Index
E3L E05203020Norm
EStG 1988 §3 Abs1 Z21Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des S in B, vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun, Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 18. September 2017, Zl. RV/7104001/2017, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber brachte mit Schriftsatz vom 22. November 2015 Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 27. Oktober 2015 ein und beantragte, die von seinem Arbeitgeber im Lohnzettel berücksichtigten Sachbezüge für Fahrbegünstigungen (gemäß § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 in der für das Jahr 2013 gültigen Fassung) steuerfrei zu belassen. Zur Begründung führte er aus, er sei seit 1989 Dienstnehmer der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Seinen Dienstvertrag habe er mit dem damaligen Rechtskörper ÖBB abgeschlossen, der sowohl Infrastrukturbetreiber als auch Eisenbahnbeförderungsunternehmen gewesen sei.
2 Durch Aufteilung der ÖBB im Jahr 2005 seien mehrere Konzerngesellschaften gegründet und die Mitarbeiter entsprechend ihrer Tätigkeit den einzelnen Gesellschaften zugeteilt worden. Der Revisionswerber sei im Bereich Infrastruktur tätig gewesen und - unter Wahrung des bisherigen Dienstrechts - entsprechend zugeteilt worden. Alle weiteren Versetzungen seien ebenfalls unter Wahrung des bisherigen Dienstrechts erfolgt.
3 Nunmehr gebe es einen Bescheid der Finanzverwaltung, dass gewisse Konzerngesellschaften kein Eisenbahnbeförderungsuntern ehmen darstellten und die gewährte Fahrbegünstigung für die dort beschäftigten Mitarbeiter seit 2011 lohnsteuerpflichtig sei. Die Fahrbegünstigung für Mitarbeiter und deren Familienangehörige gebe es seit Gründung der ÖBB, weshalb nicht einsichtig sei, wieso dafür nunmehr Lohnsteuer zu zahlen sei. Für den Revisionswerber sei dies "ein ersessenes Recht", das schon seit vielen Jahren praktiziert werde. Schließlich habe er seinen Dienstvertrag mit einem Eisenbahnunternehmen abgeschlossen und nicht mit irgendeiner anderen Firma, die seitdem, warum auch immer, gegründet worden sei.
4 Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. Mai 2016 keine Folge und führte zur Begründung aus, im Kalenderjahr 2013 sei eine Gesellschaft Arbeitgeberin des Revisionswerbers gewesen, deren Unternehmensgegenstand laut Firmenbuch die Erbringung von Dienstleistungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie
und der elektronischen Datenverarbeitung sei. Da es sich bei dieser Gesellschaft nicht um ein Beförderungsunternehmen im steuerlichen Sinn handle, sei die Beschwerde abzuweisen. Zudem werde darauf hingewiesen, dass das Steuerrecht (im Gegensatz zum Zivilrecht) keine Ersitzung von Rechten kenne. Bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns könne es deshalb, wie im Fall des Revisionswerbers, zu steuerlich relevanten neuen Sachverhalten kommen, die auch neue Rechtsfolgen nach sich ziehen würden.
5 Der Revisionswerber beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es stellte fest, der Revisionswerber sei im Jahr 2013 Dienstnehmer einer Gesellschaft gewesen, deren Unternehmensgegenstand in der Erbringung von Dienstleistungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie und der elektronischen Datenverarbeitung gelegen sei. Die Dienstgeberin habe ihm 2013 Fahrbegünstigungen gewährt, deren Sachbezugswert in Höhe von insgesamt 873,96 EUR sie in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer 2013 einbezogen habe.
7 Gemäß § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 sei der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung der eigenen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen bei Beförderungsunternehmen von der Einkommensteuer befreit.
8 Der Verwaltungsgerichtshof habe dazu im Erkenntnis vom 19. September 2013, 2013/15/0183, festgehalten, dass diese Steuerbefreiung eine "Beförderung der eigenen Arbeitnehmer" voraussetze. Eine "Beförderung der eigenen Arbeitnehmer" liege aber nur dann vor, wenn der Arbeitgeber selbst die Beförderung - als Beförderungsunternehmen - durchführe. Werde hingegen die Beförderung durch einen Dritten, der ebenfalls ein Beförderungsunternehmen führe, erbracht, liege keine Beförderung der eigenen Arbeitnehmer vor.
9 Der Revisionswerber bringe selbst vor, dass es sich bei seiner Arbeitgeberin um kein Beförderungsunternehmen handle, sich aber im Konzern, dem die Arbeitgeberin angehöre, ein Beförderungsunternehmen befinde, welches die kostenlosen bzw. verbilligten Beförderungsleistungen durchführe. Da somit feststehe, dass die kostenlose bzw. verbilligte Beförderung nicht durch die Arbeitgeberin des Revisionswerbers selbst erfolgt sei, könne dieser nicht mit Erfolg die Steuerbefreiung des daraus erzielten geldwerten Vorteiles einfordern. Dabei sei es auch unerheblich, dass er vor den Umgründungen im Konzern Dienstnehmer einer Gesellschaft gewesen sei, deren Unternehmensgegenstand unter anderem auch in der Beförderung von Personen bestanden habe.
10 Eine Revision erklärte des Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil über die Frage, "ob kostenlose oder verbilligte Beförderungsleistungen durch andere Unternehmen als den Arbeitgeber steuerbefreit sein können, im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.09.2013, 2013/15/0183) entschieden wurde".
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der das Finanzamt nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst vor, der vorliegende Sachverhalt sei anders gelagert als jener im Erkenntnis vom 19. September 2013, 2013/15/0183. Dort "wird einem Drittunternehmer eine Vergünstigung von der ÖBB gewährt, welche vom Drittunternehmer an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben wird, sodass zurecht diese Vergünstigung vom VwGH als Einkommensbestandteil angesehen wurde und daher nicht unter den Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG subsummiert" worden sei. Im gegenständlichen Fall handle es sich beim Dienstgeber des Revisionswerbers um kein Drittunternehmen, sondern um einen Konzern, der einen gemeinsamen Zweck, nämlich die Personenbeförderung, verfolge. Es mangle an höchstgerichtlicher Judikatur hinsichtlich der Wirkung des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 im Rahmen eines Konzerns, bei dem ein definierter gemeinsamer Konzernzweck bestehe. Darüber hinaus übersehe das Bundesfinanzgericht, dass es gemäß der Richtlinie 2001/23/EG bei Betriebsübergängen zu keiner Schlechterstellung der Mitarbeiter kommen dürfe. Durch die vom Bundesfinanzgericht eingenommene Rechtsposition werde dem Bundesbahnstrukturgesetz 2003 auch eine diskriminierende Wirkung beigemessen, "da die vom Betriebsübergang betroffenen Mitarbeitern der ÖBB gegenüber der gesamten Rechtsordnung schlechter gestellt werden, da in keinem sonstigen Betriebsübergang die finanzielle Schlechterstellung zulässig ist".
16 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
17 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. September 2013, 2013/15/0183, VwSlg. 8853/F, ausgesprochen hat, liegt eine Beförderung der eigenen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, nur dann vor, wenn der Arbeitgeber selbst die Beförderung - als Beförderungsunternehmen - durchführt. Dass sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von jenem unterscheidet, der dem Erkenntnis vom 19. September 2013 zugrunde lag, trifft nicht zu, weil der Dienstgeber des Revisionswerbers im streitgegenständlichen Zeitraum - nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes - eine Gesellschaft war, deren Unternehmensgegenstand in der Erbringung von Dienstleistungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie
und der elektronischen Datenverarbeitung und nicht in der Personenbeförderung lag. Dass diese Gesellschaft einem Konzern angehört, der als gemeinsamen Zweck die Personenbeförderung verfolgt, reicht nach der hier noch maßgeblichen Rechtslage nicht aus, um die Voraussetzungen der Steuerbefreiung ("Beförderung der eigenen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen") zu erfüllen. Eine diesbezügliche Änderung erfolgte erst durch die Neufassung der Bestimmung mit dem StRefG 2015/2016.
18 Soweit die Revision ihre Zulässigkeit darauf stützt, dass es gemäß der Richtlinie 2001/23/EG bei Betriebsübergängen zu keiner Schlechterstellung der Mitarbeiter kommen dürfe, ist ihr Folgendes zu entgegnen:
19 Wie der EuGH wiederholt entschieden hat, soll die Richtlinie 2001/23/EG die Wahrung der Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch gewährleisten, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren. Die Richtlinie soll so weit wie möglich die Fortsetzung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses mit dem Erwerber in unveränderter Form gewährleisten, um eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs zu verhindern (vgl. etwa den Beschluss EuGH 15.9.2010, Briot, C- 386/09, Rn. 26, mwN). Sie betrifft also das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie: "Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem (...) Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis"). Regelungen der Mitgliedstaaten betreffend die Besteuerung der Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
20 Die Revision war daher zurückzuweisen.
21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf
die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
22 Von der vom Revisionswerber beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018130005.L00Im RIS seit
16.04.2020Zuletzt aktualisiert am
16.04.2020