TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/18 LVwG 30.19-53/2016

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Veröffentlicht am 18.02.2019
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Entscheidungsdatum

18.02.2019

Index

58/02 Energierecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ElWOG §9
ElWOG §99 Abs2 Z1
VStG §31 Abs2
VStG §31 Abs2 Z4
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag Schermann über die Beschwerde von 1.) DI Dr. A B, geb. xx, und 2.) EST GmbH, beide vertreten durch D & E Rechtsanwalts OG, Straße, G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11.11.2015, GZ: 016367/2014/0005,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde

Folge gegeben,

das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 und § 31 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wird Herrn DI Dr. A B als verantwortlich Beauftragtem der AC GmbH (nunmehr EST GmbH) mit dem Sitz in G, L, zur Last gelegt, dass ein Mitarbeiter der genannten Gesellschaft, nämlich Herr Ing. H am 29.11.2013 in W Frau I J gedrängt habe, einen Energieliefervertrag mit der ESK GmbH (einem 100 % Unternehmen der ES AG) zu unterzeichnen, andernfalls der Strom nicht eingeschaltet würde, obwohl die Kundin auf einen bestehenden Energieliefervertrag mit dem K AG hingewiesen habe und es Netzbetreibern untersagt sei, jene Personen, die ihre Anlagen nutzen oder zu nutzen beabsichtigen oder bestimmte Kategorien dieser Personen insbesondere zu Gunsten vertikal integrierter Elektrizitätsunternehmen diskriminierend zu behandeln. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 9 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz iVm § 9 Abs 2 VStG verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 7.500,00 (für den Fall der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In einem wurde ausgesprochen, dass die EST GmbH (FN xy) für die im Spruch verhängte Strafe im angeführten Ausmaß gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

Rechtzeitig haben DI Dr. A B vertreten durch D & E Rechtsanwalts OG und die EST GmbH ebenfalls vertreten durch D & E Rechtsanwalts OG Beschwerde gegen diese Entscheidung erhoben. DI Dr. A B macht als Beschwerdegründe Nichtigkeit auf Grund eines Verstoßes gegen wesentliche Verfahrensvorschriften im Sinne eines willkürlichen Verfahrens, Nichtigkeit auf Grund der Unzuständigkeit der belangten Behörde und unrichtige rechtliche Beurteilung, insbesondere auf Grund der Unzuständigkeit der belangten Behörde, der unrichtigen Tatsachenfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Sinne der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften geltend.

Es wurde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehen abzuändern, dass das Straferkenntnis aufgehoben werde und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde, in eventu so betreffend einzelne oder alle der oben genannten Begehren meritorisch nicht entschieden werden könnten, den angefochtenen Bescheid insbesondere wegen der Unzuständigkeit der belangten Behörde seinem gesamten Umfang nach, in eventu dem bekämpften Umfang nach, aufzuheben und zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen. Mit der Beschwerde vorgelegt wurde in einem die Schulungsunterlage „Gleichbehandlungsprogramm 2015“.

Die EST GmbH erachtet sich in ihrer Beschwerde in ihrem Recht auf Unterbleiben eines Haftungsausspruches nach § 9 Abs 7 VStG verletzt, da der Beschuldigte, weder organschaftlicher Vertreter der Beschwerdeführerin noch verantwortlich Beauftragter nach § 9 VStG in Bezug auf die Beschwerdeführerin sei. Weiters wird vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin dem Verwaltungsstrafverfahren nicht beigezogen worden sei und schließlich auch, dass der verantwortlich Beauftragte (freilich: eines anderen Unternehmens, nämlich der L GmbH) mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen nicht hätte bestraft werden dürfen.

Die E-C-A hat über Beschwerdemitteilung des Landesverwaltungsgerichtes zum Beschwerdevorbringen am 14.07.2016 eine Stellungnahme abgegeben und im Ergebnis vorgebracht, dass keine der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Beschwerdegründe vorliege, der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei und die Bescheidbeschwerde abzuweisen sei, in eventu bei Vorliegen der Voraussetzungen unter Hinweis auf Rechtwidrigkeit des Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen sei.

Die Beschwerdeführer erstatten am 31.08.2016 eine Gegenäußerung.

Die Beschwerdeführer haben den Antrag auf Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung für den Fall der Einstellung des Verfahrens oder doch im Sinne einer bloßen Ermahnung des Beschwerdeführers zurückgezogen; die mitbeteiligten Partei, E-C-A, führte in ihrer dazu gemäß § 44 Abs 3 VwGVG eingeräumten Stellungnahme aus, dass davon auszugehen sei, dass sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand der Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs 2 Z 1 iVm § 9 ElWOG erfüllt sei und eine Einstellung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 bis 6 VStG daher ausscheide. Der Antrag, gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 4 iVm Abs 1 letzter Satz VStG den Beschuldigten bei Vorliegen der Voraussetzungen unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung zu erteilen, bliebe aufrecht.

Mit Erkenntnis vom 10.10.2016, GZ: LVwG 30.19-53/2016-16, LVwG 35.19-144/2016-16, wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters von Graz vom 11.11.2015, GZ: 016367/2014/0005, erhobene Beschwerde des Erstbeschwerdeführers mit der Maßgabe ab, dass die Wortfolge „ein Mitarbeiter der genannten Gesellschaft, nämlich“ zu entfallen hat. Hinsichtlich der Höhe der Strafe wurde der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als der Strafausspruch behoben und gemäß § 45 Abs 1 letzter Absatz VStG eine Ermahnung erteilt wurde. Der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wurde insoweit Folge gegeben, als der Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs 7 VStG behoben wurde. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zwar der Tatbestand des § 9 ElWOG in objektiver Hinsicht erfüllt wurde, der Erstbeschwerdeführer allerdings seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Erstellung eines Gleichbehandlungsprogrammes und Namhaftmachung eines Gleichbehandlungsverantwortlichen nachgekommen wäre, wobei diese Umstände den Erstbeschwerdeführer jedoch nicht exkulpieren könnten. Das Programm verpflichte nur Mitarbeiter der AC GmbH, es sei somit ungeeignet um Diskriminierungen durch beauftragte Dritte und deren Arbeitnehmer zu verhindern. Der Erstbeschwerdeführer trage somit zumindest in der Verschuldensform der Fahrlässigkeit die Verantwortung für die gegenständliche Diskriminierung und habe die Verantwortung für das Unternehmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt wahrgenommen. Allerdings könne sich der Erstbeschwerdeführer sein rasches Reagieren – ausdrückliches Untersagen des Mitführens von Stromlieferverträgen durch interne und externe Monteure – auf den gegenständlichen Vorfall zu Gute halten, auch sei der Stromliefervertrag mit Frau I J nach Bekanntgabe des Bestehens eines Stromliefervertrages mit der K AG wieder storniert worden, somit wäre der tatsächlich eingetretene Schaden nur gering gewesen; ebenso sei die lange Verfahrensdauer mildernd zu berücksichtigen. Da keine erschwerenden Umstände vorlägen, kam das Landesverwaltungsgericht Steiermark zum Schluss, dass der Strafausspruch gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG behoben und gleichzeitig eine Ermahnung ausgesprochen werden könne.

Die vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz als belangte Behörde gegen dieses Erkenntnis vom 10.10.2016, GZ: LVwG 30.19-53/2016-16, LVwG 35.19-144/2016-16, erhobene außerordentliche Amtsrevision gelangte am 22.11.2016 beim Landesverwaltungsgericht und am 13.12.2016 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Sie richtete sich dabei „gegen das angefochtene Erkenntnis insgesamt, insbesondere […] die darin enthaltene Umwandlung des Strafausspruchs in eine Ermahnung“.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 18.12.2018, GZ: Ra 2016/04/0148-9, das angefochtene Erkenntnis, soweit damit der Ausspruch über die verhängte Strafe sowie der Haftungsausspruch aufgehoben und eine Ermahnung erteilt wurde – da bereits die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung nicht vorgelegen wären –, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes behoben; der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuspruch des Aufwandersatzes wurde abgewiesen. Hinsichtlich des Einwandes der Unzulässigkeit der Revision wegen eingetretener Strafbarkeitsverjährung, weil die Frist am 29.11.2016 geendet habe und die Revision erst am 13.12.2016 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig geworden wäre, äußerte sich der Gerichtshof insofern, dass übersehen worden wäre, dass die Revision am 22.11.2016 beim Landesverwaltungsgericht eingebracht wurde und diese somit zulässig wäre. Die Aufhebung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei einer Entscheidung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG um eine Ermessensentscheidung handeln würde, allerdings dafür die in § 45 Abs 1 Z 4 VStG genannten Umstände kumulativ vorliegen müssten. Neben der Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung durch die Tat und dem Verschulden des Beschuldigten, sei auch auf die abstrakte Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes abzustellen. Dabei würde sich das in § 9 ElWOG normierte Diskriminierungsverbot quasi als „roter Faden“ durch das gesamte Energierecht ziehen und der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbes dienen. Somit komme der Einhaltung dieses Grundsatzes erhebliche Bedeutung zu, von einer geringen Bedeutung des damit strafrechtlich geschützten Rechtsgutes könne nicht gesprochen werden; diese Wertigkeit würde sich auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens widerspiegeln. Insofern würde bereits eine der in § 45 Abs 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens bzw. die damit verbundene Ermahnung fehlen.

Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2018, GZ: Ra 2016/04/0148-9, ist am 21.01.2019 beim Landesverwaltungsgericht Steiermark eingelangt.

Für die Beurteilung sind folgende Rechtsvorschriften maßgebend:

§ 31 VStG:

(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

(3) Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union;

2. Zeiten, in denen die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war;

3. Zeiten, in denen sich der Beschuldigte im Ausland aufgehalten hat.

§ 45 VStG

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

(2) Wird die Einstellung verfügt, so genügt ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, dass einer Partei gegen die Einstellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wusste.

Erwägungen:

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Weiters erlischt gemäß § 31 Abs 2 VStG die Strafbarkeit der Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs 1 genannten Zeitpunkt.

Gemäß § 31 Abs 2 Z 4 VStG wird in die Verjährungsfrist die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nicht eingerechnet. Die Fristhemmung beginnt mit dem Einlangen der Revision oder Beschwerde bzw. des Antrages beim Gerichtshof und endet mit Zustellung des Erkenntnisses an das Verwaltungsgericht. Die Hemmung der Frist bewirkt, dass mit Eintritt des Ereignisses die Frist nicht mehr weiterläuft, sondern nach Ende des Ereignisses der verbleibende Rest der Frist wieder zu laufen beginnt.

Davon ausgehend, dass im angefochtenen Straferkenntnis vom 11.11.2015, GZ: 016367/2014/0005, als Tatzeit der 29.11.2013 angeführt ist, war der Eintritt der Strafbarkeitsverjährung mit 29.11.2016 gegeben. Nachdem die Fristhemmung gemäß § 31 Abs 2 Z 4 VStG mit dem Einlangen der Revision beim Verwaltungsgerichtshof ihren Anfang nimmt (vgl. VwGH 29.07.2014, Ro 2014/02/0074; 09.10.2017, Ra 2017/02/0115; Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni (Hrsg), VStG2 § 31 Rz 18 (Stand 01.05.2017, rdb.at), war die Revision zwar zum Zeitpunkt der Einbringung beim Landesverwaltungsgericht am 22.11.2016 zulässig. Da die Revision jedoch erst nach dem Ende der dreijährigen Frist gem. § 31 Abs 2 VStG beim Verwaltungsgerichtshof einlangte, scheidet eine Einrechnung der Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof aus (vgl. VwGH 04.05.2006, 2003/03/0036). Zum Zeitpunkt des Einlangens der Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof am 13.12.2016 war daher bereits die Strafbarkeitsverjährung eingetreten. Da es sich bei der Amtsrevision jedoch um ein Instrument zur Sicherung der Einheit und Gesetzmäßigkeit der Vollziehung handelt, das losgelöst von individuellen Parteiinteressen ist, wurde die vorliegende Amtsrevision dennoch vom Verwaltungsgerichtshof behandelt (vgl. VwGH 22.11.2018, GZ: Ro 2018/07/0041).

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Da somit die gesetzliche Strafbarkeitsverjährung nach § 31 Abs 2 VStG am 29.11.2016 eingetreten ist, war das Straferkenntnis – da sich die Revision gegen das Straferkenntnis insgesamt, „insbesondere“ gegen die Umwandlung des Strafausspruches in eine Ermahnung richtete – aufzuheben und das diesbezügliche Verfahren einzustellen (vgl. dazu das Erkenntnis des VwGH vom 10.10.1990, Zl. 90/03/0187; LVwG Wien 08.03.2018, VGW-041/036/17196/2017). Die Verwendung von „insbesondere“ indiziert dabei bereits, dass sich die Amtsrevision nur „vor allem“ bzw „im Besonderen“ (vgl. <https://www.duden.de/rechtschreibung/insbesondere>), nicht aber ausschließlich gegen den Strafausspruch richtete; somit war das gesamte Straferkenntnis zu beheben.

Da das Straferkenntnis gegenüber dem gemäß § 9 VStG Verantwortlichen sachlich die Haftung der Gesellschaft begründet, entfällt durch den Eintritt der Strafbarkeitsverjährung auch die Grundlage für eine Solidarhaftung des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 9 Abs 7 VStG (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni (Hrsg), VStG2 § 9 Rz 52 (Stand 01.05.2017, rdb.at).

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Strafbarkeitsverjährung, Verjährungseintritt, Erlassung der Entscheidung, Einlangen der Revision, Strafaufhebungsgrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2019:LVwG.30.19.53.2016

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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