TE Bvwg Beschluss 2019/4/4 L516 2209466-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

AsylG 2005 §18 Abs1
AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L516 2209466-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2018, Zahl GF:

13-831679904 VZ: 170333520-EAST Ost, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 14.11.2013 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.12.2016, Zahl 831679904-1753376, zur Gänze abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung des BFA wurde dem Beschwerdeführer am 07.12.2016 persönlich ausgefolgt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 21.12.2016 in Rechtskraft.

2. Am 16.03.2017 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am selben Tag statt, Einvernahmen durch das BFA am 24.05.2017 und 14.06.2018.

2.1. Das gegenständliche Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

3. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.10.2018 den Antrag gemäß § 68 Abs 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides) und hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides) wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V) und sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI).

Mit Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer vom BFA gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

4. Der Beschwerdeführer hat gegen diesen ihn am 28.10.2018 zugestellten Bescheid am 09.11.2018 Beschwerde erhoben. Mit dieser legte er ärztliche Unterlagen betreffend die österreichische Staatsangehörige XXXX sowie eine Urkunde über die mit ihr am XXXX 2018 erfolgte islamische Eheschließung vor.

5. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte am 15.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

6. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 16.11.2018 zum Beweis seines Vorbringens die Einvernahme von XXXX und legte ein weiteres ärztliches Attest jene betreffend vor (OZ 3).

7. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde mit Beschluss vom 21.11.2018, L516 2209466-1/4Z, die aufschiebende Wirkung zu.

8. XXXX teilte dem Bundesverwaltungsgericht nach Aufforderung mit Schreiben vom 27.12.2018 mit, dass sie standesamtlich mit dem österreichischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet sei, die Ehe jedoch nicht mehr richtig funktioniert habe und sie aus Rücksicht auf die gemeinsamen Kinder unter einem Dach leben würden (OZ 9).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Gujjar sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest. Er besuchte eine High School in Gujrat, über eine Berufsausbildung verfügt der Beschwerdeführer nicht (Niederschrift Erstbefragung zum ersten Antrag auf internationalen Schutz (NSEB1), Seite (S) 1).

In Österreich lebt der Beschwerdeführer seit November 2016 in einem gemeinsamen Haushalt mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX , die er in einer religösen Zeremonie nach islamischen Ritus am XXXX 2018 im Islamischen Zentrum XXXX geheiratet hat (VA2 AS 437ff).

XXXX ist standesamtlich mit dem österreichischen Staatsangehörigen

XXXX verheiratet und lebt mit diesem und ihren gemeinsamen Kindern und dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt (OZ 9).

XXXX leidet unter anderem unter chronisch rezidiviereden Rückenschmerzen und Episepsie. Eine 24h-Betreuung ist für diese laut ärztlichem Attest der behandelnden Hausärztin für Allgemeinmedizin,

XXXX , aufgrund nächtlicher Schmerzattacken medizinisch erforderlich (OZ 3). Sie verfügt über eine österreichische Sozialversicherungsnummer (VA2 AS 431-435) und bezieht eine Pension (VA2 AS 193). Der Beschwerdeführer unterstützt sie indem er sie pflegt, Medikamente aus der Apotheke holt, die Hausarbeit erledigt und einkaufen geht (VA2 AS 195).

1.2. Der Beschwerdeführer stellte am 14.11.2013 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 06.12.2016, Zahl 831679904-1753376, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; das BFA erteilte gleichzeitig keinen Aufenthaltstitel, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte die Abschiebung nach Pakistan für zulässig. Jene Entscheidung erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 21.12.2016 in Rechtskraft.

1.3. Der Beschwerdeführer gab bei seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 14.11.2013 bei der Erstbefragung zusammengefasst an, dass sein Vater und sein Bruder verstorben seien, er noch seine Mutter und zwei Schwestern habe. Sein Fluchtgrund sei, dass er bei einem Kricketspiel in einem Streit von einem anderen Spieler geschlagen worden sei, dabei seine Hand gebrochen worden sei und er eine Kopfverletzung gehabt habe. Er sei dann zwei Monate im Krankenhaus gewesen. Nachdem er nach Hause gekommen sei, habe er erfahren, dass der Bruder diesen Spieler getötet habe. Die Leute des getöteten Spielers hätten dann den Vater und den Bruder getötet. Aus Angst, auch getötet zu werden, sei der Beschwerdeführer aus seiner Heimat geflohen (NSEB1, S 5).

Bei der Einvernahme vor dem BFA am 31.08.2016 führte er zunächst aus, dass sein Bruder in Dubai wohne, wobei er keinen Kontakt zum Bruder habe - ein Freund habe dem Beschwerdeführer erzählt, dass sein Bruder in Dubai sei. Sein Vater sei ermordet worden. Der Vater habe 2007 oder 2008 einen Grundstücksstreit gehabt und habe jemanden schwer verletzt. Der Vaters sei inhaftiert und nach der Haftentlassung von den Gegnern ermordet worden. Dann habe der Bruder des Beschwerdeführers aus Rache eine Person der Gegner getötet. Der Bruder sei dann nach Dubai geflohen. Sein Bruder sei dann von Dubai nach Pakistan gekommen und getötet worden. Der Vater sei wegen eines Grundstücksstreites getötet worden. Ein Mann namens XXXX habe dem Vater das Grundstück wegnehmen wollen. Der Vater sei 2007 oder 2008 ermordet worden. Der Bruder des Beschwerdeführesr habe den Neffen des XXXX umgebracht (Niederschrift Einvernahme 31.08.2016, S 3-7)

Das BFA erachtete jenes Vorbringen mit näherer Begründung als nicht glaubhaft und erkannte, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege (BFA Bescheid 06.12.2016, S 28ff).

1.4. Zu seinem verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag führte der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung am 16.03.2017 aus, er habe zwei Monate zuvor mit seiner Familie telefoniert und dabei erfahren, dass er von den gegnerischen Parteiangehörigen fälschlicherweise wegen Mordes angezeigt worden sei; die Anzeige sei ungefähr sieben Monate zuvor erfolgt. Er fürchte, von der Polizei festgenommen zu werden und kein faires Verfahren zu erhalten.

(Verwaltungsverfahrensakt zum gegenständlichen Folgeantrag (VA2), Aktenseite (AS) 25).

Bei der Einvernahme am 24.05.2017 gab er an, er habe seit Anfang Jänner 2017 neue Fluchtgründe. Er habe Ende Jänner 2017 mit seiner Familie telefonisch gesprochen und ihm sei mitgeteilt worden, dass er des Mordes beschuldigt werde. Es habe bei einer Versammlung, bei der auch sein Bruder anwesend gewesen sei, eine Auseinandersetzung gegeben und sein Bruder habe dann davon erfahren. Sein Bruder habe von der Polizei erfahren, dass er gesucht werde. Es sei eine politische Versammlung gewesen. Er fürchte, bei einer Rückkehr verhaftet zu werden. Er lege zu seinem Vorbringen einen Polizeibericht vor, den er drei Tage zuvor von einem Freund erhalten habe (VA2, AS 145, 147).

Bei der Einvernahme am 14.06.2018 gab er an, er habe zu seinem Vorbringen bereits eine Anzeige vorgelegt, seither habe er keinen telefonischen Kontakt mehr. Zu der Anzeige gebe er an, dass eine Person von der anderen Partei getötet worden sei, also nicht von "unserer" partei. Er könne selber nicht lesen, was da drinnen stehe, man habe es ihm geschickt. Es sei eine Anzeige wegen Körperverletzung. Es sei zu einer Auseinandersetzung mit den Leuten von Nawas Sharif und mit Chouwdhrys gekommen. Mehr wisse er nicht, es stehe alles oben, mehr könne er nicht lesen. Er werde gesucht, weil gegen ihn Anzeige erstattet worden sei. Jenen sei sein Name bekannt und hätten seinen Namen von der Partei ausschreiben lassen. In der Anzeige stehe, dass er die Person umgebracht habe, obwohl er "hier" (in Österreich) gewesen sei. Er vor einem Jahr nach seiner Einvernahme vor dem BFA zuletzt Kontakt mit seiner Familie, seinem Bruder gehabt. Wo jener jetzt sei, wisse er nicht (VA2, AS 195, 197).

Der Beschwerdeführer legte dem BFA eine Kopie eines First Information Report (FIR) vom 01.09.2016 vor (VA2, AS 203-2011).

1.5. Das BFA traf im angefochtenen Bescheid zu den Gründen für den neuen Antrag auf internationalen Schutz die Feststellung, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nicht geändert habe, der Beschwerdeführer seine Angaben seit Ihrem Erstantrag aufrecht halte, er im gegenständlichen Verfahren keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe, er sich vielmehr auf die bereits im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren behauptete und noch aufrecht erhaltene Verfolgungssituation stütze und lediglich Folgebehauptungen vorgebracht habe. Ebenso sei anzuführen, dass er keine neuen bzw. aussagekräftigen Beweismittel vorgelegt habe. Aufgrund der angeführten Konstellationen gehe die Behörde vom selben bzw. unveränderten Sachverhalt aus (Bescheid 17.10.2018, S 11).

Die Beweiswürdigung des BFA "Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz" gestaltet sich wie folgt (Bescheid 17.10.2018, S 130 -133); Hervorhebungen und Orthografie im Original):

"Unter Berücksichtigung der bereits in Ihrem Vorverfahren festgestellten Unglaubwürdigkeit und mangels Nachweis für das tatsächliche Bestehen der von Ihnen behaupteten Rückkehrbefürchtungen, sowie aufgrund der Feststellungen zur Innerstaatlichen Fluchtalternative in Pakistan geht das BFA in einer Zusammenschau des gesamten vorliegenden Sachverhalts davon aus, dass die von Ihnen im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe und Rückkehrbefürchtungen nach wie vor nicht den Tatsachen entsprechen.

Sie haben sich im nunmehrigen Verfahren betreffend Ihre Motivation Ihr Heimatland verlassen zu haben bzw. betreffend Ihrer Gründe, weswegen Sie nicht in Ihr Heimatland zurückkehren könnten, auf dieselben Beweggründe wie in dem bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahrensgang bezogen. Sie stützen sich auf Ihre ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe, welche bereits von der Rechtskraft des Vorverfahrens erfasst sind und konnten dazu auch keine Neuerungen angeben.

In der Einvernahme am 24.05.2017 und am 14.06.2018 berichteten Sie mit Folgebehauptungen neue Fluchtgründe zu haben. Sie hätten mit Ihrer Familie telefonisch gesprochen und erfahren, dass Sie wegen Mordes von Privatpersonen angezeigt wurden und jetzt nicht in Ihr Heimatland zurückkehren können. Es ist anzuführen, dass Sie eine Kopie (kein Original) dieser Anzeige vorgelegt haben, diese Anzeige jedoch vom 01.09.2016 stammt. Das bedeutet vor Rechtskraft Ihres Vor-Verfahrens. Bereits im Vorfahren berichteten Sie, von Privatpersonen, auf der Flucht zu sein. Auf die Frage näher auf die Anzeige einzugehen, konnten Sie keine Details schildern.

Vielmehr stützen Sie sich auf die bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren behauptete Verfolgungssituation, nämlich auf der Flucht von Privatpersonen zu sein. Wenn Sie in Gefahr wären, würden Sie weitaus detailreich und weit ausschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten, speziell was Ihre Anzeige vom 01.09.2016 betrifft. Ihre präsentierte Geschichte präsentierten Sie als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich um dies als glaubhaft qualifizieren zu können.

Dazu ist anzumerken, dass es sich, selbst wenn es so wäre, in diesem Fall um eine Verfolgung durch private Dritte handeln würde und sich daraus keine, aus der GFK motivierte Verfolgung, ableiten lässt. Ihnen würde es in Pakistan freistehen und auch möglichen sein, im Falle einer Drohung, die heimatlichen Behörden zu kontaktieren, denn es handelt sich lediglich um eine Anzeige und nicht um eine Verurteilung Ihrer Person.

Darüber hinaus folgt notwendigerweise, dass für Sie auch mit Folgebehauptungen, die auf die als nicht glaubhaft erachteten Fluchtgründe aufbauen bzw. diese bekräftigen sollen, nichts zu gewinnen ist. Wird nämlich die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Beschwerdeführer auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt, bzw. seine "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist (iSd Erkenntnisses des VwGH vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480). Mit dem achten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Da jedoch diesen ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründen schon keine Glaubhaftigkeit bzw. Asylrelevanz zukam entbehrt nun auch das im gegenständlichen Verfahren Vorgebrachte jeglicher Grundlage und kann diesem Gesamtvorbringen aus diesen Gründen auch weiterhin keine Glaubhaftigkeit oder Asylrelevanz zukommen. Ihre Angaben sind weiterhin nur allgemein gehalten und waren Ihr Vorbringen auch zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert, um dieses als glaubwürdig zu bezeichnen.

Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig auftreten.

Ihre Aussagen entsprechen aber diesen Anforderungen nicht. Sie beschränken sich auf abstrakte und allgemein gehaltene Darstellungen. Diese Vorgehensweise entspricht keinesfalls der, einer tatsächlich schutzsuchenden Person. Ihrem Vorbringen konnte nicht glaubhaft entnommen werden, dass Sie tatsächlich aus den von Ihnen genannten Gründen die Heimat verlassen hätten. Ihre Angaben zur Verfolgungssituation konnte nicht glaubhaft nachvollzogen werden. Sie waren nicht in der Lage, Ihre Gründe darzulegen. Sie hielten sich mit Ihren Ausführungen zu Ihren Fluchtgründen bedeckt und oberflächlich und es ist Ihnen nicht gelungen, Ihrer Fluchtgeschichte ein persönliches Moment zu verleihen, erachtet die erkennende Behörde Ihren behaupteten Fluchtgrund als unglaubwürdig.

In Ihrem Fall bedeutet das:

Seit Ihrer ersten Asylantragsstellung haben sich Ihre Fluchtgründe in keinster Weise verändert. Beweismittel für Ihr Vorbringen, sowohl was die Person, als auch, was die Fluchtgründe betrifft, haben Sie keine neue Vorlage gebracht. Ihre Angaben sind weiterhin nur allgemein gehalten und war Ihr Vorbringen auch zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert, um dieses als asylrelevant zu bezeichnen. Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass in Österreich über eine Sache nur einmal entschieden werden kann, wenn der Sachverhalt unverändert bleibt. Somit sind für den neuerlichen Asylantrag ausschließlich neue Gründe entscheidend, die zwischen der Rechtskraft des Vorbescheides und dem heutigen Tag entstanden sind.

Deshalb ist festzuhalten, dass Ihre Angaben einen unveränderten Sachverhalt darstellen, weswegen sich zum jetzigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der im Vorverfahrens getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Pakistan ebenfalls keine Änderung ergeben hat und diese daher nach wie vor für zulässig erachtet wird.

Aufgrund der Feststellungen im Vorverfahren, sowie auch aufgrund der Feststellungen, dass sich in Bezug auf die Länderberichte zu Pakistan keine wesentlichen Veränderungen der Lage ableiten lassen, kann weiterhin nicht von einer gezielt gegen Sie gerichteten Verfolgung ausgegangen werden und ist auch weiterhin davon auszugehen, dass Ihnen bei einer Rückkehr nach Pakistan zusätzlich auch sehr wohl die Möglichkeit der innerstaatliche Fluchtalternative bietet, sollte diese, entgegen der Einschätzung des BFA, tatsächlich von Nöten sein. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrerseits konnten Sie jedenfalls aus obengenannten Gründen nicht glaubhaft darlegen.

Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25_4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des ho. vorliegenden Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom BFA von Amts wegen zu berücksichtigen wären, liegen auch nicht vor, da sich die allgemeine Situation in Pakistan seit Rechtskraft des vorherigen Verfahrens, nicht wesentlich geändert hat.

Sie waren bereits straffällig, sind kein Vereinsmitglied, können kein Deutsch sprechen. Sie haben sich somit in keiner Weise integriert. Ihr bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet ist alleine auf immer wieder gestellte Asylanträge begründet. Eine Deutschkurs Teilnahme allein wird keine Integration begründen.

Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor."

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz und aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zum gegenwärtigen Beschwerdeverfahren, konkret aus den in den Akten befindlichen Niederschriften und aus dem angefochtenen Bescheid, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden konkreten Quellen bzw Aktenseiten angeführt sind.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Stattgabe der Beschwerde gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG und Behebung des bekämpften Bescheides

§ 68 AVG

3.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Allgemein zur entschiedenen Sache gem § 68 Abs 1 AVG

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

§ 21 Abs 3 BFA-VG

3.3. Gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (Satz 2). Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen (Satz 1).

3.4. Zum gegenständlichen Verfahren

3.4.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen unter Beachtung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.4.2. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall somit der Bescheid des BFA vom 06.12.2016, Zahl 831679904-1753376, der mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 21.12.2016 rechtskräftig geworden ist.

3.4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die von einem Asylweber behaupteten Geschehnisse, die sich nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens ereignet haben sollen, daraufhin zu überprüfen, ob sie einen "glaubhaften Kern" aufweisen oder nicht. Dass das neue Vorbringen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den im Erstverfahren nicht geglaubten Behauptungen stand, ändert an diesem Umstand nichts. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der behaupteten neuen Tatsachen argumentativ von Bedeutung sein, macht eine Beweiswürdigung des neuen Vorbringens aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar - in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden - unzulässig. Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Erkenntnis zu Grunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit. Hat das BFA die somit erforderliche Prüfung nicht vorgenommen, konnte dieser mangelhafte Sachverhalt vom Bundesverwaltungsgericht nicht einfach dadurch behoben werden, dass es dem neuen Fluchtvorbringen nun erstmals den "glaubhaften Kern" absprach. Vielmehr wäre der Beschwerde im Sinne des § 21 Abs 3 BFA-VG 2014 stattzugeben gewesen (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).

3.4.4. Fallbezogen ist eine vergleichbare Konstellation, wie sie der soeben zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0025, zugrunde lag, gegeben.

3.4.5. Der Beschwerdeführer brachte bei der Einvernahme am 24.05.2017 vor, dass er Ende Jänner davon erfahren habe, dass sein Bruder von Polizisten erfahren habe, dass der Beschwerdeführer nun des Mordes beschuldigt werde, und der Beschwerdeführer deshalb bei seiner Rückkehr befürchte, verhaftet zu werden und kein faires Verfahren zu erhalten. Dass sich auch dieses Vorbringen ausschließlich auf Sachverhalte bezieht, die schon vor Beendigung des Vorverfahrens verwirklicht worden wären, kann nicht gesagt werden. Es geht vielmehr - entgegen den Ausführungen der belangten Behörde - über die im ersten Asylverfahren gemachten Angaben des Beschwerdeführers wesentlich hinaus und macht daher eine beweiswürdigende Auseinandersetzung mit dem neuen Vorbringen erforderlich.

Das BFA führte im Rahmen seiner Beweiswürdigung neben umfangreichen allgemeinen Textpassagen zu diesem individuellen Vorbringen aus, dass, wenn der Beschwerdeführer in Gefahr wäre, würden er weitaus detailreich und weit ausschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten, speziell was seine Anzeige vom 01.09.2016 betreffe. Die präsentierte Geschichte habe der Beschwerdeführer als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich präsentiert, um dies als glaubhaft qualifizieren zu können.

Diese Beweiswürdigung genügt jedoch nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes. Der Verfassungsgerichtshof verlangt vielmehr, anhand konkreter Beispiele nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen Angaben des Beschwerdeführers lückenhaft, widersprüchlich und unplausibel bzw vage, unsubstantiiert, oberflächlich und widersprüchlich sind (VfGH 11.06.2018, E 836/2018-10). Dies wurde vom BFA unterlassen.

Das BFA hat sich dabei beispielsweise insbesondere auch nicht damit auseinandergesetzt und den Beschwerdeführer nicht dazu befragt, dass der Beschwerdeführer noch im Vorverfahren angegeben hat, dass sein (einziger) Bruder bereits zum damaligen Zeitpunkt verstorben gewesen sei, und er im gegenständlichen Verfahren vorbringt, dass sein Bruder im Jänner 2017 von der aktuellen Verfolgung des Beschwerdeführers von Polizisten nach einer Versammlung, bei der auch der Bruder anwesend gewesen sei, erfahren haben will. Das BFA hat sich auch nicht damit auseinandergesetzt und den Beschwerdeführer nicht dazu befragt, dass der Beschwerdeführer noch im Vorverfahren angegeben hat, dass sein Bruder selbst jemanden umgebracht habe, und nach den Angaben im gegenständlichen Verfahren der Bruder - neben dem Umstand, dass dieser überhaupt noch leben soll - dennoch offenbar seit Jahren in Pakistan leben kann. Insbesondere diese Befragung und Auseinandersetzung hat das BFA unterlassen.

Soweit das BFA zudem darauf verwies, dass "selbst wenn es so wäre, in diesem Fall um eine Verfolgung durch private Dritte handeln würde und sich daraus keine aus der GFK motivierte Verfolgung ableiten" lasse und der Beschwerdeführer im Falle einer Drohung die heimatlichen Behörden kontaktieren könne, ist dem jedoch entgegenzuhalten, dass auch eine Verfolgung durch private Dritte asylrelevant sein kann, im vorliegenden Fall - bei einer "Wahrunterstellung" - auch eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie in Betracht zu ziehen wäre, und bei einer solchen Annahme auch eine Auseinandersetzung mit den Länderfeststellungen des BFA zum Funktionieren des Justizwesens und der Polizei in Pakistan erforderlich wäre. Schließlich ist bei einer drohenden Verfolgung durch staatliche Behörden auch nicht ohne weiteres von einer innerstaatlichen Fluchtalternative auszugehen, zumal sich die Staatsgewalt in der Regel auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt. All dies hat das BFA jedoch außer Acht gelassen.

3.4.6. Im Ergebnis wurde eine - ordnungsgemäße - und individuelle Prüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren auf das Vorliegen eines "glaubhaften Kerns" vom BFA unterlassen und dem Bundesverwaltungsgericht ist es nach der zuvor dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (oben 3.4.3.) nicht erlaubt, diesen Mangel selbst durch eine eigene Beweiswürdigung zu beheben (vgl VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).

3.4.7. Im fortgesetzten Verfahren wird das BFA angesichts der mit der Beschwerde und nachfolgend vorgelegten ärztlichen Dokumente betreffend XXXX dabei nunmehr auch Erhebungen zum aktuellen und tatsächlichen Privat- und Familienleben und eines eventuell bestehenden und zu berücksichtigenden Abhängigkeitsverhältnisses vom Beschwerdeführer durchzuführen haben und dazu diese selbst als auch gegebenenfalls auch deren standesamtlich angetrauten Ehemann XXXX , mit dem diese im gemeinsamen Haushalt lebt, zu befragen haben.

3.4.8. Der Beschwerde ist daher gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG stattzugeben und der angefochtene - im Zulassungsverfahren ergangene - Bescheid ist aufzuheben. Das Verfahren ist somit zugelassen.

3.4.9. Durch die gegenständliche Entscheidung tritt das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befand, sodass das BFA das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete Parteivorbringen - im gegenständlichen Fall somit die Beschwerdeausführungen - sowie allfällig zwischenzeitig vorgelegte Beweismittel zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass getätigte Angaben ergänzt bzw vervollständigt werden. Im fortgesetzten Verfahren wird daher das BFA nach den dazu zweckmäßigen Ermittlungsschritten das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer - schlüssigen und individuellen - Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, wobei vom Beschwerdeführer dabei neu behauptete Geschehnisse - und auch seine Rechtfertigung für den Zeitpunkt seines Vorbringens - vom BFA individuell und schlüssig daraufhin zu überprüfen sein werden, ob diese einen "glaubhaften Kern" aufweisen oder nicht.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.5. Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Revision

3.6. Die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage ist durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

3.7. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Änderung maßgeblicher Umstände, Asylverfahren, Behebung der
Entscheidung, Beweiswürdigung, Ermittlungspflicht, faires Verfahren,
Fluchtgründe, Folgeantrag, Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit,
inländische Schutzalternative, innerstaatliche Fluchtalternative,
Kassation, mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, wesentliche Änderung, wesentliche
Sachverhaltsänderung, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2209466.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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