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L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;Norm
AVG §73 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision der Gemeindevertretung der Gemeinde Schleedorf, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 31. August 2018, 405- 3/379/1/7-2018, betreffend einen Devolutionsantrag in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: I GmbH in S; weitere Partei:
Salzburger Landesregierung, Mozartplatz 9, 5010 Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde S. vom 5. Februar 2018, mit welchem ihr Devolutionsantrag betreffend das Bauansuchen vom 13. Februar 2017 abgewiesen worden war, Folge gegeben und dieser Bescheid behoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt die revisionswerbende Partei im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass die Frage, ob ein Verbesserungsauftrag unverzüglich erteilt worden sei, für die Verschuldensfrage im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG von Bedeutung sei und diese Verschuldensfrage nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen sei. Das Verwaltungsgericht habe allein auf die nicht erfolgten Urgenzen und Terminsetzungen in Bezug auf die ausständige Stellungnahme der Landesstraßenverwaltung abgestellt und sämtliche anderen im angefochtenen Erkenntnis festgehaltenen Umstände des Einzelfalles, welche gezeigt hätten, dass von einem überwiegenden Verschulden der Behörde nicht ausgegangen werden könne, außer Betracht gelassen. Die Baubehörde sei zur Klärung der raumordnungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens auch in Kontakt mit der Raumordnungsabteilung des Amtes der Landesregierung und der Bezirkshauptmannschaft gestanden. Weiters sei von der Gemeindevertretung am 26. April 2017 eine Bausperrenverordnung beschlossen worden, die "im Hinblick auf ihre gemäß § 21 Abs. 2 ROG 2009 angeordnete Wirkung einer Entscheidungsreife" des Bauansuchens entgegengestanden sei. Das Verwaltungsgericht habe diese Umstände bei der Beurteilung der Verschuldensfrage nicht miteinbezogen, sondern ausschließlich darauf abgestellt, dass der Verbesserungsauftrag verspätet erfolgt sei.
6 Des Weiteren bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Auswirkungen einer Bausperre nach § 21 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 - ROG 2009 auf den Lauf der Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 AVG und insbesondere nicht zur Bedeutung der Verschuldensfrage im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG. Wie sich aus § 21 Abs. 2 ROG 2009 ergebe, sei auf Grund einer Bausperre ein "Innehalten" in Bezug auf ein bereits gestelltes Bauansuchen geboten, damit die erkennbare grundsätzliche Planungsabsicht nicht erschwert bzw. diese sichergestellt werde. Jedenfalls wäre die Bausperrenverordnung als ein weiterer Umstand des Einzelfalles für die Verschuldensfrage im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG einzubeziehen gewesen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
7 Wie die revisionswerbende Partei zutreffend vorbringt, ist die Frage, ob die Behörde in einem konkreten Fall ein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Verfahrenserledigung trifft, anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Diese Frage unterliegt somit - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigenden Abwägung - grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 8.3.2018, Ra 2017/11/0289, mwN).
8 Eine derartige Fehlbeurteilung ist im Revisionsfall nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich aus dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt, welchem in der Zulässigkeitsbegründung insoweit nicht entgegengetreten wird, keine Hinweise auf eine nach Abfertigung des Ersuchens um Stellungnahme an die Landesstraßenverwaltung erfolgte Kontaktaufnahme bzw. auf Gespräche der Baubehörde mit der Raumordnungsabteilung des Amtes der Landesregierung oder der Bezirkshauptmannschaft. Es kann dem Verwaltungsgericht somit nicht entgegengetreten werden, wenn es derartige Kontaktaufnahmen in seine Abwägung nicht miteinbezogen hat.
9 § 21 Abs. 2 ROG 2009 ordnet an, dass während der Geltung einer Bausperre die Erteilung etwa einer Baubewilligung nur zulässig ist, wenn das Vorhaben der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht. Daraus folgt unzweifelhaft, dass bei Nichtvorliegen der genannten Voraussetzung die Baubewilligung zu versagen ist (vgl. § 9 Abs. 1 Z 4 Baupolizeigesetz 1997). Da die Erlassung einer Bausperrenverordnung nach dem insoweit klaren Wortlaut der genannten gesetzlichen Bestimmungen somit der "Entscheidungsreife" des Bauansuchens nicht entgegensteht und insbesondere auch kein "Innehalten" gebietet, wurde dieser Umstand vom Verwaltungsgericht bei seiner Abwägung zutreffend nicht berücksichtigt.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018060258.L00Im RIS seit
05.03.2019Zuletzt aktualisiert am
06.03.2019