TE Dok 2019/5/29 DG/001/2018

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Veröffentlicht am 29.05.2019
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Norm

EMRK Art6
GRC Art47
B-VG Art88 Abs2
B-VG Art134 Abs7
RStDG §2 Abs1 Z3
RStDG §54
RStDG §62
RStDG §88
RStDG §92
RStDG §93
RStDG §209 Z4

Schlagworte

Leistungsfeststellung, Dienstbeschreibung, Dienstbeurteilung, Gesamtbeurteilung „nicht entsprechend“, Richter, Erledigungen, Dienstgericht

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat als Dienstgericht für die Richterinnen und Richter dieses Gerichts durch RidBFG Dr. Rudolf Wanke als Vorsitzenden sowie RidBFG Mag. Claudia Mauthner und RidBFG Dr. Peter Unger als weitere Richter in der Dienstgerichtssache wegen § 88 RStDG betreffend den RidBFG *** *** ***, *** *** *** ***, vertreten durch Pallauf Meissnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte, 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, nach der am 3. Mai 2019, am 17. Mai 2019 und am 29. Mai 2019 im Beisein der RidBFG Mag. Mirha Karahodži?, MA (am 3. Mai 2019), RidBFG Mag. Dr. Birgitt U. Koran (am 17. Mai 2019) und RidBFG Mag. Diana Sammer (am 29. Mai 2019) als Schriftführerinnen und in Anwesenheit des betroffenen Richters, seiner rechtsfreundlichen Vertreter Dr. Michael Pallauf (am 3. Mai 2019) und Mag. Sebastian Boecker MBL (am 17. und am 29. Mai 2019) sowie von Disziplinaranwalt Dr. Erwin Luggauer durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Richter des Bundesfinanzgerichts *** *** *** wird gemäß § 88 RStDG in den Ruhestand versetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

I.

Zwei Gesamtbeurteilungen mit „nicht entsprechend“

Wie im Einleitungsbeschluss vom 5. Oktober 2018 dargelegt, wurde der im Jahr 1961 geborene betroffene Richter für die aufeinanderfolgenden Kalenderjahre 2016 und 2017 vom Personalsenat des Bundesfinanzgerichts jeweils mit „nicht entsprechend“ beurteilt.

Im Zuge der Dienstgerichtsuntersuchung erfolgte für das Kalenderjahr 2018 eine weitere Gesamtbeurteilung mit „nicht entsprechend“.

Aufforderung vom 12. April 2018

Mit Schreiben vom 12. April 2018 wurde der betroffene Richter unter Hinweis auf § 88 RStDG gemäß § 91 RStDG aufgefordert, binnen einem Monat nach Zustellung seine Versetzung in den Ruhestand zum frühestmöglichen Wirksamkeitstermin zu beantragen.

Äußerung vom 19. Juni 2018

Nach einer wegen eines Rehabilitationsaufenthaltes des betroffenen Richters von der Dienstbehörde genehmigten Erstreckung der Monatsfrist bis zum 20. Juni 2018 teilten die rechtsfreundlichen Vertreter des betroffenen Richters dieser mit Schreiben vom 19. Juni 2018 mit, dass kein Antrag auf Versetzung in den Ruhestand erfolgen werde. Begründend wurde ausgeführt, die Dienstbeschreibungen seien unrichtig und würden vor dem Dienstgericht bekämpft werden. Überdies habe ein Kuraufenthalt zu einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Richters geführt, sodass er seinen dienstlichen Aufgaben gewappnet sei und den Dienst wieder angetreten habe.

Befassung des Dienstgerichts am 25. Juni 2018

Am 25. Juni 2018 wurde das Dienstgericht gemäß § 92 RStDG befasst.

Anhörung vom 24. Juli 2018

Der betroffene Richter wurde am 24. Juli 2018 gemäß § 93 Abs. 1 RStDG i. V. m. § 123 Abs. 1 Satz 2 RStDG durch ein von der damaligen Vorsitzenden des Senats beauftragtes damaliges Mitglied des Senats im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters gehört.

Der betroffene Richter gab dabei an, mit 57 Jahren nicht bereit zu sein, seiner Pensionierung „unmittelbar zuzustimmen“. Er gehe von einer Verbesserung seines Gesundheitszustands aus. Laut ärztlichem Gutachten sei er dienstfähig.

Das Dienstgericht habe eigenständig zu beurteilen, ob die Leistung des Richters in beiden Jahren „nicht entsprechend“ gewesen sei. Der Personalsenat sei auf die Stellungnahmen des betroffenen Richters zur Dienstbeurteilung nicht eingegangen. Im Jahr 2017 seien seine beiden Eltern verstorben, seine Gattin habe an Burnout gelitten und das Dienstverhältnis gelöst, es habe massive Schulprobleme mit der Tochter und anderes mehr gegeben, weswegen die Voraussetzungen für eine Verschiebung der Dienstbeurteilung nach § 51 Abs. 6 RStDG gegeben gewesen seien, was vom Personalsenat trotz entsprechenden Antrags nicht berücksichtigt worden sei. Die geringe Erledigungszahl sei auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung zurückzuführen, die auch im Gutachten vom 16. Februar 2018 bestätigt worden sei, und im Rahmen der Gesamtbeurteilung nur ein Kriterium. Er verfüge über aktuelle fachliche Kenntnisse in seinem Arbeitsbereich, wisse diese auch umzusetzen, vermöge sich schriftlich und mündlich klar auszudrücken, habe in der Vergangenheit Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit und Verlässlichkeit gezeigt und schließlich sei sein Verhalten im Dienst gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Parteien als positiv zu bewerten. Die Erledigungszahl sei auf Grund der „nicht verschuldeten gesundheitlichen Beeinträchtigung und damit Arbeitseinschränkung zu relativieren“.

Einleitungsbeschluss vom 5. Oktober 2018

Das Dienstgericht beschloss durch den damals auf Grund der Ergebnisse der Wahl für die Funktionsperiode 2014 bis 2018 gebildeten erkennenden Senat am 5. Oktober 2018 gemäß § 123 Abs. 1 i. V. m. § 93 Abs. 1 RStDG die Einleitung eines dienstgerichtlichen Verfahrens bezüglich amtswegiger Versetzung in den Ruhestand gemäß § 88 RStDG und bestellte gemäß Punkt 4.3. der Geschäftsordnung des Bundesfinanzgerichts in dieser Dienstgerichtssache einen Untersuchungskommissär, dem die damalige Vorsitzende des Senats die Akten gemäß § 125 Abs. 1 RStDG zuleitete.

Dienstgerichtsuntersuchung

Bericht des Untersuchungskommissärs

Der Untersuchungskommissär schloss die Dienstgerichtsuntersuchung mit (42 Seiten umfassendem) Bericht vom 6. März 2019 ab und übermittelte am 11. März 2019 die Akten dem Disziplinaranwalt.

Der Untersuchungskommissär vertrat in seinem Bericht zunächst die Ansicht, die Aufforderung gemäß § 91 RStDG sei aus näher dargestellten Gründen und unter Hinweis auf eine Stellungnahme der Leiterin des Präsidialbüros des BFG zu Recht ergangen. In weiterer Folge legte der Untersuchungskommissär die verschiedenen Auffassungen zu der Frage, ob gegen die Dienstbeurteilungen durch den Personalsenat des BFG eine Revision an den VwGH zulässig sei, und zu der Frage, ob das Dienstgericht die Dienstbeurteilungen durch den Personalsenat eigenständig zu prüfen habe, dar, und kommt unter Hinweis auf Wanke/Perl/Sachs, RStDG (2014) § 92 Anm. 4 zu dem Schluss, dass eine eigenständige Beurteilung im dienstgerichtlichen Verfahren zu erfolgen habe.

Der Untersuchungskommissär gelangte hinsichtlich der Kriterien des § 54 Abs. 1 RStDG zusammengefasst zu folgendem Ergebnis:

Zu Z 1: Eine Prüfung der Aktualität der fachlichen Kenntnisse sei fast nicht möglich, da den immer sehr kurz gehaltenen Entscheidungen Hinweise auf aktuelle Rechtsprechung oder Literatur zumeist fehlten. Die Kenntnisse für die vielen formalen Entscheidungen (Gegenstandsloserklärungen) seien zumindest vorhanden. Da jedoch vielfach keine höchstgerichtliche Judikatur zitiert worden sei, könne anhand der Erledigungen nicht nachvollzogen werden, ob der betroffene Richter jemals eine entsprechende korrekte Prüfung seiner eigenen fachlichen Fähigkeiten, ob diese am neuesten Stand seien, durchgeführt habe. Ob sich der betroffene Richter an den Judikaturlinien des BFG orientiert habe, sei mangels Hinweis auf entsprechende Rechtssätze des BFG oder Erstellung von eigenen Rechtssätzen nur schwer beurteilbar. Aus welchen Gründen eine ordentliche Revision nicht zulässig sein soll, sei aus den Entscheidungen nicht ersichtlich, da die Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, die allenfalls den Entscheidungen zugrunde zu legen gewesen wären, nicht ausreichend in den Erledigungen dargestellt worden seien. Allen Erkenntnissen des betroffenen Richters der Jahre 2015 und 2016 sei gemeinsam, dass „im Spruch nicht genau erkennbar ist, über welche Beschwerde (Datum fehlt) entschieden wurde, keine komplexen Sachverhalte zu beurteilen waren, kein Rechtssatz erstellt wurde und kaum Judikaturhinweise (VwGH, VfGH, UFS oder BFG) oder Literaturhinweise vorhanden sind.“ In einigen der Erledigungen der Jahre 2016 und 2017 sieht der Untersuchungskommissär auch inhaltliche Mängel. Die fachlichen Kenntnisse seien daher in Umfang und Aktualität im Mindestmaß gegeben.

Zu Z 2: Sollten weitergehende fachliche Fähigkeiten vorhanden sein, spiegelten sich diese in den Entscheidungen nicht wider. Im Großteil der Erledigungen seien die Rechtsprobleme richtig erkannt und erfasst worden, sodass diese Fähigkeiten im Mindestmaß gegeben seien.

Zu Z 3: „Angesichts der Liegedauer von bis zu acht Jahren und der geringen Anzahl der Erledigungen sowie der kurzen Ausführungen in den Erledigungen (allein die Anzahl spricht schon für sich) und vor allem aufgrund des Rosinenpickens - es wurden offensichtlich immer nur die leichtesten Fälle für Erledigungen ausgewählt, obwohl andere und ältere Rechtsmittel wie z.B. Haftungsfälle im Abgabensicherungsbereich im Arbeitsvorrat gewesen wären bzw. noch sind - können diese Parameter für 2016 und 2017 (und leider auch 2018) nur als im Mindestmaß nicht gegeben bezeichnet werden. Die lange Liegedauer in einfachen Fällen grenzt nebenbei schon an eine Verweigerung des Zugangs zum Recht.“ Vor allem die Entschlusskraft, überhaupt ein Rechtsmittel zu erledigen, sei beim betroffenen Richter nicht ansatzweise im Mindestmaß gegeben. Eine Zielstrebigkeit könne man nicht erkennen, da der betroffene Richter nicht in der Lage gewesen sei, „in irgend einer Art und Weise ein angemessenes Zeitmanagement für die Erledigung der Rechtsmittel seiner Gerichtsabteilung einzuhalten oder einzurichten. Eine Zielstrebigkeit ist daher im Mindestmaß nicht gegeben.“ Es fehle dem betroffenen Richter auch an der notwendigen Verlässlichkeit im Mindestmaß, da Vereinbarungen mit dem Außenstellenleiter und der Präsidentin über Erledigungstermine wiederholt nicht eingehalten worden seien.

Zu Z 4: „Soziale Fähigkeiten und Kommunikationsfähigkeit können aus der Ferne nur schwer beurteilt werden.“ Aus den Aussagen der in der Dienstgerichtsuntersuchung vernommenen Zeugen ergäbe sich jedoch, dass sich der betroffene Richter an der Außenstelle „nicht wirklich“ engagiert habe, gleiches gelte für Sitzungen der Finanzstrafkammer. Da in den Jahren 2015 bis 2018 vom betroffenen Richter mündliche Verhandlungen nicht durchgeführt worden seien, könne die Eignung für den Parteienverkehr nicht beurteilt werden, „da dieser nicht stattgefunden hat“.

Zu Z 5: „Die Ausdrucksfähigkeit ist für die Jahre 2016 und 2017 (und 2018) in durchschnittlichem Maß gegeben, da sich die wenigen eigenen Überlegungen auf eine sehr geringe Seitenanzahl beschränken und daraus nicht auf eine überdurchschnittliche Ausdrucksfähigkeit geschlossen werden kann.“ Bemerkenswert sei, dass sich der betroffene Richter „bei seinen Ausführungen auf wenige eigene Gedanken beschränkt hat und Verweise auf höchstgerichtliche Judikate, die Judikaturlinie des BFG (oder UFS) oder Literaturstellen zumeist nicht zu finden sind.“

Zu Z 6: Der Untersuchungskommissär gehe von einem durchschnittlichen Verhalten aus. Der betroffene Richter sei kein „Kommunikationskünstler“. Beschwerden von Parteien oder Parteienvertretern seien nicht bekannt.

Zu Z 8: „Wenn jedoch selbst einfache Rechtsprobleme bis zu acht Jahre unerledigt bleiben, andere Akten sogar abgenommen werden müssen, um überhaupt erledigt zu werden (hier speziell Fristsetzungsanträge an den VwGH, die mehr als ein Jahr unbegründet unerledigt geblieben sind), kann nur die Schlussfolgerung gezogen werden: Nicht zufriedenstellend für die Jahre 2016, 2017 und auch 2018.“ Sehr auffällig sei, dass sämtliche Erledigungen nur einfache Rechtsprobleme beträfen. „Dabei handelt es sich offensichtlich – wie bereits erwähnt - um eine Art Rosinenpicken, da durchaus Fälle mit schwierigeren Rechtsproblemen im Arbeitsvorrat vorhanden gewesen wären.“

Der Untersuchungskommissär hat in sämtliche von dem betroffenen Richter in den Jahren 2015 bis 2018 ausgefertigte Erledigungen Einsicht genommen (Ablichtungen hiervon befinden sich im Dienstgerichtsakt) und diese detailliert beurteilt.

Zur gesundheitlichen Eignung führt der Untersuchungskommissär nach Auseinandersetzung mit den vorliegenden Gutachten und Aussagen unter anderem aus, der betroffene Richter erscheine „durch die nunmehr erforderliche Notwendigkeit der selbständigen Aktenbearbeitung und Arbeitseinteilung überfordert zu sein‚ ohne dass sich hierfür ein klares Krankheitsbild als Ursache ausmachen lässt.“ Laut Aktenlage gäbe es keine ärztlichen Befunde aus den Jahren 2016 und 2017, die auf eine fehlende Dienstfähigkeit außerhalb der aus der Aufstellung ersichtlichen Krankenstandstage hindeuten könnten.

Allein auf Grund von Schilderungen des betroffenen Richters, „wie er sich vor einigen Jahren gefühlt haben will, wird ein schlüssiges Sachverständigengutachten, das eine weitergehende Dienstunfähigkeit in den Jahren 2016 und 2017 bescheinigt, nicht erstellt werden können und die Beauftragung eines weiteren Gutachtens zum derzeitigen Verfahrensstand lediglich eine ungerechtfertigte Verfahrensverzögerung darstellen.“ Der betroffene Richter sei in der Dienstgerichtsuntersuchung aufgefordert worden, „allenfalls vorhandene weitere Gutachten für die behaupteten psychischen Probleme mit Krankheitswert in den Jahren 2016 und 2017 als Beweismittel vorzulegen“, dieser Aufforderung sei der betroffene Richter nicht nachgekommen. Selbst wenn von einer psychischen Beeinträchtigung ab Anfang Oktober 2017 (dem Zeitpunkt eines diesbezüglichen Gesprächs mit dem Außenstellenleiter, in dem von gesundheitlichen Problemen keine Rede gewesen sei) bis Ende 2017 ausgegangen werde, ändere dies nicht an der Tatsache, dass „im verbleibenden Rest des Jahres eine ‚nicht entsprechende‘ Leistung erbracht“ worden sei. Die Aussage im (letzten) Gutachten, „aufgrund mangelnder Entwicklungsfähigkeit und im Hinblick auf das Nahen des Pensionsalters bestehen auch keine Arbeitsanreize und nur eine geringe Verausgabungsbereitschaft“ könnte nur bestätigt werden.

Dass der betroffene Richter der Aufforderung nach § 91 RStDG nicht nachgekommen sei, liege in erster Linie an den fehlenden Begründungen der Mitteilungen der Gesamtbeurteilungen sowie der jeweiligen Dienstbeschreibungen.

Resümierend hält der Untersuchungskommissär fest, dass der betroffene Richter angesichts seines Persönlichkeitsbilds „die persönlichen Voraussetzungen für die Funktion eines Richters des BFG bei Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht erfüllt“ hätte.

Urkunden

Der Untersuchungskommissär nahm als Beweismittel folgende Urkunden zum Dienstgerichtsakt:

?    Dienstbeschreibungen für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018

?    Verschiedene Niederschriften mit dem betroffenen Richter durch den Außenstellenleiter

?    Verschiedene Berichte des Außenstellenleiters über den betroffenen Richter

?    Übersichten über die Erledigungen des betroffenen Richters aus dem Aktenverwaltungsprogramm des BFG RemIS

?    Ausdrucke sämtlicher Erledigungen des betroffenen Richters in den Jahren 2015 bis 2018 aus der FINDOK

?    Ärztliche Gutachten hinsichtlich des betroffenen Richters aus den Jahren 2017 und 2018

?    Abwesenheitsdaten

?    Fortbildungsdaten

?    Ausdrucke aus dem Internet über die Tätigkeit des betroffenen Richters bei einem in dem Bundesland, in dem die Außenstelle gelegen ist, bekannten Verein. Diesen lässt sich unter anderem entnehmen, dass der betroffene Richter in leitender Funktion in diesem Verein tätig ist, im Jahr 2017 sein „unermüdlicher Einsatz“ für den Verein und vor allem sein Bemühen um die Vereinsfinanzen hervorgehoben wurde und der betroffene Richter „immer bereit“ stehe, wenn es seine Zeit erlaube. Er habe als einer von wenigen eine besondere Vereinsauszeichnung erhalten.

Ferner wurden mehrere Zeugen einvernommen und folgende Stellungnahmen eingeholt:

Stellungnahme der Berichterstatterin für die Dienstbeschreibung 2015

Die für den Entwurf der Dienstbeschreibung für das Jahr 2015 gemäß § 53 Abs. 1 RStDG bestellte Berichterstatterin des Personalsenats gab dem Untersuchungskommissär mit E-Mail vom 29. Dezember 2018 bekannt, dass der betroffene Richter im Jahr 2015 27 Rechtssachen erledigt habe, wovon allerdings nur 7 Erledigungen in der FINDOK zu finden seien. Diese in der FINDOK dokumentierten Erledigungen seien nach Aufforderung durch den Untersuchungskommissär einer Überprüfung unterzogen worden. Bei diesen Erledigungen handle es sich um leichte, teilweise inhaltlich idente Erledigungen mit einem Gesamtumfang von jeweils zwischen 4 und 6 Seiten einschließlich Spruch und Rechtsmittelbelehrung (gemeint wohl: Begründung der Nichtzulassung einer Revision, eine Rechtsmittelbelehrung ist zur Entlastung der Datenbank in der FINDOK-Fassung i. d. R. nicht enthalten). Der Untersuchungskommissär ergänzte die von der Berichterstatterin übermittelten Entscheidungsausdrucke aus der FINDOK um Ausdrucke der übrigen im Jahr 2015 gefällten Entscheidungen aus dem Aktenverwaltungsprogramm RemIS. Mit Ausnahme einer 7 Seiten (einschließlich Rechtsmittelbelehrung und Zustellverfügung) umfassenden Entscheidung betreffend Pfändung einer Geldforderung umfassen die übrigen Erledigungsausfertigungen – verfahrensrechtliche Entscheidungen - zwischen 2 und 4 Seiten (Volltext von Kopf bis Approbation).

Zeugenaussage des Berichterstatters für die Dienstbeschreibung 2016

Der für den Entwurf der Dienstbeschreibung für das Jahr 2016 gemäß § 53 Abs. 1 RStDG bestellte Berichterstatter des Personalsenats gab am 10. Jänner 2019 als Zeuge durch den Untersuchungskommissär vernommen an, dass dem Personalsenat nach Einsicht in die Jahresstatistik (bundesweiter Schnitt gemessen an Geschäftsverteilungspunkten „ca. 200 – 210 Punkte“ „pro VBÄ“) der betroffene Richter, als jemand der „eklatant darunter lag“, aufgefallen sei. Auf Grund der geringen Erledigungsanzahl habe sich der Personalsenat „nicht mehr detailliert mit dem Inhalt“ der vom betroffenen Richter im Berichtsjahr getroffenen Entscheidungen auseinandergesetzt, sondern an Hand der statistischen Daten eine „weit unter dem Schnitt“ gelegene Arbeitsleistung festgestellt. Die 8 Tage Krankenstand im Jahr 2016 seien nicht ins Gewicht gefallen. Auf lange Krankenstände sei – bei anderen Dienstbeschreibungen – Bedacht genommen worden. Der betroffene Richter habe durch die Dienstbeschreibung für 2015 gewusst, „dass er weiter am Radar des Personalsenats ist“, habe aber seine Arbeitsleistung nicht angehoben. Diese sei vielmehr unter dem unerlässlichen Mindestmaß gelegen gewesen. Die Kriterien nach § 54 Abs. 1 Z 1 bis 6 RStDG seien von „Berichterstatter zu Berichterstatter eigenständig beurteilt“ worden. „Wir sind von einem Gut auf ein Nichtentsprechend gegangen, da müssen auch andere Parameter abgestuft werden, damit man zu einem Nichtentsprechend kommt. Das haben wir adaptiert. Dadurch kamen die unterschiedlichen Beurteilungen der einzelnen Berichterstatter zustande.“ Der (mangelnde) Fleiß sei schon anhand der Erledigungszahlen ableitbar. Der betroffene Richter habe sich „immer nur auf 08/15-Fälle konzentriert“, Fälle mit größeren Rechtsproblemen habe er nicht angepackt. Der Geschäftsverteilungsausschuss habe auch Aktenabnahmen und Zuteilungsstopps verfügt. Damit in Zusammenhang stehende monatliche Berichte seien vom betroffenen Richter erst über Urgenzen „nur sporadisch abgegeben“ worden. Der betroffene Richter habe „eine Art Vogel-Strauß-Politik betrieben, Kopf in den Sand“. Er sei auch im Vorfeld von der möglichen negativen Dienstbeurteilung informiert und zur Stellungnahme eingeladen worden, habe sich aber nicht geäußert.

Zeugenaussage des Berichterstatters für die Dienstbeschreibung 2017

Der für den Entwurf der Dienstbeschreibung für das Jahr 2017 gemäß § 53 Abs. 1 RStDG bestellte Berichterstatter des Personalsenats gab am 10. Jänner 2019 als Zeuge durch den Untersuchungskommissär vernommen an, dass angesichts der zahlreichen im Jahr 2016 für das Jahr 2015 (gemäß § 51 Abs. 2 RStDG) vorzunehmenden Gesamtbeurteilungen die einzelnen Beurteilungen nicht ins Detail gehen konnten. Erst im Jahr 2017 (für das Jahr 2016) „hat man sich im Detail die Erledigungen angesehen und dort Unterschiede ausgemacht“. Es habe auch Fälle gegeben, in denen die Beurteilung aus Krankheitsgründen aufzuschieben war, nicht jedoch beim betroffenen Richter. 19 Tage Krankenstand im Jahr 2017 seien nicht auffällig gewesen. Der Berichterstatter habe in seiner Funktion als Vizepräsident des BFG immer wieder mit dem Außenstellenleiter in Bezug auf den betroffenen Richter gesprochen. Es habe auch Gespräche der Präsidentin und des Vizepräsidenten mit dem betroffenen Richter anlässlich Bereisungen der Außenstelle gegeben, ohne Erfolg. „Er hat immer Besserung gelobt, eine Änderung ist nicht eingetreten.“ Trotz Aktenabnahmen – bei einem damaligen Aktenstand von über 100 – sei eine Reduzierung des Aktenrückstands „nicht im erwarteten Ausmaß eingetreten“. „Im Schnitt waren pro Richter Österreich weit 237 Punkte in etwa erreicht worden, bei ihm waren es 82 Punkte, das war etwa nur ein Drittel, gemessen an der Qualität und Schwierigkeit der Fälle war die Aktenbearbeitung nicht aufwendig. Die Punkte allein sind nicht ausschlaggebend, aber die Qualität der Fälle wäre unter dem Punktewert von beispielsweise 6 Punkte als AS-Fall gelegen, wenn man jeden Akt einzeln beurteilen würde.“ Dies sei „sicher weit unter der zu erwartenden Mindestleistung“. „Die Fälle waren so einfach, dass jeder, der einige Zeit mit der Materie befasst war, diese Fälle leicht hätte lösen können.“ Dass ein Fristsetzungsantrag über ein Jahr unbearbeitet gelegen und erst vom Vertreter des betroffenen Richters während dessen Krankenstands dem VwGH vorgelegt worden sei, sei „beim VwGH nicht gut angekommen“.

Nach Ansicht des Zeugen in einer in Vorbereitung auf die Vernehmung erstatteten schriftlichen Stellungnahme vom 19. Dezember 2018 sei seiner Ansicht nach die Gesamtbeurteilung für das Jahr 2015 mit „durchschnittlich“ gemessen an den „tatsächlich in diesem Jahr erbrachten Leistungen zu positiv ausgefallen“. In der Stellungnahme wird näher auf die einzelnen Kriterien nach § 54 Abs. 1 RStDG eingegangen und zu den Erledigungen unter anderem ausgeführt: „Die statistischen Daten allein sind natürlich keineswegs maßgebend; sollte ein sehr komplexer Fall zu erledigen gewesen sein, würde dies die Gewichtung wesentlich beeinflussen.“ Deswegen sei beim betroffenen Richter jeder einzelne im Jahr 2017 erledigte Fall einer genauen Überprüfung unterzogen worden. „Hierbei ist zunächst aufgefallen, dass trotz umfangreicher vorhergehender Aktenabnahmen die Fälle nur mit Einschränkungen chronologisch abgearbeitet worden sind.“ Bei den Entscheidungen habe es sich durchgehend „um äußerst einfache Rechtsfragen“ gehandelt. Unter Bedachtnahme auf Quantität und Qualität der Entscheidungen sei das unerlässliche Mindestmaß im Jahr 2017 nicht einmal annähernd erreicht worden.

Zeugenaussage der Präsidentin des BFG

Die Präsidentin des BFG gab am 14. Jänner 2019 als Zeugin durch den Untersuchungskommissär vernommen an, das bereits Anfang 2015 vom Außenstellenleiter in Absprache mit ihr Gespräche mit dem betroffenen Richter geführt worden seien. Der betroffene Richter habe „im Zuge dieser Gespräche (familiäre) Probleme im privaten Bereich angegeben und sich dadurch psychisch belastet gefühlt“. Ihm sei vom Außenstellenleiter angeraten worden, „in Krankenstand oder auf Kur zu gehen“, wobei der betroffene Richter im Jahr 2015 dann auch auf Kur gewesen sei. Ab 2015 habe es laufend Gespräche des Außenstellenleiters mit dem betroffenen Richter gegeben, sie selbst habe jährlich im Rahmen der Bereisungen der Außenstellen mit dem betroffenen Richter gesprochen. Dieser habe aber „nie das Gespräch gesucht oder in irgendeiner Form um Hilfe ersucht.“ „Auf den Punkt gebracht: man hat ihm angeboten, auf Kur zu gehen oder eine psychologische Betreuung in Anspruch zu nehmen, um seine Leistungsfähigkeit zu verbessern. Man gab ihm immer wieder eine Chance seine Leistungen zu verbessern.“ Zusagen, bestimmte Erledigungen vorzunehmen oder die Zahl der Erledigungen zu steigern, seien wiederholt nicht eingehalten worden. Der betroffene Richter habe nie initiativ den Außenstellenleiter oder die Präsidentin „kontaktiert, dass er krank oder überlastet wäre.“ Der betroffene Richter habe sich „mit gesundheitlichen bzw. psychischen Problemen vorwiegend auf Probleme im familiären Bereich zurückführend gerechtfertigt.“ Bereits im Jahr 2015 sei die Leistung des betroffenen Richters zahlenmäßig unterdurchschnittlich gewesen. „Fachlich ging ihm grundsätzlich kein schlechter Ruf voraus.“ Bei den Folgebeurteilungen habe sich herausgestellt, „dass die Leistungen in den angeführten Kriterien nicht im hohen Ausmaß vorhanden sein können, angesichts der erledigten Akten.“ Der Außenstellenleiter habe berichtet, dass der betroffene Richter bei Besprechung von Fällen teilweise nicht in der Lage gewesen sei, „ein fachliches Gespräch über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten.“ „Er wurde als voll dienstfähig betrachtet, Erledigungen sind indiskutabel.“

Zeugenaussage Außenstellenleiter

Der Leiter der Außenstelle des BFG, die gemäß § 3 Abs. 3 BFGG Dienststelle des betroffenen Richters ist, legte am 22. Jänner 2019 als Zeuge durch den Untersuchungskommissär vernommen zunächst eine Reihe von Berichten über den betroffenen Richter an die Präsidentin sowie mit dem betroffenen Richter aufgenommene Niederschriften und Unterlagen über Abwesenheiten und Fortbildungen vor. Der betroffene Richter habe im UFS seit 2006 oder 2007 keine Akten aus dem Bereich Umsatzsteuer/Einkommensteuer/Körperschaftsteuer mehr zugeteilt erhalten, sondern nur mehr Rechtssachen aus den Bereichen Abgabensicherung und Finanzstrafsachen. „Fachlich ist er gut, aber offensichtlich nicht entscheidungswillig. Aus welchen Gründen auch immer.“ Der betroffene Richter sei etwa um 8 Uhr gekommen und um etwa 16 Uhr gegangen. „Jetzt sieht man ihn kaum.“ Die wiederholt geführten Gespräche „zum Thema Minderleistungen haben - wenn überhaupt - nur kurzfristig einen Erfolg erzielt. Danach ist die Leistungskurve wieder nach unten gegangen.“ Über diese Gespräche seien nicht immer Niederschriften aufgenommen worden. „Die im Sinne der Fürsorgepflicht des Dienstgebers geführten Gespräche haben Reaktionen bewirkt, Krankenstand, Kur, psychologische Betreuung, aber in der Folge keine nachhaltige Besserung erzielt. 2018 nach der Kur hat er gesagt, dass er nicht mehr krank ist, da hat er auch einiges erledigt, danach ist wieder nichts weitergegangen. Es folgten die Gespräche im Herbst. Dieselbe Prozedur wie vorher. In der Krankenstandsstatistik ist er nicht auffällig gewesen.“ Der Jahreserholungsurlaub sei regelmäßig verbraucht worden. „Ich habe immer wieder darauf hingewiesen: Schau den Rückstand durch, welche Akten Du relativ rasch erledigen könntest. Die hätte es auch gegeben, das hat man bei der Aktenabnahme (anlässlich der Erledigung durch andere Richter) gesehen.“ An Fortbildungen sei vom betroffenen Richter der Finanzstrafkammertag regelmäßig besucht worden, ansonsten habe es Fortbildungen im IT-Bereich gegeben. Der betroffene Richter habe zwar nie gesagt, dass er Probleme hätte, dennoch sei ihm eine verstärkte Unterstützung durch die Geschäftsstelle zuteil worden. Beispielweise sei ihm angeboten worden, seine Entwürfe zu diktieren und von der Geschäftsstelle schreiben zu lassen. Diese Hilfe sei aber nur selten in Anspruch genommen worden. „Eine mündliche Verhandlung als Einzelrichter oder als Berichterstatter (und Erlediger) im AS- Senat ist [mir] nicht bekannt. Erörterungstermin hat er gemacht. Sonst ist keine Verhandlungstätigkeit bekannt.“

Am 3. Oktober 2017 berichtete der Außenstellenleiter der Präsidentin, dass der betroffene Richter „sehr stark belastet wirkte“, worauf ihm ein Krankenstand oder eine Kur sowie das Einholen medizinischer oder psychologischer Unterstützung nahegelegt worden sei. Beim Geschäftsverteilungsausschuss sei ein Zuteilungsstopp für die Gerichtsabteilung des betroffenen Richters beantragt worden, die Entscheidung hierüber sei vom Ausschuss aber mehrmals vertagt worden. Der betroffene Richter sei mehrfach auf die Bedeutung der Dienstbeurteilungen und deren dienstrechtliche Konsequenzen hingewiesen worden. Die psychologische Unterstützung, die der betroffene Richter nach seinen Angaben im Jahr 2016 in Anspruch genommen habe, habe keine Wirkung gezeigt. Er habe eine neue Betreuung, die bessere Ergebnisse erhoffen lasse. Mitte August 2017 habe der betroffene Richter „erkennbar aktiver“ gewirkt als in den Gesprächen in den Jahren zuvor. Freilich seien dann verschiedene zugesagte Erledigungen nur zu einem geringen Teil tatsächlich erfolgt. Insbesondere seien zwei Fristsetzungsanträge und zwei Säumnisbeschwerden nach wie vor unerledigt. Der betroffene Richter scheine „über die letzten Jahre psychisch stark belastet zu sein“. Diese Belastung zeige sich aber in kurzen Gesprächen nicht. Bei einem länger dauernden „intensiven fachlichen Gespräch“ im Frühjahr 2017 habe die Konzentrationsfähigkeit nach ca. 30 Minuten nachgelassen. Der betroffene Richter „war und ist nach meiner Ansicht bemüht, seine dienstlichen Leistungen zu erbringen. Er kann aber diese Leistungen - wie sich für mich auch nach dem Gespräch Mitte August gezeigt hat - nicht bzw. nicht einmal für einen Monat erbringen. Die von ihm beschriebene Verbesserung seiner psychischen Situation seit dem Wechsel seiner psychologischen Betreuung im Frühjahr 2017 kann ich leider nicht erkennen.“ Es werde daher angeregt, die Dienstfähigkeit des betroffenen Richters zu überprüfen. Dem Bericht beigefügt war ein Ausdruck offenbar aus einem Finanzamtsakt, wonach eine Mitarbeiterin des Finanzamts im Oktober 2015 festhielt, dass sie vom betroffenen Richter „NIE auf eine Anfrage eine Antwort bekomme!“

Am 4. Juni 2018 berichtete der Außenstellenleiter der Präsidentin detailliert über Feststellungen zu einzelnen Akten, die zufolge Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses dem betroffenen Richter abgenommen wurden. Im Einzelnen werden auch die Abgabenausfälle, die durch das Liegenlassen der Akte entstanden sind, näher dargestellt.

Niederschriften mit dem betroffenen Richter vom 14. August 2017, vom 16. Juli 2018 und vom 22. November 2018 sind aktenkundig. In Letzterer gibt der betroffene Richter unter anderem an: „Wenn ich befragt werde, ob ich mich für dienstfähig erachte, so möchte ich darauf sagen, dass dies aus meiner subjektiven Wahrnehmung gegeben ist. Ich darf darauf verweisen, dass im derzeit laufenden Dienstgerichtsverfahren eine Nachuntersuchung betreffend meine Dienstfähigkeit durchgeführt wurde; die Ergebnisse dieser Untersuchung kenne ich nicht.“

Akteneinsicht und Einvernahme des betroffenen Richters

Mit der Ladung zur Einvernahme durch den Untersuchungskommissär wurden dem betroffenen Richter die vom Untersuchungskommissär mit den Zeugen aufgenommenen Niederschriften zur Kenntnis übermittelt und der betroffene Richter aufgefordert, zur Einvernahme Unterlagen oder ärztliche Gutachten mitzubringen, die belegen, dass beim betroffenen Richter für 2016 und/oder 2017 eine eingeschränkte Dienstfähigkeit bestanden hätte, Beweismittel, „die belegen können, aus welchen Gründen die Dienstleistung in den Jahren 2016 und/oder 2017 (vorübergehend)“ nicht in vollem Ausmaß erbracht werden hätte können, sowie Beweismittel, die belegen können, weshalb sich die Dienstleistung „aus allenfalls nicht vorwerfbaren Gründen in den Jahren 2016 und/oder 2017 nur vorübergehend verschlechtert hat.“

Nach Erhalt der Ladung durch den Untersuchungskommissär ersuchte die rechtsfreundliche Vertretung des betroffenen Richters am 7. Februar 2019 ergänzend Befund und Gutachten durch einen bereits für die BVA in dieser Sache tätig gewesenen Sachverständigen zum Beweis dafür einzuholen, dass der betroffene Richter „in den Jahren 2016 und 2017 an einer psychischen Störung von Krankheitswert gelitten hatte, die dafür ursächlich war, dass sein Arbeitserfolg unter dem Soll geblieben war.“ Es werde angeregt, die Einvernahme erst nach Einholung dieses ergänzenden Gutachtens vorzunehmen.

Der Untersuchungskommissär teilte den rechtsfreundlichen Vertretern mit E-Mail vom 10. Februar 2019 mit, dass mangels Vorlage davon auszugehen sei, „dass für die Jahre 2016 und 2017 derzeit keine weiteren bisher nicht bekannten ärztlichen Befunde vorliegen.“ „Aus heutiger Sicht würde die Beauftragung eines weiteren Gutachtens zum derzeitigen Verfahrensstand lediglich eine Verfahrensverzögerung darstellen, zumal allein auf Grund von Schilderungen des betroffenen Richters, wie er sich vor einigen Jahren gefühlt haben will, ein schlüssiges Sachverständigengutachten, das eine weitergehende Dienstunfähigkeit in den Jahren 2016 und 2017 bescheinigt, nicht erstellt werden wird können.“

Bei seiner Vernehmung am 18. Februar 2019 gab der betroffene Richter im Beisein seines Rechtsanwalts auf die Frage des Untersuchungskommissärs, ob er glaube, die von einem Richter des BFG zu erwartende Leistung erbracht zu haben, an: „Ich habe die Leistung unverschuldet (aufgrund Prokrastination) nicht erbracht.“ „Ich habe mir vorgenommen, mehr zu erledigen, phasenweise hat es auch funktioniert.“ Er benötige von zu Hause etwa eine Dreiviertel Stunde ins Büro, zu Hause arbeite er nie. Er sei regelmäßig zwischen 8:00 und 9:00 Uhr gekommen und zwischen 16.00 und 17:00 Uhr gegangen, „so wie die alten Dienstzeiten.“ Er habe durchschnittliche Maschinschreibfähigkeiten und schreibe fast alles selbst. Auf die Frage, was der betroffene Richter im Büro gemacht habe: „Herumgebrodelt. Wieso? Blockade.“ Mit Therapien könne man dieses „Aufschieben bis zum geht nicht mehr“ in den Griff bekommen, nicht mit Medikamenten. Der betroffene Richter habe im Jahr 2017 ein Coaching in Richtung Zeitmanagement gemacht, seit März 2018 sei er in Psychotherapie. Das habe zeitweise gut funktioniert. Das Fertigstellen von Erledigungen habe „aus irgend einem Grund“ nicht mehr funktioniert. „Es hängt nicht am mangelnden Wollen. Vielleicht hängt es an der fehlenden Motivation. Man hat dann auch Schuldgefühle, Kopf in den Sand...“ „Vor allem 2017 haben mich viele persönliche Probleme getroffen. 2016 das erste ‚nicht entsprechend‘, man kann nicht so dumm sein, um nicht zu wissen, was das bedeuten soll. Es gibt auch eine andere Schiene, man ist so krank und kann nicht.“ Dass er nicht in Krankenstand gegangen sei, könne man nicht mehr ändern. „Warum ich nicht in Krankenstand gegangen bin, ich weiß es nicht. Vielleicht weil ich nicht zu Hause sein wollte.“ Im Detail wurden die persönlichen Umstände, die im Jahr 2017 eingetreten seien, (wie bei der Anhörung am 24. Juli 2018) dargelegt. Zu Senatsverfahren und mündlichen Verhandlungen gab der betroffene Richter an, dass es an der Außenstelle nur wenige Senatsfälle und mündliche Verhandlungen gäbe, im UFS habe er Verhandlungen gehabt, „jetzt nicht mehr“. Die Wurzel der „Uraltfälle“ liege noch in der FLD, „riesige Rucksäcke, so ganz sind wir von diesen Rückständen nicht runtergekommen.“ Er habe (ab 2003) im UFS auch Rechtssachen aus Rechtsgebieten zugeteilt erhalten („jeder macht alles“), für die er in der FLD nicht zuständig gewesen sei. „Das war schon kein guter Start. Ich musste mich in viele Materien einarbeiten. Kollegen haben mir dabei Hilfe geleistet.“ Über Vorhalt des „Rosinenpickens“: „Ich will es nicht schönreden“. Der betroffene Richter sei der Auffassung, dass die Beurteilungen durch den Personalsenat nicht begründet seien. Er habe „die eigentliche Beurteilung samt Aktenaufstellung“ (die Dienstbeschreibung i. S. d. § 55 Abs. 2 RStDG neben der Gesamtbeurteilung i. S. d. § 55 Abs. 1 RStDG) nicht erhalten. Über Vorhalt der Erhebungen im Internet hinsichtlich der Tätigkeit des betroffenen Richters für einen Verein, die lobenden Worte von Vereinsfunktionären über den betroffenen Richter und den Umstand, dass der betroffene Richter offenkundig mehrfach während seines Krankenstandes für den Verein tätig war, gab der betroffene Richter an, man solle bei seiner Art der Erkrankung „Dinge tun, die einem gut tun. Das Vereinsleben hat mir gutgetan, da wird man extrem wertgeschätzt und gelobt.“ Der Wechsel zum BFG sei für den betroffenen Richter eine Verschlechterung gewesen. Die Zuteilungsgruppen, an denen seine Gerichtsabteilung teilnahm, seien aber seine „angestammte Materie“ gewesen. Bereits im Jahr 2015 habe sich an der Außenstelle „die Krise angekündigt“. Einige Richterinnen und Richter an der Außenstelle hätte sich bereit erklärt, Akten abzunehmen, was „sehr hilfreich gewesen“ wäre, „als Zeichen, wir helfen ihm“. All dies sei an der Außenstelle schon akkordiert gewesen und dem Geschäftsverteilungsausschuss ein entsprechender Antrag unterbreitet worden, dieser sei „vertagt, dann zurückgezogen“ worden. Auf die Frage, warum der betroffene Richter einen Antrag auf Überleitung in das BFG gestellt hat, wenn er der Meinung gewesen sei, dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein: „Ich wollte eigentlich schon, war mir aber unsicher, da es aber keine vernünftige Alternative gab, habe ich mich dazu entschlossen.“ Ob er persönlich glaube, die Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Richter des BFG zu erfüllen: „Ich weiß es nicht. Ich wollte nur eine entsprechende Begründung für die Entscheidung des Personalsenates. Das was ich erhalten habe, ist das nicht. Eine Kollegin hat mir gesagt, es wäre das Beste gewesen, nicht in das BFG zu gehen. Da habe ich die falsche Entscheidung getroffen. Es belastet mich immer noch.“

Stellungnahme des Personalsenats

Der Personalsenat gab als Kollegialorgan mit Schreiben vom 21. Februar 2019 dem Untersuchungskommissär zu dessen Anfrage vom 25. Jänner 2019 eine Stellungnahme ab. Dieser lässt sich unter anderem entnehmen, dass die Anzahl der Erledigungen des betroffenen Richters im Jahr 2015 zwar gering gewesen sei, diese aber „gut strukturiert und begründet“ gewesen seien, allerdings keine anspruchsvollen Rechtsfragen betroffen hätten. Für 2015 seien noch keine „gravierenden Defizite erkennbar“ gewesen. Die Abweichungen einzelner Beurteilungen für 2016 und 2017 seien auch darauf zurückzuführen, dass der betroffene Richter 2017 „insgesamt agiler“ gewirkt habe. Unterschiedliche Beurteilungen in Teilbereichen seien durch unterschiedliche Berichterstattung erklärbar, dies ändere aber nichts an der jeweiligen Gesamtbeurteilung. „Bei der Aufstellung der im § 54 Abs 3 RStDG angeführten Kalküle geht der Gesetzgeber von einem Durchschnittswert aus (Fellner/Nogratnig, RStDG, 4. Auflage, Anm 4 zu § 54 Abs 3 RStDG). In Hinblick darauf ist der Personalsenat bei seiner Beurteilung von der bundesweit im Durchschnitt erbrachten Leistung pro VBÄ ausgegangen. Bei einer wesentlichen Unterschreitung des Durchschnittswerts wurde jeder Einzelfall einer eingehenden Betrachtung in Hinblick auf das Vorliegen besonderer Grunde - wie z.B. Komplexität der Falle, längere Krankenstände, zeitaufwändiges Engagement in (richterlichen) Gremien - unterzogen.“

Anträge des Disziplinaranwalts

Der Disziplinaranwalt übermittelte die Akten dem Vorsitzenden des Dienstgerichtssenats am 27. März 2019 und beantragte, den betroffenen Richter gemäß § 88 RStDG in den Ruhestand zu versetzen. Die Ermittlungen des Untersuchungskommissärs hätten gezeigt, dass der betroffene Richter für die Jahre 2016, 2017 und zuletzt auch für das Jahr 2018 mit „nicht entsprechend" zu beurteilen gewesen sei. Der betroffene Richter habe „in diesen Jahren nur eine geringe (weit unterdurchschnittliche) Anzahl von Erledigungen und diese nur über einfache Rechtsfragen und mit lediglich kurzer Begründung verfasst“. Es bestünden für die Jahre 2016 und 2017 „keine Belege für eine diese geringe Arbeitsleistung rechtfertigende fehlende Dienstfähigkeit“ „außerhalb der aktenkundigen Krankenstandstage von 8 Tagen (2016) und 19 Tagen (2017).“ Im Übrigen werde auf den Bericht des Untersuchungskommissärs verwiesen.

Zusammensetzung des erkennenden Senats

Die Zusammensetzung des erkennenden Senats ergibt sich aus dem Ergebnis der am 12. Dezember 2018 gemäß § 209 Z 4 RStDG i. V. m. § 8 Abs. 2 Z 5 BFGG durchgeführten Wahl durch die Vollversammlung.

Mit Beschluss vom 12. März 2019 hat die Präsidentin des Bundesfinanzgerichts entschieden, dass ein Mitglied des Senats, das in der Dienstgerichtsuntersuchung bereits als Zeuge vernommen wurde, gemäß § 93 Abs. 1 RStDG i. V. m. § 115 Abs. 2 RStDG und § 45 StPO im gegenständlichen Dienstgerichtsverfahren ausgeschlossen ist. Es rückte daher das erstgereihte Ersatzmitglied in den erkennenden Senat auf.

Verweisungsbeschluss vom 5. April 2019

Mit Beschluss vom 5. April 2019 wurde die Sache gemäß § 130 Abs. 2 RStDG zur mündlichen Verhandlung verwiesen. Die Dienstgerichtsuntersuchung sei gemäß § 129 Abs. 1 RStDG vom Untersuchungskommissär abgeschlossen worden, Ergänzungsanträge gemäß § 129 Abs. 2 RStDG seien nicht gestellt worden. Es bestehe auch keine Notwendigkeit einer amtswegigen Anordnung einer Ergänzung der Dienstgerichtsuntersuchung. Konkrete Anhaltspunkte für eine über in den Jahren 2016 und 2017 vom betroffenen Richter gemeldeten Krankenstände hinausgehende gesundheitliche Beeinträchtigung des betroffenen Richters in den Jahren 2016 und 2017 seien - unabhängig von der Frage ihrer rechtlichen Relevanz - nicht ersichtlich.

Mündliche Verhandlung

Die mündliche Verhandlung fand am 3. Mai 2019, am 17. Mai 2019 und am 29. Mai 2019 statt.

Vernehmung des betroffenen Richters

Der betroffene Richter gab bei seiner Vernehmung am 3. Mai 2019 zunächst an, seine Angaben bei seiner Einvernahme durch den Untersuchungskommissär am 18. Februar 2019 seien zutreffend gewesen.

Nach Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften in Mindeststudiendauer und Gerichtspraxis habe der betroffene Richter seine Grundausbildung an einem Finanzamt begonnen. Nach erfolgreich abgelegter Dienstprüfung habe er den Dienst in der damaligen Finanzlandesdirektion (FLD) am Standort der nunmehrigen Außenstelle des BFG angetreten, wo er in der für Abgabensicherung und Finanzstrafsachen zuständigen Fach- und Rechtsmittelabteilung Dienst versehen habe und schließlich deren stellvertretender Leiter geworden sei. Er habe in der Finanzlandesdirektion auch eine führende Funktion in der Personalvertretung innegehabt. Hierbei habe er keine Probleme gehabt, zu verhandeln oder Streit zu schlichten. In der FLD habe der Geschäftsabteilungsvorstand alle Erledigungen approbiert, bei dessen Abwesenheit der betroffene Richter als sein Vertreter.

Im UFS sei die Außenstelle 2003 damit konfrontiert gewesen, dass die Zahl der im Hauptaufgabenbereich „Umsatzsteuer/Einkommensteuer/Körperschaftsteuer“ („U/E/K“) zuvor tätig gewesenen hauptberuflichen Mitglieder für den diesbezüglichen Aktenzugang an der Außenstelle zu gering gewesen sei, sodass in den ersten Jahren der Akteneingang auf alle Mitglieder verteilt worden sei. Dies habe dazu geführt, dass der betroffene Richter – wie andere Mitglieder an der Außenstelle – sich erst in viele Materien wieder neu einarbeiten habe müssen. Nach einigen Jahren habe man gesehen, dass sich dieses System, in dem „jeder alles machen sollte“, nicht bewährt hat, und habe der betroffene Richter ab da wiederum nur Neuzugänge aus den Bereichen Abgabensicherung und Finanzstrafsachen erhalten, habe aber die ihm in den Jahren zuvor zugeteilten Akten aus dem Bereich „U/E/K“ ebenfalls bearbeiten müssen. „Ich war ab dem ersten Tag brutal unter Druck“, es „war ein schwieriger Einstieg“.

Im UFS habe es jeweils eine größere Gruppe an hauptberuflichen Mitgliedern unter Leitung einer oder eines Senatsvorsitzenden gegeben. Diese Gruppe habe ein Team gebildet. Seine Vorsitzende habe „einen an der Hand genommen“.

An Bestrebungen im UFS, dass alle Mitglieder gegen Ende 2013 auf einen annähernd gleichen Aktenstand gebracht werden sollten, um möglichst gleich belastet im BFG zu starten, könne er sich nicht erinnern. Es habe Anfang 2014 viele an der Außenstelle gegeben, die etwa gleich viele Akten hatten, es gab aber einige, die weit über dem Schnitt gelegen seien. Dies sei bis heute so, der betroffene Richter sei nicht der einzige.

Seine Ausführungen im Gespräch mit einem Gutachter zum Arbeitsalltag seien teilweise unpräzise wiedergegeben worden. Er habe sowohl im UFS als auch im BFG mit dem Computer gearbeitet. Er habe regelmäßig im Internet im RIS und in der FINDOK recherchiert. Der Unterschied zum UFS sei nunmehr, dass man als Richter bei seinen Entscheidungen im BFG mit vollem Namen in der FINDOK aufscheine. Das führe dazu, dass man auf seine Entscheidungen angesprochen werde und dafür sichtbar die Verantwortung trage.

Was die Aktenzuteilung im BFG nunmehr mittels dynamischer Zuteilung anlange, habe er nie das „Gefühl gehabt, dass das ungerecht ist“.

Bereits 2015 sei es so gewesen, dass in seiner Gerichtsabteilung für zwei erledigte Fälle sechs neue dazu gekommen seien. „Die Probleme begannen mir über den Kopf zu wachsen“. Dies sei an der Außenstelle diskutiert worden. Kollegen hätten sich bereit erklärt, Akten vom betroffenen Richter im Wege eines teilweisen Stopps von Neuzuteilungen an dessen Gerichtsabteilung zu übernehmen. Zu der an der Außenstelle akkordierten Entlastung sei es aber 2015 letztlich nicht gekommen. „Ich hatte das Gefühl, dass mich der Mut verlassen hat“. Erst 2017 und 2018 hätte es Zuteilungsstopps und Aktenabnahmen gegeben.

Der betroffene Richter sei durch – in der Verhandlung näher dargelegte – persönliche Umstände im familiären Bereich vor allem im Jahr 2017, aber auch in den Jahren davor stark beeinträchtigt gewesen. „Das alles war im Frühjahr 2017, wo ich die negative Beurteilung für 2016 bekommen habe. Ich dachte, das ist das Jahr der Wahrheit, ob ich den ‚Turnaround‘ schaffe oder nicht. Ich habe es nicht geschafft. Ich hätte rückblickend zu Ärzten gehen sollen und sagen, ich schaffe es nicht mehr.“ Er habe auch schon früher Aufgabenerledigungen meist aufgeschoben, aber dann unter Zeitdruck „am Ende noch alles geschafft“. Er habe auch noch im Jahr 2017 gedacht, er werde die von ihm zugesagten Erledigungen vornehmen können. „Ich habe mich auch nicht so krank gefühlt. Diese kurzen Krankenstände waren die klassischen wie Fieber, grippaler Infekt. Das war für mich krank. An das andere habe ich nicht gedacht.“ Warum der betroffene Richter nach der Konsultation eines Facharztes im Jänner 2018 zunächst noch weiter Dienst versehen und sich nicht krank gemeldet habe, konnte dieser nicht sagen („Nach einer Woche habe ich eingesehen, dass es nicht geht.“).

Die Rehabilitationsaufenthalte 2015 und 2018 seien kurzfristig erfolgreich gewesen, aber nicht nachhaltig. Der erste Aufenthalt 2015 sei über Anraten des Hausarztes, den er schon sehr lange kenne, erfolgt; „ich war ausgelaugt, müde, erschöpft“. Das Coaching im Jahr 2017 sei nicht sonderlich erfolgreich gewesen, sein Gesundheitszustand sei nicht thematisiert worden. Erst die Psychotherapie seit 2018 sei hilfreich. Die Prokrastination quäle ihn auch im privaten Bereich, er hoffe, die Psychotherapie werde Erfolge zeigen.

Warum sich der betroffene Richter nicht schon früher um mehr Therapien gekümmert habe, könne er nicht sagen. Die Prokrastination sei lange nicht als Erkrankung erkannt worden. Medikamente habe er diesbezüglich nie genommen. Die nunmehrigen Empfehlungen des Therapeuten befolge er, dieser könne aber „zur schnelleren Aktenerledigung auch keine Tipps geben.“

Es habe seiner Erinnerung nach nur ein einziges „intensives fachliches Gespräch“ im Frühjahr 2017 zur Koordinierung mehrerer sehr komplexer Verfahren gegeben, bei dem nach einiger Zeit seine Konzentration nachgelassen habe. Die Einschätzung eines Gutachters, es falle eine deutlich reduzierte Verausgabungsbereitschaft auf und zeige sich eine „eine hohe Distanzierungsfähigkeit zu Angelegenheiten des Arbeitsplatzes sowie eine deutlich erhöhte Resignationstendenz bei Misserfolg“, ferner werde keine „offensive Problembewältigung“ betrieben, sei nicht „total falsch“.

Zu seiner Vereinstätigkeit befragt, stellte der betroffene Richter diese näher dar. Er habe sich im Verein wesentlich wohler als im UFS oder im BFG gefühlt, das sei auch am dort gepflogenen wertschätzenden Umgang gelegen. Im Monatsschnitt habe er seit etwa zehn Jahren Buchhaltungsaufgaben mittels Computer mit einem Arbeitsaufwand von rund eineinhalb Stunden erledigt. Er habe an zahlreichen der etwa 15 bis 25 Außenauftritte des Vereins im Jahr teilgenommen, aber niemals im Krankenstand. Unter der Woche habe er sich Urlaub genommen, wenn er für den Verein nach außen tätig gewesen sei.

Die Feststellungen des Dienstgerichts über Menge, Art und Inhalt der in den Jahren 2014 bis 2018 getätigten Erledigungen (siehe unter II., „Aktenstände, Aktenabnahmen, Zuteilungsstopps und Erledigungen“), die in der Verhandlung im Einzelnen vorgehalten wurden, seien zutreffend. Der betroffene Richter habe „in dem ganzen Verfahren nie irgendwelche Zahlen bestritten“.

Im Jahr 2019 seien durch den betroffenen Richter noch keine Erledigungen erfolgt. Drei bis vier Akten seien in Bearbeitung. Betreffend einen Ende März 2019 eingegangenen Verfahrenshilfeantrag seien noch keine Bearbeitungsschritte gesetzt worden, er werde sich aber gleich darum kümmern.

An das Telefonat mit der Berichterstatterin des Personalsenats zur Begründung der Dienstbeurteilung für 2015 könne er sich erinnern. „Sie sagte, dass beabsichtigt sei, mich mit ‚gut‘ zu bewerten. Es ging in die Richtung, ‚Kannst du damit leben?‘ Es war ein eher kurzes Gespräch.“

Die Gesamtbeurteilungen für 2016 und 2017 halte der betroffene Richter für zutreffend.

Seine Arbeitsweise im BFG sei so gewesen, dass er meist mehrere Fälle parallel bearbeitet habe. Dies erkläre, wieso die Approbation von Erledigungen jeweils innerhalb kurzer Zeiträume erfolgt sei und es dann länger keine Erledigungsausfertigungen gegeben habe.

Richtig sei, dass er in der Regel zwischen 8:00 Uhr und 9:00 Uhr in das Gericht zum Dienst komme und diesen zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr beende. Die Mittagspause dauere aber nur eine halbe bis höchstens eine Stunde. Der betroffene Richter habe es nicht geschafft, in Phasen gesundheitlicher Besserung Mehrarbeit im Büro zu leisten. „Beim Heimfahren mit dem Fahrrad hatte ich immer Schuldgefühle.“

Er habe regelmäßig mit den Finanzämtern Kontakt gepflogen und Nachfragen beantwortet. Abgesehen von einem Fall sei ihm diesbezüglich keine Kritik bekannt.

Warum er einen Fristsetzungsantrag erst nach Monaten und den zweiten gar nicht erledigt habe, könne er nicht sagen.

Er könne sich auch nicht erinnern, warum eine im Dezember 2016 erklärte Beschwerderücknahme erst im April 2017 zu einer Verfahrenseinstellung geführt habe.

Wieso etwa Säumnisbeschwerden oder Akte, in denen eine mündliche Verhandlung vorzunehmen war, vom betroffenen Richter nicht erledigt worden sind, konnte dieser nicht erklären.

Gefragt nach seiner Eigeneinschätzung zu den Kriterien des § 54 Abs. 1 RStDG gab der betroffene Richter zu Z 1 „durchschnittlich“ an. Zur Aktualität der Kenntnisse sei darauf zu verweisen, dass er etwa regelmäßig die zahlreiche Fachliteratur im Umlauf an der Außenstelle lese und sich auch über neue Judikatur informiere.

Die Fähigkeiten und die Auffassungsgabe (Z 2) seien im Lauf der Jahre schlechter geworden, auch wenn ein Gutachten eine intellektuelle Grundausstattung im überdurchschnittlichen Bereich attestiere. Es gäbe sicher Kollegen, „die vifer sind und schneller kapieren“. Er schätze sich in einer Schulnotenskala mit „gut“ (2) ein, könne dies im Detail aber nicht begründen.

Zu Z 3: „Gemessen wird man am Ergebnis, die Ergebnisse liegen am Tisch“.

Der betroffene Richter sei - zu Z 4 - immer ein ruhigerer Mensch gewesen. Er habe früher in einem kleineren Kreis gute Kontakte gehabt, man habe sich ausgetauscht und sei auch gemeinsam Mittagessen gegangen. Das habe sich zufolge der Umstände geändert. „Ich habe mich zunehmend zurückgezogen und einige aus der Kollegenschaft lassen einen spüren, dass man das schwarze Schaf ist.“ „Insgesamt führt das dazu, dass man sich nicht mehr wohl fühlt.“

Es stimme, dass er von sich aus nie das Gespräch mit seinen Vorgesetzten gesucht habe. Er sei aber stets arbeitswillig gewesen, „ich war überzeugt, es zu packen“.

Richtig sei, dass der betroffene Richter auch als hauptberufliches Mitglied des UFS in Abgabenverfahren selbst keine mündlichen Verhandlungen geleitet und in Fällen, in denen eine solche beantragt wurde, die Berufungswerber entweder zu einer Zurücknahme des Verhandlungsantrags veranlasst oder (zum Teil ohne Rechtsgrundlage) von der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen hat sowie dass im Aktenverwaltungsprogramm in einem einzigen im Jahr 2008 approbierten Fall (im UFS) in einem Arbeitsnehmerveranlagungsverfahren ein Erörterungstermin i. S. v. § 269 Abs. 3 BAO dokumentiert ist. Befragt, ob der betroffene Richter mündlichen Verhandlungen aus dem Weg gehe: „Vielleicht habe ich eine gewisse Scheu davor“. Falls ein Parteienvertreter an ihn herantrete, würde er aber jederzeit etwa einen Erörterungstermin abhalten. Er habe auch mehr Besprechungen mit Parteien abgehalten, die aber nicht als Erörterungstermin im Aktenverwaltungsprogramm erfasst worden seien.

Mit der Ausdrucksfähigkeit (Z 5) habe er nie Probleme gehabt, er würde sich hier die Schulnote „2“ geben. Das Verhalten im Dienst und außerhalb des Dienstes (Z 6) sei seiner Ansicht nach „durchschnittlich“ (Schulnote „3“) gewesen.

Über Vorhalt langer Verfahrensdauern, der Nicht- oder Späterledigung dringender Akten sowie der Erledigung nur offensichtlich einfacher und einfachster Akte (Z 8), verwies der betroffene Richter auf den Druck, Erledigungszahlen zu liefern. Da habe er die Fälle ausgewählt, von denen er angenommen habe, dass sie sich schneller erledigen ließen.

Er habe angesichts der Rückstände in seiner Gerichtsabteilung „total den Überblick verloren“, aber nicht die Kraft aufgebracht, zum Außenstellenleiter zu gehen. „Es war eher ein Kopf in den Sand stecken“.

Gefragt, warum in der FINDOK vom betroffenen Richter niemals Normen und Judikaturverweise verlinkt wurden: „Das waren eher einfache Fälle, da gab es nichts zu verlinken.“

Zu den in den Dienstbeschreibungen relevierten Berichtspflichten gab der betroffene Richter an, dass er – wie andere auch – etwa ab 2015 oder 2016 über den Abbau der Altfälle standardisiert quartalsmäßig elektronisch an die Präsidentin zu berichten gehabt habe. Er sei seiner Erinnerung nach dazu von der Präsidentin mit E-Mail aufgefordert worden. Er sei dieser Verpflichtung grundsätzlich nachgekommen, habe allerdings bei Nichtbearbeitung und -erledigung von Altakten keine Leermeldung erstattet.

Angebote zur Hilfestellung durch die Geschäftsstelle habe es zwar gegeben, aber eine 5-Seiten-Entscheidung zu diktieren, sei ihm nicht sinnvoll erschienen. Beim Einscannen habe er die Unterstützung jedoch angenommen.

Die vom Vorsitzenden unter Hinweis auf die Ausführungen des betroffenen Richters gegen Ende seiner Vernehmung durch den Untersuchungskommissär gezogene Schlussfolgerung, dass eine Ruhestandsversetzung für den betroffenen Richter ein Ende der Belastung wäre, sei „keine unrichtige“.

Dass der betroffene Richter der Aufforderung gemäß § 91 RStDG nicht nachgekommen sei, begründete dieser einerseits damit, dass er gehofft habe, dass sich die Kur im Jahr zu 2018 als Wendepunkt erweise und er allen beweisen könne, „dass ich es schaffe“.

Andererseits seien die Gesamtbeurteilungen nicht wirklich begründet gewesen, obwohl an zwei negative Beurteilungen hintereinander weitreichende Konsequenzen geknüpft seien. In einem Verfahren wegen einem Parkvergehen werde mehr auf die Sache eingegangen als hier bis zum Dienstgerichtsverfahren. Die Dienstbeschreibungen zu den Gesamtbeurteilungen seien dem betroffenen Richter zunächst nicht bekannt gewesen. Er habe keinen Antrag auf Einsicht oder Abschrift gestellt. Dass dies möglich sei, habe er zunächst nicht gewusst. Erst später habe er Kenntnis davon erlangt. Es seien Anträge des betroffenen Richters, etwa betreffend Aufschieben der Dienstbeurteilung 2018, nicht berücksichtigt worden.

Der betroffene Richter habe eine Entscheidung des Dienstgerichts erhalten wollen.

Eröffnung des Beweisverfahrens

Nach Verlesung der wesentlichen Aktenteile wurden vom Dienstgericht in den Tagsatzungen am 3. Mai 2019 und am 17. Mai 2019 mehrere Zeuginnen und Zeugen vernommen.

Vernehmung des Außenstellenleiters

Der Außenstellenleiter gab bei seiner Vernehmung am 3. Mai 2019 zunächst an, seine Angaben bei seiner Einvernahme durch den Untersuchungskommissär am 22. Jänner 2019 seien zutreffend gewesen.

Bei Gründung des UFS sei es an der Außenstelle nicht möglich gewesen, dass alle Mitglieder nur in ihren bisherigen Aufgabenbereichen arbeiten, da der Bereich „U/E/K“ gegenüber etwa den Bereichen „Abgabensicherung“ („AS“) oder „Gebühren“ deutlich unterbesetzt gewesen sei. Etwa 2006 oder 2007 sei der Aktenzugang im Bereich „Abgabensicherung“ immer stärker geworden, sodass die Spezialisten an der Außenstelle hierfür wieder hinsichtlich des Neuzugangs in ihrem angestammten Bereich tätig werden haben können.

In den letzten vier Monaten des Jahres 2013 habe man an der Außenstelle versucht, mittels Zuteilungsstopps und Aktenumverteilungen zu erreichen, dass alle Mitglieder von den Aktenständen her etwa gleich im BFG „neu starten“. Der Versuch sei ungefähr gelungen. Allerdings habe die Außenstelle im UFS mit einem hohen Rückstand begonnen und habe im UFS auch einen relativ hohen Aktenzugang gehabt, sodass diese „mit einem sehr großen Rucksack ins BFG gestartet“ sei. Die Außenstelle sei wohl jene gewesen, die den höchsten Rückstand in das BFG mitgenommen habe.

Hinsichtlich der Gerichtsabteilung des betroffenen Richters hätten sich Anfang 2015 Probleme infolge des weiteren Anwachsens des Aktenstandes gezeigt. Der Rückstand habe sich „aus dem überdurchschnittlichen Einlauf und einer unterdurchschnittlichen Erledigung“ ergeben. An der Außenstelle seien alle mit etwa 2 Jahren Aktenrückstand ins BFG gestartet, innerhalb eines Jahres sei der Rückstand in der Gerichtsabteilung des betroffenen Richters auf 3 Jahre angewachsen. Seitens der Außenstelle sei eine Änderung der Geschäftsverteilung beim Geschäftsverteilungsausschuss beantragt worden, die eine Entlastung des betroffenen Richters (de facto Zuteilungsstopp von 90%) bewirkt hätte. Im UFS habe man versucht, „Rückstände durch Stopps in den Griff zu bekommen“. Der Geschäftsverteilungsausschuss habe diesen Antrag diskutiert, aber immer wieder vertagt. Schließlich habe sich die Zugangssituation bei einer anderen Gerichtsabteilung so geändert, dass diese an der Entlastung nicht mehr mitwirken hätte können, sodass letztlich Ende 2015 der Antrag zurückgezogen worden sei, zumal sich für Alternativmodelle an der Außenstelle niemand bereit erklärt habe.

Im BFG habe eine Berichtspflicht des betroffenen Richters an den Außenstellenleiter nicht bestanden. Es habe aber informelle Gespräche des Außenstellenleiters mit dem betroffenen Richter gegeben. Solche Gespräche seien auch dem Entlastungsantrag im Jahr 2015 zugrunde gelegen. Beim betroffenen Richter sei der Wille, die Rückstande abzubauen, da gewesen, es habe aber letztlich keinen Erfolg gegeben.

Ab 2015 sei die Frage der persönlichen Belastung im familiären Bereich durch den betroffenen Richter thematisiert worden. Die Kur im Jahr 2015 habe zu einer kurzfristigen Leistungsbesserung geführt. „Im Jahr 2016 hat er mir gesagt, dass er sich um psychologische Unterstützung bemüht hat, die dann seiner Einschätzung nach im Jahr 2017 nicht sehr erfolgreich war un

Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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