TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/9 W278 2213131-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.08.2019
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Entscheidungsdatum

09.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §56
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W278 2213131-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Edward W. Daigneault, Staatsangehörigkeit Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine mongolische Staatsangehörige, reiste im September 2012 nach Österreich ein. Am XXXX 2012 wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel "Studierender" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) erteilt, der über Antrag der Beschwerdeführerin mehrmals bis XXXX 2017 verlängert wurde. Einen weiteren Verlängerungsantrag wies das XXXX mit Bescheid vom XXXX 2018, Zl. XXXX ab.

Am XXXX 2018 stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005.

In ihrer schriftlichen Antragsbegründung führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe in Österreich einen großen Freundeskreis, sei krankenversichert und erhalte Unterstützung von ihren Eltern in der Mongolei. Nach Erteilung der Aufenthaltsberechtigung könne sie zudem eine Vollzeitbeschäftigung bei einer Firma aufnehmen.

Zum Nachweis ihrer Angaben legte die Beschwerdeführerin eine Kopie ihrer Geburtsurkunde samt Übersetzung, einen Meldezettel samt Wohnbestätigung, einen Versicherungsdatenauszug, Bescheinigungen über die berufliche Tätigkeit ihrer Eltern, Studienbestätigungen sowie Unterstützungserklärungen vor.

Mit Schreiben vom XXXX 2018 wurde die Beschwerdeführerin von der beabsichtigten Ablehnung ihres Antrages und Erlassung einer Rückkehrentscheidung verständigt und aufgefordert, dazu binnen einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen.

Am XXXX 2018 änderte die Beschwerdeführerin ihren Antrag dahingehend ab, ihr eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 AsylG 2005 zu erteilen und brachte dazu vor, dass sie bereits seit dem Jahr 2014 Deutsch auf dem Niveau B2 spreche und aufgrund ihres Mathematik- bzw. Statistikstudiums in gefragten Mangelberufen ausgebildet werde, weshalb ein öffentliches Interesse an ihrem Aufenthalt in Österreich bestehe. Sie leide an einer Augenentzündung, deren Behandlung in der Mongolei nicht gewährleistet sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) gegen sie gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Mongolei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei nicht selbsterhaltungsfähig und reiche auch die Unterstützung ihrer Eltern nicht aus. Auch die Einstellungszusage sei nicht aussagekräftig und die Unterkunft im Schülerheim sei auf den Zweck des Schulbesuchs bzw. des Studiums beschränkt. Abgesehen von ihren Deutschkenntnissen würden keine integrativen Nachweise vorliegen und lebe zudem die Familie der Beschwerdeführerin in der Mongolei, weshalb ein Aufenthaltstitel nicht zu erteilen sei. Die Beschwerdeführerin sei trotz ihrer Verpflichtung zur Ausreise in Österreich verblieben. Sie sei in der Mongolei aufgewachsen und habe den überwiegenden Teil ihres Lebens dort verbracht, weshalb eine Eingliederung in die dortige Gesellschaft möglich und die Rückkehrentscheidung zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte ergänzend aus, im Falle der Rückkehr sei sie in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK verletzt. Die Behörde habe missachtet, dass sie wegen ihrer Augenentzündung nicht habe am Computer arbeiten können, was ihrer Einflusssphäre entzogen gewesen sei.

Am XXXX 2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihrem Aufenthalt und ihrer Integration in Österreich sowie ihren Verhältnissen in der Mongolei befragt wurde.

2. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes sowie des Gerichtsaktes der Beschwerdeführerin; durch Einsichtnahme in die vorgelegten Unterlagen; durch Einholung von Auszügen aus dem ZMR, GVS, Straf- und Fremdenregister, durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt zur Mongolei sowie schließlich Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX und wurde am XXXX in XXXX geboren. Sie ist mongolische Staatsangehörige. Ihre Identität steht fest. Die Beschwerdeführerin spricht Mongolisch und kann zumindest einfache Unterhaltungen auf Deutsch führen.

Die Beschwerdeführerin besuchte in der Mongolei 10 Jahre die Schule und studierte anschließend zwei Jahre lang an der Universität für Technik und Wissenschaft, schloss das Studium aber nicht ab.

Die Eltern und zwei Brüder der Beschwerdeführerin leben nach wie vor in der Mongolei. Mit ihren Eltern telefoniert die Beschwerdeführerin einmal pro Woche, zu ihren Brüdern hat sie weniger Kontakt.

Die Beschwerdeführerin litt im Jahr 2016 an einer Augenentzündung, ist aber wieder völlig gesund, arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2.2. Zum (Privat-)Leben der Beschwerdeführerin in Österreich:

Die Beschwerdeführerin reiste im September 2012 nach Österreich ein und hielt sich zunächst im Zeitraum von XXXX 2012 bis XXXX 2017 aufgrund eines Aufenthaltstitels "Studierender" rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Mit Bescheid vom XXXX 2018, Zl. XXXX wies das XXXX ihren Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels ab, sodass die Beschwerdeführerin am XXXX 2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005 stellte. Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom XXXX 2018 änderte sie diesen dahingehend ab, ihr einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG zu erteilen. Abgesehen von zwei bis drei Besuchen in der Mongolei hält sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise durchgehend im Bundesgebiet auf.

Die Beschwerdeführerin ist seit XXXX 2012 in Österreich gemeldet und seit XXXX 2012 in der Krankenversicherung selbstversichert. Sie lebt derzeit bei einer Freundin und ab September wieder im Schülerheim, in dem sie gemeldet und das über den Sommer geschlossen ist. Die Beschwerdeführerin hat in Österreich nie gearbeitet. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie durch die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern in Höhe von EUR 500,00 monatlich, wobei ihre monatlichen Fixkosten mindesten EUR 325,00 betragen (EUR 270,00 Miete und EUR 55,00 für die Krankenversicherung). Die Beschwerdeführerin ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Die Beschwerdeführerin besuchte in Österreich zunächst von XXXX 2012 bis XXXX 2014 an der Universität XXXX als außerordentliche Studierende den Vorstudienlehrgang zur Vorbereitung auf Ergänzungsprüfungen und schloss die Ergänzungsprüfung aus Deutsch am XXXX 2014 mit der Note "befriedigend" positiv ab. Am XXXX 2014 begann sie an der Universität XXXX das Bachelorstudium Informatik und wechselte mit XXXX 2017 zum Bachelorstudium Statistik, für das sie nach wie vor inskribiert ist.

Die Beschwerdeführerin ist Mitglied in einem Volleyballverein in Linz, mit dem sie einmal pro Woche trainiert und spielt jeden Samstag Volleyball mit ihren Freunden in Wien.

Sie hat in Österreich einen Bekannten- und Freundeskreis, abgesehen von einer Tante, die in Linz lebt und zu welcher weder ein besonderes Naheverhältnis noch ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, aber keine Angehörigen.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in der Mongolei:

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 25.09.2018 wiedergegeben:

Politische Lage

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von knapp über drei Millionen Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Millionen Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (2018) ca. 1,5 Millionen Menschen (CIA 28.8.2018).

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2018; vgl. AA 3.2018a). In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 13 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 19.7.2018).

Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2017). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl im Wege des Mehrheitswahlrechts für vier Jahre gewählt. Bei der letzten Parlamentswahl am 29.6.2016 löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 3.2018a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongolei Online 10.7.2016; vgl. KAS 1.7.2016). Die Einführung des Mehrheitswahlrechtes nur fünf Wochen vor dem Wahltermin hat auf das Ergebnis Einfluss genommen (Sarantuya/Batmunkh 2017; vgl. ÖB Peking 12.2017). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016).

Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016; vgl. AA 3.2018a). Die 2016 gebildete Regierung unter Ministerpräsident Erdenebat bestehend aus 16 Ministern (davon zwei Frauen), einer Reduktion um drei Ämter im Vergleich zur vorherigen Regierung (ÖB Peking 12.2017), wurde bereits im Sommer 2017 aufgrund parteiinterner Machtkämpfe durch eine Regierung unter Ministerpräsident Khurelsukh abgelöst (AA 3.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2017). Am 10. Juli legte Kh. Battulga im Großen Saal der Staatsversammlung den Amtseid als 5. Präsident der Mongolei ab (LIP 9.2018). Er setzte sich in einer Stichwahl mit 50,6% gegen den Gegenkandidat M. Enkhbold der regierenden Mongolischen Volkspartei (MVP), der 41,2 % der Stimmen erhielt, durch (Reuters 8.7.2017; vgl. AA 3.2018a). Der Staatspräsident ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (weitere Mitglieder: Premierminister und Parlamentspräsident) und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er setzt die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in Kraft. Er kann Gesetze initiieren und mit seinem Veto verhindern, das nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 3.2018a).

Sicherheitslage

Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.).

Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 2018). Es gibt keine Berichte über terroristische Angriffe oder aktive terroristische Gruppen in der Mongolei (USDOS 10.7.2018).

Es kommt selten zu Unruhen oder politischer Gewalt. In Folge umstrittener Parlamentswahlen im Juli 2008 wurden Proteste, bei denen fünf Personen ums Leben kamen, rasch unter Kontrolle gebracht und die Ordnung wieder hergestellt. Seither kam es zu keinen Vorfällen ähnlichen Ausmaßes mehr (USDOS 19.7.2018). Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - eskalieren nicht, sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 2018).

In den vergangenen drei Jahren kam es zu vermehrten Anfeindungen chinesischer, koreanischer und vietnamesischer Staatsbürger, die in der Mongolei leben (USDOS 19.7.2018) und es kam zu einzelnen gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB Peking 12.2017) sowie gegen LGBTI-Personen (ÖB Peking 12.2017).

Die Binnenlage des Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 3.2018c).

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleich behandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 11.2017). Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet und nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist, auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 7.2018).

Die Mongolei liegt in der Erreichung der genderspezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht (ÖB Peking 12.2017). Die Zahl der Teenagerschwangerschaften nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hatten 2014 3.259 Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt gebracht, waren es 2016 3.829. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Unkenntnis über Verhütungsmöglichkeiten benannt (LIP 7.2018).

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedene Frauen stehen laut Familiengesetz Alimente zu. Es gibt keine Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung (ÖB Peking 12.2017).

Gewalt gegen Frauen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch, ist laut Berichten von NGOs im Zunehmen begriffen (ÖB Peking 12.2017). Häusliche Gewalt stellt ein schwerwiegendes und weit verbreitetes Problem dar, wobei das neue Strafgesetz, das 2017 in Kraft getreten ist, diese erstmals auch strafrechtlich unter Strafe stellt. Nun sind auch Gefängnisstrafen möglich. Häusliche Gewalttäter werden in einer Datenbank erfasst und beim zweiten Vergehen wird automatisch ein Verfahren nach dem Strafgesetz eingeleitet. Alternative Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt wie Wegweisungen oder einstweilige Verfügungen sind in der Praxis schwer durchzusetzen. Das National Center Against Violence (NCAV), einer lokalen NGO, die Kampagnen gegen häusliche Gewalt betreibt, berichtet, dass die Reaktion der Polizei auf Meldungen häuslicher Gewalt sich 2017 verbessert hätte, die Strafverfolgung jedoch weiterhin mangelhaft sei (USDOS 20.4.2018). UNFPA, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, führt gemeinsam mit der mongolischen Polizei Projekte zum Kapazitätsaufbau im Bereich häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen durch (ÖB Peking 12.2017).

Gemäß NCAV gibt es landesweit 17 Notunterkünfte von NGOs und in lokalen Krankenhäusern, wo Opfer häuslicher Gewalt bis zu 72 Stunden Unterkunft bekommen können (USDOS 20.4.2018). Das einzige Frauenhaus des Landes in Ulan Bator wird von einer NGO geführt und erhält keinerlei öffentliche Unterstützung (ÖB 12.2017). Insbesondere im ländlichen Raum stellt die geringe Anzahl von Schutzeinrichtrungen für Schutzsuchende eine Herausforderung dar (USDOS 20.4.2018). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist kaum davon auszugehen, dass vor familiärer Gewalt flüchtende Frauen in der Mongolei Schutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen (ÖB Peking 12.2017). Für alleinerziehende Mütter ist das Risiko, ein Leben in extremer Armut zu führen, generell sehr hoch (ÖB 12.2017).

Die Mongolei ist ein Ursprungs- und Transitland für den illegalen Handel von Personen zur sexuellen Ausbeutung und Zwangsarbeit, sowie Kinderprostitution. China gehört zu den Hauptzielländern. Prostitution, insbesondere von Minderjährigen, ist weitverbreitet. Primär wurde in Richtung Westeuropa in den letzten Jahren vermehrt mit jungen Frauen gehandelt, die mit Arbeit oder Studien im Ausland gelockt wurden. In letzter Zeit gibt es verstärkt Berichte über gezielten Menschenhandel Richtung China, wobei Frauen als Ehefrauen verkauft werden oder Opfer von Organhändlerbanden werden. Mit dem zunehmenden Wohlstand werden auch vermehrt illegale Hausangestellte von den Philippinen in die Mongolei geschleust (ÖB Peking 12.2017).

Die Mongolei erfüllt die Minimumstandards für die Eliminierung von Menschenhandel nur unzureichend, unternimmt in diesem Bereich jedoch große Bemühungen (USDOS 6.2018). Im Jänner 2012 wurde das erste Gesetz gegen den Menschenhandel verabschiedet, allerdings wird dessen mangelnde Umsetzung kritisiert (ÖB Peking 12.2017). Im Juli 2017 trat das neue Strafgesetz in Kraft. Die Artikel 12.3 und 13.1 stellen Menschenhandel zum Zwecke von Arbeit und Sex unter Strafe. Menschenhandel wird mit einem Strafmaß von zwei bis acht Jahren Haft - sind Kinder betroffen fünf bis zwölf Jahre - geahndet. 2017 wurden von den Behörden zwölf Menschenhandelsfälle ermittelt (2016: drei) und sieben Personen angeklagt (2016: 14) (USDOS 6.2018). Der Kampf gegen Menschenhandel wird durch Korruption und mangelnden Willen der Behörden jedoch erschwert (FH 2018; vgl. USDOS 6.2018).

Grundversorgung

Die Mongolei entwickelt sich seit ihrer politischen Wende Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland und die Umstellung der ehemaligen sozialistischen Planwirtschaft auf eine Marktwirtschaft ist inzwischen sehr weit vorangeschritten. Das Steuerrecht entspricht inzwischen internationalen Maßstäben. Seit 2003 ist auch privater Erwerb von Grund und Boden durch mongolische Staatsbürger möglich, nicht aber durch Ausländer (AA 3.2018b).

Die mongolische Wirtschaft bleibt weiterhin stark vom Bergbau abhängig. Auch im Jahr 2017 war der Bergbausektor mit einem Anteil von rund 23% des Bruttoinlandsprodukts die treibende Kraft, obwohl dieser mit einem Minus von 9% gegenüber dem Vorjahr kein Wachstum zu verzeichnen hatte (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei verfügt über einige der weltweit größten Kupfer-, Kohle- und Goldvorkommen sowie von Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden, was die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland förderte (AA 3.2018b).

Das Wachstum der mongolischen Wirtschaft entwickelt sich solide. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum führte. Nach dem schwachen Jahr 2016 mit einem Wachstum von lediglich 1,2%, betrug dieses 2017 5,1%. 2016 drohte der Mongolei beinahe der Staatsbankrott. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden (ÖB Peking 12.2017).

Die Staatsverschuldung ist massiv angestiegen. Lag sie 2011 noch bei rund 32% im Verhältnis zum BIP, ist sie bis September 2016 auf 90% gestiegen und hat sich Stand November 2017 auf 73,8 % des BIP verringert. Seit Mitte 2013 hat sich der Kurs der mongolischen Landeswährung gegenüber US-Dollar und Euro erheblich verschlechtert (AA 3.2018b). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,6 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 28.8.2018).

Die Arbeitslosenrate lag 2017 bei 8 %, war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 20 %). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 90 USD im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40Stundenwoche, jedoch arbeiten geschätzte 60 % der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2017).

Laut ADB 2014 lebten 21,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Viele der Nomaden fliehen angesichts klimatischer Bedingungen in die Hauptstadt, wo sie ein Leben in extremer Armut in Slum-Vierteln am Stadtrand (Gher-Viertel) fristen und viele von ihnen arbeitslos sind (ÖB Peking 12.2017).

Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 Prozent der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2017). Die Hauptstadt Ulaanbaatar zählt 1,2 Mio. Einwohner, von denen 60 % in Gher-Bezirken wohnen, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2017; vgl. Bertelsmann 2018). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2017).

Die öffentliche Verwaltung stellt die meisten grundlegenden Dienstleistungen im gesamten Land zur Verfügung. Deren Qualität und der Zugang dazu wurden in den frühen 2010er-Jahren deutlich verbessert. Die geringe Bevölkerungsdichte stellt jedoch den Staat vor große Schwierigkeiten beim Erhalt von Infrastruktur und der Verfügbarmachung von Dienstleistungen wie Gesundheit, Sicherheit und Justiz, insbesondere für die etwa ein Viertel der Bevölkerung umfassenden nomadischen Viehhalter (Bertelsmann 2018).

Es besteht ein sozialpartnerschaftliches trilaterales Komitee für Arbeit und soziale Abkommen. Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn vom Arbeitsministerium, in Konsultation mit den Sozialpartnern, angepasst. Zuletzt wurde der Mindestlohn am 1. Jänner 2017 um 25 % auf 240.000 Tögrög (MNT), ca. 93 Euro, angehoben. Die Wirtschaftskrise 2016 führte dazu, dass auch gut qualifizierte Personen nur mehr schwer Arbeit finden. Arbeitsrechtliche Vorschriften werden generell eingehalten, jedoch gibt es Berichte über unerlaubt lange Arbeitszeiten im Baugewerbe und dort kommt es aufgrund mangelnder Einhaltung von Sicherheitsvorschriften immer wieder zu tödlichen Unfällen (ÖB 12.2017).

Sozialbeihilfen

1995 verabschiedete die Große Staatsversammlung das Gesetz über das Sozialversicherungssystem. Dazu gehören die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie Sozialhilfeleistungen für Behinderte, Waisen und Halbwaisen. Außerdem wurde im Zuge der steigenden Gewinne aus dem Bergbau ein nationaler Bevölkerungsentwicklungsfonds eingerichtet, aus dem u. a. Beihilfen für Studenten bezahlt werden. 2013 wurde das Sozialversicherungsgesetz ergänzt, damit die noch etwa 44 Tsaatan-Familien (Rentierleute), die fernab fester Siedlungen und ohne geregeltes Einkommen leben, von den Leistungen der Sozialversicherung profitieren können (Renten, finanzielle Unterstützung und Sozialhilfebeiträge für Schwangere, Hochbetagte, Menschen mit Behinderungen, vorübergehend Arbeitsunfähige und für Sonderaufgaben) (LIP 7.2018). Gemäß Asian Development Bank (ADB) umfasst das für Sozialleistungen vorgesehene Budget 2,7% des BIP, was deutlich höher ist als in anderen Schwellenländern (durchschnittlich 1,6 % des BIP) (Bertelsmann 2018).

Eine Sozialversicherung, die auch eine Krankenversicherung umfasst, ist für mongolische Bürger verpflichtend und wird von Dienstgebern und Dienstnehmern durch einen Anteil vom Gehalt finanziert. Die Sozialversicherung wird vom Staat für bestimmte Gruppen kostenlos zur Verfügung gestellt, darunter Kinder unter 18; Personen, die kein Einkommen haben; Personen, die Sozialleistungen beziehen; alleinerziehende Eltern, bis das Kind zwei Jahre alt ist; Menschen mit Behinderungen (BIO 16.4.2018).

Verschiedene verfügbare staatlichen Unterstützungsleistungen für Personen mit Behinderungen sind abhängig von der Bestätigung durch medizinische Fachpersonen. Wenn eine Behinderung von mehr als 50 Prozent vorliegt, hat die Familie Anrecht auf eine staatliche Unterstützung von 155.000 MNT monatlich pro Kind mit Behinderung (SFH 1.2.2018).

Das Social Welfare Law, zuletzt am 30. Juni 2017 angepasst, sieht Unterstützungsleistungen für alleinerziehende Eltern und deren Kinder vor. Allerdings erfüllen laut Artikel 12.1.5 nur alleinerziehende Mütter über 45 Jahre respektive alleinerziehende Väter über 50 Jahre mit vier oder noch mehr Kindern die Kriterien, um Sozialhilfe für Alleinerziehende (Social Welfare Allowance) zu erhalten. Vulnerable Personen, die unterhalb eines durch die Behörden definierten und überprüften Standards leben, erhalten im Rahmen des Food Stamp Programme eine Minimalunterstützung in Form von monatlichen Essensgutscheinen im Wert von 6.500 MNT für Kinder und 13.000 MNT für Erwachsene (SFH 1.2.2018).

Der Zugang zu staatlichen Sozialleistungen - obwohl auf dem Papier vorhanden - ist in der Praxis oft sehr schwierig (ÖB Peking 12.2017; vgl. KAS 7.2017). Das Ministerium für Bevölkerungsentwicklung und Sozialfürsorge ist mit der Verwaltung von 71 Sozialfürsorgeprogrammen betraut. Daraus ergibt sich eine Fragmentierung dieser Programme, Duplizierungen von Sozialleistungen, sowie hohe Verwaltungs- und Umsetzungskosten. Manche Sozialleistungen werden durch verschiedene Ministerien und Institutionen verwaltet, was eine Fokussierung auf die Hilfsbedürftigen der Gesellschaft erschwert (KAS 7.2017).

Im Kampf gegen die Armut zählt trotz staatlicher Maßnahmen weiterhin die familiäre Solidarität (ÖB Peking 11.2016). Die unbedingte Unterstützung für enge und fernere Verwandte können und wollen auch die erfolgreicheren Familienmitglieder nicht mehr in jedem Fall leisten (LIP 7.2018).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und oft technisch und hygienisch problematisch (AA 22.8.2018; vgl. ÖB 12.2017). Das ehemals sozialistische System einer allgemeinen Gesundheitsversorgung wurde nur unzureichend reformiert. Mithilfe internationaler Geber ist die Regierung bemüht, das System zu reformieren (ÖB Peking 12.2017). In den letzten Jahren haben in Ulaanbaatar private internationale Kliniken eröffnet (Intermed, SOS, Songdo, GrandMed), die erheblich zur Verbesserung der ambulanten und stationären Versorgung zumindest in der Hauptstadt beigetragen haben. Nicht alle westlichen Medikamente - insbesondere Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen - sind in der Mongolei erhältlich (AA 22.8.2018).

Das Gesundheitssystem besteht aus drei Ebenen und verfolgt das Prinzip, eine gleichberechtigte, zugängliche und qualitative Gesundheitsversorgung für alle zu ermöglichen. Primäre Gesundheitsversorgung wird hauptsächlich in Familiengruppenpraxen in der Hauptstadt Ulaanbaatar, in Provinzzentren oder in den Provinzen selbst in Bezirks- ("soum") oder übergreifenden Bezirkskliniken angeboten, sekundäre Versorgung in den allgemeinen Bezirkskrankenhäusern in Ulaanbaatar oder den Provinzen (Aimags) und privaten Kliniken, tertiäre schließlich in den größeren Spitälern und Spezialzentren in Ulaanbaatar. 2010 gab es 16 Spezialkliniken, vier regionale Diagnose- und Behandlungszentren, 17 allgemeine Provinz- (Aimag) Krankenhäuser, 12 allgemeine Bezirkskrankenhäuser, drei Geburtskliniken, vier allgemeine Landeskliniken, 17 Spezialkliniken und Zentralkliniken in Ulaanbaatar sowie 1.184 private Krankenhäuser und Kliniken (APO 2013). Laut Statistiken des Ministeriums für Gesundheit und Sport arbeiteten 2011 landesweit 9.400 Ärzte; 28,5 pro 10.000 Einwohner (LIP 7.2018).

Alle Mongolen haben Zugang zur staatlichen Krankenversicherung (Bertelsmann 2018; vgl. LIP 7.2018, ÖB Peking 12.2017). Alle gesellschaftlichen Gruppen, die von der mongolischen Regierung als "fragil" eingestuft werden (Kinder bis 16 Jahre, Frauen mit Kindern, Pensionisten etc.) sind sozialversichert. Über 80 % der Krankenversicherung war 2010 beitragsfinanziert (ÖB Peking 12.2017).

Die medizinische Versorgung in der Mongolei ist laut Gesetz kostenlos (Bertelsmann 2018; vgl. LIP 7.2018). Doch da die Mittel bei weitem nicht ausreichen, werden für jede Versorgungsleistung Zahlungen fällig (LIP 7.2018). Es gibt für Versicherte teilweise hohe Selbstbehalte bei Spitalsaufenthalten und Medikamenten. Grundsätzlich sind die "fragilen Gruppen" von den Selbstbehalten ausgenommen (ÖB Peking 12.2017; vgl. BIO 16.4.2018). Hinzu kommt, dass das medizinische Personal schlecht entlohnt wird (LIP 7.2018) und v.a. in Krankenhäusern Korruptionszahlungen häufig notwendig sind, um gewisse Leistungen rascher zu bekommen (ÖB Peking 12.2017; vgl. LIP 7.2018).

Es gibt Unterschiede und Herausforderungen im mongolischen Gesundheitswesen, die mit der geografischen Lage in städtischen und ländlichen Gebieten und sozialökonomischen Gesellschaftsgruppen zusammenhängen (WHO 2017). Die geringe Bevölkerungsdichte stellt den Staat vor große Herausforderungen bezüglich Unterhalt der Infrastruktur und der Verfügbarmachung von grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheitsleistungen, insbesondere für die 25 % der Bevölkerung, die von der nomadischen Weidewirtschaft leben (Bertelsmann 2018). Zum Beispiel ist die Müttersterblichkeit zwar im Großen und Ganzen zurückgegangen, sie ist aber besonders bei Hirten in ländlichen Regionen mit über 40 % sehr hoch (WHO 2017). Das Netz der medizinischen Notfallversorgung ist auf dem Lande besonders dünn, weshalb auch leichtere Verletzungen oder Unfallfolgen zu großen Komplikationen führen können (AA 22.8.2018).

Die schlechte Qualität der Gesundheitseinrichtungen in ländlichen und abgelegenen Gebieten führt trotz Verbesserungen in letzter Zeit dazu, dass die Bevölkerung teure Anfahrtswege zu den Bezirkszentren und in die Hauptstadt in Kauf nehmen muss, um qualitätsvolle und spezialisierte Behandlungen zu erhalten (Bertelsmann 2018). Patienten missachten das Überweisungssystem und besuchen für Behandlungen direkt die Nationalkrankenhäuser in Ulaanbaatar. Dadurch kommt es zu einer hohen Patientenbelastung in diesen Krankenhäusern. Die Hausärzte erfüllen ihre Funktion als Zutrittskontrolle zu den übergeordneten Gesundheitseinrichtungen nur unzureichend (BIO 16.4.2018).

Rückkehr

Mongolische Staatsangehörige, die in Begleitung eines ausländischen Beamten eintreffen, werden an der Grenze, wenn die Sachverhaltsdarstellung seitens des begleitenden Beamten als ausreichend erachtet wird, in Gewahrsam genommen, um zu überprüfen, ob Straftatbestände in Bezug auf das Grenzschutzgesetz vorliegen. Wenn unbegleitete mongolische Staatsangehörige ohne Reisedokumente an der Grenze aufgegriffen werden, werden sie in Gewahrsam genommen, und es wird eine Untersuchung wegen Verstoßes gegen das Grenzschutzgesetz bzw. das Strafgesetz eingeleitet. Der Strafrahmen beträgt zwischen einer Geldstrafe von fünf Tagessätzen und einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren (Art. 240 StGB) (ÖB Peking 12.2017).

Rückkehrerprobleme bei oppositioneller Betätigung oder Asylantragstellung im Ausland sind laut ÖB Peking nicht bekannt. Politische Betätigung im Ausland ist nicht strafbar. Die Mongolei kooperiert mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen in Asylfragen (ÖB Peking 12.2017).

3. Beweiswürdigung:

3.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Identität und die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem vorgelegten Reisepass mit der Nr. XXXX und ihrer Geburtsurkunde mit der Personenkennzahl XXXX . Ihre Sprachkenntnisse ergeben sich aus ihren Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Aufgrund einer in dieser durchgeführten Überprüfung der Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin konnte festgestellt werden, dass sie zwar in der Lage ist, einfache Unterhaltungen in deutscher Sprache zu führen, nicht aber, den Inhalt eines gelesenen Textes zu erfassen.

Die Feststellungen zur Ausbildung der Beschwerdeführerin in der Mongolei, zu ihren Eltern und Geschwistern und ihrem Gesundheitszustand gründen sich auf ihre diesbezüglich glaubhaften Ausführungen in der Beschwerdeverhandlung, an denen das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung hat, zu zweifeln.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug.

3.2. Zum (Privat-)Leben der Beschwerdeführerin in Österreich:

Die Feststellungen zur Einreise der Beschwerdeführerin in Österreich, ihren zwischenzeitigen Aufenthalten in der Mongolei und ihrem Aufenthaltstitel "Studierender" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ergeben sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie dem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister.

Die Krankenversicherung der Beschwerdeführerin ist ihrem Versicherungsdatenauszug vom XXXX2019 zu entnehmen, ihr aktueller Wohnsitz ergibt sich aus dem eingeholten ZMR-Auszug, den Bestätigungen des Bundesschülerinnenheimes XXXX vom XXXX 2018 und XXXX 2018 und ihren glaubhaften Schilderungen in der Beschwerdeverhandlung. Aus diesen in Zusammenhalt mit der Bestätigung ihrer Eltern ergibt sich auch deren finanzielle Unterstützung in Höhe von EUR 500,00. Die Fixkosten für die Krankversicherung ergeben sich ebenfalls aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung, jene für die Miete sind der Bestätigung des Budesschülerinnenheimes XXXX vom XXXX 2018 zu entnehmen.

Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nicht selbsterhaltungsfähig ist, ergibt sich insbesondere daraus, dass sie ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch die Unterstützung ihrer Eltern finanziert, keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nachgeht und eine solche auch nicht in Aussicht hat. Der Beschwerdeführerin verbleiben nach Abzug ihrer monatlichen Fixkosten gerade einmal EUR 175,00, was nach Ansicht des Gerichts nicht genügt, um eine Selbsterhaltungsfähigkeit zu begründen, zumal davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführerin davon auch die von ihr in der Beschwerdeverhandlung erwähnte Vorteilskarte für ihre wöchentlichen Zugfahrten nach Linz bezahlen muss und sie zudem in der Beschwerdeverhandlung angab, dass auch ihr Studium damit finanziert werde. Die bloße Zusage der Beschwerdeführerin, sie glaube, sie sei fähig, Arbeit zu finden und werde auch arbeiten gehen, genügt für die Feststellung der Selbsterhaltungsfähigkeit nicht.

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Einstellungszusage der XXXX vom XXXX .2018 bezieht sich zum einen auf XXXX 2018, woraus nicht ersichtlich ist, ob diese überhaupt noch aktuell ist und hat die Beschwerdeführerin auch keine aktuellere Zusage vorgelegt, zum anderen ist diese mit der Erfüllung der arbeitsrechtlichen Erlaubnis bedingt und kann sohin für sich allein nicht als Beweis für die zukünftige Selbsterhaltungsfähigkeit genommen werden. Hinzu kommt, dass der Einstellungszusage weder zu entnehmen ist, welche Aufgaben die Beschwerdeführerin übernehmen soll, noch, wie hoch ihr Verdienst sein würde. Darin enthalten ist lediglich, dass sie "eine Vollzeitbeschäftigung als Aushilfe" beginnen würde und sie "nach dem gesetzlichen Kollektivvertrag" entlohnt würde, woraus ihre künftige Selbsterhaltungsfähigkeit jedenfalls nicht abgeleitet werden kann, zumal auch die Beschwerdeführerin selbst in der mündlichen Verhandlung nicht darlegen konnte, wie viel sie verdienen würde.

Die Feststellungen zur Ausbildung der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen der Universität XXXX , insbesondere dem Studienblatt und der Studienbestätigung vom XXXX 2019, den Sammelzeugnissen vom XXXX 2018 sowie dem Zeugnis über die Ergänzungsprüfung Deutsch vom XXXX 2014.

Die Mitgliedschaft im Volleyballverein in Linz und ihr Training sowohl im Verein als auch mit Freunden in Wien stützen sich auf die vorgelegten Fotos sowie das Unterstützungsschreiben von XXXX vom XXXX .2018 in Verbindung mit ihren eigenen Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

Der Bekannten- und Freundeskreis der Beschwerdeführerin ergibt sich anhand der vorgelegten Unterstützungsschreiben von XXXX vom XXXX .2018 und XXXX 2019 sowie der sowohl im Verwaltungsverfahren als auch dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Unterschriftenlisten, welche von insgesamt 27 Personen unterschrieben wurden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Unterschreiben auf einer solchen Unterschriftenliste für die Verfasser wenig Aufwand bedeutet, und somit letztendlich die Vorlage einer solchen Unterschriftenliste nicht geeignet ist, tiefgreifende Bindungen zu dokumentieren. Es handelt sich hierbei somit letztendlich um eher oberflächliche soziale Kontakte, welche zwar belegen, dass die Beschwerdeführerin am örtlichen Leben partizipiert, jedoch keine darüber hinausgehende Bindung oder Integration vorliegt. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorbrachte, die auf der Unterstützungsliste eingetragenen Personen seien alle Stammgäste eines Lokals, in dem ihre Freundin arbeite und die sie auch dadurch kennengelernt habe.

Die Feststellungen zu ihrer Tante in Linz sind ebenfalls den Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung zu entnehmen. Hingegen geht das Gericht nicht davon aus, dass die Beschwerdeführerin einen Freund hat, weil sie in der mündlichen Verhandlung dazu näher befragt weder seinen Nachnamen, noch sein Geburtsdatum oder seine Adresse angeben und auch sonst keine Angaben zur Beziehung machen konnte, sodass für das Gericht der Eindruck entstand, dass es sich dabei eher um eine bloße Bekanntschaft handelt.

3.3. Zur maßgeblichen Situation in der Mongolei:

Die den Länderfeststellungen zu Grunde liegenden Berichte wurden in der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebracht. Der Beschwerdeführerin wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass aufgrund dieser Berichte die Feststellungen zu ihrem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Ihr wurde die Möglichkeit gegeben in die Länderberichte Einsicht zu nehmen und allenfalls dazu innerhalb einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hat von der Möglichkeit zur Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht.

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

4.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Vorauszuschicken ist zunächst, dass bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 23 Abs. 1 NAG 2005 - mit dem zweiten Satz des § 58 Abs 6 AsylG 2005 inhaltsgleich - folgt, dass die Änderung eines Antrags nach einer Belehrung durch die Behörde möglich ist, wobei sich aus § 13 Abs. 8 AVG ergibt, dass nicht bereits die Modifizierung der "Sache", sondern erst die Änderung ihres "Wesens" unzulässig ist. Dasselbe gilt auch für die Änderung eines Antrags ohne vorangegangene Belehrung (vgl. VwGH 16.09.2015, Ro 2015/22/0026). Aus den Bestimmungen zu §§ 55 bis 57 AsylG 2005 lässt sich erkennen, dass sich die danach zu erteilenden "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" jeweils in ihrem "Wesen" nicht unterscheiden (vgl. VwGH 14.04.2016, Ra 2016/21/77), sodass die mit E-Mail vom XXXX 2018 erfolgte Modifizierung des Antrags der Beschwerdeführerin nach § 55 AsylG auf einen solchen nach § 56 AsylG zulässig war und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurecht über den Antrag nach § 56 AsylG entschieden hat.

Der mit "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" betitelte § 56 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."

Der mit "Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen" betitelte § 60 AsylG 2005 lautet wir folgt:

"(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

In den legislativen Materialien finden sich folgende Erläuterungen (vgl. 1803 der Beilagen XXIV. GP; ErläutRV zu BGBl I 2012/87):

Zu § 56 AsylG 2005:

In § 56 soll aus systematischen Gründen die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen in einer Bestimmung zusammengefasst werden. Inhaltlich bildet dieser die Bestimmungen zu §§ 41a Abs. 10 und 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ab. Zielgruppe sind jene Personen, die jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit 5 Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig sind; mindestens die Hälfte davon, jedenfalls aber 3 Jahre des festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet muss der Betreffende rechtmäßig aufhältig gewesen sein.

Eine "Aufenthaltsberechtigung plus" ist zu erteilen, wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt über den Antrag eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (vgl. dazu § 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird. Mit Erteilung dieses Titels wird dem umfassten Personenkreis die Möglichkeit gegeben, einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang zu erhalten.

Soweit sie keine der Voraussetzungen erfüllen, erhalten sie einen Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung", der der bisherigen "Niederlassungsbewilligung" gemäß § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 entspricht.

Wie auch die Niederlassungsbehörden bisher zu prüfen hatten, hat nun das Bundesamt den Grad der Integration, die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache in seiner Prüfung zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sein wird dabei insbesondere, ob der Fremde Aus- und Weiterbildungen während seines Aufenthalts im Bundesgebiet in Anspruch genommen hat, etwaige Vereinstätigkeiten und Mitgliedschaften sowie vor allem seine Integration am Arbeitsmarkt. In einer Gesamtschau bedarf es für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles. Alle im Ermittlungsverfahren bekannten Tatsachen sind bei der inhaltlichen Bewertung mit zu berücksichtigen.

Im Gegensatz zu den Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 muss der Fremde den Nachweis erbringen, dass er die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt, das bedeutet jedenfalls über eine ortsübliche Unterkunft, über ausreichende Unterhaltsmittel und über eine Krankenversicherung, die in Österreich leistungspflichtig ist, verfügt. Der Nachweis einer oder mehrere dieser Voraussetzung kann durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung erbracht werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Abgabe mehrerer Patenschaftserklärungen durch verschiedene Personen unzulässig ist. Möglich ist jedoch, dass sich mehrere Personen in einer Patenschaftserklärung für den erforderlichen Betrag verpflichten. In diesem Fall haftet jeder Verpflichtende für den vollen Betrag zu ungeteilten Hand. Jeder Pate hat daher den vollen Betrag aus eigenem zu erbringen, eine Zusammenzählung der einzelnen Paten ist daher nicht zulässig. Diese Regelung entspricht der bisher im NAG normierten Regelung des § 2 Abs. 1 Z 18.

Aufgrund dessen, dass nunmehr die Zuständigkeit zur Erteilung dieses neuen Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen beim Bundesamt als Behörde des Bundesministeriums für Inneres liegt, bedarf es keiner Zustimmung durch den Bundesminister für Inneres und konnte dieses Zustimmungserfordernis daher entfallen. Folglich ist die Einrichtung eines Beirates zur Beratung für den Bundesminister für Inneres in Anlehnung an den bisher bestehenden Beirat in § 75 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ebenfalls nicht mehr erforderlich.

Aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, ist nunmehr ein Rechtsmittel in Form der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht möglich.

Zu § 60 AsylG 2005:

Der neue Abs. 1 normiert, unter welchen Voraussetzungen einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel jedenfalls nicht erteilt werden darf (absolute Versagungsgründe). Bei den Versagungsgründen handelt es sich im Wesentlichen um die bereits in § 11 Abs. 1 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 bekannten Gründe. Aufgrund der Neustrukturierung ist eine Änderung der Verweise erforderlich. Zudem wurde jedoch eine Harmonisierung zwischen den amtswegig zu erteilenden Aufenthaltstiteln und jenen, die auf Antrag zu erteilen sind, damit erreicht, dass nunmehr lediglich eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 und 3 FPG einen absoluten Versagungsgrund für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach diesem Hauptstück darstellt. Damit stellt eine aufrechte Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot von 18 Monaten gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 1a FPG nunmehr keinen absoluten Versagungsgrund mehr dar. Dies bedeutet für Asylwerber keine Änderung zur bisherigen Gesetzeslage, da Fremde bisher mit einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 antragsberechtigt waren. Lediglich Asylwerber, die straffällig geworden sind, sollen wie schon bisher (vgl. Rückkehrverbot) von der Antragstellung ausgeschlossen bleiben.

Gemäß Abs. 2 darf ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen nur erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige nachweist, dass er über eine ortsübliche Unterkunft verfügt, ausreichende Existenzmittel im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG vorhanden sind und eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung, die in Österreich leistungspflichtig ist, verfügt und durch die Erteilung des Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Diese Voraussetzungen entsprechen im Wesentlichen jenen des § 11 Abs. 2 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011.

Mit Abs. 3 wird klargestellt, dass ein Aufenthaltstitel an einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden darf, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Die Bestimmung des Abs. 3 entspricht den § 11 Abs. 2 Z 1 iVm § 11 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seiner Rechtsprechung zu den §§ 41a Abs. 10 und 43 Abs. 4 NAG idF BGBl. I Nr. 38/2011, die wie erwähnt dem § 56 AsylG 2005 zugrunde liegen, darauf hingewiesen, dass es "für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 10 NAG 2005 gerade nicht darauf ankommt, ob diese im Hinblick auf Art. 8 MRK geboten wäre" bzw. "dass zwar bei der Prüfung, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall iSd NAG 2005 vorliegt, auch die in § 11 Abs. 3 NAG genannten, bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zu beachtenden Gesichtspunkte in die Beantwortung der Frage einfließen können, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" vorliegt, dies aber nur in dem Maße, als sie auf den Integrationsgrad des betreffenden Fremden Auswirkungen haben. Daran kann schon deshalb kein Zweifel bestehen, weil § 41a Abs. 10 NAG 2005 (ebenso wie § 43 Abs. 4 NAG 2005) erkennbar vor allem jene Konstellationen erfassen soll, in denen die Schwelle des Art. 8 MRK, sodass gemäß § 11 Abs. 3 NAG 2005 ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre, noch nicht erreicht wird (vgl. VwGH 2013/22/0191 vom 18.03.2014 sowie VwGH 2012/22/0164 vom 09.09.2013, mit weiteren Verweisen; vgl. auch: Fouchs/Schwenda, Die Neuregelung der humanitären Aufenthaltstitel im Asylrecht, in: Migralex 3/2014, 58ff). Ganz konkret hält der VwGH in seiner Entscheidung vom 03.10.2013, Zl. 2012/22/0062 fest, dass die Beurteilung des Integrationsgrades gemäß § 41a Abs 10 NAG 2005 nicht in einer gesamtheitlichen Prüfung der Kriterien des Art. 8 MRK, sondern lediglich in einer isolierten Bewertung des Integrationsgrades besteht. In § 11 Abs. 3 NAG 2005 genannte Gesichtspunkte können demgemäß in dem Maße einfließen, als sie auf den Integrationsgrad des betreffenden Fremden Auswirkung haben.

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. VwGH, 10.04.2014, Zl. 2013/22/0230). Bei der Prüfung, ob ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, ist eine Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu treffen. Ein Abstellen allein auf den Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung verbietet sich dann, wenn in absehbarer Zeit mit einer Änderung der Einkommensverhältnisse zu rechnen ist. Es genügt für den Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, dass im Fall der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels eine konkretisierte Erwerbstätigkeit aufgenommen und damit das notwendige Ausmaß an Einkommen erwirtschaftet werden könnte (vgl. etwa VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/22/0024 zu einem vorgelegten Arbeitsvorvertrag in Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 Z 4 NAG).

Wie festgestellt, reiste die Beschwerdeführerin im September 2012 in Österreich ein und stellte am XXXX 2018 den gegenständlichen Antrag, sodass sie sich durchgängig seit 5 Jahren im Bundesgebiet aufhält. Die während dieser Zeit erfolgten Besuche in der Mongolei schaden in diesem Zusammenhang nicht (vgl. VwGH 16.12.2014, Ra 2014/22/0071). Von XXXX 2012 bis XXXX 2017 stützte die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt auf einen Aufenthaltstitel "Studierender" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, sodass zumindest die Hälfte ihres Aufenthaltes rechtmäßig war und die Voraussetzungen gemäß § 56 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG vorliegen. Die Beschwerdeführerin verfügt zudem über eine ortsübliche Unterkunft und einen Krankenversicherungsschutz in Österreich.

Dennoch ist der Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu folgen und ein Aufenthaltstitel nach § 56 AsylG nicht zu erteilen, weil die Beschwerdeführerin die zwingende Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG iVm § 11 Abs. 5 NAG nicht erfüllt.

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden dann zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des ASVG entsprechen.

Wie beweiswürdigend dargestellt, ist die Beschwerdeführerin mangels eigener Einkünfte nicht selbsterhaltungsfähig und bildet auch die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern keine ausreichende Grundlage zur Prognosebeurteilung, ob ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, zumal der von den Eltern zur Verfügung gestellte Betrag in Höhe von EUR 500,00 die in § 293 ASVG enthaltenen Richtsätze nicht erreicht. Ebensowenig ergibt sich aus der vorgelegten Einstellungszusage eine hinreichend konkrete Aussicht der Beschwerdeführerin auf eine Erwerbstätigkeit, mit welcher sie das notwendige Einkommen erwirtschaften könnte, weil sich diese zum einen auf XXXX 2018, sohin auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, bezieht und zum anderen weder eine konkrete Tätigkeitsbeschreibung noch die Höhe des Einkommens enthält.

Die Beschwerdeführerin spricht zwar Deutsch, hat sich einen Bekannten- und Freundeskreis aufgebaut und ist Mitglied in einem Volleyballverein, verfügt in Österreich aber - abgesehen von ihrer Tante - über keine Familienangehörigen, hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und geht auch keiner Beschäftigung nach, weshalb auch die für die Erteilung des Aufenthaltstitels erforderliche Integration nicht gegeben ist.

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen liegt nach Ansicht des Gerichts zudem ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 56 AsylG nicht vor, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen ist.

4.2. Zur Abweisung der Beschwerden gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

"1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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