Entscheidungsdatum
29.01.2020Norm
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1Spruch
W163 2225676-1/10E
W163 2225676-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019, Zl. XXXX , und über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX folgenden Beschluss:
A)
I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG idgF als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Antragsteller (im Folgenden: AST) hat nach seiner unrechtmäßigen und schlepperunterstützten Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestellt.
2. Das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) hat mit Bescheid vom 10.04.2014 den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde dem AST gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm unter Spruchpunkt III. gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
3. Das BFA hat mit Spruch angeführten Bescheid den mit Bescheid vom 10.04.2014 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ASylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), dem AST einen Aufenhaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.), festgestellt, dass die Abschiebung des AST gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV.) und als Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt V.).
Dieser Bescheid wurde laut dem im Akt befindlichen Rückschein am 11.09.2019 beim zuständigen Postamt hinterlegt und als Beginn der Abholfrist der 12.09.2019 vermerkt. Am 01.10.2019 wurde der Bescheid mit dem Vermerk "retour nicht behoben" dem BFA übermittelt. Adressiert wurde der Bescheid mit XXXX (AS 189 bis 191). An dieser Adresse war der AST von 19.12.2017 bis 03.12.2019 aufrecht gemeldet.
4. Mit dem am 13.11.2019 beim BFA eingelangten Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters vom 11.11.2019 wurde Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid erhoben.
5. Nach Beschwerdevorlage samt Verwaltungsakten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an das Bundesverwaltungsgericht wurde dem AST mit Verspätungsvorhalt vom 25.11.2019 mitgeteilt, dass sich die gegenständliche Beschwerde nach Aktenlage als verspätet darstellen würde. Gleichzeitig wurde dem AST die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
6. Nach gewährter Fristerstreckung langte beim Bundesverwaltungsgericht am 27.12.2019 eine Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters des AST zum Verspätungsvorhalt und gleichzeitig ein Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der AST an jener Adresse, an welcher die Hinterlegung erfolgte, nicht mehr wohnhaft gewesen sei, da er sich die Miete nicht mehr hätte leisten können. Aus dieser Wohnung sei er schon vor dem Zeitpunkt der erfolgten Hinterlegung ausgezogen. Der AST hätte von einer bestehen Rückkehrentscheidung bei seiner Einvernahme zur möglichen Schubhaftverhängung am 10.12.2019 nichts gewusst und wäre ihm der Bescheid erst am 12.10.2019 wirksam durch die einschreitenden Exekutivbeamten zugestellt worden, weshalb die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der in Beschwerde gezogene Bescheid des BFA vom 06.09.2019 wurde laut dem im Akt befindlichen Rückschein am 11.09.2019 beim zuständigen Postamt hinterlegt und als Beginn der Abholfrist der 12.09.2019 vermerkt. Am 01.10.2019 wurde der Bescheid mit dem Vermerk "retour nicht behoben" dem BFA übermittelt. Die rechtswirksame Zustellung erfolgte mit 12.09.2019. Adressiert wurde der Bescheid an die XXXX (AS 189 bis 191). An dieser Adresse war der AST von 19.12.2017 bis 03.12.2019 aufrecht gemeldet. Der Bescheid wurde dem AST im Rahmen einer polizeilichen Anhaltung am 12.10.2019 ausgefolgt.
Der AST war zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Bescheides nicht mehr an der angeführten Adresse wohnhaft. Die Abmeldung von dieser Adresse erfolgte knapp drei Monate nach der Hinterlegung mit 03.12.2019. Der AST hat eine Änderung der Zustelladresse nicht bekanntgegeben.
2. Beweiswürdigung
Der Verfahrensgang und die Feststellungen zur Hinterlegung des Bescheides ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.
Die Feststellung zur Aufgabe des Wohnsitzes stützt sich auf die Angaben des rechtsfreundlichen Vertreters in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt.
Die Feststellung, dass der AST eine Änderung der Zustelladresse nicht bekanntgegeben hat, ergibt sich aus der Aktenlage und wurde vom AST eine Bekanntgabe auch nicht behauptet.
Die Feststellung zu den Meldedaten stützt sich auf die Einsichtnahme in das dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen zugängliche Zentrale Melderegister.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zum Spruchteil A)
3.1 Zu Spruchpunkt I.: Abweisung der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33 VwGVG lautet auszugsweise wie folgt:
"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
[...]"
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113, mwH).
Um die Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, muss das Ereignis für den Wiedereinsetzungswerber entweder unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ("oder") genügt das Vorliegen eines der beiden Momente, um den Wiedereinsetzungsanspruch zu begründen (Hengstschläger3 Rz 605 FN 1188). Der Antragsteller muss an der zeitgerechten Vornahme einer befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert gewesen sein, das er nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt er nicht abwenden konnte. Mit den Begriffen "unvorhergesehen" und "unabwendbar" sind nicht objektive Eigenschaften des "Ereignisses" angesprochen, vielmehr umschreiben sie die Relation zum Antragsteller (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Stand 01.04.2009, rdb.at, Rz 37 mit Hinweis auf Walter/Thienel AVG § 71 Anm 9).
"Unabwendbar" ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann; "unvorhergesehen" ist es hingegen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (VwGH 10.10.1991, 91/06/0162, mwH).
Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird im Bereich der Zivilprozessordnung, z.B. von Fasching im Lehrbuch des österreichischen Zivilprozesses, Rz. 580, als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfe also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (VwGH 17.05.1990, 90/06/0062).
Im Wiedereinsetzungsantrag sind neben den Angaben zur Rechtzeitigkeit die Gründe anzuführen, auf die er sich stützt, und ist ihr Vorliegen glaubhaft zu machen (VwGH 19.06.1990, 90/04/0101). Es ist bereits im Antrag konkret jenes unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG zu beschreiben, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist oder an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert hat (VwGH 27.01.2005, 2004/11/0212; vgl. auch VwGH 30.09.1990, 91/19/0045 zu § 46 VwGG). Die Behörde ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihr verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung mit einzubeziehen (VwGH 14.12.1995, 95/19/0622; 27.02.1996, 95/04/0218; 25.02.2003, 2002/10/0223; Hengstschläger3 Rz 610; Thienel4 324). Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat also nicht zu erfolgen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Stand 01.04.2009, rdb.at, Rz 115).
Für den konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:
Der AST war vom 19.12.2017 bis zum 03.12.2019 in der XXXX , aufrecht mit einem Hauptwohnsitz gemeldet und es bestanden keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Zustellung an diese Adresse und wurde das Bestehen solcher Bedenken im Antrag auf Wiederaufnahme auch nicht behauptet. Das BFA konnte daher zurecht vom Vorliegen dieser Zustelladresse ausgehen. Die rechtswirksame Zustellung erfolgte mit 12.09.2019.
Zum Vorbringen im Antrag Wiedereinsetzung, dass der AST bereits vor dem Zeitpunkt der Hinterlegung am 11.09.2019 verzogen sei, ist darauf hinzuweisen, dass der AST seiner melderechtlichen Verpflichtung, diesen Hauptwohnsitz abzumelden und einen allenfalls bestehenden neuen Wohnsitz anzumelden, nicht nachgekommen ist. Auch wenn nachvollziehbar ist, dass der AST nach der behaupteten Aufgabe des Wohnsitzes nicht mehr an diese Adresse zurückgekehrt ist und daher keine Kenntnis vor der Hinterlegung des Bescheides erlangen konnte, hat sich der AST durch sein - zudem melderechtlich sanktioniertem - Verhalten auch sorglos gezeigt. Die Verlegung eines Wohnsitzes ohne den melderechtlichen Verpflichtungen zu entsprechen kann in Hinblick auf die Hinterlegung des Bescheides nicht als unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG gesehen werden. Es lag in der Sphäre des AST den Wohnsitz ab- oder umzumelden. Gründe, die den AST dran gehindert hätten, seinen melderechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, wodurch das BFA im Rahmen der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister vom Bestehen oder Nichtbestehen einer Zustelladresse erfahren hätte, hat der AST im Antrag auf Wiedereinsetzung nicht vorgebracht.
Zusammenfassend ergibt sich, dass der AST nicht durch ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert gewesen war, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen war.
3.2. Zu Spruchpunkt II.: Zurückweisung der Beschwerden
Gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG idF beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 7 zwei Wochen, sofern nichts anderes bestimmt ist. § 7 Abs. 4 erster Satz des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBL.I Nr. 33/2013 ist, sofern es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, diesfalls nicht verwendbar.
Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen.
Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) am 12.09.2019 durch Hinterlegung zugestellt. Der letzte Tag für die fristgerechte Einbringung der Beschwerde wäre der 10.10.2019 gewesen, sodass sich die am 11.11.2019 zur Post gegebene und am 13.11.2019 beim BFA eingelangte Beschwerde als verspätet erweist und deshalb zurückzuweisen ist.
Der Auffassung des rechtsfreundlichen Vertreters in der Stellungnahme vom 27.12.2019 zum Verspätungsvorhalt, der BF hätte erst anlässlich der Einvernahme zur möglichen Schubhaftverhängung von der aufrechten Rückkehrentscheidung erfahren und der Bescheid sei dem BF erst am 12.10.2019 rechtswirksam zugestellt worden, kann nicht beigetreten werden. Aus dem vorgelegten Akt des BFA ergibt sich, dass der BF im Rahmen einer Kontrolle durch Organe der Bundespolizei angehalten und ihm der Bescheid am 12.10.2019 ausgefolgt wurde und ihm somit tatsächlich zugekommen ist. Auch wenn dem BF der Bescheid nach Ablauf der Hinterlegungsfrist am 12.10.2019 tatsächlich zugekommen ist, erfolgte die rechtswirksame Zustellung - wie oben dargelegt - durch Hinterlegung am 12.09.2019. Gemäß § 6 ZustellG löst eine neuerliche - spätere - Zustellung keine Rechtsfolgen mehr aus.
Die Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen, zumal auch der eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist abgewiesen wurde.
3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389, (2010/C 83/02) entgegenstehen.
Die im Verspätungsvorhalt vorgebrachte Sachverhalt, dass dem BF der Bescheid am 12.10.2019 im Rahmen einer Anhaltung ausgefolgt wurde, ergibt sich auch aus den vorgelegten Akten (AS 331 bis 333), weshalb von der beantragten Befragung des BF Abstand genommen werden konnte.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zum Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere der Entscheidung vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113, ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Hinterlegung, Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W163.2225676.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.06.2020