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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AsylG 2005 §19 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Dr. Oskar Wagner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 46A, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts
vom 3. Juli 2019, Zl. G304 2176732-1/33E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger des Irak, gehört der arabischen Volksgruppe an und stellte am 23. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Er führte zusammengefasst aus, in seinem Herkunftsstaat herrsche Krieg. Er habe Angst, entführt oder getötet zu werden. Er sei bereits einmal entführt und von seiner Familie sei Lösegeld für die Freilassung erpresst worden. Darüber hinaus habe sich sein Onkel negativ über die irakische Regierung geäußert, was die Tötung von einigen Verwandten nach sich gezogen habe, weshalb auch er gefährdet sei. Im Laufe des Verfahrens brachte er zusätzlich vor, er sei zum Christentum konvertiert. 2 Mit Bescheid vom 26. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen - die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Ausführungen des Revisionswerbers im Zuge seiner Einvernahmen seien "jedenfalls unter die Judikatur zur ‚Verfolgung' und ‚wohlbegründeten Furcht' zu subsumieren". Das Bundesverwaltungsgericht habe die Gefährdung des Revisionswerbers in Zusammenhang mit dem Vorbringen, dass sein Onkel ehemaliges hochrangiges Mitglied der Baath-Partei sei und sich negativ über die irakische Regierung geäußert habe, ebenso ignoriert wie die Konversion des Revisionswerbers zum Christentum. Ferner habe das Gericht in Abweichung von der Rechtsprechung bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit in unzulässiger Weise ausschließlich auf Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme abgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht sei darüber hinaus von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es dem Revisionswerber nicht den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt habe. Nach der Rechtsprechung müsse eine Bedrohung im Sinne des Art. 2 bzw. Art. 3 EMRK glaubhaft gemacht und mit Angaben untermauert werden, die die Person des Fremden konkret betreffen. Es müsse eine nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr vorliegen, die mögliche Konsequenzen für den Betroffenen nach sich ziehen könnte. Das Gericht hätte unter Berücksichtigung dieser Judikatur zur Ansicht gelangen müssen, dass der Revisionswerber bei einer Rückkehr in den Irak einer realen Gefahr ausgesetzt sein werde. 8 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.8.2019, Ra 2019/14/0409, mwN). 9 Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nach Durchführung zweier Verhandlungen mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers ausführlich auseinandergesetzt. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers im Zusammenhang mit seinem Onkel befasst und dieses in einer nicht als unvertretbar zu erkennenden Beweiswürdigung als unglaubwürdig eingestuft.
10 Richtig ist zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2018/19/0546, mwN). Im vorliegenden Fall stützte sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Beweiswürdigung aber nicht bloß auf Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme des Revisionswerbers, sondern darüber hinaus auf zusätzliche, für sich tragende Erwägungen, denen die Revision nicht entgegentritt. Die Beweiswürdigung begegnet damit auch aus diesem Blickwinkel keinen Bedenken im Sinne der dargestellten Rechtsprechung.
11 Soweit zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht wird, das Bundesverwaltungsgericht habe den vom Revisionswerber vorgebrachten Fluchtgrund der Konversion zum Christentum ignoriert, so trifft dies am Boden des Inhalts der angefochtenen Entscheidung nicht zu. Die Revision bleibt es schuldig darzulegen, inwiefern die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, der Revisionswerber sei bei einer Rückkehr (in näher genannten Gebieten) keiner Verfolgungsgefahr ausgesetzt, die mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes drohe (vgl. dazu VwGH 24.6.2019, Ra 2019/20/0101, mwN), grob fehlerhaft wäre.
12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0078, mwN).
13 Die Revision zeigt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen mit ihrer nicht näher begründeten pauschalen Behauptung eines Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf, dass die vom Bundesverwaltungsgericht im konkreten Einzelfall vorgenommene Beurteilung einer allfälligen Verletzung des Art. 3 EMRK, unvertretbar erfolgt wäre (vgl. VwGH 22.7.2019, Ra 2019/01/0184, mwN).
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 21. November 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140429.L00Im RIS seit
16.12.2019Zuletzt aktualisiert am
16.12.2019