TE OGH 2020/2/25 14Os124/19w

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Veröffentlicht am 25.02.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Februar 2020 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Dr. Ondreasova in der Strafsache gegen Otto S***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 7. Jänner 2019, GZ 602 Hv 3/18a-561, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant – Otto S***** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (A./I./) und des Verbrechens der Bestechlichkeit nach § 304 Abs 1 erster Fall und Abs 2 erster Fall StGB (A./II./) schuldig erkannt.

Danach hat er in Schwechat und andernorts

A./ als Geschäftsführer der Vi***** GmbH (im Folgenden: V***** GmbH)

I./ seine ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch die V***** GmbH in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt, indem er im Jahr 2012 für die genannte Gesellschaft tätige Arbeitnehmer und Leiharbeitnehmer anwies, Arbeiten am Einfamilienhaus seiner Tochter Elisabeth S***** durchzuführen (zu ergänzen [US 7]: ohne dies im Auftragsbuch der GmbH einzutragen und die Rechnungslegung durch diese zu veranlassen), wobei die Arbeiten im Zeitraum von Oktober 2012 bis April 2013 durchgeführt wurden und der Schaden 26.344,52 Euro betrug;

II./ sohin als Amtsträger, zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2013 für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts, nämlich den Bezug von Leiharbeitnehmern von der P***** P***** GmbH (im Folgenden: P***** GmbH) durch die V***** GmbH unter Verstoß gegen interne Richtlinien ohne Einholung von Vergleichsangeboten, einen 3.000 Euro übersteigenden Vorteil, nämlich eine Preisvergünstigung in Höhe von „rund“ 8.000 Euro beim Einbau einer Heizung, für einen Dritten, und zwar für seine Tochter Elisabeth S*****, von Christian W***** als Geschäftsführer der B***** G***** GmbH gefordert.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 1, 4, 5, 5a, 9 lit a, 10 und 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Das unter dem Titel „Präambel“ erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach andere gegen ihn geführte Strafverfahren eingestellt worden seien und er mit dem angefochtenen Urteil „von weiteren 11 Anklagefakten“ freigesprochen worden sei, lässt keinen Bezug zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung.

Die

Besetzungsrüge (Z 1) moniert, dass nach der mit Beschluss vom 6. November 2018 angeordneten Trennung des Verfahrens gegen einen im „vorgeworfenen Tatzeitraum noch nicht volljährigen“ (Mit-)Angeklagten aufgrund der nicht gehörigen Besetzung des Schöffengerichts die „Hauptverhandlung vom 5. November 2018“ nicht wiederholt worden sei. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor, weil die gegen den Angeklagten ergangenen Schuldsprüche, die nicht Straftaten eines unter 21-Jährigen betreffen, vom ursprünglichen (lediglich in Bezug auf den zu den Tatzeitpunkten minderjährigen Mitangeklagten gegebenen) Besetzungsmangel nicht berührt werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 102; RIS-Justiz RS0119259 [T1]).

Zum Schuldspruch A./I./:

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert, dass über den Antrag auf Verlesung der polizeilichen Aussage des Zeugen U***** vom 3. März 2015 (ON 560 S 20) nicht entschieden worden sei. Sie scheitert bereits daran, dass

der genannte Antrag mangels Bekanntgabe eines Beweisthemas nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 55 Abs 1 und 2 StPO entsprach (vgl RIS-Justiz RS0099301). Im Übrigen wurde eben diese Aussage dem genannten Zeugen bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vorgehalten (ON 544 S 2), womit sie iSd § 258 Abs 1 StPO vorgekommen ist (vgl

Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 57; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 203; RIS-Justiz RS0107792 [T2]).

Der weiteren Verfahrensrüge zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf „Verlesung der der Aufstellung der erhebenden Polizeibeamten, ON 185, AS unleserlich, zugrunde liegenden Bautagebücher der Arbeiter“ und „der daraus abgeleiteten Stundenaufzeichnungen ON 185, S 545 ff“ (ON 560 S 25) Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Denn der Antrag ließ mit der Behauptung, dass (offenkundig auch zum Faktum A./I./) „eine Aufzeichnung von Arbeitsstunden in dem von der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Ausmaß nicht stattgefunden hat, unrichtig ist und nicht in dieser Höhe zugeordnet werden kann“, nicht erkennen, dass er einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand (etwa infolge Wegfalls der Wertqualifikation nach § 153 Abs 3 erster Fall StGB) betreffe (RIS-Justiz RS0116503 [T2]). Im Übrigen war der Antrag auch auf (im Hauptverfahren) unzulässige

Erkundungsbeweisführung gerichtet, weil weder offensichtlich noch dem Vorbringen zu entnehmen war, warum die Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS-Justiz RS0099453).

Das im Rechtsmittel zur Begründung der Anträge nachgetragene Vorbringen ist aufgrund des insoweit geltenden Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet, dass „in der Hauptverhandlung“ vorgekommene Beweismittel zur entscheidenden Tatsache, wonach „die Arbeiten der V***** Mitarbeiter am Hause der Tochter des Ing. Otto S***** noch nicht abgeschlossen und daher auch noch nicht in Rechnung zu stellen waren“, nicht berücksichtigt worden seien. Dem Beschwerdevorbringen zuwider betrifft der – auch in der Rechtsrüge erhobene – Einwand, mangels Fertigstellung der Arbeiten und Fälligkeit der Rechnung sei durch die Nichtbezahlung der erbrachten Leistungen in den Jahren 2012 und 2013 noch kein Schaden eingetreten, – mit Blick auf die für die Tatbestandsmäßigkeit ausreichenden Feststellungen zum Schädigungsvorsatz des Angeklagten (US 7) – keine für die Schuld- und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache (vgl RIS-Justiz RS0122137; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 645).

Soweit die Beschwerde die erstgerichtliche Bewertung der

Aussage des Zeugen U***** als unglaubwürdig (US 14) kritisiert, verkennt sie, dass der der Annahme der Glaubwürdigkeit oder

Unglaubwürdigkeit eines Zeugen zugrunde liegende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588).

Aktenwidrig iSd Z 5 fünfter Fall sind die Entscheidungsgründe, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben, nicht hingegen im Fall eines – wie hier – behaupteten Widerspruchs zwischen dem Inhalt eines Beweismittels und den festgestellten Tatsachen (RIS-Justiz RS0099547). Mit der unter diesem Aspekt sohin verfehlten Kritik, der zufolge der Angeklagte (nach Kenntniserlangung der Strafverfolgungsbehörden von der Straftat, US 8) entgegen den Feststellungen nicht lediglich 19.506,42 Euro, sondern „laut Rechnung 064/14“ ... „den gesamten ihm in Rechnung gestellten Betrag“

bezahlt habe, spricht die Beschwerde im Übrigen auch keine entscheidenden Tatsachen an (RIS-Justiz RS0117499), haben doch nachträgliche Zahlungen nur den Charakter einer

Schadensgutmachung (RIS-Justiz RS0095462).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) den von den Tatrichtern aus dem Unterbleiben der „Aufnahme des Projektes in das Auftragsbuch“ gezogenen Schluss auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite unter Bezugnahme auf Passagen der Aussagen der Zeugen U***** und S***** mehrfach als „gegen jede Lebenserfahrung“ bezeichnet und darüber hinaus den getroffenen Feststellungen – ohne die gebotene Bezugnahme auf aktenkundiges Beweismaterial unter konkreter Bezeichnung der Fundstellen – eigene beweiswürdigende Erwägungen entgegenstellt, orientiert sie sich mit Letzteren nicht am gesetzlichen Anfechtungsrahmen (RIS-Justiz RS0119424, RS0124172) und vermag im Übrigen keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, der Angeklagte habe durch die bloße Anweisung an die Arbeitnehmer und Leiharbeitnehmer der V***** GmbH, Arbeiten durchzuführen, keinen Missbrauch seiner Befugnisse als Geschäftsführer dieser Gesellschaft begangen, weil es keine Regel oder interne Anweisung gebe, die die gegenständliche Auftragserteilung untersagen würde. Dabei vernachlässigt sie prozessordnungswidrig die weitergehenden Feststellungen, wonach die Erteilung des Arbeitsauftrags durch den Angeklagten damit verbunden war, dessen Abrechnung durch Nichteintragung in das Auftragsbuch und Unterlassung der Information weiterer Verantwortlicher gezielt zu verhindern (US 7, 15), und legt nicht dar, warum eine Auftragserteilung zu privaten Zwecken auf Kosten der GmbH durch deren (aus § 25 Abs 1a GmbHG zur Nutzung seiner Vertretungsmacht zum Wohl der GmbH und zur steten Wahrung deren Vorteils

verpflichteten [vgl RIS-Justiz RS0131129]) Geschäftsführer vorliegend korrekten Befugnisgebrauch darstellen soll. Soweit die Beschwerde die Feststellungen zur Kausalität der Unterlassungen für die Nichtverrechnung und zur darauf gerichteten Intention des Angeklagten mit eigenen beweiswürdigenden Überlegungen bestreitet, unterlässt sie ebenfalls den für die Geltendmachung materieller Nichtigkeit gebotenen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem anzuwendenden Gesetz (RIS-Justiz RS0099810).

Mit der Behauptung, es sei noch kein Schaden eingetreten, wird die Rechtsrüge auf die Antwort zur Mängelrüge verwiesen. Im Übrigen argumentiert die Beschwerde nicht methodengerecht, soweit sie in diesem Zusammenhang weitere Feststellungen fordert, wonach die Arbeiten am Haus der Tochter des Beschwerdeführers „bis über den Zeitpunkt der tatsächlichen Verrechnung und Zahlung hinaus nicht abgeschlossen waren“. Denn sie leitet mit der bloßen Behauptung, eine Werkleistungshonorierung sei bei Werkverträgen vor Abschluss der Leistungen allgemein unüblich, nicht aus dem Gesetz ab (RIS-Justiz RS0116565), warum es im vorliegenden Fall auf die tatsächliche Fertigstellung der Arbeiten ankäme und der Vermögensschaden (in Höhe des wirtschaftlichen Gegenwerts der erbrachten Leistung – vgl 10 Os 103/83, 12 Os 96/92; RIS-Justiz RS0094836 [T1]) nicht – iSd getroffenen Feststellungen – schon durch die Erbringung von Leistungen im Wert von 26.344,52 Euro (US 7) ohne gleichzeitige Begründung einer für den Machtgeber realisierbaren (weil ihm bekannten) Forderung eingetreten sei.

Mit den weiteren Beschwerdebehauptungen (Z 9 lit b), der Angeklagte wäre selbst im Falle der Annahme, dass er „ursprünglich nicht daran gedacht“ habe, die beauftragten Leistungen in Rechnung stellen zu lassen und zu zahlen, „durch die Aufforderung an die V***** GmbH, Rechnung zu legen, … freiwillig vom Versuch zurückgetreten“ (§ 16 StGB), entfernt sich die Rechtsrüge prozessordnungswidrig vom festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810), ohne einen Feststellungsmangel durch Hinweis auf entsprechende Verfahrensergebnisse (RIS-Justiz RS0116735) prozessförmig geltend zu machen.

Soweit die Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 3) Angaben zur subjektiven Tatseite des Angeklagten im (deklarativen)

Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) vermisst, übergeht sie die (zur Verdeutlichung des Tenors heranzuziehenden) Entscheidungsgründe (US 7; RIS-Justiz RS0116587; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 8).

Zum Schuldspruch A./II./:

Mit dem Vorbringen, es finde sich „kein Beweisergebnis“ dafür, „dass überhaupt, gegebenenfalls wann (warum erst nach Auftragsverteilung) und in welcher Form“ der Beschwerdeführer „diesen Preisvorteil gefordert hätte“, wird von der Beschwerde keine der fünf Kategorien von Begründungsfehlern der

Z 5 des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht (12 Os 60/19v mwN).

Die Behauptung der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die Feststellungen zur Forderung einer Preisvergünstigung seien auch ohne Begründung geblieben, übergeht die diesbezüglichen Erwägungen des Erstgerichts, nach denen der Angeklagte „sowohl für die Vertragsanbahnung als auch weitere Verhandlungen verantwortlich war“ und es angesichts dieses Umstands „lebensfremd“ sei, nicht anzunehmen, „diese Idee“ wäre von ihm ausgegangen (US 21).

„In welcher Form“ der Angeklagte den „Preisvorteil“ gefordert hat, betrifft keine entscheidende Tatsache.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider ist die (für die Verknüpfung von Vorteil und Amtsgeschäft [mit-]entscheidende) Feststellung (vgl RIS-Justiz RS0096152), wonach der Angeklagte gewusst habe, dass Christian W***** an der P***** GmbH beteiligt war (US 9), nicht unbegründet geblieben. Das Schöffengericht stützte sich hiezu mängelfrei auf das langjährige Bekanntschaftsverhältnis zwischen S***** und W*****, dem zufolge es lebensfremd sei, dass die Genannten „ausgerechnet über die Gesellschaftsbeteiligung bei der P***** nicht gesprochen“ hätten, sowie auf die Angaben des Letztgenannten im Ermittlungsverfahren, nach denen dieser im Hinblick auf das zwischen der V***** GmbH und P***** GmbH bestehende Geschäftsverhältnis „allgemeine Dinge“ im Zusammenhang „mit der Vermittlung des Flughafens“ mit dem Beschwerdeführer besprochen habe (US 17 f).

Soweit die Mängelrüge eine Begründung der Feststellung vermisst, dass der Angeklagte den Vorteil iSd § 304 Abs 1 StGB „zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2013“ (US 9) – und nicht schon bei Auftragserteilung 2012 – gefordert habe, und diesbezüglich auch eine Unvollständigkeit infolge Nichterörterung eines (verlesenen) Schriftstücks (Z 5 zweiter Fall) geltend macht, bezieht sie sich auf keine entscheidende Tatsache. Denn der Angeklagte war – der Kritik zuwider – nicht erst nach dem durch das KorrStrÄG 2012 mit 1. Jänner 2013 erweiterten Begriff als Amtsträger iSd § 74 Abs 1 Z 4a StGB anzusehen, sondern – auf Grundlage der unbekämpften Feststellungen, wonach die V***** GmbH auch schon 2012 der Prüfung durch den Rechnungshof unterlag (US 7 iVm 2) – bereits in diesem Jahr (vgl § 74 Abs 1 Z 4a lit d StGB idF BGBl 2009/98).

Mit ihren die Pflichtwidrigkeit der (zugesagten) Amtshandlung in Abrede stellenden Ausführungen (Z 5 zweiter Fall), denen zu Folge „wahrscheinlich sogar bis heute“ keine förmlichen Vergleichsangebote bei der Beauftragung von Leiharbeitsunternehmen eingeholt würden und ohnehin (faktische) „Vergleichsanbote“ vorhanden gewesen wären, „da immer wieder unterschiedliche Unternehmen mit inhaltlich gleichen Aufträgen betraut wurden und somit immer Vergleichskonditionen und -preise vorlagen“, erschöpft sich die Beschwerde in bloßen Spekulationen, ohne dazu angeblich unerörtert gebliebene Verfahrensergebnisse aufzuzeigen (RIS-Justiz RS0118316 [T4]).

Der Einwand, es bestehe „bis zum heutigen Tag“ eine Weiterbeschäftigung von Leiharbeitern über die P***** GmbH, spricht keine

erheblichen Tatsachen (RIS-Justiz RS0118316; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409) an, sodass das in diesem Kontext relevierte Schreiben der V***** GmbH vom 9. November 2017 und die darauf bezogene Aussage des Zeugen Walter C***** nicht erörterungsbedürftig waren.

Die weitere Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall, nominell auch Z 10) behauptet, die vom Erstgericht festgestellte „Pflichtwidrigkeit der Amtshandlung“ liege nicht vor, weil die „Organe der Muttergesellschaft F***** W***** AG“ ihre Zustimmung zur Auftragsvergabe an Leiharbeitsunternehmen (und somit auch wie hier an die P***** GmbH) ohne „Einholung von Vergleichsangeboten“ erteilt hätten. Aus den in diesem Zusammenhang als übergangen reklamierten Sitzungsprotokollen ergibt sich jedoch lediglich – wie die Beschwerde an anderer Stelle selbst einräumt –, dass der Angeklagte „regelmäßig ... über die Beschäftigung von Leiharbeitern und die Auftragsverteilung im Detail berichtet“ habe. Die behauptete Zustimmung der „Organe der Muttergesellschaft“ zur inkriminierten Vorgangsweise ist aus diesen Sitzungsprotokollen jedoch nicht abzuleiten.

Soweit die Mängelrüge mit ihren Ausführungen die Höhe der von der B***** G***** GmbH erbrachten Leistungen in Frage zu stellen versucht, lässt sie

keinen Bezug zu einem Nichtigkeitsgrund erkennen (§§ 285 Abs 1 zweiter Fall, 285a Z 2 StPO).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) versucht mit der Kritik an der Beweiswürdigung des Schöffengerichts zum „hergestellte[n] Zusammenhang [zwischen] einem Heizungseinbau im Haus der Tochter … [und] der Beauftragung der P***** P***** GmbH durch die V***** A***** I***** GmbH“ und dem Verweis, dass die „Preisvergünstigung in Höhe von rund 8.000 Euro beim Einbau der Heizung nicht nachvollziehbar“ sei, Bedenken gegen die getroffenen Feststellungen prozessordnungswidrig nicht aus den Akten, sondern nur aus den Erwägungen der Tatrichter und aus eigenen beweiswürdigenden Überlegungen abzuleiten (RIS-Justiz RS0117961). Soweit die Beschwerde darüber hinaus das Fehlen aktenkundiger Verfahrensergebnisse für die Schuld des Angeklagten behauptet, nicht aber gegen dessen Schuld sprechende Tatumstände releviert, gelangt sie ebenso wenig zu prozessförmiger Darstellung (RIS-Justiz RS0128874).

Zum nominell auch im Rahmen der

Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobenen Einwand, wonach als Tatzeitpunkt für das hier tatbildliche Fordern eines Vorteils nach § 304 Abs 1 StGB von einem „nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 1. Jänner 2013 auszugehen“ sei, wird auf die Antwort zur

(der Sache nach inhaltsgleich argumentierenden) Mängelrüge verwiesen. Indem sich der Nichtigkeitswerber auf den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) bezieht, macht er weder einen materiellen noch einen formellen Nichtigkeitsgrund geltend (RIS-Justiz RS0099756, RS0102162).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) richtet sich gegen die von den Tatrichtern angenommene Pflichtwidrigkeit des (zugesagten) Amtsgeschäftes, indem sie darauf verweist, dass „im Unterlassen der Einholung jeweils von konkreten Kontrollofferten vor Vergabe eines einzelnen Auftrages nicht von einer Pflichtwidrigkeit auszugehen“ sei, „da die Kontrolle durch das Vorliegen von Angeboten und die Tätigung von Vertragsabschlüssen identen Umfangs und identer Leistungen mit mehreren Unternehmen“ ohnehin vorliege.

Die Beschwerde hält mit den urteilsfremden Spekulationen nicht am gesamten Urteilssachverhalt fest (RIS-Justiz RS0099810), nach dem der Angeklagte für die pflichtwidrige Vornahme eines (konkret umschriebenen) zukünftigen Amtsgeschäfts (RIS-Justiz RS0129092), unter Missachtung interner Richtlinien ohne Einholung von Vergleichsanboten (vgl Nordmeyer/Stricker in WK2 StGB § 304 Rz 28), einen Vorteil für einen Dritten forderte. Soweit die Beschwerde Feststellungen fordert, denen gemäß die Auftragsvergabe an die Leiharbeitsunternehmen seit Jahren „ohne Ausschreibung und ohne Einholung förmlicher Kontrollangebote“ erfolgt sei und diese Vorgehensweise den „Organen der Flughafen Wien AG bekannt war“ und „von diesen genehmigt war“, legt sie nicht methodengerecht dar

(RIS-Justiz RS0116565), inwieweit solche in der Vergangenheit gelegene Vorgehensweisen etwas an der hier vorliegenden Pflichtwidrigkeit des (in Aussicht gestellten) Amtsgeschäfts durch den Verstoß gegen die „spätestens ab Jänner 2013“ in Geltung stehenden internen Richtlinien zur Auftragsvergabe (und der damit verbundenen Verpflichtung zur Einholung von Vergleichsanboten) ändern sollen (US 9 f).

Ebenfalls gegen die vom Erstgericht angenommene Pflichtwidrigkeit des Amtsgeschäfts richtet sich die Beschwerde, indem sie weitere Feststellungen reklamiert, nach denen die im vorliegenden Fall relevante Auftragsvergabe an die P***** GmbH den „Organen der Muttergesellschaft F***** W***** AG“ bekannt und von diesen in den Sitzungen des Beirats „zur Kenntnis genommen und genehmigt“ worden sei. Sie unterlässt es aber, ein in diese Richtung weisendes Sachverhaltssubstrat zu benennen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 601). Denn der reklamierte Sachverhalt wird – wie bereits in der Mängelrüge ausgeführt – durch die in diesem Zusammenhang (allein) genannten Sitzungsprotokolle des Beirats gerade nicht indiziert.

Eine Diversionsrüge (Z 10a) ist – unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 198 StPO – auf Basis der Urteilsfeststellungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS-Justiz RS0124801, RS0116823). Diese Voraussetzungen verfehlt das zu diesem Nichtigkeitsgrund erstattete Vorbringen schon deshalb, weil es das Fehlen einer – für eine diversionelle Erledigung indes erforderlichen (RIS-Justiz RS0126734) – Verantwortungsübernahme des Beschwerdeführers übergeht (vgl US 13 ff und 17 ff iVm ON 510 S 5 und ON 514 S 99). Mit ihren für das Nichtvorliegen „schwerer Schuld“ eintretenden Ausführungen zu A./II./, denen zufolge dem Beschwerdeführer „nicht bewusst“ gewesen sei, dass er „überhaupt eine Pflichtwidrigkeit“ begangen habe (vgl demgegenüber US 11), bestreitet die Rüge lediglich die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen. Zudem lässt das Beschwerdevorbringen, wonach der Angeklagte aus der Tat nach § 304 Abs 1 und 2 erster Fall StGB keinen „ungewöhnlich hohen Vorteil … für seine Tochter“ gezogen habe, außer Acht, dass der (in weiterer Folge auch tatsächlich eingetretene) Vermögensvorteil nach den getroffenen Feststellungen „rund“ 8.000 Euro betrug.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung des Beschwerdeführers – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1

StPO.

Textnummer

E127677

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00124.19W.0225.000

Im RIS seit

30.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.08.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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