TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/9 W260 2203097-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W260 2203097-1/15E

IM NAMENDER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH-ARGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, vom 10.07.2018, Zl. 17-1172908008/171249233, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer") reiste illegal ins Bundesgebiet ein und hat am 06.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Bei der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi an, er wäre afghanischer Staatsangehöriger, würde der Volksgruppe der Tadschiken angehören, wäre sunnitischer Moslem und würde aus der Provinz Kapisa stammen. Die Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers würden in Afghanistan leben.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer kurz zusammengefasst an, er hätte eine Beziehung zu einem Mädchen gehabt, die von ihrer Familie gegen ihren Willen mit einem anderen Mann verheiratet worden wäre. Der Beschwerdeführer hätte ihr helfen wollen, wäre aber von der Familie des Mädchens bedroht worden und es hätte mehrere Angriffe auf den Beschwerdeführer und seine Familie gegeben. Er hätte daher fliehen müssen. Bei einer Rückkehr fürchte er, dass er Opfer eines Ehrenmordes werden würde.

3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 09.04.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge "belangte Behörde") im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut an Integrationsunterlagen und Beweismittel vor. Er gab zusammengefasst an, dass er gesund wäre und bestätigte, wie in der Erstbefragung ausgeführt, seine Volksgruppenzugehörigkeit, seine Religionszugehörigkeit und seine Herkunftsprovinz. Er hätte zwölf Jahre lang die Schule besucht und seinem Vater als Händler und in der Landwirtschaft geholfen. Die Familie des Beschwerdeführers würde nach wie vor in Afghanistan leben.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer kurz zusammengefasst an, er hätte sich vor ungefähr fünf Jahren in ein Mädchen namens XXXX aus seinem Heimatdorf verliebt. XXXX Eltern wären aber gegen die Verbindung gewesen, da sie einen anderen Mann heiraten hätte sollen. XXXX hätte diesen anderen Mann aber nicht heiraten wollen und hätte daher Gift geschluckt. Sie hätte überlebt und der Beschwerdeführer hätte versucht, ihr zu helfen. Er hätte aber Probleme mit der Familie von XXXX bekommen, wäre angeschossen worden und auf sein Elternhaus wären mehrere Anschläge verübt worden. Es wäre auch gedroht worden, die Schwestern des Beschwerdeführers zu entführen. Der Beschwerdeführer wäre zunächst nach Kabul und dann nach Baghlan geflüchtet. Nach seiner Rückkehr in sein Heimatdorf, hätte es wieder einen Vorfall mit Verwandten von XXXX gegeben. Deshalb wäre der Beschwerdeführer nach Pakistan und weiter in den Iran ausgereist. Dort wäre er zwei Jahre lang geblieben. Eine Schwester des Beschwerdeführers wäre im Iran umgebracht worden und deshalb hätte er auch dort Feinde gehabt, die ihn bedroht hätte. Er wäre zur Weiterreise nach Europa gezwungen gewesen.

4. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 10.07.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe, wonach er mit einem Mädchen zusammen gewesen wäre, diese aber einen anderen heiraten hätte sollen und der Beschwerdeführer daher Probleme mit der Familie des Mädchens bekommen hätte, aufgrund vager, unplausibler und widersprüchlicher Angaben nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, welches einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erstattete namens seiner bevollmächtigten Rechtsberatung fristgerecht Beschwerde und wiederholte darin im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Er monierte, die Länderfeststellungen wären mangelhaft und zitierte Länderberichte zu Blutfehden in Afghanistan. Staatlicher Schutz wäre in solchen Konstellationen unwahrscheinlich. Der Beschwerdeführer verwies auf die angespannte Lage in seiner Herkunftsprovinz, kritisierte die mangelnden Ermittlungen der belangten Behörde in Hinblick auf das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative und verwies auf ein Gutachten von Friedericke STAHLMANN. Auch in den Großstädten Kabul Stadt, Mazar-e Sharif und Herat hätte sich die Sicherheitslage laut EASO Berichten massiv verschlechtert. Die medizinische Versorgung wäre nicht gewährleistet. Die Situation für Rückkehrer wäre prekär. Der Beschwerdeführer monierte auch, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde mangelhaft wäre und er entgegen der Annahme der belangten Behörde sein Fluchtvorbringen sehr wohl ausführlich, detailreich und emotional geschildert hätte.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative würde nicht bestehen, da er von Familienmitgliedern von XXXX , die gute Verbindungen zur Regierung aufweisen würden, nach wie vor gesucht werden würde.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 09.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am 28.01.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Abschlussbericht der Polizeiinspektion XXXX vom 24.01.2020 ein, wonach gegen den Beschwerdeführer wegen Verdacht auf Körperverletzung ermittelt wird.

Unabhängig davon wurde gegen den Beschwerdeführer am 25.12.2019 ein Betretungsverbot ausgesprochen. Eine einstweilige Verfügung für die Dauer von 6 Monaten wurde am 10.01.2019 vom BG XXXX erlassen.

8. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht am 24.01.2020 eingeholten Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass im Strafregister der Republik Österreich für den Beschwerdeführer keine Verurteilungen aufscheinen.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 31.01.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines bevollmächtigten Vertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari so zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt.

Ein Vertreter der belangten Behörde ist trotz Ankündigung nicht erschienen.

Der Beschwerdeführer legte in der Beschwerdeverhandlung medizinische Unterlagen und Integrationsunterlagen vor, die als Beilagen ./I und ./II zum Akt genommen wurden.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden folgende Unterlagen in das gegenständliche Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingebracht: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Stand: 13.11.2019; UNHCR- Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018; auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018, Seiten 21-25 und 98-109; Auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan von 06/2019 zur Versorgungslage.

Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt, hierzu innerhalb einer Frist von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

10. Mit Schreiben vom 07.02.2020 wurde die Verhandlungsschrift der belangten Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt und eine Frist von drei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt.

11. Der Beschwerdeführer gab mit Schreiben vom 20.02.2020 durch seine bevollmächtigte Vertretung ab, in welcher zusammengefasst sein Vorbringen unter Hinweis auf hg. Erkenntnisse zur Blutrache und Ehrenmord wiederholt wurde.

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

12. Laut Strafregisterauszug vom 07.04.2020 gilt der Beschwerdeführer als unbescholten.

13. Dem Erkenntnis wurde das aktuelle Informationsblatt zur Rechtmittelbelehrung beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , in der Provinz Kapisa in Afghanistan, er ist afghanischer Staatsangehöriger.

Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, ist sunnitischer Moslem, ledig und kinderlos. Seine Muttersprache ist Dari.

Der Beschwerdeführer wurde in einem Dorf in der Provinz Kapisa geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen Eltern, drei Brüdern und zwei Schwestern auf.

Er lebte bis zu seiner Ausreise nach Pakistan (und weiter in den Iran) in seinem Heimatdorf. Er hat zwölf Jahre lang die Schule besucht, seinen Eltern in der Landwirtschaft geholfen und zwei Jahre lang als Elektriker im Iran gearbeitet.

Der Beschwerdeführer ist Zivilist.

Der Beschwerdeführer ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer leidet an Rückenschmerzen. Er geht deshalb zur Physiotherapie und nimmt Schmerzmittel. Ansonsten ist der Beschwerdeführer gesund.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 06.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan nicht in ein Mädchen verliebt bzw. hatte er keine außereheliche Beziehung zu einem Mädchen, das mit einem anderen Mann verlobt bzw. verheiratet war.

Zwischen der Familie des Beschwerdeführers und der Familie dieses Mädchens besteht keine Blutfehde.

Die Vorfälle, wonach der Beschwerdeführer von Brüdern und dem Verlobten bzw. Ehemann dieses Mädchens bedroht und angeschossen wurde, sowie die geschilderten bewaffneten Angriffe auf das Haus des Beschwerdeführers, haben nicht stattgefunden. Der Beschwerdeführer wurde weder persönlich noch telefonisch bedroht. Die Familie des Beschwerdeführers wurde weder persönlich noch telefonisch bedroht.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen.

Auch sonst haben sich im gesamten Verfahren keine Hinweise für eine dem Beschwerdeführer in Afghanistan individuell drohende Verfolgung ergeben.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

1.3.1. Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Kapisa aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben im Heimatdorf in der Provinz Kapisa in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan.

Die Familie des Beschwerdeführers besitzt ein Haus sowie landwirtschaftliche Grundstücke in der Provinz Kapisa, die von den Eltern und Geschwistern des Beschwerdeführers bewirtschaftet werden. Der Beschwerdeführer unterstützt seine Familie derzeit finanziell nicht.

Die Familie des Beschwerdeführers kann ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan zumindest vorübergehend finanziell unterstützen.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Verwandten in der Stadt Mazar-e Sharif.

Er kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selbst erhalten.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.3.2. COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 09.04.2020, 08:00 Uhr, 12.969 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 273 Todesfälle und 4.512 genesene Fälle; in Afghanistan wurden zu diesem Zeitpunkt 444 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 14 Todesfälle bestätigt wurde.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Dieser Risikogruppe gehört der Beschwerdeführer nicht an.

1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und hält sich zumindest seit November 2017 durchgehend in Österreich auf.

Er ist nach seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 06.11.2017 in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf Niveau A2. Er besuchte Deutschkurse und Integrationskurse.

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach.

Er arbeitet ehrenamtlich beim Hilfswerk.

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich Freundschaften zu Österreichern knüpfen. Der Beschwerdeführer verfügt jedoch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen, wie Ehefrau oder Kinder in Österreich

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019 (LIB),

- UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (UNHCR)

- Auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan von Juni 2018, Seiten 21-25 und 98 bis 109 (EASO)

1.5.1. Allgemeine Sicherheitslage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (LIB, Kapitel 2).

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren (LIB, Kapitel 3). Die Hauptlast einer unsicheren Sicherheitslage in der jeweiligen Region trägt die Zivilbevölkerung (UNHCR, Kapitel II. B).

Für die Sicherheit in Afghanistan sind verschiedene Organisationseinheiten der afghanischen Regierungsbehörden verantwortlich. Die Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte. Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan National Police (ANP) und die Afghan Local Police (ALP). Die Afghan National Army (ANA) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen. Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Die ALP wird durch die USA finanziert und schützt die Bevölkerung in Dörfern und ländlichen Gebieten vor Angriffen durch Aufständische (LIB, Kapitel 5).

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv, welche eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität in Afghanistan darstellen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und Angriffen auf staatliche Einrichtungen und gegen Gläubige und Kultstätten bzw. religiöse Minderheiten aus (LIB, Kapitel 3).

1.5.2. Allgemeine Wirtschaftslage

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (LIB, Kapitel 21).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB, Kapitel 21).

In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Immer mehr Menschen greifen auf negative Bewältigungsmechanismen wie Kleinkriminalität, Kinderehen, Kinderarbeit und Betteln zurück, von denen insbesondere Binnenvertriebene betroffen sind. Der Zugang zu einer produktiven oder entgeltlichen Beschäftigung ist begrenzt, 80% der Beschäftigung gelten als anfällig und unsicher in Form von Selbst- oder Eigenbeschäftigung, Tagarbeit oder unbezahlter Arbeit. Der saisonale Effekt ist erheblich. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühlings- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20%), während sie im Winter 32,5% erreichen kann (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

In Afghanistan gibt es neben der Zentralbank auch mehrere kommerzielle Banken. Es ist mittlerweile auch relativ einfach, in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Geld kann auch über das Hawala System (Form des Geldtausches) transferiert werden. Dieses Systemfunktioniert schnell, zuverlässig und günstig. Spezielle Dokumente sind nicht notwendig und der Geldtransfer ist weltweit möglich und wird von verschiedenen Bevölkerungsschichten verwendet (LIB, Kapitel 21).

Im Zeitraum von 2016 bis 2017 waren 44,6% der afghanischen Bevölkerung sehr stark bis mäßig von Lebensmittelunsicherheit betroffen. In allen Wohnbevölkerungsgruppen war seit 2011 ein Anstieg festzustellen, wobei der höchste Anstieg in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen war (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung gehört zu den höchsten der Welt. Kabul war das Zentrum des Wachstums, und der Rest der städtischen Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich auf vier andere Stadtregionen: Herat, Mazar-e Sharif, Kandahar und Jalalabad. Die große Mehrheit (72%, basierend auf ALCS-Zahlen für 2016-2017) der afghanischen Stadtbevölkerung lebt in Slums oder in ungenügenden Wohnungen. 86% der städtischen Häuser in Afghanistan können (gemäß der Definition von UN-Habitat) als Slums eingestuft werden. Der Zugang zu angemessenem Wohnraum stellt für die Mehrheit der Afghanen in den Städten eine große Herausforderung dar (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

In den Städten besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Darüber hinaus bietet die Städte die Möglichkeit von "Teehäusern", die mit 30 Afghani (das sind ca. ? 0,35) bis 100 Afghani (das sind ca. ? 1,20) pro Nacht relativ günstig sind. "Teehäuser" werden von Reisenden, Tagesarbeitern, Straßenhändlern, jungen Menschen, alleinstehenden Männern und anderen Personen, die in der Gegend keine ständige Unterkunft haben, als vorübergehende Unterkunft genutzt (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V). Man muss niemanden kennen, um eingelassen zu werden (EASO Bericht Afghanistan Netzwerke, Kapital 4.2.).

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser sowie angemessenen sanitären Einrichtungen hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem, und die sanitären Einrichtungen sind weiterhin schlecht (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

1.5.3. Medizinische Versorgung

Das afghanische Gesundheitsministerium gab an, dass 60 % der Menschen im April 2018 Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten, wobei der Zugang als eine Stunde Fußweg zur nächsten Klinik definiert wurde. Trotz der Tatsache, dass die Gesundheitsversorgung laut afghanischer Verfassung kostenlos sein sollte, müssen die Menschen in vielen öffentlichen Einrichtungen für Medikamente, Arzthonorare, Labortests und stationäre Versorgung bezahlen. Hohe Behandlungskosten sind der Hauptgrund, weswegen die Behandlung vermieden wird (EASO, Kapitel Common Analysis: Afghanistan, V).

90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre, als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen (LIB, Kapitel 22).

Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar (LIB, Kapitel 22.1).

1.5.4. Ethnische Minderheiten

In Afghanistan sind ca. 40 - 42% Paschtunen, rund 27 - 30% Tadschiken, ca. 9 - 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt. Soziale Gruppen werden in Afghanistan nicht ausgeschlossen und kein Gesetz verhindert die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben. Es kommt jedoch im Alltag zu Diskriminierungen und Ausgrenzungen ethnischer Gruppen und Religionen sowie zu Spannungen, Konflikten und Tötungen zwischen unterschiedlichen Gruppen (LIB, Kapitel 17).

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan, sie macht etwa 27-30% der afghanischen Gesellschaft aus und hat deutlichen politischen Einfluss im Land. In der Hauptstadt Kabul ist sie knapp in der Mehrheit. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien vertreten, sie sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert. Tadschiken sind allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt (LIB, Kapitel 17.2).

1.5.5. Religionen

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon 80 - 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB Kapitel 16).

1.5.6. Allgemeine Menschenrechtslage

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern sowie Einflussnahme örtlicher Machteliten nur schwer durchzusetzen. Die afghanische Regierung ist nicht in der Lage, die durch die afghanische Verfassung und einschlägige völkerrechtliche Verträge garantierten Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen und zu gewährleisten (LIB, Kapitel 11).

Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung finden nach wie vor in allen Teilen des Landes und unabhängig davon statt, wer die betroffenen Gebiete tatsächlich kontrolliert (UNHCR, Kapitel II. C. 1).

Die Fähigkeit der Regierung, Menschenrechte zu schützen, wird durch die Unsicherheit und zahlreiche Angriffe durch regierungsfeindliche Kräfte untergraben. Insbesondere ländliche und instabile Gebiete leiden unter einem allgemein schwachen förmlichen Justizsystem, das unfähig ist, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden (UNHCR, Kapitel II. C. 2).

1.5.7. Bewegungsfreiheit und Meldewesen

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen (LIB, Kapitel 19).

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, keine Datenbanken mit Adress- oder Telefonnummerneinträgen und auch keine Melde- oder Registrierungspflicht. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (LIB, Kapitel 19.1).

1.5.8. Regierungsfeindliche Gruppierungen

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (LIB, Kapitel 2).

Taliban:

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt. In einigen nördlichen Gebieten bestehen die Taliban bereits überwiegend aus Nicht-Paschtunen, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LIB, Kapitel 2).

Die Gesamtstärke der Taliban betrug im Jahr 2017 über 200.000 Personen, darunter ca. 150.000 Kämpfer, davon rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten und der Rest ist Teil der lokalen Milizen. Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan (LIB, Kapitel 2).

Zwischen 01.12.2018 und 31.05.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zum Ziel - die Taliban beschränken ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte (LIB, Kapitel 2).

Haqani-Netzwerk:

Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida. Als gefährlichster Arm der Taliban, hat das Haqqani-Netzwerk seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt und ist für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich (LIB, Kapitel 2).

Islamischer Staat (IS/DaesH) - Islamischer Staat Khorasan Provinz:

Die Stärke des ISKP variiert zwischen 1.500 und 3.000, bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern bzw. ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Der IS ist seit Sommer 2014 in Afghanistan aktiv. Durch Partnerschaften mit militanten Gruppen konnte der IS seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan stärken. Er ist vor allem im Osten des Landes in der Provinz Nangarhar präsent (LIB, Kapitel 2).

Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele, verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit. Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt, nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab. Die Taliban und der IS sind verfeindet. Während die Taliban ihre Angriffe überwiegend auf Regierungszeile bzw. Sicherheitskräfte beschränken, zielt der IS darauf ab konfessionelle Gewalt zu fördern und Schiiten anzugreifen (LIB, Kapitel 2).

Al-Qaida:

Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht die Präsenz auszubauen (LIB, Kapitel 2).

1.5.9. Provinzen und Städte

1.5.9.1. Herkunftsprovinz Kapisa:

Kapisa liegt im zentralen Osten Afghanistans. Die wichtigsten ethnischen Gruppen in Kapisa sind Tadschiken, Paschtunen und Nuristani, wobei die Tadschiken als größte Einzelgruppe hauptsächlich im nördlichen Teil der Provinz leben. Die Provinz hat 479.875 Einwohner (LIB, Kapitel 3.16).

Kapisa zählt zu den relativ volatilen Provinzen. Die Taliban sind in entlegeneren Distrikten der Provinz aktiv und versuchen oft, terroristische Aktivitäten gegen die Regierung oder Sicherheitskräfte durchzuführen. Die Regierungstruppen führen, teils mit Unterstützung der USA, regelmäßig Operationen in Kapisa durch. Es werden auch Luftangriffe ausgeführt. Immer wieder kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. Im Jahr 2018 gab es 139 zivile Opfer (39 Tote und 100 Verletzte) in Kapisa. Dies entspricht einer Zunahme von 38% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Kämpfe am Boden, gefolgt von Luftangriffen und improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge) (LIB, Kapitel 3.16).

In der Provinz Kapisa kommt es zu willkürlicher Gewalt, jedoch nicht auf hohem Niveau. Dementsprechend ist ein höheres Maß an Einzelelementen erforderlich, um wesentliche Gründe für die Annahme aufzuzeigen, dass ein in dieses Gebiet zurückgekehrter Zivilist einem realen ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen (EASO, Kapitel Guidance note: Afghanistan, III.3).

1.5.9.2. Mazar-e Sharif

Mazar-e Sharif ist die Provinzhauptstadt von Balkh, einer ethnisch vielfältigen Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird. Sie hat 469.247 Einwohner und steht unter Kontrolle der afghanischen Regierung (LIB, Kapitel 3.5).

Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Mazar-e Sharif so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht, von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, III).

Mazar-e Sharif ist über die Autobahn sowie über einen Flughafen (mit nationalen und internationalen Anbindungen) legal zu erreichen (LIB, Kapitel 21). Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz, ein regionales Handelszentrum sowie ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen (LIB, Kapitel 21). Mazar-e Sharif gilt im Vergleich zu Herat oder Kabul als wirtschaftlich relativ stabiler. Die größte Gruppe von Arbeitern in der Stadt Mazar-e Sharif sind im Dienstleistungsbereich und als Verkäufer tätig (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die Unterkunftssituation stellt sich in Mazar-e Sharif, wie in den anderen Städten Afghanistans auch, für Rückkehrer und Binnenflüchtlinge als schwierig dar. Viele Menschen der städtischen Population lebt in Slums oder nichtadäquaten Unterkünften. In Mazar-e Sharif besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum, wie beispielsweise in Teehäusern, zu mieten. (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die meisten Menschen in Mazar-e Sharif haben Zugang zu erschlossener Wasserversorgung (76%), welche in der Regel in Rohrleitungen oder aus Brunnen erfolgt. 92% der Haushalte haben Zugang zu besseren Sanitäreinrichtungen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

In der Stadt Mazar-e Sharif gibt es 10 - 15 - teils öffentliche, teils private - Krankenhäuser. In Mazar-e Sharif existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer, jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken die zu 80% öffentlich finanziert sind (LIB, Kapitel 22).

1.5.10. Situation für Rückkehrer

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 kehrten insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurück. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (LIB, Kapitel 23).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z.B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (LIB, Kapitel 23).

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch (LIB, Kapitel 23).

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (LIB, Kapitel 23).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (LIB, Kapitel 23).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (LIB, Kapitel 23).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB, Kapitel 23).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt und durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf, seinem Aufwachsen sowie seiner familiären Situation in Afghanistan, seiner Schulbildung und seiner Berufserfahrung in der Landwirtschaft in Afghanistan sowie als Elektriker im Iran gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellung zur Sozialisierung des Beschwerdeführers nach den afghanischen Gepflogenheiten, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, dort zur Schule gegangen ist und seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen hat.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand, nämlich dass der Beschwerdeführer an Rückenschmerzen leidet, zur Physiotherapie geht und Schmerzmittel nimmt, ansonsten aber gesund ist, gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (vgl. S 4 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 31.01.2020) und auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen, die als Beilage ./I zum Akt genommen wurden.

Beweiswürdigend hervorzuheben ist hier, dass den vorgelegten Befunden (Radiologiebefunde vom 19.01.2018, 04.10.2018 und 28.01.2020) übereinstimmend zu entnehmen ist, dass "kein fassbarer pathologischer Befund" und "keine wesentlichen degenerativen Veränderungen erkennbar" sind; eine Abklärung hinsichtlich psychischer Probleme wurde vom Beschwerdeführer abgelehnt. Eine weitergehende beweiswürdigende Auseinandersetzung zu diesem Leiden des Beschwerdeführers konnte somit aus Sicht des erkennenden Richters unterbleiben, liegt hier kein Leiden von Krankheitswert vor, welches den Beschwerdeführer auch in seiner beruflichen Ausübung hindern könnte, und bislang auch nicht in seinen bisherigen Tätigkeiten in der Landwirtschaft oder als Elektriker gehindert hat.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 145/2017, (in der Folge: AsylG 2005) liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Das Asylverfahren bietet, wie der VwGH erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Mit der Glaubhaftmachung ist demnach die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.

Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss - unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten - genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

2.2.2. Der Beschwerdeführer gab als Fluchtgrund an, dass er sich vor ungefähr fünf Jahren in ein Mädchen namens XXXX aus seinem Heimatdorf verliebt hätte.

XXXX Eltern wären aber gegen die Verbindung gewesen, da sie einen anderen Mann heiraten hätte sollen. XXXX hätte diesen anderen Mann nicht heiraten wollen und hätte daher Gift geschluckt. Sie wäre aber ins Spital gebracht und gerettet worden. Sie hätte den Beschwerdeführer kontaktiert und um Hilfe gebeten. Er hätte sie abgeholt und zum Frauenschutzpräsidium gebracht. Von dort wäre sie aber von ihrer Familie wieder weggeholt worden. Ein paar Tage später wäre der Beschwerdeführer mit dem Motorrad unterwegs gewesen, als ihm zwei Brüder von XXXX begegnet wären, auf den Beschwerdeführer geschossen hätten und ihn an der linken Hand getroffen hätten. Die Brüder hätten geglaubt, dass der Beschwerdeführer tot wäre. Dem Beschwerdeführer wäre es aber gelungen in ein Spital zu kommen, wo die Kugel entfernt worden wäre. Ein paar Tage später hätte es einen bewaffneten Angriff auf das Haus der Familie des Beschwerdeführers gegeben. Nachdem einige Dorfbewohner zur Hilfe geeilt wären, wären die Angreifer geflüchtet. Wieder ein paar Tage später hätte es einen weiteren Angriff auf das Haus gegeben. Danach wäre gedroht worden, die Schwestern des Beschwerdeführers zu entführen. Deshalb würden die Schwestern seither nicht mehr in die Schule gehen dürfen. Der Beschwerdeführer wäre von seinem Vater weggeschickt worden und hätte fünf Monate lang in Baghlan bei einem Verwandten gelebt. Da er dort von Bewohnern aus seinem Dorf erkannt worden wäre, wäre er weiter nach Kabul gereist, wo er sich zwei Monate lang aufgehalten hätte. Dann wäre er wieder zwei Monate in seinem Heimatdorf gewesen. In dieser Zeit wäre er mit dem Motorrad unterwegs gewesen und wäre von XXXX Bruder und Verlobten mit einem Geländewagen verfolgt und beschossen worden. In weiterer Folge wäre die Hochzeit zwischen XXXX und ihrem Verlobten geplatzt und der Bruder von XXXX hätte ihren Schwiegervater erschossen. Da der Beschwerdeführer diesen Streit zwischen den Familien verursacht hätte, hätte er Afghanistan verlassen müssen. Er wäre daher nach Pakistan und weiter in den Iran ausgereist. Dort wäre er zwei Jahre lang geblieben. Eine Schwester des Beschwerdeführers wäre im Iran umgebracht worden und deshalb hätte er auch dort Feinde gehabt, die ihn bedroht hätte. Er wäre zur Weiterreise nach Europa gezwungen gewesen.

Die belangte Behörde wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine asylrelevante Verfolgungsgefahr als vage, unplausibel und widersprüchlich. Im Laufe des Rechtsmittelverfahrens verstärkte sich der Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers auch vor dem erkennenden Richter, da er auch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht in der Lage war, eine derzeitige, ihn selbst betreffende asylrelevante Verfolgungsgefahr in seinem Herkunftsstaat aufzuzeigen.

Dem Beschwerdeführer ist es zunächst zugute zu halten, dass er das Fluchtvorbringen sowohl in der Erstbefragung, in der Einvernahme bei der belangten Behörde als auch in der Beschwerdeverhandlung am 31.01.2020 im Wesentlichen gleichbleibend geschildert hat. Das Vorbringen enthält aber dennoch einige Ungereimtheiten und ist in einigen Punkten sehr unrealistisch. In Summe kommt daher auch das Bundesverwaltungsgericht aus nachfolgenden Überlegungen zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keine asylrelevante Verfolgung erlebt hat oder in Zukunft zu befürchten hat:

2.2.2.1. Die belangte Behörde hat in ihrer Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen in der Erstbefragung und in der Einvernahme im Wesentlichen gleichbleibend geschildert hat. Sie bemängelte aber diverse Widersprüche zwischen seinem Vorbringen und dem Inhalt des von ihm vorgelegten Beweismittels (vgl. AS 254ff). Dabei handelt es sich um einen Schriftsatz aus dem Jahr "1393" (umgerechnet: 2014), der in etwa das vor der belangten Behörde geäußerte Vorbringen des Beschwerdeführers enthält und bestätigende Unterschriften und Stempel mehrerer behördlicher Organwalter (z.B Dorfvorsteher aus dem Heimatdorf des Beschwerdeführers) trägt (vgl. AS 101, Übersetzung AS 137).

Der belangten Behörde ist aus beweiswürdigender Sicht zu folgen, wenn sie ausführt, dass dieser Schriftsatz eine subjektive Beschreibung der Ereignisse darstellt und beinhaltet zahlreiche Angaben über Emotionen des Beschwerdeführers und seine innere Motivation, die auch aus Sicht des erkennenden Gerichtes außerhalb der Amtskenntnis der bestätigenden Behörden liegen müssen und deshalb von den unterzeichneten Behörden nicht glaubhaft bestätigt werden können. Dass die afghanischen Behörden beispielsweise die beiderseitige Liebe zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX bestätigen, zeigt, dass es sich beim vorgelegten Beweismittel lediglich um ein Gefälligkeitsschreiben handelt, dem die Beweiskraft fehlt und auch die Echtheit im Ergebnis nicht vorliegen kann.

Weiters gilt es hierzu auszuführen, dass es hinsichtlich der inhaltlichen Diskrepanzen zwischen dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem Inhalt dieses Beweismittels zwar dem Beschwerdeführer und seinen Ausführungen in der Beschwerde in einigen Punkten Recht zu geben ist:

Ob der Beschwerdeführer seine Freundin XXXX "um 12 Uhr in der Nacht" oder um "23Uhr nächtens" abgeholt hat, ist tatsächlich nicht sonderlich relevant bzw. sind derartige zeitliche Wiedersprüche so lange Zeit nach einem Vorfall außer Acht zu lassen. Der vermeintliche Widerspruch, ob der Beschwerdeführer von XXXX Bruder am rechten Arm oder an der linken Hand angeschossen wurde, konnte in der Beschwerdeverhandlung durch den Dolmetscher aufgeklärt werden. Der Beschwerdeführer gab immer gleichbleibend an, dass er an der linken Hand angeschossen wurde und auch im vorgelegten Schriftsatz steht - entgegen der schriftlichen Übersetzung auf Aktenseite 137 - dass es sich um den linken Arm handelt (vgl. S 17 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 31.01.2020).

Dass der vom Beschwerdeführer geschilderte Selbstmordversuch von XXXX im genannten Schriftstück nicht erwähnt ist, obwohl der Beschwerdeführer diesen Umstand in seinen Erzählungen immer wieder hervorgehoben hat, ist allerdings - in Übereinstimmung mit der belangten Behörde - dem Beschwerdeführer zur Last zu legen.

Besonders hervorzuheben ist, dass der genannte Schriftsatz als Datum das Jahr "1393", also in unserer Zeitrechnung 2014, aufweist. Im Schreiben wird aber auch erwähnt, dass der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen hat, zwei Jahre im Iran gelebt hat und danach Richtung Europa aufgebrochen ist und schließlich in Österreich angekommen ist und sich hier niedergelassen hat (vgl. Übersetzung AS 137f).

Das Schreiben aus dem Jahr 2014 bestätigt daher Umstände, die sich zeitlich nach 2014 abgespielt haben. Der Beschwerdeführer ist erst im November 2017 nach Österreich gekommen.

Dieser Widerspruch bzw. "Fehler" ist auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes schwerwiegend und zeigt, dass dem vorgelegten Schreiben kein Glauben geschenkt werden kann bzw. dieses - wie bereits ausgeführt - als reines Gefälligkeitsschreiben zu werten ist. Die Erklärung in der Beschwerde, dass das Schreiben zwar tatsächlich einen Stempel mit Datum aus dem Jahr 1393 aufweist, dies jedoch keinen Hinweis darauf liefern würde, wann die Urkunde ausgestellt worden wäre (vgl. AS 599), überzeugt nicht.

2.2.2.2. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers sind weiters einige Ungereimtheiten und unrealistische Darstellungen zu entnehmen, die der Beschwerdeführer auch in der Beschwerdeverhandlung nicht aufklären konnte:

Der Beschwerdeführer schilderte zwei Vorfälle, bei denen es auf offener Straße zu einer Konfrontation zwischen ihm und dem Bruder und dem Verlobten von XXXX gekommen wäre.

Beim ersten Vorfall wäre er angeschossen worden.

Beim zweiten Vorfall wären sie zu dritt auf dem Motorrad unterwegs gewesen, als sie ein Regierungsauto bemerkt hätten. Ein paar Leute mit verschleierten Gesichtern wären davorgestanden. Der Beschwerdeführer hätte den Bruder und den Verlobten von XXXX an den Augen erkannt. Der Beschwerdeführer hätte umgedreht, die Verfolger wären aber mit einem Geländewagen hinterhergekommen und hätten geschossen. Sie hätten aber die zwei anderen Personen auf dem Motorrad nicht treffen wollen, sondern den Beschwerdeführer nur zum Anhalten zwingen wollen. Der Beschwerdeführer hätte dann die zwei anderen Personen absteigen lassen und wäre allein weitergefahren. Er hätte eine weitere Runde gedreht und wäre dann nach Hause gefahren (vgl. S 16 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 31.01.2020).

Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, dass er mit seinem Motorrad ungefähr drei Meter von den Angreifern neben dem Geländewagen entfernt gewesen wäre. Der erkennende Richter forderte den Beschwerdeführer auf zu erklären, wie sie in Anbetracht des knappen Abstandes überhaupt die Zeit gehabt hätten, sich zu Dritt auf das Motorrad zu setzen und zu flüchten.

Der Beschwerdeführer schilderte, als sie auf das Auto zugekommen wären, hätte es ein Eck gegeben. Als er die Leute gesehen und plötzlich den Bruder von XXXX erkannt hätte, wäre er so schnell wie möglich weitergefahren. Es hätte eine Kurve gegeben und hinter der Kurve wäre dieser Geländewagen gestanden. Als er zur Kurve gekommen wäre, hätte er sie erkannt und umgedreht. Nachgefragt, wieso der Geländewagen es nicht geschafft habe, den Beschwerdeführer einzuholen, obwohl drei Leute auf dem Motorrad gesessen seien, sagte der Beschwerdeführer nur, er hätte schon ein paar Mal gesagt, dass er einen Schleichweg genommen hätte (vgl. S 17f der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 31.01.2020).

Die geschilderte Situation ist sehr unrealistisch und es ist aus beweiswürdigender Sicht nachvollziehbar, dass Mitglieder der Nationalarmee in einem Geländewagen nicht in der Lage gewesen wären, den Beschwerdeführer auf seinem Motorrad einzuholen.

Der Beschwerdeführer gab zu diesem Vorfall befragt auch an, dass er glaube, die Leute, die ihnen nachgefahren wären, hätten ihn auch erkannt. Sein Gesicht wäre unverhüllt gewesen.

Auf Vorhalt, er habe vor der Behörde angegeben, dass er oft nur mit verhülltem Gesicht das Haus verlassen hätte und warum er an diesem Tag keinen Gesichtsschutz getragen hätte, sagte der Beschwerdeführer, er wäre mit seinem Motorrad unterwegs gewesen und hätte nur eine Brille oben gehabt (vgl. S 18 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 31.01.2020). Diese Aussage überzeugt ebenfalls nicht und wäre das Verhalten in Anbetracht der vom Beschwerdeführer geschilderten Situation (bereits erfolgtes Schussattentat, mehrmaliger Angriff auf das Haus seiner Familie) sehr fahrlässig. Hätte er tatsächlich Angst vor der Familie seiner Freundin gehabt, wäre er nicht unmaskiert bei Tageslicht auf seinem Motorrad unterwegs gewesen weshalb auch dieses Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist.

2.2.2.3. Hervorzuheben ist weiters, dass es laut Angaben des Beschwerdeführers ungefähr vier Angriffe auf sein Elternhaus seitens der Familie von XXXX gegeben hätte, ein Schussattentat auf den Beschwerdeführer sowie das soeben geschilderten Zusammentreffen mit dem Bruder und Verlobten von XXXX bzw. die Verfolgungsjagd auf dem Motorrad.

Dennoch wären die Familienmitglieder von XXXX nicht in der Lage den Beschwerdeführer gewe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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