Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des S in I, vertreten durch Dr. Bernhard Hämmerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, Museumstraße 26/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Juli 1997, Zl. Präs. III-22.017/1, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer leistete in der Zeit vom 1. Oktober 1996 bis 31. August 1997 den ordentlichen Zivildienst. Mit Eingabe an die Erstbehörde (den Bürgermeister der Stadt Innsbruck) vom 19. Dezember 1996 begehrte er die Gewährung von Wohnkostenbeihilfe. In seinem Antrag führte er unter anderem aus, er beabsichtige, die Wohnung nach Beendigung des Zivildienstes weiter zu behalten. Dem Antrag angeschlossen war unter anderem ein mit 10. Juni 1996 datierter Mietvertrag über ein auf ein Jahr befristetes Mietverhältnis (vom 1. Juli 1996 bis 1. Juli 1997).
Mit Erledigung der Erstbehörde vom 5. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Regelung des § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert, binnen zwei Wochen unter anderem nachzuweisen, daß das Bestandsverhältnis während der gesamten Dauer des Zivildienstes aufrechterhalten werde. In der Folge wies die Erstbehörde mit Bescheid vom 3. März 1997 den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG mit der Begründung zurück, der Beschwerdeführer habe den aufgezeigten Formmangel nicht behoben.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er sei mit dem Vermieter mündlich übereingekommen, das Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer zu verlängern. Eine schriftliche Vereinbarung darüber gebe es nicht und sie sei aus gebührenrechtlichen Gründen vom Vermieter nicht zu erlangen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde erblickt im Fehlen eines schriftlichen Nachweises über die Beibehaltung der gegenständlichen Wohnung während der gesamten Dauer des Zivildienstes des Beschwerdeführers ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG. Sie verweist dazu auf die gesetzliche Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Beibringung entsprechender Unterlagen zum Nachweis des geltendgemachten Anspruchs.
Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Formgebrechen schriftlicher Unterlagen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind Mängel, die aus der Nichterfüllung von Formvorschriften resultieren. Ob ein Formgebrechen in diesem Sinne vorliegt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverwaltungsverfahrens5, unter E.6, 17 zu § 13 Abs. 3 AVG angeführten Entscheidungen) anhand der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften, das heißt nach der darin enthaltenen Anordnung über beizubringende Unterlagen, zu beurteilen.
Nach dem (gemäß § 34 Abs. 2 ZDG anzuwendenden) § 35 Abs. 3 HGG 1992 ist der Antragsteller verpflichtet, alle ihm zugänglichen Unterlagen beizubringen, die zum Nachweis des Anspruches auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe sowie für deren Bemessung erforderlich sind. Diese Bestimmung schreibt nicht zwingend die Beibringung bestimmter Unterlagen vor. Sie verpflichtet den Antragsteller lediglich zur Vorlage der ihm zugänglichen Unterlagen; dies offensichtlich im Interesse der möglichst raschen Entscheidung über den Antrag (siehe § 36 Abs. 1 HGG 1992). Dieser Vorschrift ist der Beschwerdeführer durch die Vorlage des schriftlichen Mietvertrages vom 10. Juni 1996 nachgekommen. Die von den Behörden vertretene Ansicht, er sei kraft Gesetzes zur Vorlage eines weiteren - erst noch zu erstellenden - schriftlichen Mietvertrages für die restliche Dauer des Zivildienstes verpflichtet, verbietet sich angesichts des insoweit klaren Gesetzeswortlautes. Das Fehlen eines schriftlichen Vertrages für die restliche Zeitspanne schließt daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde die Annahme eines Formgebrechens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG aus. Der besagte Umstand hat lediglich zur Folge, daß der Beweis durch andere Beweismittel (Parteienvernehmung, Zeugenvernehmung etc.) zu führen sein wird und daß die Behörde an einer darauf zurückzuführenden Überschreitung der in § 36 Abs. 1 HGG 1992 vorgesehenen Entscheidungsfristen kein Verschulden trifft.
Da die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf einer unzutreffenden Rechtsansicht beruht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Verbesserungsauftrag AusschlußEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110247.X00Im RIS seit
20.11.2000