Index
StVONorm
StVO 1960 §4 Abs5Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des JG in R, vertreten durch Dr. Rudolf Hubalek, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, Herzog - Leopoldstraße 2, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. März 1981, Zl. 11- 75 Gi 5 - 1980, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, insoweit der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretungen nach § 7 Abs. 1 und § 4 Abs. 5 StVO 1960 schuldig erkannt und dafür bestraft wurde, einschließlich des Kostenausspruches.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 10. Dezember 1979 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmten Pkw am 8. Oktober 1978 gegen 19.00 Uhr auf der B 72 in Richtung Ratten "1.) nächst dem km 65,2 im Gemeindegebiet Fischbach im 30 km/h geschwindigkeitsbeschränkten Bereich einer Engstelle durch Nichtanpassung d. Geschwindigkeit an d. gegebenen Straßen- u. Verkehrsverhältnisse u. 2.) durch d. Befahren d. linken Fahrbahnseite einen Verkehrsunfall m. Sachschaden verursacht u. hat es unterlassen, 3.) dem Geschädigten sofort seine Identität bekanntzugeben bzw. die nächste Gend.Dienststelle ohne unnötigen Aufschub v. Verkehrsunfall zu verständigen", und er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1.) nach § 20 Abs. 1 StVO 1960, zu 2.) nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 und zu 3.) nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 (zu 1.) und 2.)) und § 99 Abs. 3 lit. b leg. cit. (zu 3.)) wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von je S 500,-- (Ersatzarreststrafen in der Dauer von je 2 Tagen, zu 1.) und 2.)) und von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe von 3 Tagen, zu 3.)) verhängt. In der Begründung dieses Straferkenntnisses wurde - soweit dies für den Beschwerdefall noch von Bedeutung ist - ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich der ihm zur Last gelegten strafbaren Tathandlungen nicht schuldig gefühlt und in seiner schriftlichen Verantwortung vom 11. Jänner 1979 bzw. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 30. April 1979 ausgeführt, daß er zum damaligen Zeitpunkt deshalb auf der linken Fahrbahnhälfte gefahren sei, da infolge Hochwasserschäden die rechte Fahrbahnhälfte nicht hätte befahren werden können und er dadurch die linke Fahrbahnhälfte hätte benützen müssen. Er habe zwar nicht sofort den Unfall der Gendarmerie gemeldet, jedoch habe er versucht, die Straßenmeisterei zu erreichen, aber ohne Erfolg. Die Behörde vertrat dazu den Standpunkt, der Tatbestand des § 7 Abs. 1 StVO 1960 besage, daß der Lenker eines Fahrzeuges soweit rechts zu fahren habe, daß dies ohne Beschädigung von anderen Gegenständen möglich sei. Da der Beschwerdeführer, wie er ja in seiner Verantwortung selbst angegeben habe, kurzfristig eingeschlafen sei, habe er sein Fahrzeug nicht mehr so weit rechts gelenkt, daß dies ohne Beschädigung des gegenständlichen Holzgeländers möglich gewesen sei. Auch unter der Annahme, daß der für die Fahrtrichtung des Beschwerdeführers vorgegebene rechte "Fahrbahnstreifen" nicht benützbar gewesen sei, hätte der Beschwerdeführer bei aufmerksamer Fahrweise eine Beschädigung des Zaunes verhindern können. Der Tatbestand "des § 7" sei somit seitens des Beschwerdeführers als gesetzt zu betrachten. Den gesetzlichen Bestimmungen des § 4 Abs. 5 StVO 1960 sei vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht Genüge getan worden, da, wie er selbst in seiner Verantwortung festgehalten habe, nicht die Gendarmerie vom Unfall verständigt habe. Die Rechtfertigung, er habe dies deshalb nicht können, da er sich durch den Unfall eine Gehirnerschütterung zugezogen hätte, sei insofern nicht glaubhaft, da er laut eigener Angabe versichert habe, die Straßenmeisterei "verständigen haben zu wollen". Der Beschwerdeführer wäre daher auch sicherlich noch fähig gewesen, die Gendarmerie fernmündlich vom erfolgten Unfall zu verständigen. Es sei daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Über die gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobene Berufung des Beschwerdeführers entschied die Steiermärkische Landesregierung mit Bescheid vom 23. März 1981. Damit wurde der Berufung hinsichtlich der Punkte 2.) und 3.) keine Folge gegeben und das Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 diesbezüglich bestätigt, hinsichtlich des Punktes 1.) dieses jedoch behoben. Die belangte Behörde gab in der Begründung ihres Bescheides zunächst die wesentlichen Berufungsausführungen des Beschwerdeführers zu den Punkten 2.) und 3.) wieder. Demnach fehle es auch am Rechtswidrigkeitszusammenh ang, da das gesetzliche Gebot des Rechtsfahrens den Zweck habe, den Folgeverkehr sowie den Gegenverkehr und außerdem den am Straßenrand befindlichen Verkehrsteilnehmer zu schützen, und es solle natürlich auch die Flüssigkeit des Verkehrs bewerkstelligt werden. Das Rechtsfahr"ver"bot beziehe sich hauptsächlich auf diese Umstände, und es fehle am Rechtswidrigkeitszusammenhang, wenn dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werde, daß er eine Übertretung des § 7 Abs. 1 StVO 1960 dadurch begangen hätte, daß er ein Geländer am linken Fahrbahnrand beschädigt habe. Außerdem habe sich damals an der genannten Straßenstelle eine Engstelle befunden, und es sei infolge einer Hangrutschung die befahrbare Breite der Fahrbahn wesentlich eingeschränkt gewesen. Praktisch sei die gesamte rechte Fahrbahnseite durch das Hochwasser weggerissen worden, sodaß ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als die linke Fahrbahnseite zu befahren. Richtig sei, daß er den Unfall nicht gleich bei der nächsten Gendarmeriedienststelle gemeldet habe, jedoch sei zu bedenken, daß er bei dem Unfall selbst eine Gehirnerschütterung erlitten und auch die Straßenmeisterei verständigt habe. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers, so meinte die belangte Behörde weiters, gehe insofern ins Leere, als im Gegenstande nicht von Fahrbahnhälften ausgegangen werden dürfe, sondern nur von dem noch passierbar gebliebenen Teil der Fahrbahn. Der Beschwerdeführer wäre daher zweifelsfrei verpflichtet gewesen, diese Engstelle, welche von den erhebenden Gendarmeriebeamten mit einer Breite von 4 m angegeben werde, im Sinne des § 4 (richtig wohl 7) Abs. 1 StVO 1960 zu befahren. Nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 hätten alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehe, bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Meldung dürfe jedoch unterbleiben, wenn die vorgenannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten sei, einander ihre Identität nachgewiesen haben. Wenn der Beschwerdeführer nun vorbringe, damals die Straßenmeisterei verständigt zu haben, so könne ihn dies keineswegs entlasten, zumal durch diese Verständigung weder der Meldepflicht noch dem Identitätsnachweis im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle entsprochen sei. Dazu sei noch erwähnt, daß der Beschwerdeführer, wie aus der Niederschrift vom 9. Oktober 1978 hervorgehe, lediglich den Versuch unternommen habe, die Straßenmeisterei telefonisch zu erreichen, was jedoch nicht zustande gekommen sei. Was die bei dem Unfall erlittene Gehirnerschütterung anlange, müsse ebenfalls auf die vorgenannte Niederschrift vor der Gendarmerie in Birkfeld verwiesen werden, worin der Beschwerdeführer damals ausdrücklich angegeben habe, daß er beim gegenständlichen Unfall nicht verletzt worden sei, weshalb dieses Vorbringen unglaubwürdig erscheine. Auf Grund des vorangeführten Sachverhaltes seien die dem Beschwerdeführer unter den Punkten 2.) und 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen somit erwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zur Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960:
Gemäß § 7 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Diese Vorschrift läßt erkennen, daß sie als Grundregel für die Fahrordnung zu gelten hat, von der nur in den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen abgegangen werden darf. (Vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1970, Slg. Nr. 7811/A.) Nur wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, hat der Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 7 Abs. 2 StVO 1960 am rechten Fahrbahnrand zu fahren.
Wie dem angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit den Ermittlungsergebnissen zu entnehmen ist, lag der Tatort im Bereich einer Engstelle, die lediglich eine Fahrbahnbreite von 4 m aufwies. Diese Engstelle war darauf zurückzuführen, daß der (in Fahrtrichtung des Beschwerdeführers gesehen) rechte Teil der sonst zur Verfügung stehenden Fahrbahn infolge Hochwasserschäden nicht befahrbar war. Der belangten Behörde ist insofern beizupflichten, als bei Beurteilung des Fahrverhaltens des Beschwerdeführers "nur von dem noch passierbar gebliebenen Teil der Fahrbahn" ausgegangen werden kann. Der Beschwerdeführer war aber im Hinblick auf die aktenkundige Verkehrssituation keineswegs verpflichtet, im Sinne des § 7 Abs. 2 StVO 1960 am rechten Fahrbahnrand zu fahren, und die belangte Behörde hat ihm auch eine derartige Verwaltungsübertretung nicht angelastet. Sie hat jedoch übersehen, daß es daher durchaus zulässig gewesen wäre, wenn der Beschwerdeführer bei Befahren dieser Engstelle mit seinem Pkw, Mercedes 190, nicht ausschließlich die rechte Fahrbahnseite (also die rechte Hälfte der verbliebenen Fahrbahn) benützt, sondern im Zuge seines Fahrmanövers mit Rücksicht auf die Breite seines Fahrzeuges auch die linke Fahrbahnseite in Anspruch genommen hätte. Schon deshalb konnte es nicht genügen, wenn ihm (nur) das "Befahren der linken Fahrbahnseite" zum Vorwurf gemacht wurde, welches im übrigen an sich nicht generell verboten ist, wobei hinzukommt, daß auch die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden kein Tatbestandsmerkmal des § 7 Abs. 1 StVO 1960 darstellt. Durch den von der belangten Behörde vollinhaltlich übernommenen Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 10. Dezember 1979 im Punkt 2.) wurde bei Angabe der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44 a lit. a VStG 1950) keineswegs zum Ausdruck gebracht, daß der Beschwerdeführer gegen die genannte Bestimmung verstoßen hat. Der Beschwerdeführer wurde vielmehr wegen einer Tat bestraft, die gar nicht mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs. 1 VStG 1950). II. Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960:
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960 haben die im Abs. 1 genannten Personen, das sind alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn nur Sachschaden entstanden ist. Eine solche Meldung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 2 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Identität nachgewiesen haben. Gemäß § 99 Abs. 6 lit. a StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist und die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs. 5) eingehalten worden sind.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, es unterlassen zu haben, "dem Geschädigten sofort seine Identität bekanntzugeben bzw. die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall zu verständigen". Daraus ist zu ersehen, daß die belangte Behörde den Rechtsstandpunkt vertritt, der Beschwerdeführer wäre verpflichtet gewesen, entweder "dem Geschädigten sofort seine Identität bekanntzugeben" oder "die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall zu verständigen". Eine Verpflichtung zum Nachweis der Identität besteht aber nicht (§ 1 Abs. 1 VStG 1950), sondern in diesem Zusammenhang lediglich eine Meldepflicht unter der Voraussetzung, daß ein Nachweis der Identität nicht erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat keine alternative Verpflichtung auferlegt und deren Unterlassung unter Strafe gestellt, sondern dies nur hinsichtlich einer Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle angeordnet. Eine solche Meldung ist immer dann zu erstatten, wenn ein Identitätsnachweis nicht möglich ist oder zwar erbracht werden kann, jedoch, egal aus welchen Gründen, nicht vorgenommen wird. Dem Beschwerdeführer hätte daher unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 5 StVO 1960 allenfalls nur zum Vorwurf gemacht werden dürfen (§ 44 a lit. a VStG 1950), daß er es unterlassen habe, die nächste Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis dem Geschädigten gegenüber unterblieben ist. Da der Spruch (im Punkt 3.)) eine untrennbare Einheit bildet, kann er auch nicht teilweise (hinsichtlich der Unterlassung der Meldung) für sich bestehen.
Die belangte Behörde hat somit den angefochtenen Bescheid, soweit das angefochtene Straferkenntnis der Behörde erster Instanz aufrecht erhalten wurde, mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodaß dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221, wobei der Schriftsatzaufwand nur in der verzeichneten Höhe zugesprochen werden konnte. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Ersatzes von Stempelgebühren war abzuweisen, weil die Beschwerde lediglich zweifach einzubringen und für jede Ausfertigung, unabhängig von der Anzahl der Bögen, nur eine Stempelgebühr von S 100,-- zu entrichten war.
Wien, am 13. November 1981
Schlagworte
IdentitätsnachweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1981:1981020131.X00Im RIS seit
18.02.2020Zuletzt aktualisiert am
18.02.2020