TE Vfgh Erkenntnis 1996/2/26 B2578/95

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Veröffentlicht am 26.02.1996
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
RAO §10
WohnungseigentumsG 1975 §17

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Verstoßes gegen das Verbot der Doppelvertretung aufgrund der Vertretung einer Wohnbaugenossenschaft trotz Vertretung der Miteigentümer durch einen Kanzleikollegen als Hausverwalter der gegenständlichen Liegenschaft

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Linz. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 11. Oktober 1994 wurde er von der gegen ihn erhobenen Anschuldigung freigesprochen, er habe dadurch, daß er die Vertretung der Wohnungsfreunde Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft in einem näher bezeichneten Verfahren vor dem Bezirksgericht Linz übernommen habe, nachdem zumindest annähernd gleichzeitig, jedenfalls aber in einer damit zusammenhängenden Sache diese Gesellschaft in deren Funktion als Hausverwalter und damit mittelbar auch die Miteigentümer bereits von seinem Kanzleikollegen rechtsfreundlich vertreten wurden, gegen das Verbot der Doppelvertretung gemäß §10 RAO verstoßen und dadurch die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen.

1.2. Gegen dieses Erkenntnis wurde vom Kammeranwalt Berufung erhoben. Mit Erkenntnis der Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) vom 29. Mai 1995 wurde dieser Folge gegeben. Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, gegen das Verbot der Doppelvertretung gemäß §10 RAO dadurch verstoßen zu haben, daß er in einem näher bezeichneten Verfahren vor dem Bezirksgericht Linz gegen Miteigentümer der EZ 500 KG Urfahr die Vertretung der "Wohnungsfreunde-Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft" übernommen habe, obwohl diese Miteigentümer, vertreten durch die "Wohnungsfreunde" von seinem Kanzleipartner annähernd gleichzeitig, jedenfalls aber in einer damit zusammenhängenden Sache rechtsfreundlich vertreten wurden. Der Beschwerdeführer habe hiedurch das Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen. Hiefür wurde er zu einer Geldbuße in der Höhe von S 30.000,-- und zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens beider Instanzen verurteilt.

Die OBDK begründet ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

"Gemäß §10 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Vertretung oder auch nur die Erteilung eines Rates abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat. Unter dem Begriff 'Vertreten' im Sinne des §10 Abs1 RAO ist dabei jede anwaltliche Tätigkeit zunächst für und dann gegen den früheren Klienten zu verstehen; es kommt aber nicht darauf an, ob das Einschreiten auf Grund einer Vollmacht geschieht (AnwBl 1993, 100 <Strigl>). Als 'Vertretung' im Sinne des §10 RAO ist sowohl die Vertretung in einem Rechtsstreit, im Außerstreitverfahren (MietSlg 23040) als auch die Erteilung eines Rates anzusehen.

Ist für eine Liegenschaft, an welcher Wohnungseigentum begründet wurde, ein gemeinsamer Verwalter bestellt, so vertritt dieser die Miteigentümer. Nach der hier noch anzuwendenden Fassung des §17 Abs2 WEG vor den Änderungen durch das 3. WÄG, BGBl 1993/800 stand dem Verwalter die Verwaltung der Liegenschaft, besonders die Vertretung aller Miteigentümer und hiebei auch die Bestellung eines berufsmäßigen Parteienvertreters, in den Angelegenheiten zu, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringt. Der Verwalter benötigt hiezu keine eigene Vollmacht und Ermächtigung der Miteigentümer (MietSlg 30146/30 ua). Seine Vollmacht ist vielmehr eine nach außen unbeschränkbare Formalvollmacht. Der Verwalter ist damit direkter Stellvertreter aller Miteigentümer (Würth in Rummel, ABGB2 RZ 3 zu §17 Abs1 WEG aF). Der Verwalter tritt damit in fremdem Namen, also im Namen der Wohnungseigentümer und für fremde Rechnung auf. Er vertritt als Machthaber die Miteigentümer gegen Dritte. Gibt er sich ausreichend als Hausverwalter zu erkennen, ist er direkter Stellvertreter, auch wenn er die Namen der Miteigentümer nicht nennt (JBl 1976, 40).

Vertrat daher der Rechtsanwalt den gemäß §17 Abs1 WEG aF bevollmächtigten Hausverwalter, so vertrat er damit auch sämtliche Wohnungseigentümer. Dabei war nicht erforderlich, daß sich der Rechtsanwalt auf eine ihm von den einzelnen Wohnungseigentümern erteilte Vollmacht berief oder daß eine solche Vollmacht vorlag, da der Hausverwalter nach §17 Abs1 WEG aF als direkter Stellvertreter berechtigt war, einen berufsmäßigen Parteienvertreter zur Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu bestellen.

Rechtsanwalt Dr. G R hat sich bei der Vertretung der 'Wohnungsfreunde' gegen die Bauunternehmen ausdrücklich als deren Vertreter als Hausverwalter des Objektes 'Lentia 2000' ausgegeben und auch tatsächlich in diesem Zusammenhang für die Wohnungseigentümer gehandelt und für sie Erfolge erreicht. Er hat auch unwidersprochen das Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. F H entgegengenommen, wonach die abgegebene Verzichtserklärung auch für sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 500 KG Urfahr gilt.

Rechtsanwalt Dr. G R ist bei den Verhandlungen mit den beteiligten Bauunternehmen über die Erklärung eines Verjährungsverzichts als Bevollmächtigter der 'Wohnungsfreunde', als Bauherr und als Vertreter der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, diese vertreten durch die 'Wohnungsfreunde' als Hausverwalter, tätig geworden. Unerheblich ist hiebei, ob der Dritte, in diesem Fall also die Bauunternehmen, erkannten, daß Rechtsanwalt Dr. G R für die Wohnungseigentümer tätig geworden ist. §10 RAO bezweckt den Schutz der Partei, für welche der Rechtsanwalt tätig geworden ist; für die Beurteilung, ob eine Doppelvertretung vorliegt, ist die Erkennbarkeit nach außen belanglos.

In den Verfahren 30 Msch 11 und 16/92 des Bezirksgerichtes Linz hat dann der DB die 'Wohnungsfreunde' gegen eine Gruppe von Wohnungseigentümern der EZ 500 KG Urfahr vertreten, die die Abberufung der 'Wohnungsfreunde' als Hausverwalter zum Gegenstand hatte. In diesen Verfahren haben die Antragsteller behauptet, daß die 'Wohnungsfreunde' bei den Verhandlungen mit den Bauunternehmen zu ihrem Nachteil gehandelt und sich geweigert hätten, selbst eine entsprechende Verjährungsverzichtserklärung abzugeben. Dieses Vorbringen steht daher in engem Zusammenhang mit jenen Umständen, welche Gegenstand der Vertretung der Wohnungseigentümer durch Rechtsanwalt Dr. G R bei den Verhandlungen mit den Bauunternehmen waren.

Der DB hat also die 'Wohnungsfreunde' als Hausverwalter in den zu 30 Msch 11 und 16/92 des Bezirksgerichtes Linz anhängigen Verfahren gegen mehrere Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 500 KG Urfahr vertreten, obwohl sein Kanzleipartner Rechtsanwalt Dr. G R diese Wohnungseigentümer vorher in einer damit zusammenhängenden Sache, nämlich bei der Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen gegen die am Bau beteiligten Unternehmen vertreten hatte. Dieses Verhalten des DB ist als echte Doppelvertretung gemäß §10 Abs1 RAO, also als Frontwechsel zu qualifizieren und bildet das Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Verletzung von Ehre und Ansehen des Standes."

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher mit näherer Begründung die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

1.4. Die OBDK als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer bringt gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften keine Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit vor. Auch im Verfassungsgerichtshof sind solche aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden. Es ist daher ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

2.2. Zu den behaupteten Vollzugsfehlern:

2.2.1.1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung des Rechtes auf Freiheit der Berufsausübung gemäß Art6 StGG. Hiezu bringt er zunächst vor:

   "1.) Das angefochtene Erkenntnis ist ... der Meinung, daß

'nach der hier noch anzuwendenden Fassung des §17 Abs2 WEG vor

den Änderungen durch das 3.WÄG, BGBl 1993/800' ... der Verwalter

direkter Stellvertreter aller Miteigentümer gewesen sei und daher die Vollmacht, die dieser einem berufsmäßigen Parteienvertreter erteile, eine abgeleitete Vollmacht der Wohnungseigentümer darstelle, weshalb eine Vertretung des gemeinsamen Verwalters gegen eine widersprechende Minorität von Wohnungseigentümern als Frontwechsel zu qualifizieren und daher als Verletzung des §10 Abs1 RAO, nämlich als echte Doppelvertretung zu qualifizieren und disziplinär zu ahnden sei.

Diese Rechtsauffassung ist irrig und verletzt den Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Freiheit der Berufsausübung.

2.) Dieses reine Formalargument der belangten Behörde verstößt deshalb gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil materiell zwischen dem gemeinsamen Verwalter einer Wohnungseigentumsgemeinschaft einerseits und den organschaftlichen Vertretern juristischer Personen, insbesondere wenn ihr ausschließlicher oder überwiegender Zweck der Besitz und die Verwaltung von Liegenschaften bei gleichzeitiger Überlassung von Nutzungsrechten an ihre Mitglieder unter welchem Titel auch immer ist, andererseits, nicht unterschieden werden kann."

Weiters wird ausgeführt:

"Ein gesetzes- und verfassungskonformes Ergebnis läßt sich daher im Gesellschafts- und Gemeinschaftsrecht, besonders für die Frage, wann ein Organ oder ein von einem solchen bestellter Vertreter sich in Interessenkollision befindet oder nicht, nur dadurch erreichen, daß der Gesetzesbefehl des §26 ABGB erfüllt wird. Dessen Negierung durch die überwiegende Lehre und fast einhellige Rechtsprechung ... führt zu völlig gleichheitswidrigen Ergebnissen, wie der vorliegende Fall beweist.

...

In weiterer Folge führt dies dazu, daß der gemeinsame Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage sich überhaupt niemals eines berufsmäßigen Vertreters seines Vertrauens auf Dauer bedienen könnte, sondern von Fall zu Fall den Rechtsfreund wechseln müßte, um diesen nicht der Gefahr der Doppelvertretung auszusetzen.

Daß dies zu einer verfassungswidrigen Einschränkung der Freiheit der Berufsausübung der qualifizierten rechtsberatenden Berufe im Gebiet des Wohnungseigentumsrechtes führt, liegt auf der Hand.

...

   Ist nun der Anwalt als gemeinsamer Vertreter der

Miteigentümergemeinschaft im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit

direkt tätig, dann gelten auch für ihn die vom Obersten

Gerichtshof mehrfach herausgearbeiteten Grundsätze, daß immer

dann keine Interessenkollision bestehen kann, wenn die

Durchsetzung von Maßnahmen im gemeinschaftlichen Interesse der

Wohnungseigentümer durch den gemeinsamen Verwalter erfolgt,

selbst wenn dadurch Ansprüche gegen einzelne Mit- und

Wohnungseigentümer geltend gemacht werden müssen ... .

   ... Während nun der Immobilienverwalter als gemeinsamer

Verwalter von standesrechtlichen Einschränkungen frei ist und nur eine Interessenkollision zu vermeiden hat, die zu einer zivil- oder strafrechtlichen Haftung seinerseits führen könnte, wäre der zulässigerweise nach seinen Standesrichtlinien tätige Anwalt als gemeinsamer Verwalter nach der im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsmeinung, ständig von dem von D beschworenen Gespenst der Doppelvertretung verfolgt und könnte, sehr zum Unterschied vom Immobilienverwalter, eine Tätigkeit als gemeinsamer Verwalter überhaupt nicht ausüben.

Das weit über den Einzelfall hinauswirkende Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses wäre damit die sachlich völlig unbegründete, ungleiche Behandlung zweier Berufssparten, die berechtigterweise die gleiche Tätigkeit ausüben.

Hier liegt eine geradezu qualifizierte Gleichheitsverletzung vor, da die Ausbildung und die Berufsanforderungen der Advokatur wesentlich größer sind und mit der des Immobilientreuhänders gar nicht verglichen werden können. Letzterer hat sicher eine geringere berufliche Qualifikation als ein Anwalt, würde aber bei der Ausübung der gleichen Tätigkeit gegenüber dem qualifizierteren Rechtsanwalt begünstigt werden."

2.2.1.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag sich diesen Ausführungen nicht anzuschließen:

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

All dies liegt hier nicht vor.

Das Beschwerdevorbringen ist schon vom Ansatz her verfehlt. Der Beschwerdeführer behauptet tatsächlich lediglich, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid §10 Abs1 RAO - diese Rechtsnorm enthält Regelungen bezüglich der Doppelvertretung - unrichtig ausgelegt. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch nicht zu prüfen, ob das Gesetz richtig angewendet wurde (siehe zB VfSlg. 6877/1972, 8309/1978, 10565/1985, 11754/1988, 13606/1993). Die Beschwerdeausführungen vermögen nicht darzutun, daß der belangten Behörde bei der Gesetzesvollziehung ein in die Verfassungssphäre reichender Mangel unterlaufen wäre: Mit den vom Beschwerdeführer gemachten Ausführungen bezüglich der Unterschiedlichkeit vom Gesellschafts- und Gemeinschaftsbegriff könnte allenfalls eine einfachgesetzlich unrichtige Rechtsanwendung aufgezeigt, keinesfalls jedoch eine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten dargetan werden. Ebensowenig können Berufsanforderungen der Immobilientreuhänder einerseits und der Rechtsanwälte andererseits unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes miteinander verglichen werden (vgl. zB VfSlg. 8938/1980).

2.2.2. Der Beschwerdeführer behauptet weiters eine Verletzung in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verletzung des Günstigkeitsprinzips. Hiezu bringt er im wesentlichen vor, daß die ihm zur Last gelegte Doppelvertretung bei Anwendung der geänderten Bestimmungen des §17 WEG mit §13 c leg.cit. in keinem Fall vorliegen könnte.

Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschwerdeführer bestreitet in Wahrheit die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gewährleistet aber nicht die Gesetzmäßigkeit des Inhalts des angefochtenen Verwaltungsaktes; vielmehr wird die Zuständigkeit der Behörde und damit das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter selbst durch eine unrichtige behördliche Entscheidung allein nicht berührt (vgl. zB VfSlg. 10379/1985). Hinsichtlich einer allenfalls denkbaren Verletzung in materiellen Rechten ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß die von der OBDK vertretene Rechtsauffassung jedenfalls denkmöglich ist.

2.2.3. Der Beschwerdeführer behauptet schließlich eine Verletzung des Art6 EMRK.

Der Verfassungsgerichtshof vermag auch dieser Argumentation nicht zu folgen. Warum ein Mitglied einer Anwaltsgemeinschaft von dieser Kollisionsproblematik erst zu dem vom Beschwerdeführer angegebenen Zeitpunkt Kenntnis erlangen kann, ist dem Gerichtshof unerfindlich. Vielmehr kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, daß dem Beschwerdeführer die massive Interessenkollision bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar sein mußte.

2.2.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden. Ob aber der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB. VfSlg. 10565/1985, 12697/1991 und 13419/1993).

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2.3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B2578.1995

Dokumentnummer

JFT_10039774_95B02578_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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