigten Sie erneut widersprüchliche Aussagen. In Ihrer ersten Einvernahme erwähnten Sie, Sie wären unter Druck gesetzt worden und folglich auf der Straße geschlagen worden. Im Widerspruch dazu steht Ihre Aussage aus dem Jahr 2018, wo Sie zu Protokoll gaben, dass man Sie wegen dem Streit mit Ihrem Nachbarn und wegen Fälschung der Wählerstimmen angegriffen hätte. Auch wollte man Sie deshalb verhaften lassen. In Ihrer letzten Einvernahme erklärten Sie wiederum einen anderen Grund für die Bedrohungen, nämlich weil Sie eine Anzeige bei der Polizei erstattet hätten. Da Ihr Vorbringen im Laufe des Verfahrens nicht gleichbleibend und substantiiert geschildert wurde, ergibt sich auch hier eine unglaubwürdige Darstellung Ihrer Gefährdungslage.

Sie haben weiters ein Referenzschreiben der Vereinten Nationalen Bewegung aus XXXX vorgelegt. In diesem ist niedergeschrieben, dass Sie seit dem Jahr 2013 ein Mitglied der Vereinten Nationalen Bewegung seien. Sie gaben in Ihrer Einvernahme im Jahr 2017 an, dass Sie bereits seit dem Jahr 2006 Parteimitglied wären, Aufgaben übernommen hätten und Aufträge für deren Partei ausführten. Ihre Probleme wegen Ihrer Tätigkeit innerhalb der Partei hätten im Jahr 2011 begonnen. Würde man dem Referenzschreiben tatsächlich Glauben schenken, so wären sie in dieser Zeit der Vorfälle noch gar nicht für die Partei tätig gewesen, zumal Sie erst zwei Jahre später ordentliches Mitglied dieser Bewegung geworden wären.

Ebenfalls auffallend an dem Referenzschreiben ist das Ausstellungsdatum mit XXXX .2016. Sie sind jedoch erstmalig im September 2013 aus Georgien nach Frankreich ausgereist, bis Sie im Dezember 2013 nach Deutschland kamen. Bei Ihrer Rückkehr aus Deutschland nach Georgien im März 2015 hätten Sie sich für ein halbes Jahr bei Ihrem Cousin in XXXX versteckt. Da Sie im Jahr 2016 nicht mehr zu Hause waren, hätten Sie dieses Referenzschreiben zu dieser Zeit gar nicht bekommen können. Nebenher erwähnt ist die E-Mail Adresse auf der Fußzeile des Schreibens angeführt. Diese zeigt fälschlicherweise den Namen " XXXX " und nicht XXXX . Dieser Umstand ist auch ein weiteres schwerwiegendes Indiz dafür, dass dieses Schreiben eine Fälschung darstellt.

Ihr weiteres Vorbringen nach den angeblichen Schlägereien bis zu Ihrer Ausreise aus Georgien war für die zu erkennende Behörde nicht nachvollziehbar und daher auch nicht glaubwürdig. In Ihrer letzten Einvernahme 2019 gaben Sie an, dass Sie nach den angeblichen Angriffen Ihres Nachbarn im August 2011 Ihre Familie bei der Schwester Ihrer Frau versteckt hätten. Auch hätten Sie versucht, Ihre Wohnung zu verkaufen. Ihr Nachbar hätte jedoch alles getan, um potentielle Käufer zu verschrecken. Sie berichteten weiters, Ihr Nachbar hätte Sie jedes Mal auf der Straße beschimpft und es hätte sehr oft tätliche Übergriffe auf Ihre Person gegeben. An späterer Stelle erwähnten Sie völlig widersprüchlich, dass Ihr Nachbar Sie zwar sehr oft beschimpft hätte, jedoch hätte er Sie nicht mehr angegriffen.

Vor der zu erkennenden Behörde gaben Sie dazu im Jahr 2018 widersprüchlich zu Protokoll, dass Sie insgesamt überhaupt nur zweimal bedroht wurden.

Ferner gaben Sie in Ihrer Einvernahme im Jahr 2017 vor dem BFA an, dass Sie sich selbst bis zu Ihrer Ausreise Ende 2013 bei Nachbarn versteckt hätten. Da auch Sie sich angeblich bei einem Nachbarn versteckt hielten, konnten Sie in dieser Zeit durch Ihren Verfolger gar nicht bedroht oder beschimpft worden sein.

Fazit aus all diesen Behauptungen ist Ihr Vorbringen über die Bedrohungen Ihres Nachbarn und Ihrer Wohnungssituation der zur erkennenden Behörde nicht schlüssig und plausibel. Sie haben im Laufe des Verfahrens die Geschehnisabläufe unterschiedlich und widersprüchlich dargestellt. Sie konnten keine gleichbleibenden und substantiierten Angaben über Ihren Aufenthaltsort vor Ihrer Ausreise aus Georgien machen. Ihr Vorbringen zu den Bedrohungssituationen war aufgrund der evidenten Widersprüche und aufgrund zahlreicher grundlegender Ungereimtheiten nicht glaubhaft.

Befragt, welche Befürchtungen Sie im Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland haben, gaben Sie in Ihrer Ersteinvernahme im Jahr 2015 an, dass Sie nicht zurückkehren möchten. Im Protokoll aus dem Jahr 2017 gaben Sie an, dass Sie um Ihr Leben fürchten. Bei Ihrer letzten Niederschrift gaben Sie zu Protokoll, den Tod zu befürchten. Ihre Angst basiert lediglich auf Vermutungen, indem Sie befürchten, dass die Leute vom "Georgischen Traum" Sie töten möchten. Durch die Steigerung Ihres Vorbringens von Einvernahme zu Einvernahme konnten Sie nicht glaubhaft machen, in der behaupteten Weise aufgrund politischer Gründe verfolgt zu werden. Sie sind bereits im Jahr 2015 für ein halbes Jahr nach Georgien zurückgekehrt. In XXXX hätte es laut Ihren Angaben keine Probleme oder Zwischenfälle gegeben. Daher ist auch nicht plausibel, dass Sie im Fall der Rückkehr einer solchen Gefahr ausgesetzt wären.

Ihr weiteres Vorbringen beruht auf allgemeinen Behauptungen, denn laut Ihren Angaben sehen Sie im Fernsehen, dass täglich 10 bis 20 Personen in Georgien umgebracht werden. Dies ist eine allgemeine Hypothese und lässt nicht auf eine persönlich gegen Sie gerichtete Verfolgung schließen. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass dem Bundesamt derartiges nicht bekannt ist. Auch den Länderfeststellungen oder allgemeinen Informationen, wie Medienberichten, ist nicht zu entnehmen, dass es in Georgien täglich zu einer derart hohen Zahl an politisch motivierten Morden kommen würde. Da es sich bei Georgien allerdings um einen gut recherchierten Staat handelt, welcher auch bereits Verträge mit EU-Institutionen getroffen hat, wie beispielsweise die Visa-Liberalisierung, sind diese Befürchtungen Ihrerseits als unglaubwürdig zu beurteilen. Die Beurteilung "sicherer Herkunftsstaaten" unterliegt der Österreichischen Bundesregierung und gründet auf einer Verordnung der Europäischen Union. Daher kann auch davon ausgegangen werden, dass in Georgien Zustände, wie Sie es schilderten, nicht vorkommen.

Zusammenfassend steht für ho. Behörde aufgrund Ihrer vagen bzw. widersprüchlichen Angaben fest, dass Ihr vorgebrachter Fluchtgrund der politischen Verfolgung nicht der Wahrheit entspricht, sondern ein gedankliches Konstrukt darstellt. Ihre komplette Gefährdungs- und Bedrohungslage wurde von Ihnen vage und nicht substantiiert und zudem auch widersprüchlich dargestellt. Das Agieren mit unterschiedlichen Namensführungen, mit gefälschten Dokumenten und dem erfundenen Fluchtvorbringen weisen eindeutig darauf hin, dass Sie nicht wahrheitsbezogen sondern asylzweckbezogen gehandelt haben. Somit ist auch nicht glaubhaft, dass Sie im Falle der Rückkehr einer Gefahr ausgesetzt sein würden.

Für ho. Behörde wird Ihr Vorbringen Ihren Fluchtgrund betreffend als unglaubhaft eingestuft.

Weitere Fluchtgründe, die auf eine persönliche Verfolgung im Sinne der GFK, das heißt aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung schließen lassen, brachten Sie nicht vor. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass Sie Verfolgungshandlungen ausgesetzt waren bzw. solche für die Zukunft zu befürchten haben.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Feststellungen im Falle Ihrer Rückkehr erschließen sich aus Ihren Angaben in Kombination mit den Länderfeststellungen zu Georgien.

Wie in der Beweiswürdigung betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats dargelegt, sind Sie in Ihrem Heimatland keiner Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.

Zusammenfassend steht für ho. Behörde aufgrund der aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland Georgien, Ihrer Angaben und aufgrund Ihrer vorgelegten medizinischen Unterlagen fest, dass eine medizinische Versorgung in Ihrer Heimat zweifellos gegeben ist und medizinische Einrichtungen und Behandlungsmethoden Ihrem Krankheitsbild entsprechend vorhanden sind. In Georgien gibt es für Bürger das staatliche Programm "Psychische Gesundheit", bei dem die Patienten den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen können. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert. Die medizinische Behandlung ist in Georgien auch für Rückkehrer sofort zugänglich - als georgischer Staatsbürger sind Sie automatisch versichert.

Dass Sie nach wie vor über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Georgien verfügen, gaben Sie selbst an. Nachdem Sie im März 2015 aus Deutschland abgeschoben wurden, haben Sie bei Ihrer Rückkehr nach Georgien für ein halbes Jahr bei Ihrem Cousin gelebt. Sie gaben an, dass Sie von Verwandten Ihrer Mutter unterstützt wurden. Sie verfügen somit über familiäre Anknüpfungspunkte in Ihrem Heimatland und würden in Georgien nicht in eine existenzielle Notlage geraten. Den aktuellen Länderfeststellungen ist zudem das soziale Sicherungssystem Georgiens zu entnehmen.

Aus den aktuellen Länderfeststellungen ergibt sich zudem, dass Sie als rückkehrende Person, auch wenn Sie in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben, nach Ihrer Einreise in Ihr Heimatland mit keinerlei Problemen seitens der dortigen Behörden konfrontiert werden.

I.7.2. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP2 in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP2) :

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Dabei steht die Vernehmung des Asylwerbers als wichtigstes Beweismittel zur Verfügung. Die erkennende Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber gleichbleibende, substantiierte Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und mit den Tatsachen oder allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen.

Ihre Angaben zum Ausreisegrund waren - wie nachstehend angeführt - nicht nachvollziehbar und daher auch nicht glaubwürdig. Als Grund für Ihren Antrag auf internationalen Schutz machten Sie geltend, aufgrund einer Gewaltanwendung gegen Sie sowie aus gesundheitlichen Gründen, zusammen mit Ihrem Sohn Ihr Heimatland verlassen zu haben.

Sie brachten in Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 19. März 2019 vor, dass es eine Anwendung sexueller Gewalt gegen Sie gegeben hätte. Sie wären des Öfteren in Ihrer Wohnung aufgesucht worden. Im Oktober 2013 sei es dann zur Vergewaltigung gekommen.

Auf konkrete Nachfrage führten Sie an späterer Stelle widersprüchlich dazu aus, dass Sie zwischen September und November 2013 zu Ihrer Schwester gezogen wären, als Ihr Mann das Land bereits verlassen hatte. Dazu gaben Sie an, dass Sie in Ihre Wohnung nur einmal zurückgekehrt wären und ein zweites Mal um Ihre Sachen zu packen. In Zusammenschau mit den Aussagen Ihres Gatten ist hervorzuheben, dass Ihr Mann zu Protokoll gab, dass Sie - nachdem er Georgien verlassen hatte - mehrmals in Ihrer Wohnung aufgesucht worden wären und Sie auch oft Ihre Unterkunft wechseln mussten. Sie hingegen behaupteten jedoch, dass Sie nur zweimal seit seiner Ausreise in Ihrer Wohnung gewesen wären.

Bestärkt wird Ihr unglaubwürdiges Vorbringen auch dadurch, dass Sie ursprünglich in Ihrer Einvernahme am 09. April 2018 angaben, dass Sie nach der Ausreise Ihres Mannes weiterhin in Ihrer Wohnung gelebt hätten. Erst nach dem Vorfall der Gewaltanwendung seien Sie zu Ihrer Schwester gezogen. Bis dahin wären Sie sehr oft zu Hause aufgesucht und über Ihren Mann ausgefragt worden. Es wären jedes Mal ein bis zwei Personen gekommen, insgesamt seien Sie 10 Mal in Ihrer Wohnung aufgesucht worden.

Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche ist für die Behörde nicht nachvollziehbar, wo Sie sich in der Zeit nach der Ausreise Ihres Gatten aufgehalten hätten. Daher entstanden an Ihrem Vorbringen der angeblichen Gewaltanwendung erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der behaupteten Ereignisse.

Zudem gaben Sie an, dass Sie nie auch nur daran gedacht hätten, sich nach dem angegebenen Übergriff an die Polizei oder eine Behörde zu wenden. Sie hätten keine Anzeige gemacht, da dies keinen Sinn gemacht hätte und es würde Ihnen nichts bringen.

Bis zu Ihrer Ausreise im September 2014 hätte es keine weiteren Vorfälle gegeben. Obwohl wie bereits erwähnt, nicht klar ersichtlich ist, wo Sie sich die letzten Monate vor Ihrer Ausreise aufgehalten hätten, gaben Sie jedoch mehrmals an, dass Sie seit dem angeblichen Vorfall der Gewaltanwendung im Oktober 2013 bis zu Ihrer Ausreise im September 2014 Monate lang sicher waren und weder verfolgt, belangt oder bedroht wurden. Daher ist Ihr Vorbringen der angeblichen Gewaltanwendung in keinem zeitlichen Zusammenhang zu Ihrer späteren Ausreise und Ihrer Flucht zu sehen. Es konnte daraus nicht rückgeschlossen werden, dass es sich um eine derartige schwerwiegende Lebensbedrohung gehandelt hätte, der Sie sich nach beinahe einem Jahr später nur durch Flucht entziehen hätte können, zumal Sie angeben, dass es sonst keine weiteren Vorfälle mehr gegeben hätte.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist auch Ihre Antwort auf die Frage, ob Sie damals die Möglichkeit gehabt hätten, sich im Heimatland wo anders hinzubegeben, um sich den angegebenen Problemen zu entziehen. Sie antworteten ausweichend, indem Sie keine Arbeit gehabt hätten und Sie auch nicht wüssten, wo Sie hätten hingehen sollen. Im Widerspruch dazu hätten Sie jedoch beinahe ein Jahr vor Ihrer Ausreise bei Ihrer Schwester ohne Probleme gelebt. Dies ist für die zu erkennende Behörde nicht nachvollziehbar und bestärkt wiederum Ihr unglaubwürdiges Vorbringen.

Sie haben ebenfalls in Ihrer Einvernahme vor dem BFA behauptet, in Ihrer Heimat von 2006 bis 2012 bei der georgischen Partei "Nationale Bewegung" politisch tätig gewesen zu sein. Sie hätten bei der Wahlpropaganda mitgeholfen und wären auch als Beobachterin während der Wahlen tätig gewesen. Näher befragt zu den Wahlen, bei denen Sie aktiv mitgeholfen hätten, konnten Sie nach langem Überlegen nur vage Angaben betreffend der Kandidaten und der Wahltermine wiedergeben. Befragt, wann die Präsidentschaftswahlen stattfanden, als Sie noch politisch aktiv im Heimatland waren, konnten Sie sich zunächst nicht erinnern. Danach führten sie aus, dass die Wahlen im Jahr 2007 oder 2008 gewesen sein sollten. Auch wenn Sie nicht in der Lage sind, genaue Zeitangaben über die Wahlen zu machen, ist es für die zu erkennende Behörde jedoch lebensfremd, nicht einmal das Jahr einer Präsidentschaftswahl einwandfrei nennen zu können, zumal Sie in dieser Zeit aktiv bei den Wahlen tätig gewesen wären.

Sie haben weiters ein Referenzschreiben der Vereinten Nationalen Bewegung aus XXXX vorgelegt. In diesem ist niedergeschrieben, dass Sie seit dem Jahr 2005 eine aktive Unterstützerin der Nationalen Bewegung der Stadt XXXX seien. Seit 2013 seien Sie ein Mitglied der Vereinten Nationalen Bewegung. Auffallend an dem Referenzschreiben ist das Ausstellungsdatum mit 22.01.2016. Sie sind jedoch bereits im Jahr 2014 aus Georgien ausgereist und haben sich seither nicht mehr in Ihrem Heimatland befunden. Sie hätten dieses Referenzschreiben zu dieser Zeit gar nicht bekommen können. Nebenher erwähnt ist die E-Mail Adresse auf der Fußzeile des Schreibens angeführt. Diese zeigt fälschlicherweise den Namen " XXXX " und nicht die Stadt " XXXX ". Dieser Umstand ist auch ein weiteres schwerwiegendes Indiz dafür, dass dieses Schreiben eine Fälschung darstellt.

Sie erwähnten zudem, dass Sie im Fall einer Rückkehr nach Georgien Angst um Ihr Kind hätten. Sie begründeten dies damit, dass in Georgien seltsame Dinge passieren würden. Ihr weiteres Vorbringen beruht auf allgemeinen Behauptungen, denn laut Ihren Angaben höre man täglich, dass ein Kind verletzt oder umgebracht wird. Dies ist eine allgemeine Hypothese und lässt nicht auf eine persönliche Verfolgung schließen. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass dem Bundesamt derartiges nicht bekannt ist. Auch den Länderfeststellungen oder allgemeinen Informationen, wie Medienberichten, ist nicht zu entnehmen, dass es in Georgien täglich zu einer derart hohen Zahl an Verletzungen oder Morden an Kindern kommen würde. Da es sich bei Georgien allerdings um einen gut recherchierten Staat handelt, welcher auch bereits Verträge mit EU-Institutionen getroffen hat, wie beispielsweise die Visa-Liberalisierung, sind diese Befürchtungen Ihrerseits als unglaubwürdig zu beurteilen. Die Beurteilung "sicherer Herkunftsstaaten" unterliegt der Österreichischen Bundesregierung und gründet auf einer Verordnung der Europäischen Union. Daher kann auch davon ausgegangen werden, dass in Georgien Zustände, wie Sie es schilderten, nicht vorkommen.

Aufgrund von unterschiedlich geschilderten Aspekten zu den Ereignissen im Herkunftsstaat vor Ihrer Ausreise und infolge von mehrfachen Widersprüchen in Ihrem Vorbringen ist ihre Fluchtgeschichte als reines Konstrukt zu werten. Für ho. Behörde wird Ihr Vorbringen Ihren Fluchtgrund betreffend als unglaubhaft eingestuft.

Es ist davon auszugehen, dass der Zweck Ihrer Ausreise - wie von Ihnen bei der Erstbefragung am 07. Juni 2017 selbst geäußert wurde - die medizinische Behandlung Ihrer Krankheiten ist. Folgt man Ihren Angaben in den Einvernahmen des Asylverfahrens, so waren Sie vorwiegend darum bemüht hervorzuheben, wie krank Sie seien und daher in Österreich gut behandelt werden könnten. Wie bereits unter dem Punkt Beweiswürdigung betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person erläutert, sind die Kontrollen, Behandlungen und die medikamentöse Unterstützung Ihrer Krankheiten in Ihrem Heimatland gewährleistet.

Weitere Fluchtgründe, die auf eine persönliche Verfolgung im Sinne der GFK, das heißt aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung schließen lassen, brachten Sie nicht vor. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass Sie Verfolgungshandlungen ausgesetzt waren bzw. solche für die Zukunft zu befürchten haben.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Feststellungen im Falle Ihrer Rückkehr erschließen sich aus Ihren Angaben in Kombination mit den Länderfeststellungen zu Georgien.

Wie in der Beweiswürdigung betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats dargelegt, sind Sie in Ihrem Heimatland keiner Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.

Dass Sie nach wie vor über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Georgien verfügen, gaben Sie selbst an. Sie erwähnten, dass zwei Schwestern, ein Bruder sowie Ihre Mutter im Heimatland wohnhaft sind. Sie arbeiteten bis zu ihrer Hochzeit als Lehrerin, danach waren Sie als Koordinatorin und Wahlbeobachterin bei der politischen Partei "Nationale Bewegung" tätig. Es ist kein Grund ersichtlich, wonach es Ihnen nicht auch zukünftig möglich sein sollte, ihren Lebensunterhalt derart zu bestreiten.

Den aktuellen Länderfeststellungen ist zudem das soziale Sicherungssystem Georgiens zu entnehmen. Es konnte somit festgestellt werden, dass Sie im Fall einer Rückkehr keine existenzielle Notlage zu befürchten haben.

Zusammenfassend steht für ho. Behörde aufgrund der aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland Georgien, Ihrer Angaben und aufgrund Ihrer vorgelegten medizinischen Unterlagen fest, dass eine medizinische Versorgung in Ihrer Heimat zweifellos gegeben ist und medizinische Einrichtungen und Behandlungsmethoden Ihrem Krankheitsbild entsprechend vorhanden sind. In Georgien ist die medizinische Versorgung auch für Hepatitis C erkrankte georgische Staatsangehörige durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Die medizinische Behandlung ist in Georgien auch für Rückkehrer sofort zugänglich - als georgischer Staatsbürger sind Sie automatisch versichert.

Aus den aktuellen Länderfeststellungen ergibt sich zudem, dass Sie als rückkehrende Person, auch wenn Sie in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben, nach Ihrer Einreise in Ihr Heimatland mit keinerlei Problemen seitens der dortigen Behörden konfrontiert werden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet, weshalb von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

I.7.3. In Bezug auf die bP3 wurde in sinngemäßer Weise argumentiert und wurde festgehalten, dass eine medizinische Versorgung in Georgien entsprechend möglich ist.

I.7.4. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.

I.7.5. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen, wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 [1] 1 BFA-VG).

Nur für den hypothetischen Fall, dass die Angaben der bP1 über die Vorfälle des Messerangriffs und der Raufhandel den Tatsachen entsprechen würden, wurde festgehalten, dass damit keine Verfolgung aufgrund politischer Gesinnung vorliegen würde. Vielmehr würden die aufgezählten Ereignisse eine private Verfolgung durch Dritte darstellen, gegen die von einer Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates auszugehen ist.

I.8. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vorläge und die Beweiswürdigung der bB unrichtig sei. Die Einvernahmen seien mit groben Mängeln behaftet, es sei zu Dolmetscherfehlern gekommen und wurde versucht, die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche zu entkräften. Es wurde aus diversen Berichten zur Lage von Anhängern von Oppositionsparteien, aus einem Bericht zur medizinischen Versorgungslage und einem Bericht zu Vergewaltigungen zitiert.

Vorgelegt wurde von den bP mit der Beschwerde:

Dienstleistungsschecks

Empfehlungsschreiben

psychotherapeutischer Befundbericht bP1 vom 10.08.2017

Bestätigungen über Deutschkurse

Bestätigung über eine Teilnahme der bP an einem Werte- und Orientierungskurs

Befund vom 10.07.2019 betreffend eine Schilddrüsenerkrankung der bP2

ärztlicher Befundbericht bP2 von Jänner 2019, Ambulanzbrief vom 14.12.2017

Arztbriefe betreffend bP3

Schulunterlagen bP3

Einstellungszusage für insgesamt 30 Wochenstunden betreffend bP3

I.9. Die Beschwerdevorlage langte am 31.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz ein.

I.10. Mit Beschlüssen des BVwG vom 20.11.2019 wurde den Beschwerden gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Unter einem wurden die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF zurückgewiesen.

I.11. Mit Mail vom 12.08.2019 wurde ein Zeugnis zur Integrationsprüfung bestehend aus einer Prüfung zur Sprachkompetenz auf dem Niveau B1 und zu Werte- und Orientierungswissen betreffend bP2 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Die bP1 und bP2 sind junge, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP3 ist durch deren Eltern gesichert. Die bP3 hat bereits in Georgien die Schule besucht und geht nunmehr in Österreich zur Schule. Sie besuchte einen Psychologen und nahm Medikamente. Aktuell ist sie in keiner Behandlung wegen der festgestellten mittelgradigen depressiven Episode ohne somatische Symptome. Sie ist Mitglied in einem Fußballverein.

Die bP2 ist ausgebildete Lehrerin und war nach ihrer Verehelichung für die Partei "Nationale Bewegung" in Georgien tätig. Die bP1 ist in XXXX geboren, aufgewachsen und hat die Schule besucht. Die dortige Wohnung, in welcher die bP vor ihrer Ausreise lebten, haben sie zur Finanzierung ihrer Ausreise verkauft.

Erstmalig reiste die bP1 2012 oder 2013 aus Georgien aus. Sie hielt sich im Anschluss für einige Zeit in Frankreich auf, von wo aus sie nach Deutschland fuhr. Nach der Abschiebung der bP1 am XXXX .2015 aus Deutschland hielt sich die bP1 bis September 2015 in Georgien auf. Während dieser Zeit wurde sie von Verwandten finanziell unterstützt. Die bP2 und bP3 reisten 2014 nach Deutschland und wurden auch deren Anträge auf internationalen Schutz dort abgewiesen. Die bP2 und bP3 reisten von Deutschland direkt nach Österreich.

Familienangehörige (Mutter und 3 Geschwister der bP2, Cousins der bP1) leben nach wie vor in Georgien und die bP haben auch Kontakt zu diesen.

Bei der bP1 liegt eine ausgeheilte Hepatitis C vor, sie muss sich lediglich Kontrolluntersuchungen unterziehen. Weiters leidet sie an Gastritis, hat Probleme mit der Prostata und leidet an mittelschweren Depressionen. Sie wurde erfolgreich im Jahr 2019 an den Nasennebenhöhlen operiert und wurde eine Nasenmuschelverkleinerung durchgeführt. Die bP1 wird medikamentös behandelt.

Die bP2 leidet an Hepatitis C, nimmt Medikamente deswegen ein und muss sich medizinischen Kontrolluntersuchungen unterziehen. Sie hat zudem Abnutzungserscheinungen an den Bandscheiben, Migräneanfälle mit Sehstörungen, Gastritis, eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (1 Medikament täglich und jährliche Kontrolle) und leidet an einer leichtgradigen depressiven Episode.

Die bP haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit dreieinhalb Jahren im Bundesgebiet auf. Die bP1 reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Die bP leben von der Grundversorgung und haben bP1 und bP2 Deutschkurse besucht.

Die bP2 dolmetscht ehrenamtlich für Asylwerber. Die bP haben einen Werte- und Orientierungskurs absolviert und gehen Tätigkeiten nach, für welche Dienstleistungschecks ausgestellt wurden. Die bP1 und bP2 sprechen alltagstauglich Deutsch, die bP3 spricht gut Deutsch. Die bP2 hat eine Prüfung für das Sprachniveau B1 absolviert. Für die bP2 liegen Einstellungszusagen vor. Die bP gehen in die Kirche und bP1 engagiert sich beim Roten Kreuz.

Die bP sind strafrechtlich in Österreich unbescholten. Die bP1 wurde in Georgien wegen Dokumentfälschung verurteilt, wurde in Deutschland wegen Diebstahls inhaftiert und in Österreich 2018 gemeinsam mit der bP2 wegen räuberischen Diebstahls angezeigt.

Die Identität der bP1 steht nicht fest, die der bP2 und bP3 steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.

Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die belangte Behörde Folgendes fest (Gliederung und Umfang der Feststellungen nicht mit dem Original übereinstimmend):

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien, Stand vom 07.06.2018

(letzte Aktualisierung erfolgte am 11.12.2018):

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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