TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/26 G314 2217754-1

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Veröffentlicht am 26.04.2019
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Entscheidungsdatum

26.04.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G314 2217754-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen die Spruchpunkte I., II., V. und VI. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids

wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) heiratete am XXXX2016 die in XXXX lebende serbische Staatsangehörige XXXX, nachdem am XXXX2016 die gemeinsame Tochter XXXX in XXXX zur Welt gekommen war. Er ist seit XXXX2016 durchgehend an der Adresse XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Am 27.02.2017 wurde sein Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" vom 10.11.2016 abgewiesen. In seinem am 05.12.2017 ausgestellten und bis 05.12.2027 gültigen serbischen Reisepass befinden sich folgende Grenzkontrollstempel über Ein- und Ausreisen in den bzw. aus dem Schengenraum: 09.12.2017 ein, 17.12.2017 aus, 11.01.2018 ein, 14.01.2018 aus, 02.02.2018 ein, 04.02.2018 aus, 15.02.2018 ein, 17.03.2018 aus, 10.05.2018 ein, 23.05.2018 aus, 27.06.2018 ein, 19.07.2018 aus, 09.08.2018 ein, 15.08.2018 aus, 10.09.2018 ein. Der BF hat das Bundesgebiet seit seiner Einreise am 10.09.2018 nicht mehr verlassen. Seine Ehefrau erwartet ein Kind. Die Schwangerschaft verlief unauffällig; der Geburtstermin wurde für den 01.05.2019 errechnet.

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 08.02.2019 aus Anlass einer Verkehrskontrolle in XXXX aufgegriffen und wegen seines unrechtmäßigen Aufenthalts angezeigt. In dem Fahrzeug, in dem er mitfuhr, befanden sich Utensilien für den Winterdienst; seine Hände waren verschmutzt. Der Lenker des Fahrzeugs gab bei der Kontrolle an, dass er und seine beiden Mitfahrer aushilfsweise für das Unternehmen von XXXX tätig seien.

Am 26.02.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots vernommen. Er bestritt, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, und gab an, der Fahrzeuglenker habe ihn auf ein Getränk eingeladen und sich am Weg dorthin ein Gebäude angesehen. Seine Frau sei nicht erwerbstätig, habe aber monatliche Einkünfte von EUR 1.150 zuzüglich Kindergeld und komme für die Miete der gemeinsam bewohnten Wohnung auf.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten. Es bestehen (abgesehen von der Anzeige wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts) keine aktenkundigen Anhaltspunkte für Verwaltungsübertretungen. Er spricht Serbisch und hat eine Deutschprüfung für das Sprachniveau A1 erfolgreich abgelegt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig erließ es gegen ihn gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien fest (Spruchpunkt III.), legte gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.), erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) und erließ gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 und 7 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.).

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass der BF in Österreich einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und die erlaubte Aufenthaltsdauer überschritten habe. Er habe gesetzliche Regelungen missachtet und die öffentliche Ordnung dadurch empfindlich und nachhaltig gestört, was ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Ausreise begründe. Die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten. Da keine reale menschenrechtsrelevante Gefahr vorliege, sei es ihm zumutbar, den Verfahrensausgang im Herkunftsstaat abzuwarten. Sein Interesse an einem Verbleib in Österreich während des gesamten Verfahren sei im Hinblick auf das öffentliche Interesse an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung nicht zu berücksichtigen.

Gegen die Spruchpunkte I., II., V. und VI. des Bescheids richtet sich die wegen Verfahrens- und Begründungsmängeln sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde mit den Anträgen, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen. Der BF strebt damit primär die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" nach den Bestimmungen des NAG an; hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Soweit für die Frage der aufschiebenden Wirkung relevant, begründet er die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das BFA nicht berücksichtigt habe, dass seine Frau hochschwanger sei und die Geburt für den 14.04.2019 erwartet werde. Sie leide an Epilepsie und Kreislaufproblemen und benötige Pflege und Observanz; außerdem müsse die Tochter des BF betreut werden. Die behördliche Feststellung, der BF sei einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen, beruhe auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren. Die Begründung des angefochtenen Bescheids sei schablonenhaft und mangelhaft; die Interessenabwägung der Behörde nicht nachvollziehbar. Der BF habe eine starke Bindung zu Frau und Kind, die er nur durch ein Zusammenleben mit ihnen aufrecht halten könne. Er unterstütze seine kranke Frau. Die Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens sei gerade bei Kleinkindern von prägender Bedeutung.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 23.04.2019 einlangten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem BF ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Ein solcher ist weder im Fremdenregister gespeichert noch behauptet er selbst, einen zu besitzen.

Eine Kopie des Reisepasses der BF liegt vor, ebenso seine Heiratsurkunde und die Geburtsurkunde seiner Tochter XXXX. Die Schwangerschaft seiner Ehefrau und der errechnete Geburtstermin ergeben sich aus dem vom BF vorgelegten geburtshilflichen Bericht über eine Untersuchung am 25.11.2018. Die Wohnsitzmeldung und der gemeinsame Haushalt der Familie werden anhand des Zentralen Melderegisters (ZMR) festgestellt.

Die serbische Muttersprache des BF ist angesichts seiner Herkunft und der problemlosen Verständigung mit dem Dolmetsch für diese Sprache plausibel. Das Zeugnis über die Deutschprüfung wurde vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten sei.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Hier ist im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung aufgrund der Beziehung des BF zu seiner in Österreich lebende Ehefrau und der gemeinsamen, 2016 geborenen Tochter, mit denen er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, sowie des Umstands, dass die Ehegatten ein zweites gemeinsames Kind erwarten, mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung die Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Der Beschwerde wird daher gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt, zumal der BF nach melderechtlichen Vorschriften gemeldet und unbescholten ist und ein Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau, die nach seinem Vorbringen regelmäßige Einkünfte hat und für die Kosten der Unterkunft aufkommt, besteht. Die Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit kann nach den derzeit vorliegenden Beweisergebnissen unter Berücksichtigung der Verantwortung des BF dazu mangels objektiver Nachweise nicht mit der für eine entsprechende Feststellung erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2217754.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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