TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/28 95/01/0595

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Veröffentlicht am 28.01.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des Felix Atta Ampomah, geboren am 11. Juni 1969, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995, Zl. 4.330.786/10-III/13/95, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, der am 23. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 28. November 1991 einen Asylantrag gestellt hat, hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 4. Februar 1992 zu seinen Fluchtgründen im wesentlichen folgendes angegeben:

Er sei Mitglied des "Comitee for the Defence of the Revolution". Diese Organisation sei für die Verwaltung von Schulen und für die Sozialhilfe zuständig. Der Beschwerdeführer sei in der Stadt Dunkwa für den technischen Bereich der Organisation verantwortlich gewesen. Er habe entdeckt, daß die örtlichen Führer der Organisation öffentliche Gelder für sich selbst verwendet hätten, und dies an die Zentrale der Organisation nach Accra gemeldet. Daraufhin sei sein Vorgesetzter in Dunkwa tatsächlich verwarnt worden. Dieser Vorgesetzte habe Soldaten auf ihn "angesetzt", welche ihn festgenommen und eingesperrt hätten. Es sei ihm zwar kein Festnahmegrund genannt worden, doch nehme er an, wegen der Anzeige der Korruptionsfälle inhaftiert worden zu sein. Während der Haft sei er mit heißen Eisen und Zigarettenstummeln gefoltert worden, was zu Verbrennungen im Brustbereich geführt habe. Nach etwa drei Monaten habe ihm ein Soldat zur Flucht aus dem Gefängnis verholfen. Bevor ihm die Flucht aus seinem Heimatland gelungen sei, habe er zwei Monate im Untergrund gelebt.

Mit Bescheid vom 21. April 1993 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.

In der dagegen eingebrachten Berufung wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen seine bereits bei der niederschriftlichen Vernehmung gemachten Angaben und führte weiters aus, er habe vor kurzem von seinem Rechtsanwalt in Ghana erfahren, daß sein Fall schließlich vor Gericht gebracht worden sei, wo er in Abwesenheit wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt worden sei. Weiters führte er aus, daß die Menschenrechtslage in Ghana bedenklich sei und die Gerichtsverfahren in diesem Staat rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprächen. Zum Beweis hiezu berief er sich auf Berichte von Menschenrechtsorganisationen, einzuholende Gutachten und seine neuerliche Einvernahme.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 1993, mit welchem diese Berufung abgewiesen worden war, wurde mit hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/19/0008, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die belangte Behörde anstelle des anzuwendenden Asylgesetzes (1968) bereits das Asylgesetz 1991 angewendet hatte.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1995 hat der Bundesminister für Inneres die Berufung neuerlich abgewiesen und ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat in seinem Vorbringem im Verwaltungsverfahren keinen Zusammenhang zwischen den gegen ihn gerichteten Maßnahmen (Verhaftung, Folterung, angeblich ungerechte Verurteilung) und einem der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründe geltend gemacht. Nach seinem Vorbringen wurde er nicht etwa wegen seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppierung oder sonst wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt, sondern nur aus Rache, weil er den örtlichen Führer des "Comitee for the Defence of the Revolution" wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder angezeigt habe. Beim Beschwerdevorbringen, die genannte Organisation sei verboten und der Beschwerdeführer gelte wegen seiner Mitgliedschaft als politischer Opponent, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG), welche im Widerspruch zum Vorbringen im Verwaltungsverfahren steht, wonach diese Organisation sogar mit öffentlichen Aufgaben (Verwaltung von Schulen, Sozialhilfe) betraut gewesen sei. Auch aus dem Vorbringen, daß der Beschwerdeführer nicht in einem fairen Gerichtsverfahren verurteilt worden und in Wahrheit unschuldig sei, ergibt sich kein Hinweis auf eine politisch motivierte Verfolgung.

Da die in der Berufung beantragten Beweise zur allgemeinen Lage in Ghana das Vorbringen zur Asylrelevanz der Verfolgungsgründe nicht ersetzen können, liegt darin, daß die belangte Behörde diese Beweisanträge abgewiesen hat, kein relevanter Verfahrensmangel.

Da der Beschwerdeführer daher schon mangels Vorliegens eines der in der GFK aufgezählten Gründe nicht Flüchtling ist, braucht auf die Fragen, ob die von ihm erlittenen Maßnahmen seinem Heimatstaat zuzurechnen sind und ob die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer unglaubwürdig sei, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand hält, nicht eingegangen zu werden.

Der Beschwerdeführer rügt, die Behörde habe nur einen Dolmetscher für die englische Sprache beigezogen, sodaß er mangels ausreichender Englischkenntnisse nicht genügend Gelegenheit gehabt habe, den Sachverhalt darzulegen. Die belangte Behörde habe daher seinen in der Berufung gestellten Antrag auf neuerliche Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers für seine Muttersprache zu Unrecht abgewiesen. Dem ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer dem Protokoll über seine niederschriftliche Vernehmung eigenhändig in englischer Sprache den Vermerk beigefügt hat, er habe alles verstanden und nichts hinzuzufügen. Selbst wenn er seinen Angaben nachträglich dennoch etwas hinzufügen hätte wollen, hätte er dazu jedenfalls in der Berufung Gelegenheit gehabt, welche er jedoch nicht genützt hat.

Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG idF BGBl. Nr. 88/1997 abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995010595.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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