Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs2 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der Z M in K, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 13. Juni 2018, LVwG-1- 631/2017-R4, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz),
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 24. August 2017 wurde die Revisionswerberin einer Übertretung nach § 50 Abs. 4 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 10.000,-- (für den Fall der Uneinbringlichkeit 152 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil sie in ihrer Eigenschaft als anwesende Lokalverantwortliche und Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit gehalten habe, den Organen der öffentlichen Aufsicht bei einer am 4. April 2017 in einem näher bezeichneten Lokal durchgeführten Kontrolle durch Nichtöffnen der Eingangstüre den Zutritt zur Betriebsstätte nicht ermöglicht und keine umfassenden Auskünfte erteilt - insbesondere keine Fragen über ihre Aufgabe und ihre Beschäftigungsdauer im Lokal beantwortet - habe, weshalb eine umfassende Überprüfung nicht ermöglicht worden sei.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der Beschwerde insoweit Folge, als die verhängte Geldstrafe auf EUR 8.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden herabgesetzt wurde. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens verringere sich auf EUR 800,--. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Das Landesverwaltungsgericht begründete die Reduktion der Strafe mit den persönlichen Verhältnissen der Revisionswerberin, dem Unrechtsgehalt der Tat und dem anzuwendenden Strafrahmen. Im Hinblick auf diese Umstände sei die Geldstrafe "um ein Viertel herabzusetzen."
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Liegen - wie hier in Bezug auf den Ausspruch von Schuld und Strafe - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 26.7.2018, Ra 2017/17/0804, mwN).
8 Soweit die Revisionswerberin ihre Revision mit dem Vorbringen einer Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und infolge Unterlassung einer Kohärenzprüfung durch das Verwaltungsgericht für zulässig erachtet, ist sie auf die im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 2017, Ra 2017/17/0451, dargelegte Rechtsprechung hinzuweisen:
"6 Gemäß § 50 Abs 4 GSpG sind die Behörden gemäß § 50 Abs 1 (die Bezirksverwaltungsbehörden bzw die Landespolizeidirektion) und die in § 50 Abs 2 und 3 GSpG genannten Organe (Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden) zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs 1, dem Amtssachverständigen und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegen Kontrollorganen nachkommt.
7 Eine Kontrolle nach § 50 Abs 4 GSpG dient demnach grundsätzlich der Überwachung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes und nicht nur ausschließlich der Überwachung der Einhaltung des in den §§ 3 und 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl VwGH vom 28. April 2017, Ra 2017/17/0293, und vom 19. Dezember 2016, Ra 2016/17/0038 mwN).
8 Die von der Revisionswerberin behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 und ein unionsrechtlich begründetes Anwendungsverbot des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG."
9 Mit ihren unionsrechtlichen Ausführungen vermag die Revisionswerberin daher auch im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage darzulegen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG eine grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 Auch das Vorbringen zum Selbstbezichtigungsverbot vermag eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht aufzuzeigen, liegt doch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei einer Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG (noch) keine Situation vor, in der ein derartiges Aussageverweigerungsrecht überhaupt zum Tragen kommen kann (vgl. VwGH 29.12.2017, Ra 2017/17/0958, mwN). Im vorliegenden Fall verweigerte die im Lokal beschäftigte Revisionswerberin trotz Belehrung über ihre Auskunftspflicht und im Wissen um die Strafbarkeit ("Ich weiß auch, dass ich eine Strafe bekomme, weil ich keine Frage beantworte." - siehe Seite 4 des angefochtenen Erkenntnisses) die Aussage im Rahmen einer solchen Kontrolle zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes. Inwiefern das angefochtene Erkenntnis von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, ist nicht ersichtlich.
11 Soweit die Revisionswerberin die Zulässigkeit ihrer Revision jedoch im Hinblick auf die Strafbemessung mit einem Widerspruch zwischen Spruch und Begründung argumentiert, erweist sie sich als zulässig. Die Revision ist in diesem Umfang auch berechtigt.
12 Wie die Revisionswerberin zutreffend ausführt, reduzierte das Landesverwaltungsgericht die Geldstrafe im Spruch seines Erkenntnisses gegenüber dem Ausspruch im behördlichen Straferkenntnis lediglich um ein Fünftel, also um 20%. Auch den Beitrag für die Kosten des behördlichen Verfahrens reduzierte das Verwaltungsgericht in diesem Ausmaß. Demgegenüber führte es in seiner Begründung jedoch aus, dass die Geldstrafe im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse der Revisionswerberin, den Unrechtsgehalt der Tat und den anzuwendenden Strafrahmen um ein Viertel - also um 25% - herabzusetzen sei. Nach dieser Begründung wäre eine Reduktion der Geldstrafe auf EUR 7.500,-- geboten gewesen.
13 Im Umfang der Festsetzung der Strafhöhe liegt daher ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vor, wodurch das angefochtene Erkenntnis insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist (vgl. etwa VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0045; 17.2.2015, Ra 2014/09/0037, je mwN).
14 Wenn die belangte Behörde in ihrer Revisionsbeantwortung in diesem Zusammenhang meint, dass das Landesverwaltungsgericht das Viertel ausgehend von der von ihm festgesetzten Strafe bemessen habe, was im Hinblick auf die explizite Formulierung des Spruchs nicht zweifelhaft sein könne, vermag diese Argumentation nicht zu überzeugen.
15 Zwar können nach § 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG und § 62 Abs. 4 AVG Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in einer Strafentscheidung eines Verwaltungsgerichts jederzeit von Amts wegen berichtigt werden (siehe VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0025). Die Berichtigung ist jedoch auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist. Eine Berichtigung im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG ist überall dort ausgeschlossen, wo sie eine nachträgliche Änderung des Spruchinhalts des berichtigten Bescheids oder die Sanierung eines unterlaufenen Begründungsmangels bewirkt; insbesondere bietet die genannte Bestimmung keine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende oder erklärende Auslegung des Spruchs eines Bescheids (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0006, mwN). Eine Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn dadurch eine Rechtswidrigkeit (wie etwa ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung) beseitigt werden soll (siehe dazu etwa VwGH 9.8.2017, Ra 2017/09/0028).
16 Das Vorliegen eines berichtigungsfähigen Rechenfehlers wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs lediglich dann angenommen, wenn eine im Bescheid offen gelegte Rechenoperation unrichtig vorgenommen wurde (VwGH 18.12.2014, 2012/07/0233, mwN). Davon kann im vorliegenden Fall - auch wenn in der Revisionsbeantwortung eine Rechenoperation aufgezeigt wird, die das Zustandekommen des Widerspruchs zwischen Spruch und Begründung erklären könnte - jedoch nicht gesprochen werden.
17 Da somit hinsichtlich des Strafausspruchs ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vorliegt, war das angefochtene Erkenntnis in diesem Umfang und hinsichtlich der behördlichen Verfahrenskosten gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
18 Im Übrigen werden Rechtsfragen von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht geltend gemacht, weshalb die Revision insoweit zurückzuweisen war.
19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. Jänner 2019
Schlagworte
Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090141.L00Im RIS seit
14.02.2019Zuletzt aktualisiert am
19.02.2019