TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/27 W200 2210889-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W200 2210889-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 22.10.2018, OB: 60254300000028, über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 06.08.2018 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 20%.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 06.08.2018 unter Vorlage von medizinischen Unterlagen den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 16.09.2018, basierend auf einer Untersuchung am 11.09.2018, ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH und gestaltete sich in Auszügen wie folgt:

"Anamnese:

Erstgutachten

Antragsleiden: Varikositas

Lumboischialgie

Z.n. Entfernung einer eingebluteten Cyste in der linken Brust im Juni 2018

rezidiv. Gastritis

Bruch der rechten Großzehe 2014

Derzeitige Beschwerden

‚2 große Venen werden beim Stehen ganz dick, von der Hüfte her habe ich dann Schmerzen und muß die Beine hochlagern, die WS ist abgenützt. Trau mich nicht operieren lassen, weil mein Arbeitgeber droht mir, dass, wenn ich operieren gehe, dann werde ich gekündigt. In 2 Jahren wird das OWS gesperrt, dort arbeite ich; da möchten sie nur mehr Leihfirmen haben. Die Bandscheibe in der LWS macht Probleme, da habe ich Spritzen bekommen, habe auch Cyste in der Brust gehabt, die wurde abgesaugt mit einer Spritze.

Vor ca 3 Wochen hatte ich einen Gastritisanfall, bin von der Arbeit ins Spital gekommen. Eine chron. Gastritis wird vermutet. Habe einen Termin für Magenspiegelung 5.11.2018 Hanusch KH.

Der linke Ellbogen ist geschwollen.

Ich habe Tag- und Nacht Schmerzen.

Ich fahre noch mit dem Auto selber. Da liegt der Stock drinnen.

Bin beim Putzen einer Gefängniszelle ausgerutscht, bin aufs linke Knie gefallen, seither habe ich da Schmerzen.

Ein Zehenbruch ist schlecht geheilt. Bei Wetterwechsel spüre ich das sehr und bei Überlastung.'

Laut Betreuerin vom Behindertenverein Landstraße habe sie starke Schlafstörungen, trinke am Nachmittag viel Kaffee, damit sie munter bleibe. Sie habe Gedächtnisstörungen, sei orientierungslos, vergesse Termine.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Dr. XXXX , 1140 Wien, Hausarzt

Zolpidem, Adjuvin, Quetialan, Parkemed , Omec, Ferretab, Xyzall, Oleovit , Molaxole.

Stock im Auto, LWS Klettmieder.

Sozialanamnese:

46a, geschieden, 2 erwachsene Kinder, 1 Schülerin; Lebt mit dem jüngsten Kind, moderne

Wohnung, WC, WC, Dusche, Gasetagenheizung.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

---3.6.2011Wilhelminenspital: Raufhandel mit Contusio capit. und Cont nasi

---25.4.2014 Hanusch KH: Fract, bas. phal. dist. hall. dext. non rec.

---26.3.2015 Dr. XXXX , Röntgen Fuß: Mäßig ausgeprägter Spreizfuß bds., Mäßig ausgeprägte MTP-Arthrose I.

---15.6.2016 Dr. XXXX , Druck und Stechen links thorakal.

-LUFU unauff.

-BelastungsEKG: Ruhe-EKG: normal.

Leistungsfähigkeit: 62% des TSW.

HF-Veränderung unter Belastung: altersentsprechend.

BD-Veränderung unter Belastung: grenzwertig hyperton.

Pectanginöse Beschwerden: keine.

Arrhythmie: keine.

ST-Strecken-Veränderung: keine.

Gesamteindruck: Eindeutige Interpretation nicht möglich. Bis 135 Watt kein HW auf Belastungscoronarinsuffizienz

DIAGNOSE:

Myokarditis, 2010

Depressio

Gastritis, immer wieder

Nikotinkonsum

---4.6.2018 Radiologicum Penzing Mammographie: eingeblutete schmerzhaft Zyste links

kaudal bei 6 Uhr. BIRADS 3

---7.6.2018 Franziskusspital Brustambulanz: Zyste li bei 6 Uhr BIRADS 3

Radiologicum Margareten Cystenpunktat: Altblutiges Zystenpunktat.PAP

II

---13.6.2018 Franziskusspital Brustamb.: 13.06.2018 OA Dr. XXXX

Mamma links: weich, keine Resistenz tastbar, keine Rötung, wurde letzte Woche punktiert,

Zyto: unauff.

Sonographiekontrolle in 1 Monat, Kontrolle mit Befund.

---21.7.2018 Hanusch KH: Epigastrische Schmerzen

Hypochrom, mikrozytäre Anämie

Bekannte Mammazyste

- Z.n. Punktion (Verlaufskontrolle im Franziskusspital)

Nikotinabusus

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: sehr gut

Ernährungszustand: sehr gut

Größe: 164,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck: 120/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Haut- und Schleimhäute gut durchblutet

Caput: nicht klopfempf., HNA frei, Pupillen isocor, Lesen und FZ aus 3m möglich, Zunge

feucht, Zähne saniert

Collum: unauff

Cor: rein, rhythm., normfrequent

Pulmo: VA, Basen atemverschieblich

Abdomen: weich, kein DS, normale Peristaltik, Leber und Milz nicht palp.

WS: keine Achsenabweichung, trägt ein LWS-Klettmieder, nicht druck und nicht klopfempf., NL frei

FBA im Sitzen 0cm

OE: Kraft seitengleich, kein Tremor, Faustschluss komplett, Pinzettengriff ausführbar, FNV oB, Nacken- und Schürzengriff ausführbar, Pflaster am linken Handrücken, Muskulatur seitengleich gut ausgebildet

UE: rechter Osch 2 nicht prominente Varizen, sonst Besenreiser, keine Ödeme. Knie- und Hüftgelenke gut beweglich, Lasegue bds. neg., Beine könne ca 10cm von der Unterlage gehoben werden, Fußpulse bds. tastbar, Zehen- und Fersenstand gut möglich, Einbeinstand bds. möglich.

Gesamtmobilität - Gangbild:

AW kommt in Begleitung der Betreuerin, in sauberer Freizeitkleidung, Gangbild frei, langsam, raumgewinnend, freier Stand gut möglich. Lagewechsel selbständig möglich. Kleidung, inklusive Ab- und Anlegen des LWS Klettmieders, allein möglich.

Status Psychicus:

AW ist gut kontaktierbar, die Kommunikation ist sehr gut möglich, sie ist allseits orientiert, der Gedankengang ist geordnet, zielführend, die Stimmungslage aggravierend, der Antrieb erhalten, Aufforderungen kommt sie nach. Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis gut ausgebildet

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Depression 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da unter medikamentöser Therapie stabil und gute soziale Integration

03.06.01

20

Gesamtgrad der Behinderung: 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Nur Leiden 1

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Lumboischialgie, da nicht fachärztlich befundbelegt und im Status nicht objektivierbar

Z.n. Entfernung einer eingebluteten Cyste in der linken Brust im Juni 2018, da operativ saniert, kein weiterer Behandlungsbedarf

Varikositas, da nicht fachärztlich befundbelegt, im Status nicht über das normale zivilisatorische Ausmaß hinausgehend

rezidiv. Gastritis, da nicht fachärztlich befundbelegt

Z.n. Bruch der rechten Großzehe 2014, da abgeheilt

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

(...) Dauerzustand. (...)"

Die Beschwerdeführerin übermittelte im zum Gutachten gewährten Parteiengehör keine Stellungnahme.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 22.10.2018 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH ergeben habe. Das eingeholte Gutachten wurde dem Bescheid als Bescheidbestandteil angeschlossen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und gab im Wesentlichen an, dass sie an depressiven Verstimmungen leide, die sie oft wochenlang an jeder Aktivität hindern würden, wobei lediglich ihre persönliche Disziplin eine Überwindung ermögliche. Sie leide weiters an Varicositas, sohin Varizen, die das übliche zivilisatorische Ausmaß deutlich überschreiten würden. Überdies leide sie an einer rezidivierenden Gastritis, die außerordentlich unangenehm sei und zu einer derartigen Beeinträchtigung führen könne, dass dies allein zusammen mit der durch die Varikose verursachte Tendenz, die Bewegung zurückzunehmen und die Beine ruhig zu stellen zu einer aggravierten Isolation führe. Dazu komme, dass laut dem - der Beschwerde angeschlossenen - rezenten Gutachten von Dr. XXXX vom 03.10.2018 nunmehr die generalisierten Schmerzen im Sinne von Kopfschmerzen mit Migräneattacken, Polyarhralgien unter Gonalgien sowie gastrointestinale Beschwerden bestünden und die psychische Alteration im Sinne eines depressiven Syndroms vorliege.

In weiterer Folge holte das BVwG ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 20.08.2019 ein, welches im Wesentlichen Folgendes ergab:

"Die klinische Untersuchung findet am 29.04.2019 statt.

Untersuchungsbeginn: 12:40 Uhr. Untersuchungsende: 13:15 Uhr. Identitätsnachweis erfolgt mittels des Führerscheins.

Frau XXXX kommt in Begleitung von Herrn XXXX . Das Gangbild der BF stellt sich ohne Hilfsmittelverwendung in Konfektionsstöckelschuhen flüssig, sicher und unauffällig dar.

Auf die Neuerungsbeschränkung wird geachtet. Unterlagen, welche zur Untersuchung mitgebracht werden, werden dem Akt angeschlossen, jedoch in der gutachterlichen Beurteilung nicht berücksichtigt.

Vorgutachten:

Allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten vom 17. September 2018: festgestellt wird eine Depression mit einem Behinderungsgrad von 20 %.

Vorliegend ist ein Schreiben von Herrn Dr. XXXX vom 3. Dezember 2018. Die Beschwerdeführerin leide an depressiven Verstimmungen, die sie oft wochenlang an jeder Aktivität hindern würden. Weiters bestehe eine Varikositas. die das übliche zivilisatorische Ausmaß deutlich überschreite. Die BF leide an einer rezidivierenden Gastritis, die außerordentlich unangenehm ist und zu einer derartigen Beeinträchtigung führen könne, dass diese allein zusammen mit der durch das Krampfaderleiden verursachten Tendenz, die Bewegung zurückzunehmen und die Beine ruhigzustellen, zu einer aggravierten Isolation führen. Ein Gutachten von Herrn Dr. XXXX sei bedauerlicherweise zu spät eingelangt und habe nicht rechtzeitig vorgelegt werden können. Laut Gutachten von Herrn Dr. XXXX vom 3. Oktober 2018 würden nunmehr die generalisierten Schmerzen im Sinne von Kopfschmerzen mit Migräneattacken, Polyarthralgien und Gonalgien sowie gastrointestinale Beschwerden bestehen.

Sozialanamnese:

geschieden. 3 Kinder, eine 16-jährige Tochter wohnt im gemeinsamen Haushalt. Beruflich Hausarbeiterin im Otto Wagner Spital, seit 15. April 2019 aufgrund von Rückenbeschwerden im Krankenstand.

Relevante Befunde (die Neuerungsbeschränkung wird berücksichtigt):

Die vorliegenden Befunde belegen einen Zustand nach Prellung des Kopfes und der Nase im Juni 2011, einen Zustand nach Sturz am 25. April 2014 mit Fraktur an der Basis der rechten Großzehe mit konservativem Vorgehen, degenerative Veränderungen beider Füße und ein insgesamt unauffälliges Belastungs-EKG am 15. Juni 2016 ohne Hinweis auf Belastungskoronarinsuffizienz. Ein internistischer Befundbericht vom 15. Juni 2016 beschreibt eine Herzmuskelentzündung 2010, eine Depressio, eine wiederkehrende Gastritis bei Nikotinkonsum. Eine medikamentöse Therapie zum Eisenersatz wird verschrieben. Zudem wird eine Heilmassage verordnet. Das EKG und die Lungenfunktion sind unauffällig. Reichliches Spazierengehen, Radfahren und Wandern zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit sowie Nikotinkarenz werden empfohlen. Eine Mammografie vom 4. Juni 2018 beschreibt eine Zyste in der linken Brust. Eine Sonografie und eventuell Punktion werden empfohlen. Diese wird am 7. Juni 2018 durchgeführt. Histologisch sind keine bösartigen Tumorzellen enthalten. Ein vorläufiger Entlassungsbericht der I. Medizinischen Abteilung des Hanuschkrankenhauses vom 21. Juli 2018 diagnostiziert Beschwerden im Bauchbereich, eine Anämie, eine bekannte Zyste der Brust mit Zustand nach Punktion sowie einen Nikotinabusus. Nach medikamentöser Therapie ist eine deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik beschrieben. Bei Eisenmangelanämie wurde eine Abklärung inklusive Gastroskopie im niedergelassenen Bereich angeraten. Die Entlassung erfolgte am Folgetag in gebessertem Allgemeinzustand.

Vorliegend ist ein ärztliches Attest des Internisten Dr. XXXX vom 3. Oktober 2018. Die Patientin stehe seit Sommer 2018 in internistischer Behandlung bei Dr. XXXX . Folgende Diagnosen sind angeführt: chronisch rezidivierende Gastritis, Laktose-Intoleranz, chronische epigastrische Schmerzen, hypochrome mikrozytäre Anämie, chronischer Nikotinabusus (20- 30 Zigaretten pro Tag), Vitamin-D-Mangel, Hypercholesterinämie, Übergewicht, Obstipation (durchschnittlich einmaliger Stuhl/Woche), Hausstaubmilbenallergie, chronische Cephalea mit Migräneanfällen, Gedächtnisstörungen, Cervikocraneales Syndrom, chronische Thorakolumbalgie, Polyarthralgien, Schlafstörungen, Varikositas der unteren Extremitäten beidseits, chronisch-depressives Syndrom, Zustand nach komplizierter Brustzyste der linken Brust (Zustand nach Operations-Intervention), Zustand nach Bruch der rechten Großzehe 2014, Mobbing am Arbeitsplatz. Status: Herz und Lunge auskultatorisch unauffällig, Bauch unauffällig. Varizen beidseits, zurzeit keine Ödeme. Lasegue bei 35° rechts positiv. EKG:

unauffälliges Kurvenbild. Im Vordergrund der jetzigen Beschwerden sind die generalisierten Schmerzen (Kopfschmerzen mit Migräneattacken, Polyarthralgien, Gonalgien), gastrointestinale Beschwerden und die psychische Alteration im Sinne eines depressiven Syndroms. Die Verschlechterung der psychischen Symptomatik hat auch ein Mobbing am Arbeitsplatz verschlechtert. Die Behinderungsstufe von 20 % sei nicht ausreichend.

Subjektive Beschwerden:

Es bestehe ein Zustand nach Bronchitis im Jänner 2019. Es sei ihr damals schlechter gegangen, sie sei arbeiten gegangen, worauf sich der Zustand noch weiter verschlechtert habe. Die BF habe ein Antibiotikum bekommen. Anschließend hätte sie Rückenbeschwerden gehabt, hätte nicht Sitzen, Liegen, Stehen und Aufstehen können. Sie habe die Rettung gerufen und sei am 17. April 2019 stationär aufgenommen worden. Die Bronchitis sei chronisch. Sie rauche 10-15 Zigaretten pro Tag. Es bestehen Beschwerden in der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in beide unteren Extremitäten. Die Kreuzbeschwerden seien seit April 2019 schlechter geworden. Nach 1 Stunde Gehen, würde sie Schmerzen in der Lendenwirbelsäule bekommen. Fallweise würde der 4. Finger links und rechts einschlafen. Auch in der Halswirbelsäule und im Nacken fallweise Beschwerden. Auch Kopfschmerzen würde sie aufgrund der Verspannungen im Nacken bekommen. Zuletzt habe sie gestern und davor vor 10 Tagen Kopfschmerzen gehabt. Novalgin nehme sie bei Bedarf, dieses helfe manchmal. Physikalische Therapien habe sie bisher nicht absolviert, sie habe jedoch eine Liste mit Adressen von Therapeuten bekommen. Sie solle eine Kur machen. Am 24. Dezember 2018 sei sie in der Arbeit ausgerutscht und auf die Knie gestürzt, es bestehen immer noch Beschwerden in beiden Kniegelenken, rechts stärker als links. Nervenärztliche Kontrollen werden derzeit nicht durchgeführt. Sie sei vor etwa 1,5 Jahren bei einer Therapeutin im 12. Bezirk gewesen. Diese habe jedoch nicht gepasst. Eine Psychotherapie sei bisher nicht durchgeführt worden. Sie würde eine Nervenfachärztin suchen. Eine Gastritis sei bekannt, im November 2018 sei eine Magenspiegelung erfolgt. Eine Helicobacter-Infektion sei nachgewiesen worden und sie sei zweimal mit Antibiotika behandelt worden. Magengeschwür habe sie bisher keines gehabt. Bisher habe sie keine Operationen gehabt. In der linken Brust sei eine Zyste bekannt, im Juni 2018 sei diese punktiert worden. Die Zyste sei gutartig. Sie dürfe keine Eier essen, da sonst Beschwerden im Bauchbereich auftreten würden. Eine Allergie gegen Milch, Staub und einige Chemikalien sei bekannt. Thrombosen seien bisher nicht aufgetreten.

Medikamentöse Therapie:

Xyzall, Pantoloc, Zolpidem, Laxogol, Novalgin und Hydal und Mexalen bei Bedarf, Tardyferon.

Status Präsens:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: sehr gut, Größe: 164 cm,

Gewicht: 80 kg

Caput/Hals: unauffällig, keine Lippenzyanose,

keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich,

Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck 110/65,

Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Sprechdyspnoe, keine Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer,

Abdomen: unauffällig, weich, keine Druckpunkte, keine path. Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Danngeräusche normal und unauffällig. Nierenlager bds. frei,

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links frei, Inkl. und Rekl. frei, Verspannungen im Nackenbereich,

BWS: gerade, LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung frei,

Extremitäten:

obere Extremitäten:

Schultergelenk rechts: Beweglichkeit uneingeschränkt, Nackengriff frei, Schürzengriff frei durchführbar, Schultergelenk links:

Beweglichkeit uneingeschränkt, Nackengriff durchführbar,

Schürzengriff durchführbar, Ellenbogengelenke: Beugung und Streckung frei, Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke bds. frei, Daumengelenke bds. frei, Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits unauffällig erhalten,

UE: Hüftgelenk rechts: Flexion frei, Abd. und Add.

altersentsprechend frei,

Hüftgelenk links: Flexion frei, Abduktion und Adduktion frei,

Kniegelenk rechts: Beugung und Streckung frei, bandstabil,

Kniegelenk links: Beugung und Streckung frei, bandstabil, Sprunggelenke bds. frei, Zehenbeweglichkeit unauffällig. Fußheben und -senken bds. frei durchführbar,

beide UE können 60° von der Unterlage abgehoben werden, Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar,

Venen: verstärkte Venenzeichnung beidseits, keine maßgeblichen trophischen Störungen, Ödeme: keine.

Psych: Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich. Klar, wach, in allen Qualitäten orientiert. Stimmung ausgeglichen. Denkziel wird erreicht.

Gang: unauffälliges, sicheres und flüssiges Gangbild, ohne Hilfsmittelverwendung. Aufsetzen und Aufstehen aus liegender und sitzender Körperhaltung selbstständig und unauffällig möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand beidseits durchführbar. Freies Stehen sicher möglich. Konfektionsstöckelschuhe werden getragen.

Einschätzung und Beurteilung:

1) Festgestellte Gesundheitsschädigungen:

1

Depressives Syndrom 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da laufende medikamentöse Therapie und sozial integriert mit Behandlungsreserven bei Fehlen nervenärztlicher sowie psychotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen sowie Fehlen stationärer Aufenthalte an einer Fachabteilung.

03.06.01

20

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz dieser Position, da rezidivierende Cervikolumboischialgie mit Schmerzsyndrom sowie migräneartiger Kopfschmerzsymptomatik bei jedoch Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen und Fehlen maßgeblicher motorischer Defizite, Behandlungsreserven vorliegend (physikalische Therapien, Heilgymnastik).

02.01.01

10

2) Gesamtgrad der Behinderung: 20 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Leiden 2, es lassen sich keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen sowie motorische Defizite objektivieren, erreicht kein Ausmaß, welches mit dem führenden Leiden 1 maßgeblich wechselseitig negativ zusammenwirkt und erhöht nicht weiter.

Nachsatz: eine chronische rezidivierende Gastritis ist mittels der zeitgemäßen Therapiemaßnahmen gut behandelbar und erreicht keinen Behinderungsgrad. Ein Geschwürsleiden des Magen-Darmtraktes ist nicht dokumentiert und wird in der Anamneseerhebung nicht angegeben. Bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes liegen keine Befunde vor, welche eine Laktoseintoleranz eindeutig dokumentieren. Bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes bzw. Fehlen einer Beeinträchtigung des Ernährungszustandes sowie Fehlen maßgeblicher Pathologien des Magen-Darm-Traktes erreichen die Magen-Darmbeschwerden keinen Behinderungsgrad. Eine Blutarmut (Anämie) ist medikamentös, mittels Ernährungsmodifikation sowie Transfusionsbehandlung therapierbar und erreicht keinen Behinderungsgrad. Ein Vitamin D-Mangel erreicht keinen Behinderungsgrad, da mittels Vitamin-Substitution kompensierbar. Eine Blutfettstoffwechselstörung erreicht keinen Behinderungsgrad, da medikamentös sowie mittels Ernährungsmodifikation behandelbar. Ein Venenleiden der unteren Extremitäten bei Fehlen maßgeblicher trophischer Störungen, Fehlen einer maßgeblichen Schwellungsneigung sowie Fehlen thromboembolischer Ereignisse erreicht keinen Behinderungsgrad. Eine Zyste im Bereich der linken Brust erreicht bei Zustand nach Punktion ohne Hinweis auf Bösartigkeit keinen Behinderungsgrad. Ein Zustand nach Entzündung des Herzmuskels erreicht keinen Behinderungsgrad, da maßgebliche Funktionseinschränkungen des Herzens bzw. Folgeschäden nicht dokumentiert sind und bei unauffälligem EKG-Befund nicht objektiviert werden können. Ein behinderungsrelevantes Allergieleiden ist durch diesbezügliche allergologische Befunde nicht dokumentiert und erreicht keinen Behinderungsgrad. Ein Zustand nach Bruch der rechten Großzehe 2014 erreicht keinen Behinderungsgrad, da eine Abheilung anzunehmen ist und maßgebliche Funktionseinschränkungen fehlen.

3) Unter Berücksichtigung der nunmehr durchgeführten Anamneseerhebung und klinischen Untersuchung sowie Einbeziehung des internistischen Befundberichtes von Herrn Dr. XXXX erfolgt eine Neuaufnahme von Leiden Nummer 2 "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule". Hinsichtlich des führenden Leidens Nummer 1 "Depressives Syndrom" ergeben sich keine Änderungen zum Sachverständigengutachten vom 3. Oktober 2018. Hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung ergeben sich keine Änderungen zum Sachverständigengutachten vom 3. Oktober 2018 (siehe Begründung Punkt 2).

4) Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

Im dem der Beschwerdeführerin zu dem Gutachten gewährten Parteiengehör gab diese keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: sehr gut, Größe: 164 cm,

Gewicht: 80 kg.

Caput/Hals: unauffällig, keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich.

Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck 110/65.

Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Sprechdyspnoe, keine Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer.

Abdomen: unauffällig, weich, keine Druckpunkte, keine path. Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Danngeräusche normal und unauffällig. Nierenlager bds. frei.

Wirbelsäule:

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links frei, Inkl. und Rekl. frei, Verspannungen im Nackenbereich.

BWS: gerade, LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung frei.

Obere Extremitäten: Schultergelenk rechts: Beweglichkeit uneingeschränkt, Nackengriff frei, Schürzengriff frei durchführbar.

Schultergelenk links: Beweglichkeit uneingeschränkt, Nackengriff durchführbar, Schürzengriff durchführbar, Ellenbogengelenke: Beugung und Streckung frei, Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke bds. frei, Daumengelenke bds. frei, Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits unauffällig erhalten.

Untere Extremitäten: Hüftgelenk rechts: Flexion frei, Abd. und Add. altersentsprechend frei.

Hüftgelenk links: Flexion frei, Abduktion und Adduktion frei.

Kniegelenk rechts: Beugung und Streckung frei, bandstabil.

Kniegelenk links: Beugung und Streckung frei, bandstabil, Sprunggelenke bds. frei, Zehenbeweglichkeit unauffällig. Fußheben und -senken bds. frei durchführbar.

Beide unteren Extremitäten können 60° von der Unterlage abgehoben werden, Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar.

Venen: verstärkte Venenzeichnung beidseits, keine maßgeblichen trophischen Störungen, Ödeme: keine.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Unauffälliges, sicheres und flüssiges Gangbild, ohne Hilfsmittelverwendung. Aufsetzen und Aufstehen aus liegender und sitzender Körperhaltung selbstständig und unauffällig möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand beidseits durchführbar. Freies Stehen sicher möglich. Konfektionsstöckelschuhe werden getragen.

Status psychicus: Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich. Klar, wach, in allen Qualitäten orientiert. Stimmung ausgeglichen. Denkziel wird erreicht.

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Depressives Syndrom 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da laufende medikamentöse Therapie und sozial integriert mit Behandlungsreserven bei Fehlen nervenärztlicher sowie psychotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen sowie Fehlen stationärer Aufenthalte in einer Fachabteilung.

03.06.01

20

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz dieser Position, da rezidivierende Cervikolumboischialgie mit Schmerzsyndrom sowie migräneartiger Kopfschmerzsymptomatik bei jedoch Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen und Fehlen maßgeblicher motorischer Defizite, Behandlungsreserven vorliegend (physikalische Therapien, Heilgymnastik).

02.01.01

10

Der Gesamtgrad

der Behinderung beträgt 20%, da Leiden 2 das führende Leiden 1 nicht weiter erhöht, weil keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.09.2018 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Die Beschwerdeführerin litt zu diesem Zeitpunkt an Depressionen, die nachvollziehbar unter die Positionsnummer 03.06.01 eine Stufe über dem unteren Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 20 vH eingestuft wurden, da sie unter medikamentöse Therapie stabil ist und eine gute soziale Integration vorliegt.

Aufgrund der Beschwerde holte das BVwG ein weiteres allgemeinmedizinisches Gutachten vom 20.08.2019 ein, das grundsätzlich zum gleichlautenden Ergebnis führte.

Der vom BVwG befasste Arzt beschreibt den Status der Beschwerdeführerin genau und detailreich und unterzog auch alle von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Er gibt an, dass grundsätzlich keine Abweichung gegenüber dem Gutachten vom 16.09.2018 gegeben ist mit der Ausnahme, dass im allgemeinmedizinischen Gutachten vom 20.08.2019, aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin sowie unter Einbeziehung des mit Beschwerdeschrift vorgelegten internistischen Befundberichtes von Herrn Dr. XXXX , ein neues Leiden (Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule) in die Beurteilung aufgenommen wurde.

Das führende Leiden 1 stuft der Arzt für Allgemeinmedizin in seinem Gutachten - gleichlautend der vom SMS bestellten Gutachterin - nachvollziehbar unter Pos.Nr. 03.06.01 - Depressives Syndrom - mit einem GdB von 20 vH ein und begründet schlüssig die Anwendung einer Stufe über dem unteren Rahmensatz damit, dass eine laufende medikamentöse Therapie vorliegt und die Beschwerdeführerin sozial integriert ist und Behandlungsreserven gegeben sind bei Fehlen nervenärztlicher sowie psychotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen sowie bei Fehlen stationärer Aufenthalte in einer Fachabteilung.

Das nunmehr mit allgemeinmedizinischem Gutachten vom 20.08.2019 neu hinzugekommene Leiden 2 - Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - wird nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.01.01 mit unterem Rahmensatz dieser Position sowie mit einem GdB von 10 vH eingestuft mit der Begründung, dass zwar eine rezidivierende Cervikolumboischialgie mit Schmerzsyndrom sowie migräneartiger Kopfschmerzsymptomatik vorliegt, jedoch keine maßgebliche funktionelle Einschränkungen und maßgebliche motorische Defizite vorliegen und Behandlungsreserven gegeben sind (physikalische Therapien, Heilgymnastik).

Zum Gesamtgrad der Behinderung hält der Allgemeinmediziner in seinem Gutachten nachvollziehbar - entgegen dem Beschwerdevorbringen - ausdrücklich fest, dass sich trotz Neuaufnahme des Leidens 2 (Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule) in die Beurteilung keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung ergibt zumal das neue Leiden nicht mit dem führenden Leiden 1 auf maßgebliche Weise funktionell negativ zusammenwirkt und dieses nicht weiter erhöht. Des Weiteren hält der Allgemeinmediziner fest, dass sich bei Leiden 2 keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen sowie motorische Defizite objektivieren lassen.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin und des zugleich vorgelegten Befundes von Dr. XXXX vom 03.10.2018 führt der Allgemeinmediziner umfassend und schlüssig aus, dass eine chronische rezidivierende Gastritis mittels der zeitgemäßen Therapiemaßnahmen gut behandelbar ist und diese keinen Behinderungsgrad erreicht. Ein Geschwürsleiden des Magen-Darmtraktes ist nicht dokumentiert und wird in der Anamneseerhebung nicht angegeben. Bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes liegen auch keine Befunde vor, welche eine Laktoseintoleranz eindeutig dokumentieren. Bei Vorliegen eines sehr guten Ernährungszustandes bzw. Fehlen einer Beeinträchtigung des Ernährungszustandes sowie Fehlen maßgeblicher Pathologien des Magen-Darm-Traktes erreichen die Magen- Darmbeschwerden keinen Behinderungsgrad. Eine Blutarmut (Anämie) ist medikamentös, mittels Ernährungsmodifikation sowie Transfusionsbehandlung therapierbar und erreicht ebenfalls keinen Behinderungsgrad. Ein Vitamin D-Mangel erreicht ebenso keinen Behinderungsgrad, da dieser mittels Vitamin-Substitution kompensierbar ist. Eine Blutfettstoffwechselstörung erreicht deshalb keinen Behinderungsgrad, da diese medikamentös sowie mittels Ernährungsmodifikation behandelbar ist. Ein Venenleiden der unteren Extremitäten bei Fehlen maßgeblicher trophischer Störungen, Fehlen einer maßgeblichen Schwellungsneigung sowie Fehlen thromboembolischer Ereignisse erreicht zudem auch keinen Behinderungsgrad. Eine Zyste im Bereich der linken Brust erreicht bei Zustand nach Punktion ohne Hinweis auf Bösartigkeit keinen Behinderungsgrad. Ein Zustand nach Entzündung des Herzmuskels erreicht keinen Behinderungsgrad, da maßgebliche Funktionseinschränkungen des Herzens bzw. Folgeschäden nicht dokumentiert sind und bei unauffälligem EKG-Befund nicht objektiviert werden können. Ein behinderungsrelevantes Allergieleiden ist durch diesbezügliche allergologische Befunde nicht dokumentiert und erreicht keinen Behinderungsgrad. Ein Zustand nach Bruch der rechten Großzehe 2014 erreicht schließlich auch keinen Behinderungsgrad, da eine Abheilung anzunehmen ist und maßgebliche Funktionseinschränkungen fehlen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Beschwerdeführerin ist den eingeholten Sachverständigengutachten in ihrer Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten bzw. wurden die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunde in dem vom BVwG eingeholten Sachverständigengutachten mitberücksichtigt und waren nicht geeignet einen höheren Grad der Behinderung darzutun. Anhaltspunkte für eine Befangenheit der Sachverständigen liegen nicht vor.

Die im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 29.04.2019 durch den vom BVwG beauftragten Gutachter (Gutachten vom 20.08.2019) - und somit nach Beschwerdevorlage am 10.12.2018 - vorgelegten medizinischen Unterlagen (Patientenbrief vom 25.04.2019) können aufgrund der Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG nicht mehr berücksichtigt werden. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 von Hundert abzuweichen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Im vom Sozialministeriumservice und BVwG eingeholten Gutachten wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 % festgestellt.

Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten bzw. wurden die in der Beschwerde vorgelegten Befunde allesamt einer Beurteilung durch den vom BVwG beauftragten Sachverständigen unterzogen.

Die im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 29.04.2019 - und somit nach Beschwerdevorlage am 10.12.2018 - vorgelegten medizinischen Unterlagen (Patientenbrief vom 25.04.2019) können aufgrund der Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG nicht mehr berücksichtigt werden. Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 hat der Gesetzgeber für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. Nach dem im Beschwerdefall anwendbaren § 46 dritter Satz BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Diese Neuerungsbeschränkung ist nach § 54 Abs. 18 BBG mit 1. Juli 2015 in Kraft getreten und somit im Beschwerdefall anwendbar.

Die Einführung der Neuerungsbeschränkung erfolgte mit der gleichen Gesetzesnovelle, mit der auch eine (vom VwGVG abweichende) Verlängerung der dem Sozialministeriumservice eingeräumten Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung festgelegt wurde. Aus den parlamentarischen Materialien folgt, dass der Gesetzgeber zwischen der Schaffung großzügigerer Möglichkeiten der Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen einerseits und der Beschränkung neuer Tatsachen und Beweise im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einen unmittelbaren Zusammenhang ("im Gegenzug") gesehen hat. Die Regierungsvorlage erläutert dies wie folgt (527 BlgNR 25. GP, 4-5):

"In der Praxis hat sich gezeigt, dass neu vorgelegte medizinische Befunde und die oftmals erforderliche Beiziehung von neuen Sachverständigen häufig einen zeitnahen Abschluss der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich erschweren. Es soll daher die derzeit für Beschwerdevorentscheidungen vorgesehene zweimonatige Entscheidungsfrist auf zwölf Wochen verlängert werden. Hierdurch bleibt es einerseits Menschen mit Behinderung unbenommen, im Verfahren vor dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen bzw. in einer allfälligen Beschwerde gegen einen Bescheid alle Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Außerdem wird es dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ermöglicht in erster Instanz eine fundierte Entscheidung zu treffen, sodass die Menschen mit Behinderung durch eine gesamt zu erwartende kürzere Verfahrensdauer schneller zu ihrem Recht kommen. Im Gegenzug soll eine auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht begrenzte Neuerungsbeschränkung geschaffen werden. ..."

Im Gesetzeswortlaut ("in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht") kommt zum Ausdruck, dass die Neuerungsbeschränkung nicht für das Beschwerdeverfahren als Ganzes (d.h. einschließlich des behördlichen Beschwerdevorverfahrens), sondern erst ab dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (somit ab Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht und somit nicht bereits im behördlichen Beschwerdevorverfahren) gelten soll. Neuerungen, die bereits in der Beschwerde vorgebracht werden, sind daher von vornherein nicht von der Beschränkung erfasst und können (müssen) auch vom Bundesverwaltungsgericht noch berücksichtigt werden. Besonders klar kommt die entsprechende Gesetzesintention im Ausschussbericht (564 BlgNR 25. GP) zum Ausdruck, wo es heißt:

"Der Ausschuss für Arbeit und Soziales stellt dazu fest, dass dieses Neuerungsverbot nur unmittelbar für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, nicht jedoch für die Beschwerdevorentscheidung gilt. Weiters geht der Ausschuss davon aus, dass das Sozialministeriumsservice die Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung einschließlich einer allfälligen Beweisergänzung im Sinne einer sozialen Rechtsanwendung und der Verfahrensökonomie nutzen wird, auf jeden Fall jedoch bei Vorbringen neuer Tatsachen oder Beweismittel in der Beschwerde eine Beschwerdevorentscheidung zu ergehen hat."

Die gegenständliche Beschwerde ist dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 10.12.2018 vorgelegt worden. Die erstmals bei der Untersuchung am 29.04.2018 vorgelegten und mit Übermittlung des Gutachtens (vom 20.08.2019) am 03.09.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten medizinischen Unterlagen sind demnach als neue Beweismittel zu werten, welche in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht berücksichtigt werden können.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das das Erkenntnis des VwGH Ra 2018/11/0204-7, Rz 24 vom 13. Dezember 2018 betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:

§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.

Analog dazu wird fallgegenständlich darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung "Mit einem Grad der Behinderung von 20% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses." bieten. Auch die Formulierung "Ihr Antrag ist daher abzuweisen." ist insofern falsch als sie eine Handlungsanweisung bzw. eine Forderung an einen Dritten beinhaltet, den Antrag abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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