TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/24 97/11/0389

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Veröffentlicht am 24.02.1998
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs2 litb;
KFG 1967 §66 Abs3;
StGB §207;
StGB §212 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in H, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 20. November 1997, Zl. Ib-277-170/97, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer - in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 13. Oktober 1997, mit dem eine vorübergehende Entziehung für die Dauer von 12 Monaten verfügt worden war - gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von 24 Monaten von der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheid an keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf; die Verbüßung einer allfälligen Strafhaft wird in diese Zeit nicht eingerechnet.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Grund für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom Sommer bis Ende 1996 seine im Jahre 1983 geborene Stieftochter wiederholt auf andere Weise als durch Beischlaf geschlechtlich mißbraucht habe. Der Beschwerdeführer wurde deswegen mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. September 1997 wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 StGB in Tateinheit mit dem Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB zu einer teilweise bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Die belangte Behörde erblickte darin eine bestimmte, die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehende bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967. Sie berücksichtigte bei der Entziehung der Lenkerberechtigung auch eine einschlägige Vorstrafe des Beschwerdeführers aus dem Jahr 1984.

Der Beschwerdeführer ist insoferne im Recht, als als bestimmte Tatsachen, aus denen auf seine Verkehrsunzuverlässigkeit geschlossen werden kann, nur die strafbaren Handlungen im Sinne des § 207 StGB herangezogen werden können. Die belangte Behörde hat aber genau das bei Erlassung des angefochtenen Bescheides getan. Die Miterwähnung der strafbaren Handlungen nach § 212 Abs. 1 StGB und die Bezugnahme auf das Sittlichkeitsdelikt aus dem Jahr 1984 erfolgten nicht in Begründung weiterer bestimmter Tatsachen, sondern der Sache nach im Rahmen der Wertung der bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967. Letzteres erfolgte zu Recht: Es weist auf eine größere Verwerflichkeit hin, wenn das Sittlichkeitsdelikt unter Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses begangen wurde und wenn es sich dabei um eine Wiederholung ähnlicher strafbarer Verhalten (wenngleich nach einer längeren Zeit des Wohlverhaltens) gehandelt hat.

Im übrigen ist der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1997, Zl. 97/11/0163, zu verweisen, in dem - unter mehrfacher Zitierung von Vorjudikatur - ausgeführt wurde, daß der Gesetzgeber in § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967 bestimmte Sittlichkeitsdelikte (darunter auch das Verbrechen nach § 207 StBG) als schwere strafbare Handlungen qualifiziert hat, deren Begehung im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b KFG 1967 typischerweise durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erleichtert wird. Daß im konkreten Fall kein Kraftfahrzeug verwendet wurde, ändert an dieser Einschätzung nichts und vermag sich für die betreffende Person nicht entscheidend auszuwirken.

Ähnliches gilt für den Umstand, daß der Beschwerdeführer seiner Behauptung nach durch eine Therapie eine Änderung seiner Sinnesart anstrebt und dies erfolgreich verlaufe. Eine tatsächlich erfolgte Änderung seiner Sinnesart wird er durch Wohlverhalten in der nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 bemessenen Zeit unter Beweis zu stellen haben.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, ihm werde trotz seiner einmaligen Bestrafung zur Last gelegt, sein strafbares Verhalten wiederholt gesetzt zu haben, ist ihm zu entgegnen, daß bestimmte Tatsachen die - von ihm nach dem Strafurteil tatsächlich wiederholt gesetzten - strafbaren Handlungen, nicht aber die einmalige strafgerichtliche Verurteilung wegen dieser strafbaren Handlungen sind.

Wenn auch im Zusammenhang mit der Begehung strafbarer Handlungen verfügte Entziehungen der Lenkerberechtigung von den Betroffenen vielfach als (weitere) Bestrafung empfunden werden, handelt es sich bei der Entziehung der Lenkerberechtigung nicht um eine Strafe. Sie wird nicht nach Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens verfügt, sondern stellt eine administrative Maßnahme dar, die zum Schutz der Öffentlichkeit erfolgt, um - im gegebenen Zusammenhang - sicherzustellen, daß von Lenkern von Kraftfahrzeugen keine schweren strafbaren Handlungen begangen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - unter abermaligem Hinweis auf das zitierte Erkenntnis vom 18. November 1997 - auch keine Bedenken dagegen, daß die belangte Behörde eine Entzugsmaßnahme nach § 73 Abs. 1 KFG 1967 (und nicht eine vorübergehende Entziehung) verfügt und die Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 mit zwei Jahren bemessen hat. Dabei spielt vor allem eine Rolle, daß die Zeit seit Begehung der letzten strafbaren Handlungen, in der überdies das gerichtliche Strafverfahren und das kraftfahrrechtliche Entziehungsverfahren durchgeführt wurden, zu kurz war, um für den Beschwerdeführer entscheidend ins Gewicht fallen zu können.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110389.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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