Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Y, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in Wien I, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. Jänner 1997, Zl. SD 765/96, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. Jänner 1997 wurde aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestünden, daß sie in der Türkei gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag damit begründet, daß ihr Leben und ihre Freiheit aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe und zur alevitischen Religion bedroht wäre. Weiters wäre sie in ihrer Heimat durch die Polizei bzw. das Militär Verfolgungen ausgesetzt gewesen, weil ihr Gatte die Türkei verlassen hätte. Der allgemeine Hinweis, in der Türkei aufgrund ihres Glaubens bzw. ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe bedroht zu sein, sei nicht geeignet, eine persönliche Bedrohung im Sinne des § 37 FrG zu untermauern. Die Beschwerdeführerin habe jedenfalls keinerlei konkrete Verfolgungshandlungen gegen ihre Person geltend gemacht. Dazu komme, daß sie auch im Asylverfahren keine Gründe für eine Bedrohung vorgebracht habe. Das Argument der Beschwerdeführerin, es sei davon auszugehen, daß die türkischen Behörden von ihrem Asylansuchen Kenntnis erlangt hätten und ein Asylansuchen als "Verleumdung" des türkischen Staates gewertet würde und in vielen Fällen Grund für die Einleitung eines "Verfahrens vor dem Staatssicherheitsgericht" wäre, sei eine durch nichts bewiesene Vermutung der Beschwerdeführerin. Auch die von ihr behaupteten (in keiner Weise näher beschriebenen) Drohungen und Schikanen bei Verhören und Vorladungen durch die Polizei seien nicht geeignet, stichhältige Gründe für eine konkrete Bedrohung i.S. des § 39 Abs. 1 FrG erkennen zu lassen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Zl. 97/18/0454, mwN).
2. Zutreffend vertrat die belangte Behörde die Ansicht, daß die Zugehörigkeit eines Fremden zu einer bestimmten Volksgruppe (hier: der Kurden) und/oder einer bestimmten Glaubensgemeinschaft (hier: der Aleviten) für sich allein nicht ausreicht, um eine ihn individuell betreffende aktuelle Verfolgungssituation im Sinne des § 37 FrG darzutun (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1997, Zl. 97/18/0180, und vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0612).
Auch mit dem Hinweis, sie sei in der Türkei vor ihrer Ausreise von der Polizei bzw. vom Militär "ständigen Vorladungen und Verhören", verbunden mit "ständigen Drohungen und Schikanen", unterzogen worden, die ihren "ausschließlichen Grund in meiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe und alevitischen Religion, sowie darin hatten, daß mein Gatte nach Österreich geflüchtet war und um Asyl angesucht hat", gelingt der Beschwerdeführerin keine Glaubhaftmachung im Sinne der oben II.1. umschriebenen Anforderungen. Abgesehen davon, daß die bezeichneten, angeblich gegen die Beschwerdeführerin gesetzten polizeilichen Maßnahmen in keiner Weise konkretisiert wurden (vor allem nicht hinsichtlich der Art, des Inhaltes und der Intensität der behaupteten Drohungen und Schikanen), handelt es sich bei der Angabe, daß diese "psychischen Druckmittel" ihren Grund in der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zur Volksgruppe der Kurden und zur Glaubensgemeinschaft der Aleviten sowie in der Flucht und in der Stellung eines Asylantrages ihres Gatten in Österreich hätten, um eine völlig unsubstantiierte Behauptung, die sich jeglicher Nachprüfung auf ihren Wahrscheinlichkeitsgehalt entzieht.
Der in diesem Zusammenhang als Verfahrensmangel gerügte Umstand, die Behörde habe ihren Beweisantrag auf ihre und ihres Gatten Vernehmung nicht entsprochen, entbehrt der Relevanz, hat es doch die Beschwerde verabsäumt dazulegen, inwiefern diese Vernehmung Ergebnisse gezeitigt hätte, die zu einer anderen (für die Beschwerdeführerin günstigen) Entscheidung durch die belangte Behörde geführt hätte. Im übrigen hatte die Beschwerdeführerin im Laufe des Verwaltungsverfahrens, vor allem im Rahmen der Berufung, ausreichend Gelegenheit, die behauptetermaßen gegen sie gesetzten Verfolgungshandlungen zu konkretisieren.
3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, es bestünden keine stichhältigen Gründe für die Annahme, daß die Beschwerdeführerin aktuell, d.h. im Fall ihrer Rückkehr in die Türkei, dort einer Gefährdung im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG und/oder einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit. ausgesetzt wäre.
An der Unbedenklichkeit dieser Beurteilung ändert auch die in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachte Befürchtung der Beschwerdeführerin nichts, sie würde im Fall der Rückkehr in ihre Heimat verstärkt polizeilichen Vorladungen und Verhören unterliegen, weil den türkischen Behörden mit Sicherheit bekannt geworden wäre, daß nicht nur ihr Gatte, sondern auch sie selbst in Österreich Asyl beantragt hätte. Denn abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus der Türkei gegen sie gerichtete relevante Verfolgungsmaßnahmen nicht glaubhaft gemacht hat, folglich eine "Verstärkung" solcher Maßnahmen nicht in Betracht kommt, kann in der geäußerten Befürchtung, soweit sie mit dem Asylantrag der Beschwerdeführerin selbst begründet wird, nicht mehr als eine Vermutung erblickt werden, fehlt es doch an Anhaltspunkten, die eine Verfolgung der Beschwerdeführerin im Sinne des § 37 FrG allein aufgrund der besagten Tatsache als wahrscheinlich erkennen ließen.
4. Da der bekämpften Entscheidung die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997180136.X00Im RIS seit
20.11.2000