Entscheidungsdatum
25.02.2020Index
66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
ASVG §33 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Schreiner-Hasberger über die Beschwerde der Frau A. B., vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 22.01.2019, Zahl: MBA ..., wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5.2.2020 durch Verkündung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von insg. 584 Euro (das sind 20 % der jeweils verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 22.1.2019 wurde Frau A. B. zur Last gelegt, sie habe es als Dienstgeberin in Wien, C., das sei der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, unterlassen, die von ihr am 13.4.2018 um 10:28 Uhr in Wien, C. beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten Personen, nämlich
1) D. E., geb. am ...1962,
2) F. G., geb. am ...1972,
3) H. I., geb. am ...1984,
4) J. K., geb. ...1984,
vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und damit § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) übertreten.
Gemäß § 111 Abs. 2 erster Strafsatz ASVG wurden über die Beschwerdeführerin vier Geldstrafen von je 730 Euro verhängt, für den Fall der Uneinbringlichkeit vier Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen festgesetzt und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens vorgeschrieben.
In der dagegen frist- und formgerecht erhobenen Beschwerde bestreitet die Beschwerdeführerin das Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Sie sei Eigentümerin der Liegenschaft in Wien, L.-gasse, C.. Die angetroffenen Arbeiter seien von der Firma M. GmbH, welche von ihr zur Errichtung eines Rohbaues beauftragt worden sei, beschäftigt worden. Die „Fa. M.“ habe ihr Anmeldungen zur Sozialversicherung betreffend Arbeiter namens N., O. und P. vorgelegt. Sie selbst kenne die angetroffenen Arbeiter bis auf H. I., welcher ein Verwandter sei, nicht. Der Keller des Hauses sei von der Firma Q. GmbH errichtet worden. Ing. R. S. sei hinsichtlich der Qualitätskontrolle und Qualitätsprüfung beauftragt worden. Die Beschwerdeführerin sei niemals Dienstgeberin der Arbeiter gewesen.
In ihrer Stellungnahme vom 18.3.2019 verwies die Abgabenbehörde als Amtspartei darauf, dass anlässlich der an der Adresse Wien, L.-gasse, C., am 13.4.2018 durchgeführten Kontrolle eben jene im Straferkenntnis näher bezeichneten Arbeiter angetroffen wurden, die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte, T. U., zur Kontrolle dazu kamen und von keinem der Beiden ein Verweis auf einen an die Fa. M. GmbH erteilten Auftrag erfolgte. Erst im Zuge einer am 20.4.2018 bei der Amtspartei erfolgten, niederschriftlich festgehaltenen Einvernahme sei diese Firma (erstmals) erwähnt worden. Die vorgelegten Anmeldungen hätten sich im ELDA System überdies nicht gefunden. Das Straferkenntnis sei zu bestätigen.
2. In der Beschwerdesache führte das Verwaltungsgericht Wien am 11.12.2019, fortgesetzt am 5.2.2020, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, der die Beschwerdeführerin fern blieb, ihre rechtsfreundliche Vertretung sowie der Vertreter der Amtspartei ladungsgemäß erschienen. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung fern.
Herr Ing. V., Organ der Amtspartei, wurde zeugenschaftlich zum Ablauf der Kontrolle am 13.4.2018 einvernommen und sagte zusammengefasst aus, es habe weder seitens der Beschwerdeführerin, noch deren Lebensgefährte trotz Befragens einen Hinweis auf die Fa. M. GmbH als Dienstgeberin der angetroffenen Arbeiter gegeben. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin angegeben, die Arbeiter seien von DI S. geschickt worden, was dieser aber während eines Telefonates verneint habe. Erst im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme am 20.4.2018 habe die Beschwerdeführerin ein Auftragsschreiben an die M. GmbH vorgelegt. Drei der Arbeiter, nämlich E., G. und K. hätten erklärt, sie seien vom Arbeiterstrich (…) geholt worden, I. habe angegeben, er sei ein Verwandter der Beschwerdeführerin. W. X. sei im Zuge der Kontrolle zur Liegenschaft gekommen, dieser habe auf Befragen angegeben, Material zur Baustelle zu bringen und ebenfalls nicht zu wissen, woher die Arbeiter stammten.
Y. Z., ehemaliger Geschäftsführer der Fa. M. GmbH wurde zeugenschaftlich einvernommen, auf Vorhalt des aktenkundigen Auftragsschreibens gab er an, die sich darauf befindliche Unterschrift stamme nicht von ihm, er kenne weder die Beschwerdeführerin, noch ihren Lebensgefährten, er habe niemals Arbeiter auf die Liegenschaft geschickt, der Umfang seiner Gewerbeberechtigungen habe dies nicht abgedeckt. Es seien ihm seitens der Wr. GKK Anmeldungen von zahlreichen angeblichen Beschäftigten seiner ehemaligen Fa. vorgehalten worden, die niemals bei ihm beschäftigt gewesen wären, er habe dies auch zur Anzeige gebracht.
DI R. S. wurde zeugenschaftlich einvernommen und sagte zusammengefasst aus, er habe die Bauaufsicht betreffend die Errichtung des Einfamilienhauses auf der Bezug habenden Liegenschaft übernommen, dafür zweimal 500 Euro erhalten, wer die Arbeiter beschäftigt habe, sei ihm nicht bekannt, auf der Liegenschaft seien jede Menge Arbeiter gewesen, er habe der Beschwerdeführerin lediglich gesagt, sie müsse sich Firmen besorgen, sie werde nämlich Rechnungen brauchen. Der Name M. GmbH sei ihm unbekannt.
T. U., der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin wurde zeugenschaftlich unter Hinweis auf sein Entschlagungsrecht einvernommen und gab zusammengefasst an, Frau B. und er hätten gemeinsam den Entschluss gefasst, auf der Liegenschaft ein Einfamilienhaus zu bauen, er kenne niemanden von der Fa. M. GmbH, allerdings sei jemand von dieser Fa., glaublich „ein Türke“ diesen Sommer zu ihnen auf die Liegenschaft gekommen, offensichtlich habe er Nachforschungen betrieben wegen Beitragszahlungen der Gebietskrankenkasse. Er kenne nur Herrn X., dieser habe seiner Lebensgefährtin und ihm den Vertrag der Fa. M. GmbH gegeben, ausschließlich Herr X. sei für die Abwicklung des Bauvorhabens zuständig gewesen, er wisse nicht, woher die angetroffenen Arbeiter gestammt hätten. An vieles könne er sich gar nicht mehr erinnern, es sei lange her.
Vorgelegt wurden eine Rechnung betreffend „Vereinbarung für Rohbau, C.“ mit Datum 12.04.2018.
3. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
3.1. Sachverhaltsfeststellungen:
Am 13.4.2018 wurden Im Zuge einer Kontrolle durch die Amtspartei an der Adresse Wien, C. die Ausländer 1) D. E., mazedonischer Staatsbürger, 2) F. G., mazedonischer Staatsbürger, 3) H. I., serbischer Staatsbürger und 4) J. K., mazedonischer Staatsbürger, bei der Durchführung von 1, 2 und 4 Maurerarbeiten und 3) Bauhilfsarbeiten angetroffen. Keiner der bezeichneten Arbeiter war zur Sozialversicherung angemeldet. Die Arbeiten dienten der Errichtung eines Wohnhauses (Rohbau ohne Dach) und waren von der Beschwerdeführerin, Frau A. B., welche Eigentümerin der oben genannten Parzelle ist, beauftragt worden. Das Bauvorhaben gründete auf einem gemeinsamen Entschluss der Beschwerdeführerin und ihrem Lebensgefährten, T. U..
E., G. und K. waren für die Verrichtung der Tätigkeiten zu diesem Zweck vom sog. Arbeiterstrich „rekrutiert“ worden und erhielten diese 8 Euro pro Stunde, I. war ebenfalls von der Beschwerdeführerin zur Durchführung der Arbeiten beauftragt worden, wobei dieser zwischen 20 und 30 Euro sowie Zigaretten und Essen erhielt. Das Baumaterial wurde auf eine der Beschwerdeführerin zurückzuführende Beauftragung über Organisation durch U. von W. X. auf die Baustelle verbracht. Bei der Ausführung der Bauarbeiten, insbesondere der Rekrutierung der Arbeitnehmer und der Beischaffung des Materials unterstützte U. seine Lebensgefährtin in organisatorischer Hinsicht und war der zwischen der Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin und den Arbeitern bestehenden Weisungskette „zwischengeschaltet“. Die Bauaufsicht wurde nach einer Kontrolle des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten am 29.3.2018 am 5.4.2018 von DI S. übernommen, dieser hat jedoch die vier genannten Arbeiter nicht mit der Durchführung von Maurer- oder Bauhilfsarbeiten beauftragt.
Es ist weiters nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die „Fa. M. GmbH“ mit der Durchführung der Bauarbeiten beauftragt hat, vielmehr liegen deutliche Anhaltspunkte dafür vor, dass zur Verschleierung des Sachverhaltes, nämlich der gesetzwidrigen Beschäftigung der vier Arbeiter, die „Fa. M.- GmbH“ benutzt wurde, um auf deren Namen ELDA Meldungen zu tätigen, diese umgehend zu löschen und mit den zwischenzeitlich generierten Ausdrucken Belege für angebliche Anmeldungen zu schaffen. Weiters wurde ein Vertragsverhältnis mit der Fa. M. GmbH durch Errichtung eines schriftlichen Dokumentes fingiert, um sich auf dieses angebliche Vertragsverhältnis stützen zu können, ohne, dass jemand von der Fa. M. GmbH in diesen Prozess eingebunden gewesen wäre.
Ein Auftragsverhältnis zwischen W. X. und der Beschwerdeführerin in der Form, dass ausschließlich X. mit der Abwicklung des Bauvorhabens beauftragt wurde, lag nicht vor. Es ist daher davon auszugehen, dass die in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 5.2.2020 vorgelegte Rechnung des W. X., datiert mit 13.4.2018, ebenfalls lediglich zur Untermauerung des Vorbringens „errichtet“ bzw. zumindest manipuliert wurde. Nachdem die Beschwerdeführerin im Zuge der Kontrolle zunächst erfolglos versucht hat, die Beschäftigung der Arbeiter auf DI S. zuzuschieben, dieser Versuch aber aufgrund der unmittelbaren telefonischen Stellungnahme von DI S. scheiterte, versuchte sie in weiterer Folge mithilfe ihres Lebensgefährten, die Verantwortung auf die Fa. M. – GmbH abzuschieben und - als dieser Versuch wiederum aufgrund der Verantwortung deren ehemaligen Geschäftsführers Z. ebenfalls nicht von Erfolg getragen war – wurde zu Guter Letzt ein Auftragsverhältnis mit W. X. fingiert.
3.2. Diese Feststellungen gründen sich beweiswürdigend auf die unbedenkliche Aktenlage und die in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien unmittelbar aufgenommenen Beweise. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin der Liegenschaft Wien, C., ist und die Errichtung eines Einfamilienhauses (Rohbau ohne Dach) beauftragt hat. Unbestritten ist weiters, dass DI S. die Bauaufsicht geführt hat.
Unbestritten steht fest, dass die Ausländer D. E., F. G., H. I. und J. K. bei der Durchführung von Maurerarbeiten und Bauhilfsarbeiten angetroffen wurden und keiner zur Sozialversicherung angemeldet war.
Aufgrund der Aussage des Zeugen V., welcher schlüssig, lebensnah und widerspruchsfrei, sohin absolut glaubhaft, den Ablauf und das niederschriftlich festgehaltene Ergebnis der Kontrolle sowie in Übereinstimmung mit der Aktenlage erklärt hat, dass der Verweis auf die angebliche Auftraggeberin M. GmbH erst im Zuge der nach der Kontrolle erfolgten Einvernahme erfolgte, steht fest, dass von Seiten der Fa. M. - GesmbH keine Beauftragung zur Verrichtungen von Maurer- und Bauhilfsarbeiten erfolgte. Vielmehr ist wiederum aufgrund der schlüssigen, lebensnahen, widerspruchsfreien Aussage des Zeugen Z., welcher Geschäftsführer der Fa. M. - GesmbH war, davon auszugehen, dass der von der Beschwerdeführerin vorgelegte „Vertrag“ nicht von einem Verantwortlichen dieser Fa. unterfertigt, sondern im Ergebnis gefälscht und diese Fa. lediglich benutzt wurde, um ein solches Auftragsverhältnis verwenden zu können. Dem Zeugen Z. wurde der – im Übrigen im Hinblick auf den Leistungsumfang inhaltsleere Vertrag – vorgehalten und erkannte der Zeuge weder das Vertragsformular, noch die angeblich von einem Verantwortlichen der Firma stammende Unterschrift. Der Zeuge Z. machte bei seiner Einvernahme einen sehr authentischen Eindruck, er gab glaubhaft an, dass auf seine ehemalige Firma mehrfach unrichtige Anmeldungen zur Sozialversicherung vorgenommen wurden, welches Vorbringen wiederum durch die Aussage des Zeugen V. gestützt wird. Dessen Aussage zufolge ergaben Systemabfragen hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgelegten ELDA- Anmeldungen ungeachtet des Vorliegens der Meldeausdrucke, dass die Bezug habenden Namen nicht im System aufschienen. Damit steht auch fest, dass die ELDA Anmeldungen, die der Beschwerdeführerin zuzurechnen sind, lediglich kurzfristig getätigt wurden, um insgesamt gesehen eine Beweislage zu schaffen, die ein rechtmäßiges Vorgehen der Beschwerdeführerin darlegen sollte. Mit anderen Worten hat die Beschwerdeführerin mit der Vorlage von ELDA Ausdrucken über Anmeldungen von Arbeitern, die angeblich von der Fa. M. beauftragt wurden, versucht, die Beschäftigung und die damit einhergehende Verantwortung an die Fa. M. GmbH abzuwälzen.
Auch der Zeuge S. gab auf konkretes Befragen glaubhaft, schlüssig und widerspruchsfrei an, er habe zwar die Bauaufsicht übernommen, die Arbeiter jedoch nicht beauftragt. Darüber hinaus steht aufgrund der Aussage der Zeugen V. und S. fest, dass die Erstverantwortung der Beschwerdeführerin, S. habe die Arbeiter geschickt, aufgrund der unmittelbaren telefonischen Stellungnahme S.s im Zuge der Kontrolle gescheitert ist, sodass die Beschwerdeführerin gezwungen war, einen anderen vermeintlich Verantwortlichen, nämlich jemanden von der Fa. M. GmbH, vorzuschieben.
Die zeugenschaftliche Aussage des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien, X. sei im Ergebnis mit den Bauarbeiten beauftragt worden und sei dieser sein und der Ansprechpartner der Beschwerdeführerin gewesen, erweist sich im Gesamtzusammenhang der Beweislage als völlig unglaubwürdig. So wurde diese Behauptung überhaupt erstmals in der Bezug habenden Verhandlung erhoben. Es wäre ein Leichtes gewesen, bereits bei der Kontrolle auf ein bestehendes Auftragsverhältnis mit X. zu verweisen, zumal dieser sogar während der Kontrolle auf die Baustelle kam, um Material abzuladen. X. wurde mit der Frage, wer die Arbeiter auf die Baustelle verbracht habe, konfrontiert und eine Niederschrift mit ihm aufgenommen. Danach war X. von U. lediglich beauftragt worden, Material auf die Baustelle zu bringen. Weder die Beschwerdeführerin, noch deren Lebensgefährte, noch der anwesende X. wiesen auf das Vorliegen eines Auftragsverhältnisses hin, wonach die Arbeiter X. zurechenbar wären.
Spätestens bei der Einvernahme durch die Amtspartei am 20.4.2018 hätte der allgemeinen Lebenserfahrung nach eine Klarstellung seitens der Beschwerdeführerin und/oder ihres anwesenden Lebensgefährten, dass X. mit den Bauarbeiten beauftragt worden sei, erfolgen müssen. Es ist daher davon auszugehen, dass T. U. trotz Belehrung und Wahrheitserinnerung bewusst unrichtige Angaben getätigt hat und weiters zur Untermauerung dieser unwahren Angaben eine im Ergebnis manipulierte Rechnung, datiert mit 12.4.2018, zur Untermauerung seiner Aussage vorgelegt hat. Der Zeuge machte dem persönlichen Eindruck der Richterin zufolge einen unglaubwürdigen, nicht authentischen Eindruck. Konkrete an ihn gestellte Fragen, warum das angebliche Auftragsverhältnis nicht bereits anlässlich der Kontrolle offen gelegt wurde, beantwortete er ausweichend und gab an, er könne sich einfach nicht mehr an alles erinnern.
Dass E., G. und K. für die Verrichtung der Tätigkeiten 8 Euro pro Stunde erhielten, steht aufgrund deren Angaben auf dem aktenkundigen Personendatenblatt fest. Aufgrund der im Zuge der Kontrolle niederschriftlich festgehaltenen Angaben steht fest, dass I. zwischen 20 und 30 Euro Lohn sowie Zigaretten und Essen erhielt.
3.3. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass nach der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur auf Grund der Typizität des Geschehens ohne weiteres vom Bestehen von Dienstverhältnissen auszugehen (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 14.11.2012, 2010/08/0196, sowie das darin verwiesene Erkenntnis des VwGH vom 12.9. 2012, Zl. 2010/08/0133, mwN). Damit wären die Arbeiter zur Sozialversicherung anzumelden gewesen.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.
Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Bei der Beurteilung, ob eine nach dem ASVG versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Die Taten sind daher in objektiver Hinsicht verwirklicht. Was die subjektive Tatseite betrifft, hat die Beschwerdeführerin, die lediglich die Beschäftigung bestritten und damit ihr tatbildliches Verhalten in Abrede gestellt hat, keine spezifischen Angaben erstattet. Im Hinblick auf das Vorliegen eines sog. Ungehorsamsdelikts – zum Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr - und die für derartige Delikte postulierte gesetzliche Vermutung des § 5 Abs. 1 VStG war von fahrlässiger und somit schuldhafter Tatbegehung auszugehen, zumal die Beschwerdeführerin mangelndes Verschulden nicht dargelegt hat.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Durch die zu verantwortende Verwaltungsübertretung wurde das öffentliche Interesse an der fristgerechten Anmeldung von Dienstnehmern beim zuständigen Krankenversicherungsträger und an der damit verbundenen sozialen Absicherung der betreffenden Arbeitskräfte in erheblichem Maße geschädigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher nicht als gering gewertet werden.
Das Ausmaß des Verschuldens kann in Anbetracht der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und der Beschwerdeführerin zumutbaren Sorgfaltspflicht nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Vielmehr ist im Gesamtzusammenhang des festgestellten Sachverhaltes davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen bewusst umgehend wollte.
Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass die belangte Behörde dabei die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin und - zu Unrecht – deren angebliche verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt und jeweils die Mindeststrafe verhängt hat. Eine Einsicht in öffentliche Register hat ergeben, dass die Beschwerdeführerin eine zum Tatzeitpunkt rechtskräftige, nicht getilgte Vormerkung nach der StVO aufweist und daher nicht als unbescholten zu werten ist.
Von der außerordentlichen Strafmilderung war nicht Gebrauch zu machen, weil deren Voraussetzungen, so das Vorliegen fallbezogen beträchtlich überwiegender Milderungsgründe nicht vorliegen. Vielmehr ist bereits aufgrund der bis zuletzt gezeigten Uneinsichtigkeit der Beschwerdeführerin und des erhöhten Verschuldens die Verhängung der Mindeststrafe als äußerst milde bemessen zu werten.
Die Ersatzfreiheitsstrafe war in Relation angemessen und zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung gründet auf die im Spruch angeführte zwingende Gesetzesstelle.
4. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Pflichtversicherung; Anmeldeverpflichtung; Meldepflicht; Dienstverhältnis; StrafbemessungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.041.061.3353.2019Zuletzt aktualisiert am
07.08.2020