Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. R***** P*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I***** AG, *****, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, Wien, und der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. A*****aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere, Rechtsanwälte in Linz, 2. I***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch die Lederer Rechtsanwalt GmbH, Wien, 3. S***** Ltd, *****, vertreten durch die Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH, Wien, wegen 609.500 EUR sA und Feststellung, über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung gemäß § 31 JN, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der klagenden Partei, das Landesgericht Wiener Neustadt, in eventu das Handelsgericht Wien, anstelle des Landesgerichts Linz zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und den Erst- sowie Drittnebenintervenienten auf deren Seite die jeweils mit 745,92 EUR (darin enthalten 124,32 EUR USt) und der Zweitnebenintervenientin die mit 168,48 EUR (darin enthalten 28,08 EUR USt) bestimmten Kosten für ihre Äußerungen jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Mit ihrer am 10. 2. 2012 beim Landesgericht Linz eingebrachten Klage macht die Klägerin Beratungsfehler geltend und begehrt von der Beklagten die Zahlung von 609.500 EUR und die Feststellung von deren Haftung für alle Nachteile aus einem von ihr im Zuge der Veranlagung aufgenommenen Fremdwährungskredit.
Sie strebt mit ihrem Antrag vom 29. 11. 2018 die Delegierung der Rechtssache aus Gründen der Zweckmäßigkeit an. Ihre abschließende Einvernahme durch das Gericht und die Parteienvertreter sei noch offen. Darüber hinaus werde der Verzicht auf die Einvernahme eines Zeugen zurückgenommen und „vorsorgehalber“ die Einvernahme ihres stets eingebunden Ehemanns beantragt, sodass insgesamt drei Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien hätten. Auch die Parteienvertreter hätten mehrheitlich ihren Kanzleisitz in Wien.
Die Beklagte und die Nebenintervenienten sprachen sich gegen die Delegierung aus. Die Erstrichterin befürwortete in ihrer Stellungnahme (§ 31 Abs 3 JN) eine Delegierung der Rechtssache.
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Kostenersparnis beitragen kann (RIS-Justiz RS0053169; RS0046333). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch eine allzu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf. Gegen den Willen der anderen Partei ist eine Delegierung daher nur auszusprechen, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324; RS0046455). Das ist nicht der Fall.
2. Die Klägerin übergeht in ihrem Antrag, dass neben den von ihr genannten, zum Teil erst mit dem Delegationsantrag beantragten Zeugen zum Thema der Verjährung bereits nach dem ursprünglichen Prozessprogramm auch von der Beklagtenseite Zeugen namhaft gemacht worden sind, von denen drei ihren Wohnsitz bzw ihre bekannt gegebene Anschrift im Sprengel des Erstgerichts haben. Auch wurde die Klägerin durch die Erstrichterin bereits einvernommen. Ihre Einvernahme ist zwar noch nicht abgeschlossen; die bereits gewonnenen Beweisergebnisse kann die Erstrichterin jedoch unmittelbar verwerten. Schon unter diesen Gesichtspunkten ist ein eindeutiger Vorteil für alle Verfahrensbeteiligten durch die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht nicht zu erkennen. Eine Delegation gegen den Willen der Beklagten kommt somit nicht in Betracht. Damit muss auch nicht mehr erörtert werden, dass die Beklagte in Reaktion auf die Beweisanträge der Klägerin in ihrem Delegationsantrag (bedingt) ebenfalls weitere Zeugen mit einer ladungsfähigen Anschrift im Sprengel des Erstgerichts namhaft machte. Der Kanzleisitz der Parteienvertreter, wie ihn die Klägerin in ihrem Antrag ins Treffen führt, ist für die Zweckmäßigkeit einer Delegierung jedenfalls ohne Bedeutung (RIS-Justiz RS0046333 [T2, T13]).
3. Umstände, die ein Abgehen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung rechtfertigen würden, liegen somit nicht vor. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO. Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Prozessgegner dessen notwendige Kosten seiner ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, allerdings nur nach TP 2 RATG (2 Nc 1/17w; RIS-Justiz RS0036025 [T1]). Als Erhöhungsbetrag nach § 23a RATG gebühren 2,10 EUR. Der Zweitnebenintervenientin ist der von ihr verzeichnete (geringere) Betrag zuzusprechen.
Textnummer
E124172European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0010NC00001.19S.0123.000Im RIS seit
17.03.2019Zuletzt aktualisiert am
17.03.2019