Entscheidungsdatum
28.01.2019Norm
ASVG §58Spruch
W178 2183082-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Drin. Maria PARZER als Einzelrichterin im Beschwerdeverfahren des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Jürgen PAYER, Neuer Markt 1, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 11.09.2017, Zl: 13-2014-BE-VER10-0002Q in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung GZ: III-Mag.Kr-Ksf-17 vom 23.11.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1 Am 12.09.2013 hat die belangte Behörde beim Landesgericht Korneuburg einen Insolvenzantrag zur XXXX gestellt, unter Bezugnahme auf den vollstreckbaren Rückstandsausweis vom 12.09.2013 mit einem Betrag in der Höhe von 26.830,51 Euro.
1.2 Mit Eingabe vom 04.02.2014 an das Landesgericht hat die belangte Behörde eine Forderung in der Höhe von 31.306,16 Euro nachträglich angemeldet. Diese Forderung wurde vom Masseverwalter anerkannt.
Das Konkursverfahren wurde am 09.10.2013 eröffnet und am 24.07.2014 mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Primärschuldnerin wurde am 24.10.2013 aufgelöst und am 22.11.2014 amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht.
1.3 Am 11.09.2017 erließ die BGKK (in weiterer Folge: belangte Behörde) einen Bescheid, in welchem festgestellt wurde, dass Herr XXXX (in weiterer Folge: BF) als ehemaliger Geschäftsführer der XXXX gemäß § 67 Abs 10 ASVG iVm § 83 ASVG Beiträge für die Zeiträume April bis Juni 2013 in der Höhe von 7.099,37 Euro zuzüglich Verzugszinsen zu entrichten habe.
1.4 Der BF brachte mit Schreiben vom 11.10.2017 fristgerecht im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Beschwerde gegen den Bescheid ein. Er mache geltend, dass sämtliche Beiträge gem. § 68 ASVG verjährt seien. Aus dem Sachverhalt ergebe sich nicht, ob die belangte Behörde ihre Forderung in der Insolvenz der GmbH im Jahr 2013 angemeldet habe. Sollte dies nicht der Fall sein, komme eine Unterbrechung der Verjährung nicht in Frage. Die Verzugszinsen seien in jedem Fall verjährt. Zudem seien die Beiträge nicht infolge schuldhafter Verletzung der auferlegten Pflichten nicht einbringbar gewesen.
1.5 Am 23.11.2017 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, in welcher der Beschwerde keine Folge gegeben wurde. Der Bescheid werde dahingehend abgeändert, dass die Haftung des BF für einen Betrag von 12.116.16 Euro zuzüglich der weiter anlaufenden gesetzlichen Verzugszinsen festgestellt werde.
Laut Firmenbuchauszug der GmbH sei der BF in der Zeit von 15.09.2006 bis zur Insolvenzeröffnung am 09.10.2013 handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH gewesen und habe diese selbständig vertreten.
Mit Schreiben der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 30.08.2013 sei der Primärschuldnerin der auf ihrem Beitragskonto bestehende Beitragsrückstand für den Zeitraum April bis Juli 2013 in der Höhe von € 18.863,27 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen bekanntgegeben und sie aufgefordert worden, diesen Beitragsrückstand binnen acht Tagen zu begleichen. Weiters sei der Primärschuldnerin mitgeteilt worden, dass, wenn sie dieser Zahlungsaufforderung nicht fristgerecht nachkomme, die Burgenländische Gebietskrankenkasse die Voraussetzungen für eine Insolvenzantragstellung prüfen müsste und bei Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit ohne weitere Mahnung beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen werde.
Da die Primärschuldnerin dieser Zahlungsaufforderung nicht nachgekommen sei, habe die Burgenländische Gebietskrankenkasse am 12.09.2013 einen Insolvenzantrag an das örtlich und sachlich zuständige Landesgericht geschickt.
Mit Schreiben vom 26.08.2014 sei dem BF die Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß § 67 Abs. 10 ASVG angekündigt worden. Dieser Bescheidankündigung sei ein Rückstandsausweis angeschlossen gewesen, in welchem dargestellt war, für welche Beitragszeiträume und in welcher Höhe die Sozialversicherungsbeiträge auf dem Konto der Primärschuldnerin unberichtigt aushafteten.
4. Mit Schreiben vom 11.12.2017 brachte der BF im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung einen Vorlageantrag ein. Inhaltlich werde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.
5. Die belangte Behörde übermittelte den Beschwerdeakt am 08.01.2018 an das Bundesverwaltungsgericht und gab eine Stellungnahme ab. Die Beiträge für die Monate April bis September 2013 seien zum Zeitpunkt der Konkursaufhebung noch nicht verjährt gewesen. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung keine Unterlagen eingebracht, aus welchen sich ergeben würde, welche die Gleichbehandlung der Forderung der belangten Behörde mit den Forderungen anderer Gläubiger ergeben hätte.
6. Mit Schreiben vom 25.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer vom BVwG mitgeteilt, dass nach der Erstprüfung eine Verjährung nicht vorliegen dürfte. Er wurde auf die Judikatur des VwGH vom 29.01.2014, 2012/08/0227 verwiesen und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen 2 Wochen Unterlagen bzw Nachweise über eine Gleichbehandlung der Gläubiger beizubringen.
7. Am 20.07.2018 ersuchte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers um eine Fristerstreckung um weitere 14 Tage. Eine Fristerstreckung bis Ende August 2018 wurde gewährt.
8. Mit Schreiben vom 31.08.2018 übermittelte der Beschwerdeführer dem BVwG ein Kassajournal seines Geschäftskontos von Jänner 2013 bis Juni 2013.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Der BF war von 15.09.2006 bis zur Insolvenzeröffnung am 09.10.2013 handelsrechtlicher Geschäftsführer der XXXX (Primärschuldnerin).
Am 12.09.2013 hatte die belangte Behörde beim Landesgericht Korneuburg einen Insolvenzantrag zur XXXX gestellt, unter Bezugnahme auf den vollstreckbaren Rückstandsausweis vom 12.09.2013 mit einem Betrag in der Höhe von 26.830,51 Euro.
1.2 Mit Eingabe vom 04.02.2014 an das Landesgericht hat die belangte Behörde eine Forderung in der Höhe von 31.306,16 Euro nachträglich angemeldet. Diese Forderung wurde vom Masseverwalter anerkannt.
1.3 Das Konkursverfahren wurde am 24.07.2014 mangels Kostendeckung aufgehoben. Die Primärschuldnerin am 22.11.2014 amtswegig wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht.
1.4 Die Höhe des Haftungsbetrages von 12.116,16 Euro basiert auf dem noch offenen Teil der Sozialversicherungsbeiträge für April bis September 2013 in der Höhe von 8.611,91 Euro zuzüglich der angelaufenen Verzugszinsen bis zum 21.11.2017.
Welche Zahlungen zu welchen Forderungen im Beobachtungszeitraum vom Bf geleistet wurden konnte mangels qualifizierter Mitwirkung nicht geklärt werden.
2. Beweiswürdigung
Die Ausführungen zum Verfahrensgang und den Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zur GmbH und des Geschäftsführers ergeben sich aus dem Auszug aus dem Firmenbuch vom 22.11.2017. Ebenso sind im Verwaltungsakt die Auszüge aus der Insolvenzdatei vorhanden.
Der Haftungsbetrag wurde lediglich dem Grunde nach, nicht jedoch der Höhe nach bestritten. Es kann somit auf die in der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung detailliert dargelegten Berechnung der aushaftenden Beiträge bzw. einbehaltenen Dienstnehmerbeitragsanteile samt Verzugszinsen seitens der Gebietskrankenkasse verwiesen werden, die keinen Anlass bietet, am ermittelten Haftungsbetrag zu zweifeln.
Die Berechnung der Forderung ist schlüssig in der Beschwerdevorentscheidung auf den Seiten 13 bis 18 und 23 ff dargestellt. Weiters sind im Verwaltungsakt der belangten Behörde umfangreiche Aufstellungen und Rechentabellen vorhanden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Die im beschwerdegegenständlichen Zeitraum anzuwendenden maßgebenden Rechtsvorschriften lauten:
§ 58 ASVG (1) bis (4) ...
(5) Die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(6) bis (8) ..."
(1) Werden Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen
1. nach der Fälligkeit,
2. in den Fällen des § 4 Abs. 4 nach dem Ende des Monats, in dem der Dienstgeber Entgelt leistet,
eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen. Der Hundertsatz berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 125/1998) zuzüglich vier Prozentpunkten; dabei ist der Basiszinssatz, der am 31. Oktober eines Kalenderjahres gilt, für das nächste Kalenderjahr maßgebend. Für rückständige Beiträge aus Beitragszeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung dieses Hundertsatzes liegen, sind die Verzugszinsen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind, mit dem jeweils geänderten Hundertsatz zu berechnen. § 108 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt entsprechend. Für die Berechnung der Verzugszinsen können die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abgerundet werden.
(2) Der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger kann die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.
(1) bis (9) [...]
(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.
Die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen gelten entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung.
(1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
§ 9 Insolvenzordnung (IO)
(1) Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.
(2) Wird ein Anspruch bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt die Verjährung vom Tage der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt.
3.2 Grundlegende Judikatur
Nach dem grundlegenden Erk des VwGH 2012/08/0227 vom 29.01.2014 - ergangen zur inhaltlich gleichen Bestimmung über die Haftung für Zuschläge nach dem BUAG (gleichbedeutend mit Beiträgen nach dem ASVG **Anmerkung des Gerichts) - ist die Haftung des Geschäftsführers nach § 25a Abs. 7 BUAG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Zuschlägen (entspricht den SV-Beiträgen **Anmerkung des Gerichts ) schuldhaft - leichte Fahrlässigkeit genügt - verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Zuschläge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse bzw. GKK*(*Anmerkung des Gerichts) Sorge trägt.
Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Zuschläge/Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben oder die Gläubiger gleichbehandelt hat.
Gläubigergleichbehandlung liegt dann vor, wenn das Verhältnis aller erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, unter Einschluss der Beitragsverbindlichkeiten (allgemeine Zahlungsquote) dem Verhältnis der erfolgten Zahlungen auf die Beitragsverbindlichkeiten zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten (Kassen-Zahlungsquote) entspricht. Ist die Kassen-Zahlungsquote niedriger als die allgemeine Zahlungsquote, so haftet der Vertreter für jene Beitragsverbindlichkeiten, die sie bei sorgfaltsgemäßem Verhalten - also bei Gleichbehandlung aller Gläubiger- der Kasse entrichtet hätte.
Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Hinblick auf die am Ende des Beurteilungszeitraumes unberichtigt gebliebenen Beitragsverbindlichkeiten hat der Vertreter jedenfalls die insgesamt fälligen Verbindlichkeiten im Beurteilungszeitraum sowie die im Beurteilungszeitraum darauf geleisteten Zahlungen nachvollziehbar darzustellen und zu belegen.
Eine kausale schuldhafte Pflichtverletzung ist schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe anzugeben vermag, dass ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich war. Es ist also seine Sache, die Gründe darzulegen und entsprechende Beweisanbote zu erstatten, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls seine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs: vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1999, 99/08/0075). Allerdings darf diese besondere Behauptungs- und Beweislast auch nicht überspannt oder so aufgefasst werden, dass die Behörde - bzw. hier das Verwaltungsgericht - von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. das Erkenntnis vom 12. April 1994, 93/08/0232; zuletzt vgl. Erk vom 12.01.2016, Zl. Ra 2014/08/0028, 07.10.2015, Ra 2015/08/0040).
Im Fall des Fehlens ausreichender Mittel hat der Vertreter für eine zumindest anteilige Befriedigung der Forderung des Sozialversicherungsträgers Sorge zu tragen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der haftungspflichtige Geschäftsführer im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig (zur Gänze) entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. unter vielen VwGH vom 19.02.1991, Zl. 90/08/0043; vom 24.04.1990, Zl. 89/08/0290; vom 13.03.1990, Zl. 89/08/0217; vom 13.11.1987, Zl. 85/17/0035 und vom 25.02.1983, Zl. 81/17/0079 mwN).
3.3 Auf den Beschwerdefall bezogen:
In Zusammenfassung der Judikatur ist festzustellen, dass Voraussetzungen für die Haftung als Geschäftsführer die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin, die Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, die Kausalität der Pflichtverletzung und das Verschulden des Geschäftsführers sind.
3.3.1 Zur geltend gemachten Verjährung der Beitragsschuld
Der Bf macht geltend, dass die Beitragsschuld bei der Feststellung der Haftung nicht mehr einzutreiben gewesen ist, weil verjährt, dazu ist Folgendes festzuhalten:
Die Beiträge für die Beitragszeiträume April bis September 2013 waren bei Konkurseröffnung am 09.10.2013 offensichtlich nicht verjährt.
Die Beiträge für April bis einschließlich September 2013 waren zum Zeitpunkt der Konkursaufhebung gegenüber der GmbH (Bekanntmachung vom 25.07.2014) noch nicht verjährt, weil durch die Anmeldung der Forderung im Konkursverfahren eine Unterbrechung der Verjährungsfrist bewirkt wurde (§ 9 IO).
Als verjährungsunterbrechende Maßnahme iSd § 68 Abs. 2 ASVG ist jede Maßnahme anzusehen, die objektiv mit dem Zweck der Hereinbringung der offenen Forderung in Einklang gebracht werden kann, mit anderen Worten, diesem Zwecke - unmittelbar oder mittelbar - dient. Dient eine Maßnahme dem Zweck der Hereinbringung, dann ist zu vermuten, dass sie zu diesem Zwecke getroffen wurde. Voraussetzung ist lediglich, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie eine Maßnahme in Bezug auf die konkrete Forderung gegen den Zahlungspflichtigen setzen wollte, mit anderen Worten, die Setzung einer solchen konkreten Maßnahme auch später noch nach der Aktenlage nachvollziehbar ist. Ob eine Maßnahme der Hereinbringung einer offenen Forderung dient, hängt von der Beurteilung im Einzelfall ab.
Mit Schreiben vom 26.08.2014 wurde der BF über seine Haftung in Kenntnis gesetzt. Dieses Schreiben ist ebenfalls als verjährungsunterbrechende Maßnahme zu qualifizieren.
Als weitere die Verjährung unterbrechende Maßnahme ist das Schreiben der GKK vom 09.12.2014 zu werten, in dem der BF ausgefordert wird, mit den vereinbarten Ratenzahlungen zur Tilgung der Haftungsschuld unverzüglich zu beginnen.
Ebenso verjährungsunterbrechend ist das Schreiben der GKK vom 24.07.2017, in dem der BF letztmalig aufgefordert wird, unverzüglich einen Betrag zur Reduktion der Haftung einzuzahlen.
Lediglich vom 9.12.2014 bis 24.07.2017 setzte die belangte Behörde keine Maßnahme, wobei es sich jedenfalls um einen Zeitraum von weniger als 3 Jahre handelt.
Zusammengefasst ist festzustellen, dass keine Verjährung der Forderung, für die der Bf haftet, eingetreten ist.
3.3.2 Zur Frage der Uneinbringlichkeit
Es kann aus dem zu 3.3.1 Gesagtem der Argumentation des BF daher nicht gefolgt werden, dass die Bescheiderlassung am 11.09.2017 bereits nach der 3-jährigen Verjährungsfrist erfolgt wäre.
Die Beitragsforderung ist somit offen und in der geforderten Höhe auch uneinbringlich.
3.4 Zu den sonstigen Haftungsvoraussetzungen:
3.4.1 Zur Frage der Gleichbehandlung:
Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Kontoauszug des Geschäftskontos lässt nur erkennen, welche Eingänge und Ausgänge vorlagen; es geht auch hervor, wie der Beschwerdeführer vorbringt, dass z.T geplante Überweisungen Liquidität nicht gebucht wurden.
Es kann jedoch aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkannt werden, inwiefern die von der Judikatur entwickelten Kriterien für die Bejahung der Gleichbehandlung erfüllt wurden nämlich, dass die tatsächlichen Zahlungen im Hinblick auf die Höhe der bestehenden Forderungen gleichmäßig an die Gläubiger erfolgten. Konkret wäre nachzuweisen gewesen, dass die Forderung der Gebietskrankenkasse im selben Verhältnis bedient wurde wie die Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern.
Das vom Beschwerdeführer beigebrachte Kassajournal seines Geschäftskontos für den Zeitraum Jänner bis Juni 2013 ist nicht geeignet, eine Gleichbehandlung der Gläubiger nachzuweisen.
Es ist daher im Sinne der Judikatur des VwGH dem Beschwerdeführer nicht gelungen, den für den Ausschluss der Haftung notwendigen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.
3.4. 2 Zum Vorliegen von Kausalität:
Eine kausale schuldhafte Pflichtverletzung ist schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine ausreichenden Gründe anzugeben vermag, dass ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich war.
Die Verpflichtung des Vertreters der Primärschuldnerin war im konkreten Fall die Bedienung und die Gleichbehandlung der Beitragsverbindlichkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten, was mangels Vorlage der entsprechenden Unterlagen, d. h. mangels entsprechender qualifizierter Mitwirkungspflicht als nicht gegeben anzunehmen ist und daher von der Kausalität der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit auszugehen ist.
3.4.3 zur Frage des Verschuldens
Es ist auf hinzuweisen, dass bereits leichte Fahrlässigkeit genügt; diese ist immer dann anzunehmen, wenn der Vertreter zur Verletzung seiner Pflichten, d.h. zur Gläubigergleichbehandlung kein relevantes Vorbringen erstattet.
4. Zu den Verzugszinsen
Daher erfolgte auch die Vorschreibung der Verzugszinsen im vorliegenden Fall zu Recht. Da die verjährungsunterbrechenden Maßnahmen der belangten Behörde auch auf die Einbringung der Verzugszinsen gerichtet waren, ist auch hier keine Verjährung eingetreten.
Es war daher in Bestätigung des angefochtenen Bescheides spruchgemäß zu entscheiden.
5. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde von der beschwerdeführenden Partei beantragt.
Es wurde jedoch von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da sich im gegenständlichen Fall klar aus der Aktenlage ergab, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war und sich der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von Abgaben aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte.
Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
4.4. Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung, Pflichtverletzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W178.2183082.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.03.2019