TE Lvwg Beschluss 2018/4/10 LVwG 30.15-949/2018

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Veröffentlicht am 10.04.2018
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Entscheidungsdatum

10.04.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG 1991 §13 Abs3
VwGVG §9

Text

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Merl über die Beschwerde der Frau A B, geb. xx, vertreten durch C & D Rechtsanwälte, F, N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 22.02.2018, GZ: BHWZ-15.1-3838/2017, den

B E S C H L U S S

gefasst:

I.  Die Beschwerde wird gemäß § 9 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 und § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) als

unzulässig

zurückgewiesen.

II.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin als Inhaberin eines in N etablierten Dienstleistungsunternehmens zur Last gelegt, sie habe bis zum Ablauf des dem 13.12.2016 zweitfolgenden Werktages entgegen § 7f Abs 1 Z 3 AVRAG durch die Finanzpolizei nachgeforderte Unterlagen für fünf namentlich genannten Mitarbeiter nicht nachgereicht, wobei Geldstrafen von € 500,00 je Spruchpunkt verhängt wurden.

Da bereits im Verfahren vor der belangten Behörde eine Vollmachtsbekanntgabe durch einen in der Bundesrepublik Deutschland etablierten Rechtsanwalt erfolgt war, wurde das gegenständliche Straferkenntnis an die einschreitenden Rechtsanwälte C & D, F, N, zugestellt und dort am 26.02.2018 von einem Kanzleimitarbeiter übernommen. Am 21.03.2018 um 17.51 Uhr wurde seitens der anwaltlichen Vertretung der Beschwerdeführerin per Fax eine Beschwerde eingebracht, welche von der belangten Behörde – da außerhalb der Amtsstunden eingelangt – erst als am 22.03.2018 eingelangt protokolliert wurde.

Diese Beschwerde hat folgenden Wortlaut:

Beschwerde

gegen Straferkenntnis BHWZ-15:1-3838/2017 der Bezirkshauptmannschaft

Weiz vom 22.02.2018

Hiermit bestellen wir uns zu Prozessbevollmächtigten der Frau A B und legen im Namen und in Vollmacht unserer Mandantin Beschwerde gegen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 22.02.2018 ein.

Wir beantragen, den hiermit angefochtenen Bescheid Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 22.02.2018, BHWT-15:1-3838/2017 aufzuheben.

Die Begründung wird zeitnah nachgereicht.“

Eine Begründung wurde bis dato nicht nachgereicht.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde nicht nur den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, sondern unter anderem auch die Gründe auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3) und ein Begehren (Z 4) zu enthalten.

Auf diese Inhalterfordernisse einer Beschwerde wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses ausdrücklich hingewiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss eine Beschwerde, um den gesetzlichen Erfordernissen zu entsprechen, erkennen lassen, was die Partei anstrebt (Behebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides) und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt
(vgl. VwGH 23.05.2012, 2012/11/0077). Lässt eine Beschwerde einzelne Inhaltserfordernisse im Sinne des § 9 Abs 1 VwGVG vermissen, so hat das Verwaltungsgericht nach § 13 Abs 3 AVG ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen.

Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen nicht zur Zurückweisung. Vielmehr ist von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Im Falle der Nichtbehebung des Mangels ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 9 VwGVG; VwGH 17.02.2015, Ro 2014/01/0036).

Die verfahrensgegenständliche Beschwerde wurde zwar fristgerecht eingebracht, enthält jedoch keinerlei Begehren oder Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Die Beschwerdeführerin ist nicht unvertreten, sondern wurde das Straferkenntnis bereits ihrem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt und auch die Beschwerde von diesem erhoben. Der neue Rechtsschutzcharakter des § 9 VwGVG im Zusammenhalt mit § 13 Abs 3 AVG hat zwar nichts am Telos des § 13 Abs 3 AVG geändert, jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass für die Anwendung des § 13 Abs 3 AVG ausnahmsweise dann kein Raum ist, wenn die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt hat, insbesondere um auf diesem Umweg eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen (vgl. VwGH 17.02.2015, Ro 2014/01/0036). Wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass der Hinweis allein, eine ausführliche Begründung nachzureichen, noch keinen Rechtsmissbrauch bei einer unvertretenen Partei darstellt. Da im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin nicht unvertreten ist, kann daher nur davon ausgegangen werden, dass die Beschwerde, somit der Schriftsatz wissentlich so verfasst wurde, dass er sich mit keinem Wort inhaltlich gegen den Spruch oder die Begründung des angefochtenen Bescheides richtet und somit bewusst und rechtsmissbräuchlich als leere Beschwerde eingebracht wurde. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Wortlaut des Schriftsatzes, insbesondere aus dem dortigen Satz „die Begründung wird zeitnah nachgereicht“ eindeutig, dass der anwaltlichen Vertretung der Beschwerdeführerin sehr wohl bewusst war, dass die nach österreichischer Rechtslage erforderliche Begründung fehlt und sie sich durch diese Vorgangsweise offensichtlich einen Rechtsvorteil in Gestalt einer Verlängerung der Beschwerdefrist zu verschaffen erhoffte.

§ 13 Abs 3 AVG dient dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder in Folge eines Versehens mangelhaft sind. Da hier bei einem berufsmäßigen Parteienvertreter weder von einer Unkenntnis der Rechtslage noch von einem Versehen ausgegangen werden kann und die Partei sich die Handlungen ihres Vertreters zurechnen lassen muss, ist die Partei daher auch nicht schützenswert und ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und die Beschwerde daher sofort zurückzuweisen (vgl. VwGH 25.02.2005, 2004/05/0115 u.a.). Diese Vorgangsweise entspricht auch der ständigen Judikatur der Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, verwiesen sei dabei insbesondere auf die zu einem gleichgelagerten Fall – auch die dortige Beschwerde wurde von einem in der Bundesrepublik Deutschland etablierten Rechtsanwalt eingebracht – ergangene Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 04.08.2016, GZ: LVwG 30.10-2118/2016.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerde, Begründung, Nachreichung, bewusst, vertreten, Rechtsmissbrauch, Unzulässigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.30.15.949.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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