TE Vwgh Beschluss 2020/7/31 Ra 2019/12/0085

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

AVG §52
BDG 1979 §14 Abs1
BDG 1979 §14 Abs2
BDG 1979 §14 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, über die Revision der A A in L, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2019, W246 2211494-1/20E, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Präsident des Oberlandesgerichtes Wien) den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist Rechtspflegerin beim Bezirksgericht M.

2        Sie leidet bereits seit mehreren Jahren an einer rezidivierenden Depression unterschiedlicher Ausprägung mit auch unter Therapie fortbestehender Symptomatik, zudem liegt bei ihr auch eine Persönlichkeitsstörung vor. Seit dem Jahr 2011 wurde die Revisionswerberin aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen mehrere Male stationär in verschiedenen Krankenhäusern sowie psychosozialen Zentren aufgenommen und zudem regelmäßig medikamentös sowie fachärztlich behandelt. Die Revisionswerberin hat in der Vergangenheit Suizidversuche unternommen. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war sie in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses X. in E. stationär aufgenommen.

3        Die Revisionswerberin ist seit dem 11. Dezember 2017 aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen durchgehend vom Dienst abwesend.

4        Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien (OLG Wien) vom 31. Oktober 2018 wurde die Revisionswerberin gemäß § 14 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

5        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Es sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6        Nach Darstellung des Verfahrensganges und der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen führte das Bundesverwaltungsgericht in der rechtlichen Beurteilung Folgendes aus (Fehler im Original):

„3.2. Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsversetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, ist alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage, über die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Fachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung der Frage der ‚dauernden Dienstunfähigkeit‘ zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, d.h. aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zugrunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (s. VwGH 12.11.2008, 2007/12/0115; 14.12.2005, 2002/12/0339, u.v.a.). Soweit die Beurteilung der Dienstunfähigkeit von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, sind gemäß § 14 Abs. 3 leg.cit. Befund und Gutachten einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der Beweiswert eines solchen, tauglichen Sachverständigengutachtens grundsätzlich nur mehr durch Vorbringen auf gleichem fachlichen Niveau oder durch ein fachlich fundiertes Gegengutachten erschüttert werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 52, Rz 65, mwN).

Die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten ist zunächst in Ansehung seines aktuellen bzw. seines zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Ergibt diese, dass der Beamte nicht mehr in der Lage ist, die konkreten dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes idS zu erfüllen, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 2 BDG 1979 in Betracht kommt (Sekundärprüfung) (vgl. VwGH 23.06.2014, 2010/12/0209; 14.10.2009, 2008/12/0212, mwN).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die frühere, mit der geltenden Rechtslage aber inhaltlich identen Bestimmung des § 14 Abs. 3 (nunmehr Abs. 2) BDG 1979 sind bei Vorhandensein einer Restarbeitsfähigkeit eines Beamten vorerst alle Tätigkeiten der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der Dienstbehörde anzuführen und dazu anzugeben, ob der Beamte auf Grund seiner festgestellten Restarbeitsfähigkeit imstande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit). Wenn sich herausstellt, dass der Beamte auf Grund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen kann, so darf die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 3 leg.cit. ausgehen. Ergibt die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existieren, so ist weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig sind und den Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze sind schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergibt, dass auf Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 3 leg.cit. nicht als dienstfähig angesehen werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dem Beamten mit einer nachvollziehbaren Begründung mitzuteilen (vgl. etwa VwGH 02.07.2007, 2006/12/0131; 09.04.2004 (richtig: 9.6.2004), 2003/12/0229; 13.03.2001, 2001/12/0138, ua.).

3.3.1. Zur Prüfung der Frage der dauernden Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin (Primärprüfung):

Die Beschwerdeführerin ist aufgrund ihrer - oben unter Pkt. II.1.3. festgestellten - psychischen Erkrankungen (u.a. rezidivierende Depression unterschiedlicher Ausprägung mit ständiger medikamentöser und fachärztlicher Behandlungsbedürftigkeit) nicht mehr dazu in der Lage, die - oben unter Pkt. II.1.2. festgestellten - Anforderungen an ihren Arbeitsplatz zu erfüllen, welcher u.a. eine hohe Konzentrationsfähigkeit sowie Ausdauer, eine hohe Eigenverantwortung, die Fähigkeiten zur Stressbewältigung sowie Flexibilität und die Verhinderung sowie Aufarbeitung von Rückständen sind, wobei eine wesentliche Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes nicht zu erwarten ist. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die von der Behörde eingeholten Gutachten und Befunde, auf die sich diese Feststellungen stützen, schlüssig und nachvollziehbar (s. Pkt. II.2.3.); die Beschwerdeführerin ist diesen Gutachten und Befunden auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene iSd oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegengetreten, sondern behauptet sie lediglich, dass keine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege und sie in der Lage sei(n werde), den Anforderungen ihres konkreten Arbeitsplatzes als Rechtspflegerin weiter nachkommen zu können (s. hierzu VwGH 17.10.2008, 2007/12/0014). Die von dem in der mündlichen Verhandlung als Sachverständigen geladenen Oberbegutachter in seinem Obergutachten vom 20.09.2018 getroffene Prognose, wonach nicht zu erwarten sei, dass in absehbarer Zeit eine Verbesserung des Zustandes der Beschwerdeführerin eintreten werde, hat sich erfüllt.

Im Ergebnis ist der belangten Behörde hinsichtlich der im vorliegenden Fall durchgeführten Primärprüfung iSd oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen den Beschwerdeausführungen nicht entgegenzutreten, wenn sie aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren medizinischen Gutachten zum Ergebnis kommt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen dauerhaft nicht mehr dazu in der Lage sein wird, die konkreten Aufgaben ihres ihr aktuell zugewiesenen Arbeitsplatzes zu erfüllen.

3.3.2. Zur Prüfung der Frage des Vorliegens eines mindestens gleichwertigen Arbeitsplatzes (Sekundärprüfung):

Die Behörde führte im Verfahren nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in nachvollziehbarer Weise aus, dass keine tauglichen Verweisungsarbeitsplätze für die Beschwerdeführerin vorhanden sind (s. Pkt. II.2.4.). Überdies ist die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen auch nicht dazu in der Lage, die Anforderungen eines vergleichbaren Arbeitsplatzes zu erfüllen oder in Zukunft erfüllen zu können.

3.4. Soweit der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht den Antrag stellte, hinsichtlich der Beschwerdeführerin ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Psychologie und Psychiatrie einzuholen, wird diesem Antrag seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht nachgekommen, weil sich aus dem vorgenommenen Ermittlungsverfahren eindeutig ergeben hat, dass eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes der Beschwerdeführerin, die ihr langfristig die Ausübung ihrer oder einer gleichwertigen Arbeitstätigkeit ermöglichen würde, in absehbarer Zeit und auch in fernerer Zukunft nicht zu erwarten ist.

Es wird hierzu seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwar nicht verkannt, dass der als Sachverständige geladene Oberbegutachter in der mündlichen Verhandlung eine Besserung des gesundheitlichen Zustandes der Beschwerdeführerin nicht gänzlich ausschloss und die Empfehlung einer aktuellen psychiatrischen Untersuchung hinsichtlich der Beschwerdeführerin abgab, um eine genaue längerfristige Prognose hinsichtlich ihres gesundheitlichen Zustandes treffen zu können (s. S. 10 f. und 13 des Verhandlungsprotokolls). Der Oberbegutachter führte jedoch auch mehrfach aus, dass sich der Zustand der Beschwerdeführerin seit der Erstellung des Obergutachtens am 20.09.2018 verschlechtert habe und sich die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Besserung ihres Gesundheitszustandes aus seiner Sicht von 50% (20.09.2018) auf ca. 10% (aktuell) reduziert habe (vgl. S. 10 bis 14 des Verhandlungsprotokolls), weshalb das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis von der oben getroffenen Annahme einer längerfristig nicht zu erwartenden Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin nicht abzugehen vermag (s. hierzu auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine von Seiten eines medizinischen Sachverständigen in den Raum gestellte bloße Möglichkeit einer kalkülsrelevanten Besserung des Gesundheitszustandes eines Beamten für sich genommen noch nicht die Verneinung der Dauerhaftigkeit einer Dienstunfähigkeit rechtfertigt - VwGH 20.05.2009, 2008/12/0173).

3.5. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.“

7        Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren sei die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen können. Die maßgebliche Rechtsprechung sei bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen sei, sei diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, „den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben, in eventu die Rechtssache zur Neuverhandlung und Neuentscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuverweisen“.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst ausgeführt, die Revisionswerberin habe in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2019 die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Psychologie und Psychiatrie zum Beweis dafür, dass sie nicht dauernd dienstunfähig sei, beantragt. Der in der Verhandlung einvernommene Oberbegutachter der BVA habe dazu angegeben, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes der Revisionswerberin nicht gänzlich ausgeschlossen sei und habe eine aktuelle psychiatrische Untersuchung der Revisionswerberin empfohlen, um eine genaue längerfristige Prognose hinsichtlich ihres gesundheitlichen Zustands treffen zu können. Dazu habe er auch angeführt, dass er als Allgemeinmediziner nur in Wahrscheinlichkeiten sprechen könne aufgrund von Erfahrungen mit gleichgelagerten Fällen. Entgegen dieser Empfehlung habe das Bundesverwaltungsgericht ein Gutachten aus dem Bereich der Psychologie und Psychiatrie nicht eingeholt. Die in der Beweiswürdigung durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Erwägungen seien somit nicht schlüssig, der gegenständliche Sachverhalt sei nicht genügend erhoben. In diesem Zusammenhang liege daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

13       Zutreffend hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach eine von Seiten des medizinischen Sachverständigen in den Raum gestellte bloße Möglichkeit einer („kalkülsrelevanten“) Besserung des Gesundheitszustandes des Beamten für sich genommen noch nicht die Verneinung der Dauerhaftigkeit einer Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Dauernd ist eine Dienstunfähigkeit nämlich (schon) dann, wenn sie für einen nicht absehbaren Zeitraum vorliegt (vgl. zB VwGH 5.9.2018, Ra 2017/12/0121; 26.2.2016, Ra 2015/12/0042). Die Annahme der dauernden Dienstunfähigkeit der Revisionswerberin auf Grundlage der ergänzenden Begutachtung durch den Obergutachter in der mündlichen Verhandlung, dass sich seit der Erstellung des Obergutachtens am 20. September 2018 der Zustand der Revisionswerberin verschlechtert habe und sich die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Besserung ihres Gesundheitszustandes aus seiner Sicht von 50 % seit dem 20. September 2018 auf aktuell 10 % reduziert habe, erweist sich jedenfalls nicht als unvertretbar. Außerdem besteht im Verfahren über einen Antrag auf Versetzung in den dauernden Ruhestand grundsätzlich kein Anspruch der Partei auf Beiziehung von Fachärzten einer bestimmten Richtung (vgl. VwGH 27.4.2017, Ra 2016/12/0071). Überdies wäre es der Revisionswerberin freigestanden, ein privates Sachverständigengutachten vorzulegen. Vor diesem Hintergrund wirft die Verfahrensrüge jedenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts auf.

14       In diesem Zusammenhang wurde in der Zulässigkeitsbegründung der Revision daher keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

15       Weiters wird zur Zulässigkeit der Revision ausgeführt, ebensowenig sei durch das Bundesverwaltungsgericht der Sachverhalt im Hinblick auf die Restarbeitsfähigkeit der Revisionswerberin sowie taugliche Verweisungsarbeitsplätze für die Revisionswerberin erhoben worden. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in den Sachverhaltsdarstellungen sowie in der Beweiswürdigung beschränkten sich lediglich darauf, dass kurz festgehalten werde, dass kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne. Eine entsprechende Sachverhaltserhebung lasse das Bundesverwaltungsgericht jedoch vermissen. In diesem Zusammenhang sei zudem in keiner Weise die Restarbeitsfähigkeit der Revisionswerberin vom Bundesverwaltungsgericht erörtert und entsprechend festgestellt worden, sodass die Feststellungen zu etwaigen Verweisungsarbeitsplätzen für die Revisionswerberin schon aus diesem Grund nicht hätten getroffen werden können. Dennoch stelle das Bundesverwaltungsgericht fest, dass solche Verweisungsarbeitsplätze für die Revisionswerberin nicht vorhanden seien. Auch diesbezüglich sei der gegenständliche Sachverhalt nicht genügend erhoben worden, es liege daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

16       Das Bundesverwaltungsgericht hat zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen, wonach im Rahmen der Sekundärprüfung grundsätzlich alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen sind und anzugeben ist, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit imstande ist, diese Tätigkeiten auszuüben. Das Verwaltungsgericht ist von der Verpflichtung zur Feststellung der Restarbeitsfähigkeit dann entbunden, wenn entweder überhaupt keine Restarbeitsfähigkeit des Beamten besteht oder dargelegt wird, dass überhaupt keine Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe frei sind bzw. dass sämtliche freien Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zumutbar sind (vgl. etwa VwGH 30.1.2017, Ro 2014/12/0010, mwN).

17       Das Bundesverwaltungsgericht hat - auf Grundlage der Angaben des Obergutachters in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2019 - ausgeführt, dass die Revisionswerberin aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen mangels „beruflicher Umstellbarkeit“ nicht dazu in der Lage ist, die Anforderungen eines vergleichbaren Arbeitsplatzes zu erfüllen oder in der Zukunft erfüllen zu können.

18       Auch in diesem Zusammenhang wurde daher eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.

19       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 31. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120085.L00

Im RIS seit

02.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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