TE Lvwg Beschluss 2018/7/23 VGW-102/067/6682/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.07.2018

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
WettenG Wr 2016 §23 Abs2
WettenG Wr 2016 §23 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG der A. GmbH, Wien, B.-Straße, vertreten durch Rechtsanwalt, betreffend die Schließung des Wettbüros in Wien, C.-Straße, sowie die Beschlagnahme von zwei Wettannahmeschaltern und die Beschlagnahme eines Geldbetrages von *.***,** Euro am 23.05.2018 durch Organe des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, den

BESCHLUSS

gefasst

1. Gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird das Verfahren über die Beschwerde eingestellt.

2. Das Kostenbegehren in der Höhe von 400,00 Euro (zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer) wird zurückgewiesen.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 25.05.2018 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz (E-Mail sowie Fax Eingabe vom 24.05.2018) erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, am 23.05.2018, in Wien, C.-Straße, wegen Schließung des Wettbüros und Beschlagnahme von zwei Wettannahmeschaltern und eines Geldbetrages von *.***,** Euro. Zusammengefasst brachte sie darin vor, dass sie lediglich Franchisenehmerin von „D.“ sei und das Wettprogramm von dort erhalte. Sie vertraue auf die Gesetzeskonformität dieses Wettprogramms und habe sich folglich nichts zu Schulden kommen lassen, sodass kein Grund für die angefochtenen Maßnahmen ersichtlich sei. Sie begehrt, die Betriebsschließung und Beschlagnahmen für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben. An Beschwerdekosten wurden 400,00 Euro (zzgl. 20 % USt) verzeichnet.

2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Bekanntgabe der in der Amtshandlung beteiligten bzw. anwesenden Beamten samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der Amtshandlung ersucht. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 12.06.2018 den Bezug habenden Verwaltungsakt vor und teilte mit, der Beschlagnahmebescheid und Bescheid über Betriebsschließung werde in den nächsten Tagen erlassen.

Am 29.06.2018 legte die belangte Behörde ferner die auf Grundlage des § 23 des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz) erlassenen Bescheide vom 11.06.2018 über die Betriebsschließung, GZ: …, und die Beschlagnahmen, GZ: …, vor.

Der Bescheid über die Betriebsschließung enthält den folgenden Spruch:

„Es besteht der begründete Verdacht, dass die A. GmbH (FN: …) am 23.05.2018 um 19:08 Uhr und um 19:15 Uhr in Wien, C.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung „D.“, die Tätigkeit als Wettunternehmerin in der Art der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Volleyballspiele [Probewette, gezogen vor Beginn der Amtshandlung am 23.05.2018 um 19:08 Uhr: Wette Weißrussland gegen Kroatien (LIVE Punkte: 1:1 (25:21) (17:25) (5:9); Mi 23.05. 18:01 Anzahl der Punkte im Match (192,5); Gesamtquote: 1,85; Gesamteinsatz: € 2,00; Max. Ausz.: € 3,70], an eine Buchmacherin, nämlich an die D. Ltd., E., Malta [Firmen Registrations Nummer: … der Malta Financial Services Authority (MFSA)], ausgeübt hat, und dabei am 23.05.2018 um 19:08 Uhr und um 19:15 Uhr insofern gegen § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz, LGBl. Nr. 26/2016, idgF, wonach die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten ist, verstoßen hat, als diese laut Wettticket vom 23.05.2018 um 19:08 Uhr die Wette „Weißrussland gegen Kroatien (LIVE Punkte: 1:1 (25:21) (17:25) (5:9); Mi 23.05. 18:01 Anzahl der Punkte im Match (192,5) – Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?“ zuließ.

Gemäß § 23 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 5 Wiener Wettengesetz, LGBl. 26/2016, idgF, wird daher die gänzliche Schließung der Betriebsstätte der A. GmbH (FN: …) in Wien, C.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung „D.“, verfügt.“

Der Bescheid über die Beschlagnahmen enthält den folgenden Spruch:

„Es besteht der begründete Verdacht, dass die A. GmbH (FN: …) am 23.05.2018 um 19:08 Uhr und um 19:15 Uhr in Wien, C.-Straße, Wettlokal mit der äußeren Bezeichnung „D.“, die Tätigkeit als Wettunternehmerin in der Art der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Volleyballspiele [Probewette, gezogen vor Beginn der Amtshandlung am 23.05.2018 um 19:08 Uhr: Wette Weißrussland gegen Kroatien (LIVE Punkte: 1:1 (25:21) (17:25) (5:9); Mi 23.05. 18:01 Anzahl der Punkte im Match (192,5); Gesamtquote: 1,85; Gesamteinsatz: € 2,00; Max. Ausz.: € 3,70], an eine Buchmacherin, nämlich an die D. Ltd., E., Malta [Firmen Registrations Nummer: … der Malta Financial Services Authority (MFSA)], ausgeübt hat, und dabei am 23.05.2018 um 19:08 Uhr und um 19:15 Uhr insofern gegen § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz, LGBl. Nr. 26/2016, idgF, wonach die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten ist, verstoßen hat, als diese laut Wettticket vom 23.05.2018 um 19:08 Uhr die Wette „Weißrussland gegen Kroatien (LIVE Punkte: 1:1 (25:21) (17:25) (5:9); Mi 23.05. 18:01 Anzahl Punkte im Match (192,5) – Wie viele Punkte gibt es insgesamt im Match?“ zuließ.

Folgende Gegenstände dienten am 23.05.2018 der Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin:

1.) Wettannahmeschalter 1:

technisches Equipment Wettannahmeschalter:

Wettscheindrucker:

Modell/Type: F.

Seriennummer: …

Kartenleser:

Modell/Type: G.

Seriennummer: …

Computer:

Modell/Type: H.

Seriennummer: …

Bildschirm:

Modell/Type: K.

Seriennummer: …

Betrag i. d. Kasse: € *.***,**,--

2.) Wettannahmeschalter 2:

technisches Equipment Wettannahmeschalter:

Wettscheindrucker:

Modell/Type: F.

Seriennummer: …

Kartenleser:

Modell/Type: G.

Seriennummer: …

Computer:

Modell/Type: H.

Seriennummer: …

Bildschirm:

Modell/Type: L.

Seriennummer: …

Betrag i. d. Kasse: € 0,--

Gemäß § 23 Abs. 2. in Verbindung mit Abs. 5 des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten, LGBl. Nr. 26/2016, idgF (Wiener Wettengesetz), wird die Beschlagnahme dieser Gegenstände angeordnet.“

Mit E-Mail vom 10.07.2018 übermittelte die belangte Behörde elektronische Kopien der Rückscheine der an die Beschwerdeführerin und ihre rechtsfreundliche Vertretung jeweils durch persönliche Übernahme am 15.06.2018 zugestellten Bescheide.

3. Aufgrund der unbedenklichen Aktenlage steht fest, dass am 23.05.2018 in Wien, C.-Straße, zwei Wettannahmeschalter sowie das darin enthaltene Bargeld in der Höhe von insgesamt *.***,** Euro von Organen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, vorläufig in Beschlag genommen sowie die Schließung des Wettbüros verfugt wurden und somit unmittelbarer Zwang ausgeübt wurde.

Bei den im Spruch des Bescheides vom 11.06.2018 über die Beschlagnahme erfassten Gegenständen und Geldbeträgen handelt es sich um jene in der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme angeführten sowie im zugehörigen Aktenvermerk jeweils durch Seriennummer identifizierten Gegenstände und den ebendort ausgewiesenen Geldbetrag (vgl. AS 8 bzw. 6 und 7 des vorgelegten Verwaltungsaktes zu …). Die belangte Behörde hat demgemäß zwischenzeitlich über die hier angefochtene Beschlagnahme der Gegenstände und den Geldbetrag mit Bescheid vom 11.06.2018 abgesprochen. Dieser wurde der Beschwerdeführerin am 15.06.2018 zugestellt.

Bei der im Spruch des Bescheides vom 11.06.2018 über die Betriebsschließung angeführten Betriebsstätte der Beschwerdeführerin handelt es sich um das Wettlokal an der Anschrift C.-Straße, dessen Schließung im Zuge der Amtshandlung am 23.05.2018 durch Organe des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, verfügt wurde. Die belangte Behörde hat demgemäß über die hier angefochtene Schließung des beschwerdegegenständlichen Wettlokals mit Bescheid vom 11.06.2018 abgesprochen. Auch dieser wurde der Beschwerdeführerin am 15.06.2018 zugestellt.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde nur dann mit Erkenntnis zu erledigen, wenn sie nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG). Eine Beschlagnahme gemäß § 39 Abs. 2 VStG stellt eine vorläufige Maßnahme dar, die vor Erlassung des Beschlagnahmebescheides durch die Behörde mittels Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit bekämpft werden kann (vgl. etwa Fister in: Lewitsch/ Fister/Weilguni, VStG (2013) § 39 Rz 17). Mit dem Zeitpunkt der Erlassung des Beschlagnahmebescheides hört die vorläufige Beschlagnahme auf, ein selbständiger anfechtbarer verfahrensfreier Verwaltungsakt zu sein, und ist ab diesem Zeitpunkt die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde nicht mehr möglich. In dem gleichen Sinne äußerte sich im Zusammenhang mit einer bescheidmäßigen Betriebsschließung nach der Gewerbeordnung auch Kienast (ZfV 1995, 303ff).

2. Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz), LGBl. für Wien Nr. 26/2016, zuletzt geändert durch Wiener Landesgesetz, LGBl. für Wien Nr. 40/2018, lauten in der am Tag der bekämpften Maßnahme in Geltung anzuwendenden Fassung auszugsweise:

Aufsicht
§ 23.

(1) […]

(2) Besteht der begründete Verdacht, dass die Tätigkeit der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers ohne oder entgegen einer Bewilligung oder einer Anzeige ausgeübt wird, und mit Wettterminals oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen gegen dieses Landesgesetz verstoßen wird, fortgesetzt gegen eine in § 24 Abs. 1 Z 1 bis 17 genannten Vorschriften verstoßen wird, so kann die Behörde die Beschlagnahme der Wettterminals, der sonstigen Eingriffsgegenstände, der technischen Hilfsmittel sowie des dem Wettbetrieb zuzurechnenden Geldes anordnen. Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in diesem Absatz genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 24 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber der Eigentümerin oder dem Eigentümer sofort eine Bescheinigung auszustellen, oder, wenn eine solche oder ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

(3) Besteht der Verdacht, dass die Tätigkeit einer Wettunternehmerin oder eines Wettunternehmers ohne oder entgegen der Bewilligung ausgeübt wird, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren die gänzliche oder teilweise Schließung jener Betriebsstätten, die der Durchführung von Sportwetten dienen, verfügen. Zur Betriebsschließung ist die Anwendung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zulässig.

(4) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 2 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Landesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 2 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(5) Über eine Verfügung nach Abs. 2 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an die Verfügungsberechtigte oder an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Eigentümerin oder der Eigentümer kann unter Nachweis ihrer oder seiner Eigentümerschaft Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid beim Verwaltungsgericht erheben.

(6) […]

(7) Zur Durchsetzung der Zutritts- und Überprüfungsrechte dürfen erforderlichenfalls Maßnahmen der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt, einschließlich der Anwendung körperlichen Zwangs, unbeschadet der Strafbestimmungen gemäß § 24 gesetzt werden. Verschlossene Haus- und Zimmertüren und verschlossene Behältnisse dürfen zum Zwecke der Durchsetzung der Überwachungsaufgaben geöffnet werden. Die Organe haben sich dabei der jeweils gelindesten noch zum Ziel führenden Maßnahme zu bedienen.

(8) und (9) […]“

III.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen Verwaltungsgerichte (ebenso wie bisher die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Aus den parlamentarischen Erläuterungen zur genannten Novelle (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 13) erschließen sich keine Anhaltspunkte, dass durch diese Novelle der Beschwerdegegenstand eine Änderung erfahren hat, weshalb die bisher ergangene Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung weiterhin einschlägig ist (vgl. etwa auch Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 68, 71).

1.2. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und damit für eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes Wien zur Entscheidung in der Sache ist das Rechtsschutzbedürfnis des Einschreiters gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG. Danach ist eine meritorische Behandlung dieses Rechtsmittels bei Fehlen des objektiven rechtlichen Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme weder möglich noch notwendig (vgl. VwGH vom 20.5.1992, Zl 92/01/0054). Fehlt das Rechtsschutzbedürfnis bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde, so ist sie zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 4.4.1990, Zl 90/01/0009). Fällt das Rechtsschutzbedürfnis während des Beschwerdeverfahrens in dem Sinn weg, dass dies die Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nach sich zieht, ist das Beschwerdeverfahren einzustellen (vgl. VwGH vom 13.12.1989, Zl 89/03/0126; VfSlg 12.211/1989).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes kann eine vorläufige Beschlagnahme als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann nicht mehr angefochten werden (vgl. VwGH vom 20.03.2009, Zl 2008/02/0273), wenn sie durch einen Bescheid nachträglich ausdrücklich bestätigt wird. Diesfalls ist vielmehr die in der vorläufigen Beschlagnahme liegende individuelle Norm zum Bestandteil des zu bestätigenden Bescheides geworden, sodass die faktische Amtshandlung als solche rechtlich nicht mehr selbständig existent ist und daher auch nicht mehr unmittelbar Objekt einer Beschwerde sein kann (vgl. VfSlg 12.211/1989, 11.650/1988, 11.820/1988). Nach dem zuletzt genannten Erkenntnis endet die Eigentumsverletzung durch eine verfassungswidrige Beschlagnahme mit Zustellung des Beschlagnahmebescheides. Ab diesem Zeitpunkt deckt der Bescheid die Beschlagnahme; wäre sie rechtswidrig, fiele das diesem Bescheid zur Last.

Ebenso setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die selbständige Anfechtung einer vorläufigen Beschlagnahme voraus, dass noch kein die Beschlagnahme anordnender Bescheid der Behörde ergangen ist (vgl. VwGH 27.02.2013, Zl 2012/17/0531; VwGH vom 30.01.2013, Zl 2012/17/0432). Eine die gesamte Dauer der Beschlagnahme umfassende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt bei einer vorläufigen Beschlagnahme nur vor, solange die Behörde die Beschlagnahme weder durch Bescheid bestätigt noch durch die beschlagnahmten Gegenstände tatsächlich zurückgestellt hat (vgl. VwGH vom 27.02.2013, Zl 2012/17/0531, VwGH vom 23.05.1989, Zl 89/04/0020; VwGH vom 26.04.1993, Zl 90/10/0076; VwGH vom 16.11.2011, Zl 2011/17/0190).

Die vorstehenden Ausführungen sind ebenso auf das Verhältnis der in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgten Schließung der Betriebsstätte durch Organe des Magistrats der Stadt Wien und des nachfolgend vom Magistrat der Stadt Wien erlassenen Bescheides über die Betriebsschließung zu übertragen.

In seinem Erkenntnis vom 20.03.2009, Zl 2008/02/0273, verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach die faktische Amtshandlung als solche nach Erlassung eines Bescheides rechtlich nicht mehr selbständig existent ist und daher auch nicht mehr unmittelbar Objekt einer Beschwerde sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich in diesem Erkenntnis der in der Literatur (insbesondere Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Teilband, Seite 1.030, Rz 68 zu § 67a AVG) vertretenen Auffassung an, dass dadurch Gegenstandslosigkeit der Maßnahmenbeschwerde eintritt und eine formlose Einstellung des Verfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat gerechtfertigt ist, dass es aber nach einer solchen Einstellung keine obsiegende Partei im Sinne des § 79a AVG und damit auch keinen Kostenersatz nach der genannten Bestimmung gibt.

1.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.

2. Zur Kostenentscheidung: Die Beschwerdeführerin verzeichnete an Beschwerdekosten 400,00 Euro zzgl 20 Prozent Umsatzsteuer. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen, wenn sie als Partei obsiegt. Obsiegende Partei ist die Beschwerdeführerin entsprechend § 35 Abs. 2 VwGVG, wenn die Beschwerde für rechtswidrig erklärt wird. Da gegenständlich das Beschwerdeverfahren einzustellen war, ist ein Kostenersatz der Beschwerdeführerin nicht im Gesetz begründet und war daher das darauf gerichtete Begehren zurückzuweisen.

3. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589ff, mwN).

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Glücksspiel, illegales; Wette; Beschlagnahme; Rechtschutzbedürfnis; gegenstandslos; Einstellung; Wegfall der Beschwer

Anmerkung

VwGH v. 6.9.2018, Ra 2018/02/0257; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.102.067.6682.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten