TE Vwgh Erkenntnis 1998/10/29 98/07/0063

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.1998
beobachten
merken

Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §17 Abs2;
FlVfGG §18;
FlVfGG §19;
FlVfGG §23 Abs2;
FlVfGG §29;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs4;
FlVfLG Tir 1978 §39 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs3;
FlVfLG Tir 1996 §38 Abs3;
FlVfLG Tir 1996 §38 Abs4;
FlVfLG Tir 1996 §39 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde 1) des O S und 2) des A S, beide in I und beide vertreten durch Dr. Hugo Haslwanter, Rechtsanwalt in Telfs, Josef Schöpf-Straße 1/I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 2. Oktober 1997, Zl. LAS - 532/2, betreffend Teilung einer Stammsitzliegenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeschriften und der Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist folgendes zu entnehmen:

Der am 6. Mai 1996 verstorbene Vater der Beschwerdeführer war Eigentümer einer Liegenschaft, zu deren Gutsbestand zwei Häuser zählten und mit welcher Teilwaldrechte in Form von Holz- und Streunutzungsrechten auf gemeindeeigenen Grundstücken verbunden sind.

Im Verlassenschaftsverfahren nahmen die drei Söhne des Verstorbenen, die beiden Beschwerdeführer und ihr Bruder Hannes eine der letztwilligen Verfügung ihres Vaters entsprechende Erbteilung dahin vor, daß die erblasserische Liegenschaft zwischen den Söhnen geteilt wurde. Während die Beschwerdeführer gemeinsam das Haus mit der Nr. 18 übernahmen und sich zur Begründung von Wohnungseigentum an diesem Haus verpflichteten, übernahm ihr Bruder Hannes das Haus mit der Nr. 16 in sein Alleineigentum. In Erfüllung der letztwilligen Anordnung beschlossen die Brüder auch die Aufteilung der mit der Liegenschaft verbundenen Holz- und Streunutzungsrechte in der Weise, daß die im Grundbuch unter A2-LNr. 2 ersichtlich gemachten Rechte von den Beschwerdeführern übernommen und bei Abschreibung des betroffenen Grundstückes an sie mitübertragen werden sollten, während die im Grundbuch unter A2-LNr. 7 ersichtlich gemachten Holz- und Streunutzungsrechte bei der Stammsitzliegenschaft mit dem Gutsbestand des an den Bruder Hannes fallenden Hauses verbleiben sollten.

Die Beschwerdeführer ersuchten unter Vorlage des Abhandlungsprotokolles um die agrarbehördliche Genehmigung dieser Aufteilung der Holz- und Streunutzungsrechte, welche ihnen mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid im Instanzenzug versagt wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde zunächst klar, daß die den Gegenstand des Verfahrens bildende Verfügung über die betroffenen Teilwaldrechte nicht den Tatbestand der Absonderung von Anteilsrechten im Sinne des § 38 Abs. 3 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 (TFLG 1996) verwirkliche, sondern jenen der Teilung einer Stammsitzliegenschaft nach § 39 Abs. 1 leg. cit. Der erstinstanzliche Bescheid habe die Teilung der Stammsitzliegenschaft inhaltlich nur mit der Maßgabe bewilligt, daß das den Beschwerdeführern zufallende Grundstück mit dem Haus Nr. 18 ohne Mitübertragung von Teilwaldrechten aus dem Gutsbestand der Stammsitzliegenschaft abgeschrieben werde. Diese Entscheidung sei rechtens ergangen, weil auch die Beschwerdeführer nicht behauptet hätten, daß auf dem ihnen zufallenden, 560 m2 großen Grundstück mit dem Haus Nr. 18 ein landwirtschaftlicher Betrieb bestehe, dessen Leistungsfähigkeit durch den Erwerb von Anteilsrechten verbessert werden könnte. Damit liege aber der im § 38 Abs. 4 lit. d TFLG 1996 normierte Verweigerungstatbestand vor, der zufolge des letzten Satzes des § 39 Abs. 1 leg. cit. auch im Teilungsverfahren Gültigkeit habe. Der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Beachtlichkeit des letzten Willens des Erblassers und auf das Gleichbehandlungsgebot der Erben könne angesichts der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, die bei der Teilung einer Stammsitzliegenschaft anzuwenden seien, nicht erfolgreich sein.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit seinem Beschluß vom 23. Februar 1998, B 3179/97, jedoch abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehren die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Erklärung, sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung der agrarbehördlichen Bewilligung zur Teilung der Stammsitzliegenschaft unter Mitübertragung der Teilwaldrechte als verletzt anzusehen. Sie tragen vor, daß jene Holz- und Streunutzungsrechte, die mit dem ihnen zufallenden Grundstück mitübertragen werden sollten, zur Sicherung des wirtschaftlichen Bedarfes des abzuschreibenden Grundstückes notwendig seien. Die bei dem ihrem Bruder zufallenden Grundstück verbleibenden Holz- und Streunutzungsrechte würden zur Deckung des wirtschaftlichen Bedarfes dieses Grundstückes ausreichen. Es bestehe auf der Stammsitzliegenschaft seit langem schon kein landwirtschaftlicher Betrieb mehr, wiewohl zu Lebzeiten des Erblassers von diesem und seinen Söhnen in gemeinsamer Arbeit die Waldbesitzungen ordentlich gepflegt und bewirtschaftet worden seien. Es bestehe für beide Grundstücke weiterhin ein Holzbedarf. Die Teilung stehe nicht im Widerspruch zur Schaffung oder Erhaltung bäuerlicher Betriebe; auch den Rücksichten der Landeskultur sei Genüge getan. Auch auf dem ihrem Bruder zufallenden Grundstück bestehe kein landwirtschaftlicher Betrieb, sodaß die Verweigerung der Abschreibung der anteiligen Teilwaldrechte zu einer Ungleichbehandlung der Erben führe, die auch dem Willen des Erblassers widerstreite.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 3 TFLG 1996 sind Teilwaldrechte Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen, wobei solche Teilwaldrechte als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes gelten.

Wird eine Stammsitzliegenschaft geteilt, so ist nach § 39 Abs. 1 TFLG 1996 in die Teilungsurkunde eine Bestimmung darüber aufzunehmen, ob mit dem Trennstück Mitgliedschaftsrechte an einer Agrargemeinschaft auf den Erwerber übergehen oder nicht. Diese Bestimmung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Bewilligung der Agrarbehörde. Diese hat darauf zu achten, daß die Anteilsrechte den Trennstücken im Verhältnis ihres wirtschaftlichen Bedarfes zustehen. Die Bewilligung ist zu verweigern, wenn die Teilung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der beteiligten Liegenschaften, insbesondere der Schaffung und der Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe, und den Rücksichten der Landeskultur widerspricht. Die Bestimmung des § 38 Abs. 4 gilt hiebei sinngemäß.

Nach dieser sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 38 Abs. 4 TFLG 1996 ist die Bewilligung zu verweigern, wenn

a) das Anteilsrecht zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der bisherigen Stammsitzliegenschaft nicht entbehrlich ist;

b) durch die Absonderung eine dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung von Anteilsrechten eintritt;

c) die Agrargemeinschaft dem Erwerb des Anteilsrechtes durch ein Nichtmitglied nicht zustimmt;

d) der Erwerb des Anteilsrechtes nicht der Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes dient, sofern dieser Erwerb nicht durch die Agrargemeinschaft bzw. durch die Gemeinde als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes erfolgt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur inhaltlich gleich gestalteten Rechtslage nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 bereits wiederholt ausgesprochen hat, zielt die Bestimmung über die Voraussetzung der Erteilung einer Bewilligung zur Teilung einer Stammsitzliegenschaft durch den Hinweis auf "insbesondere der Schaffung und der Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe" darauf ab, daß aus einer Teilung stets leistungsfähige bäuerliche Betriebe resultieren, sei es, daß ein bisher leistungsfähiger bäuerlicher Betrieb bei der Teilung als solcher erhalten bleibt, sei es, daß dann, wenn ein leistungsfähiger bäuerlicher Betrieb vor der Teilung nicht mehr bestand, ein solcher im Weg der Teilung geschaffen wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. November 1994, 94/07/0125, vom 7. Mai 1991, 91/07/0018, und vom 15. Jänner 1991, Slg. N.F. Nr. 13.350/A). Daß diese Voraussetzung im Beschwerdefall nicht besteht, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt und wird von den Beschwerdeführern auch eingeräumt. Das Schicksal ihrer Beschwerde ist damit aber entschieden, weil das Fehlen eines mit der Teilung erhaltenen oder geschaffenen bäuerlichen Betriebes der agrarbehördlichen Bewilligung nach § 39 Abs. 1 TFLG 1996 aus den dargestellten Gründen auch dann entgegensteht, wenn die Teilwaldrechte im Ergebnis der Verweigerung der agrarbehördlichen Bewilligung zu ihrer Aufteilung bei einem Grundstück verbleiben, auf dem ein bäuerlicher Betrieb ebensowenig geführt wird.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 29. Oktober 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998070063.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten