Entscheidungsdatum
16.07.2019Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §11 Abs2 Z3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Senft über die Beschwerde der Frau A. B. gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 12.4.2019, …, betreffend einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 11 Abs. 2 Z 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz iVm § 7 Abs. 1 Z 6 NAG-DV wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 14. Februar 2019 bei der belangten Behörde persönlich einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "Student".
2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 12. April 2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin – im Wesentlichen – mit der Begründung abgewiesen, dass der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin in Österreich nicht als gesichert angesehen werden könne. Auch unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 11 Abs. 3 NAG hätten seitens der Behörde keine besonderen berücksichtigungswürdigen Umstände im Sinne des Art. 8 EMRK festgestellt werden können, wonach trotz Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen der begehrte Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre.
3. Hiegegen richtet sich die gegenständliche mit Beilagen versehene – rechtzeitige Beschwerde, in welcher noch erkennbar beantragt wird, den beantragten Aufenthaltstitel zu erteilen. In der Beschwerde werden unter Vorlage von – nicht in deutscher Sprache abgefassten – Nachweisen hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzung, dass der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen dürfe, Ausführungen zur Herkunft der zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin in Österreich verfügbaren finanziellen Mitteln getroffen. Die Beschwerdeführerin monierte, dass sie alle Voraussetzungen für die Absolvierung eines Studiums in Österreich erfülle.
4. Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den bezughabenden Verwaltungsakt dem erkennenden Gericht (einlangend am 23. Mai 2019) vor.
5. Mit verwaltungsgerichtlicher Unterlagennachforderung vom 14. Juni 2019 wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, dem Verwaltungsgericht Wien verschiedene Unterlagen, darunter auch einen aktuellen Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, vorzulegen. Die Beschwerdeführerin wurde auch aufgefordert, Urkunden und Nachweise, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind, zusätzlich in einer Übersetzung ins Deutsche vorzulegen (vgl. § 6 Abs. 3 NAG-DV). Auch wurde die Beschwerdeführerin in diesem Schreiben aufgefordert, die mit der Beschwerde bzw. im bisherigen Verfahren vorgelegten, nicht in deutscher Sprache gehaltenen Unterlagen auch als Übersetzung ins Deutsche vorzulegen.
6. Mit E-Mail vom 1. Juli 2019 wurden seitens der Beschwerdeführerin Unterlagen vorgelegt.
7. Das Verwaltungsgericht Wien nahm Einsicht in öffentliche Register (Zentrales Melderegister, Versicherungsdatenbank, Zentrales Fremdenregister, Strafregister der Republik Österreich).
Das Verwaltungsgericht Wien nimmt den folgenden – entscheidungserheblichen – Sachverhalt als erwiesen an:
Die Beschwerdeführerin ist eine 1994 in C. geborene türkische Staatsangehörige. Da die Beschwerdeführerin beabsichtigt an der Medizinischen Universität Wien zu studieren – an der sie im Sommersemester 2019 als außerordentliche Studierende des Universitätslehrganges Vorstudienlehrgang auch aufrecht zugelassen ist – stellte sie am 14. Februar 2019 bei der belangten Behörde persönlich einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student".
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht selbstversichert, es besteht auch kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung oder Mitversicherung.
Im verwaltungsbehördlichen Akt liegt eine – im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens abermals vorgelegte – Bescheinigung über "den Anspruch der Beschwerdeführerin – als Familienangehörige der in der Türkei Versicherten D. B., geboren 1971 – auf Sachleistungen während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Österreich, nach Art. 11 Abs. 1 lit. b, und 3 des Abkommens zwischen der Republik Türkei und der Republik Österreich über soziale Sicherheit", ausgestellt am 8. Februar 2019 vom türkischen Krankenversicherungsträger "E.", ein. Unter Punkt 4.1. dieser Bescheinigung ist vermerkt, dass aufgrund der gegenständlichen Bescheinigung Sachleistungen vom 1. April 2019 bis einschließlich 30. September 2019 erbracht werden können.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde seitens der Beschwerdeführerin eine Versicherungspolizze der F.-Versicherung hinsichtlich einer für die Beschwerdeführerin zur Polizzennummer … abgeschlossenen Reisekrankenversicherung mit einer Gültigkeit von 1. Juli 2019 bis 1. Juli 2020, vorgelegt, welche eine Deckungssumme von € 30.000,-- für "Behandlung und plötzliche Krankheit" sowie eine Deckungssumme von € 35.000,-- für "Gesundheit, Begräbnis und Entlassung" aufweist.
Seitens der Beschwerdeführerin wurde darüber hinaus kein Nachweis über einen – in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden (privaten oder sonstigen) – Krankenversicherungsschutz erbracht.
Die Beschwerdeführerin ist bislang strafgerichtlich unbescholten, hatte bis dato keinen Aufenthaltstitel für Österreich inne und war von 24. Oktober 2016 bis 27. März 2017 sowie von 11. Jänner 2018 bis 1. März 2019 im Bundesgebiet gemeldet.
Zur Beweiswürdigung:
Die obigen Feststellungen gründen sich auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, an dessen Echtheit, Richtigkeit und Vollständigkeit das erkennende Gericht keinen Zweifel hegt. Die Feststellungen zum Studium der Beschwerdeführerin ergeben sich aus einem von ihr vorgelegten Studienblatt bzw. einer von ihr vorgelegten Studienbestätigung.
Aus dem behördlichen Verwaltungsakt ist insbesondere auch die Bescheinigung über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Sachleistungen während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Österreich nach dem Abkommen "zwischen der Republik Türkei und der Republik Österreich über soziale Sicherheit", ausgestellt am 8. Februar 2019, seitens eines türkischen Krankenversicherungsträger ersichtlich. Diese Bescheinigung wurde abermals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seitens der Beschwerdeführerin vorgelegt.
Die Feststellungen betreffend die für die Beschwerdeführerin bei der F. abgeschlossene Reisekrankenversicherung ergeben sich aus der von der Beschwerdeführerin vorgelegten diesbezüglichen Versicherungspolizze, wobei nur deren erste Seite ins Deutsche übersetzt wurde. Die übrigen Seiten der Versicherungspolizze wurden trotz verwaltungsgerichtlicher Aufforderung, Urkunden und Nachweise, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind, zusätzlich in einer Übersetzung ins Deutsche vorzulegen, nur in türkischer Sprache vorgelegt.
Ein darüber hinausgehender Nachweis eines für Österreich bestehenden Krankenversicherungsschutzes wurde weder im verwaltungsbehördlichen, noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgewiesen.
Dass die Beschwerdeführerin bislang kein Aufenthaltstitel für Österreich innehatte und von 24. Oktober 2016 bis 27. März 2017 sowie von 11. Jänner 2018 bis 1. März 2019 in Österreich gemeldet war, war aus dahingehenden Abfragen aus dem Zentralen Fremdenregister bzw. aus dem Zentralen Melderegister zu erschließen. Dass die Beschwerdeführerin – die auch nicht vorgebracht hat, in Österreich pflicht-, mit- oder selbstversichert zu sein – in Österreich nicht gesetzlich pflichtversichert oder mitversichert ist sowie nicht selbstversichert ist, ergibt sich aus einer negativen Abfrage der Sozialversicherungsdatenbank.
Das Verwaltungsgericht Wien hat hiezu erwogen:
Die entscheidungserheblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, lauten in ihrer gegenständlich maßgeblichen Fassung – auszugsweise – wie folgt:
"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) – (7) [...]
"Studenten
§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie
1. die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und
2. ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,
3. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz, BGBl. I Nr. 74/2011, oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, dieses mindestens 40 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst und nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient,
4. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, welches auf die in der Zulassungsentscheidung vorgeschriebene Ergänzungsprüfung vorbereitet,
5. ein außerordentliches Studium zur Herstellung der Gleichwertigkeit ihres ausländischen Studienabschlusses gemäß § 90 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002, § 6 Abs. 6 Fachhochschul-Studiengesetz oder § 68 Abs. 4 Hochschulgesetz 2005 absolvieren,
6. ein außerordentliches Studium zum Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern, sofern das in Z 4 genannte außerordentliche Studium erfolgreich abgeschlossen wurde und das Aufnahme- oder Eignungsverfahren aus nicht vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen erst im darauffolgenden Semester absolviert werden kann, oder
7. ein in Z 2 angeführtes Studium abgeschlossen haben und im Anschluss daran eine für die Berufsausübung gesetzlich verpflichtende fachliche Ausbildung absolvieren.
Eine Haftungserklärung ist zulässig.
…"
§ 7 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II 451/2005 idF BGBl. II 231/2017, lautet:
"Urkunden und Nachweise für alle Aufenthaltstitel
§ 7. (1) Dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 1) sind – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 – folgende Urkunden und Nachweise anzuschließen:
1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (nur bei Erstanträgen);
3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 2a;
4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde;
5. Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;
6. Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (§ 11 Abs. 2 Z 3 NAG);
7. Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung.
[…]"
1. § 11 Abs. 2 Z 3 NAG verlangt als allgemeine Erteilungsvoraussetzung für die Verleihung der Aufenthaltsbewilligung "Student" das Bestehen eines alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes einer in Österreich leistungspflichtigen Versicherung. Ein Nachweis eines Krankenversicherungsschutzes ist für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auch in den Fällen, bei denen die Vorlage einer Haftungserklärung zulässig ist, jedenfalls erforderlich (siehe auch RV 1523 25 GP, S 6 zu § 2 Abs. 1 Z 15 NAG). Aus § 7 Abs. 1 Z 6 NAG-DV geht weiters hervor, dass ein solcher Krankenversicherungsschutz – insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze – nachgewiesen werden muss, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht.
Nach den getroffenen Feststellungen liegt kein Fall der gesetzlichen Pflicht-, oder Mitversicherung bzw. Selbstversicherung vor, die Beschwerdeführerin hätte daher die Voraussetzung eines alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes (insbesondere) durch den Nachweis einer Privatversicherung, deren Leistungsumfang im Wesentlichen jenem der gesetzlichen Pflichtversicherung entsprechen muss, zu erfüllen (vgl. zu diesem Erfordernis ausführlich VwGH 7.12.2016, Fe 2015/22/0001). Ein Versicherungsschutz muss die gesamte Dauer des Aufenthaltstitels gemäß § 20 Abs. 1 NAG abdecken (vgl. etwa VwGH 22.2.2018, Ra 2017/22/0151). Die Beschwerdeführerin hat weder vor der belangten Behörde noch vor dem Verwaltungsgericht Wien einen derartigen ausreichenden privaten Krankenversicherungsschutz nachgewiesen, zumal die vorgelegte F. Versicherung mit einer Gültigkeit bis 1. Juli 2020 nicht die gesamte Dauer des – im Gegenstand für zwölf Monate zu erteilenden – Aufenthaltstitels abdeckt. Darüber hinaus entspricht auch der Leistungsumfang der F.-Versicherung, der Deckungssummen im im festgestellten Ausmaß zugrunde liegen, nicht (im Wesentlichen) jenem der gesetzlichen Pflichtversicherung.
Ein Nachweis eines alle Risken abdeckender Krankenversicherungsschutzes iSd § 11 Abs. 2 Z 3 NAG für die gesamte Dauer des Aufenthaltstitels gemäß § 20 Abs. 1 NAG wird auch nicht durch die Bescheinigung über "den Anspruch der Beschwerdeführerin – als Familienangehörige der in der Türkei Versicherten D. B., geboren 1971 – auf Sachleistungen während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Österreich nach dem Abkommen zwischen der Republik Türkei und der Republik Österreich über soziale Sicherheit", ausgestellt am 8. Februar 2019 vom türkischen Krankenversicherungsträger "E.", vermittelt.
Gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit, BGBl. III Nr. 219/2000, hat zwar eine Person, welche die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates erfüllt und deren Zustand während eines Aufenthaltes im Gebiet des anderen Vertragsstaates unverzüglich Leistungen erfordert und sich die Person nicht zum Zwecke der Inanspruchnahme einer ärztlichen Betreuung in den anderen Vertragsstaat begeben hat, Anspruch auf Sachleistungen zu Lasten des zuständigen Trägers vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsortes nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob sie bei diesem versichert wäre.
Einerseits ist hier der Leistungsumfang aufgrund des bilateralen Abkommens – im Unterschied zu jenem der gesetzlichen Krankenversicherung – dahingehend beschränkt, dass der (gesundheitliche) Zustand der betreffenden Person während eines Aufenthaltes im Gebiet des anderen Vertragsstaates unverzüglich Leistungen erfordert. Insofern liegt auch kein alle Risken abdeckender Krankenversicherungsschutz iSd § 11 Abs. 2 Z 3 NAG vor.
Andererseits wurde unter Punkt 4.1. der genannten Bescheinigung vermerkt, dass aufgrund der gegenständlichen Bescheinigung Sachleistungen vom 1. April 2019 bis einschließlich 30. September 2019 erbracht werden können, weshalb auch vor dem Hintergrund der zeitlichen Beschränkung, der Versicherungsschutz auch nicht die gesamte Dauer des Aufenthaltstitels abdecken würde.
Die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG ist damit im Beschwerdefall nicht erfüllt.
Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 NAG sind kumulativ zu verstehen. Da es vorliegend – wie gezeigt – bereits an einer gesetzlichen Erteilungserfordernis mangelt, erübrigt sich damit die weitere Prüfung, insbesondere jene der finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin.
Bei Ermangelung der genannten Erteilungsvoraussetzung kann der begehrte Aufenthaltstitel gemäß § 11 Abs. 3 NAG dennoch erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Fremden im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Dabei bietet das Gesetz eine demonstrative Aufzählung jener Kriterien, die bei der hier vorzunehmenden Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sind (vgl. oben das Zitat des § 11 Abs. 3 NAG).
Den Beschwerdeführer trifft – nicht zuletzt nach § 29 Abs. 1 NAG – eine Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes. Insbesondere ist er gehalten, Umstände die aus seiner Sphäre stammen, wie auch integrationsbegründende Umstände, denen maßgebliche Bedeutung zukommen könnte, initiativ geltend zu machen (vgl. etwa VwGH 22.1.2014, 2012/22/0245). Die Beschwerdeführerin wurde auch schon im Rahmen der behördlichen Verständigung von der Beweisaufnahme – wie auch im angefochtenen Bescheid – darüber informiert, dass bei der Behörde keine Umstände vorlägen, die im Zuge einer Interessensabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG iVm Art. 8 EMRK einer anderen als der beabsichtigten abweisenden Vorgehensweise bedürften.
Die Beschwerdeführerin hat aber auch in der Beschwerde von sich aus keine integrationsbegründenden Umstände geltend gemacht. Soweit die amtswegigen Erhebungen ergaben, hatte sie bislang keinen Aufenthaltstitel für Österreich inne und war von 24. Oktober 2016 bis 27. März 2017 sowie von 11. Jänner 2018 bis 1. März 2019 im Inland gemeldet, weshalb die Intensität eines etwaig geführten tatsächlichen Privat- oder Familienleben in Österreich als gering einzustufen ist. Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt im Verfahren betreffend Aufenthaltstitel für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 20.06.2017, Ra 2017/22/0037). Vor diesem Hintergrund besteht mangels anderer vorgebrachter bzw. nachgewiesener maßgeblicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet kein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben und war daher von den Erfordernissen des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG nicht abzusehen.
Die vorliegende Beschwerde war daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit Maßgabe der vorstehenden Ausführungen zu bestätigen.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Die Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ohne Durchführung einer – von der Beschwerdeführerin im Übrigen auch nicht beantragten – öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Die Akten ließen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. So blieb der gegenständlich entscheidungserhebliche Sachverhalt letztlich unbestritten, insbesondere sind auch die zu der rechtlichen Frage des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG getroffenen Sachverhaltsfeststellungen unstrittig. Die Beurteilung der Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 3 NAG erfolgte nämlich aufgrund der von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Nachweise bzw. Bescheinigungen. Schließlich waren im Ergebnis – vor dem Hintergrund der einschlägigen ständigen Judikatur – bloß Rechtsfragen ohne besondere Komplexität zu klären. Daher stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC dem Entfall der mündlichen Verhandlung entgegen (vgl. hiezu bspw. EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]; 7.3.2017, Appl. Nr. 24.719/12, Tusnovics). Im Übrigen berührt die Versagung eines Aufenthaltstitels kein civil right iSd Art. 6 EMRK (VwGH 15.6.2010, 2009/22/0347).
Zum Revisionsausspruch:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).
Schlagworte
Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen; Krankenversicherungsschutz; Versicherungspolizze; Abkommen zwischen der Republik Türkei und der Republik Österreich über soziale Sicherheit; LeistungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.044.7095.2019Zuletzt aktualisiert am
21.08.2019