TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/18 W235 2178275-1

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Veröffentlicht am 18.10.2018
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Entscheidungsdatum

18.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2178275-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. 1159889202-170866218, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerin am XXXX .11.2015 in Italien einen Asylantrag gestellt hat (vgl. AS 20).

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Beschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angab, dass sie am XXXX in XXXX , Nigeria, geboren sei. Sie habe keine Familienangehörigen in Österreich oder im Gebiet der Europäischen Union, leide an keinen Krankheiten und sei nicht schwanger. Die Beschwerdeführerin habe Nigeria am XXXX .09.2015 verlassen und sei über den Niger und Libyen nach Italien gereist, wo sie sich von XXXX .09.2015 bis XXXX .07.2017 aufgehalten habe. In Italien habe sie kein Interview gehabt, habe jedoch eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, die im September [gemeint: 2017] ablaufen werde. Diese Papiere habe sie in Italien zurückgelassen. Es sei in Italien nicht gut gewesen; die Leute seien dort schlecht behandelt worden und man habe sich nicht um die Beschwerdeführerin gekümmert. Sie habe lange auf das Interview gewartet, aber es sei nichts passiert. Die Beschwerdeführerin wolle nicht nach Italien zurück, da sie glaube, dass sie nicht auf dem Platz wohnen könnte, wo sie früher gewesen sei.

Der Beschwerdeführerin wurde weiters am 24.07.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Italien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Verfahrensanordnung wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt (vgl. AS 15).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 25.07.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Italien.

Mit Schreiben vom 21.08.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der italienischen Dublinbehörde mit, dass die Zuständigkeit im Fall der Beschwerdeführerin wegen Unterlassung einer fristgerechten Antwort auf das österreichische Wiederaufnahmegesuch auf Italien übergegangen ist (vgl. AS 71).

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 21.08.2017 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Italien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt (vgl. AS 77).

1.4. Am 12.09.2017 wurde die Beschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei sie zunächst angab, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Befragung zu absolvieren. Sie sei weder in ärztlicher Behandlung noch benötige sie eine Therapie. Sie nehme auch keine Medikamente. In Österreich habe sie keine Familienangehörigen und lebe auch mit niemanden in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Bis dato habe sie im Verfahren zu ihrer Person und zu ihren Fluchtgründen die Wahrheit gesagt. Sie habe keine identitätsbezeugenden Dokumente, die sie dem Bundesamt vorlegen könne.

Die Beschwerdeführerin habe in Italien, wo sie ca. ein Jahr und zehn Monate aufhältig gewesen sei, einen Asylantrag gestellt. Sie habe keine Einvernahme gehabt und kenne auch ihren Verfahrenstand nicht. Die Frage, ob sie in Italien untergebracht und versorgt worden sei, bejahte die Beschwerdeführerin und führte dazu aus, dass sie in XXXX mit ihren Freundinnen gelebt habe. Das Lager habe sie freiwillig verlassen. Wie lange sie in dem Lager gewesen sei, wisse sie nicht. Nachdem sie mit einer Freundin unterwegs gewesen sei, habe sie nicht ins Lager zurück gefunden. Das Lager sei in XXXX gewesen. Danach sei sie ein Monat bei der Schwester einer Freundin in XXXX und in der Folge ein Jahr und sechs Monate in XXXX gewesen. Die Beschwerdeführerin habe vor einem Supermarkt gebettelt und so für Essen und Miete gesorgt. Auf Vorhalt, sie habe in der Erstbefragung gesagt, dass sich niemand in Italien um sie gekümmert habe, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe nicht gesagt, dass es in Italien schlecht gewesen sei. Die Unterbringung und die Versorgung - auch die medizinische Versorgung - seien im Lager in Ordnung gewesen. Sie habe das Lager freiwillig verlassen. Die Frage, ob ihrer geplanten Ausweisung nach Italien konkrete Gründe entgegenstünden, verneinte die Beschwerdeführerin. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen des Bundesamtes zur Lage in Italien gab die Beschwerdeführerin an, dass sie, wenn Österreich ihr helfe, hierbleiben wolle. Am Ende der Einvernahme brachte die Beschwerdeführerin vor, im Jahr 1999 geboren zu sein.

In der Folge langte die Kopie einer undatierten, handschriftlich ausgefüllten Geburtsurkunde via E-Mail beim Bundesamt ein, auf der als Geburtsdatum der Beschwerdeführerin der XXXX aufscheint. Ein Vorbringen wurde hierzu nicht erstattet.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Italien zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin aufgrund einer Kopie nicht abgeändert werden könne. Es werde festgestellt, dass sie gesund sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder solche zu erwarten hätte bzw. dass ihr in Italien behördlicher Schutz vorenthalten werde. Aufgrund des Eurodac-Treffers stehe die Asylantragstellung in Italien fest. Italien sei mit Schreiben vom 21.08.2017 auf die Verfristung aufmerksam gemacht worden. Eine Verfristung gelte als Zustimmung. Ein zuständigkeitsbeendendes Sachverhaltselement habe nicht festgestellt werden können. Die Beschwerdeführerin sei spätestens am 24.07.2017 alleine in das Bundesgebiet eingereist und sei für niemanden sorgepflichtig. Es werde festgestellt, dass sie in Österreich keine Familienangehörigen habe. Es bestehe keine besondere Integrationsverfestigung.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 16 bis 34 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung angeben habe, am XXXX geboren zu sein. Diese Angabe habe sie nach Rückübersetzung mit ihrer Unterschrift bestätigt. In weiterer Folge habe sie eine handschriftliche Geburtsurkunde mit dem Geburtsdatum XXXX vorgelegt, deren Echtheit nicht verifiziert werden könne, da es sich um eine Kopie handle. Die Beschwerdeführerin sei gesund, da sie in Österreich weder in ärztlicher Behandlung noch in Therapie gewesen sei. Sie nehme auch keine Medikamente. Aufgrund des Eurodac-Treffers stehe die Asylantragstellung in Italien fest. Ein Erlöschen der Zuständigkeit Italiens sei zwischenzeitlich nicht eingetreten. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin wurden die Feststellungen wiederholt und auf die Ausführungen in der rechtlichen Würdigung verwiesen. Die Feststellungen zu Italien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Im Gegensatz zur Erstbefragung habe die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt angegeben, dass es in Italien nicht schlecht gewesen sei. Die Unterbringung, Versorgung und medizinische Betreuung im Lager seien in Ordnung gewesen. Daher könne den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung bezüglich schlechter Behandlung in Italien kein Glauben geschenkt werden. Fest stehe, dass die Beschwerdeführerin in Italien untergebracht und versorgt worden sei und bei einer Rückkehr auch wieder untergebracht und versorgt werde. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass sie tatsächlich konkret Gefahr liefe, dass ihr in Italien eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könne.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Die Behörde habe keinerlei Familienbezug in Österreich feststellen können. Abgesehen von der kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet hätten sich im Verfahren auch keine Hinweise auf besonders gewichtige Interessen an einem Verbleib in Österreich ergeben. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Italien sei bereit, die Beschwerdeführerin einreisen zu lassen und die sonstigen, Italien aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Italien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer nunmehr ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreterin fristgerecht am 24.11.2017 Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise nach Österreich 22 Monate lang in XXXX aufgehalten habe, ihr nicht zum Nachteil gereichen dürfe. In Italien seien bekanntlich die Bedingungen für Asylwerber äußerst schlecht, da weder für eine "gescheite" Unterbringung noch für eine ordnungsgemäße medizinische Versorgung gesorgt werde. Asylwerber würden spätestens nach sechs Monaten "auf die Straße gesetzt" und müssten sich selbst durchschlagen. Dass Italien infolge Nichtäußerung zum Konsultationsverfahren für das Verfahren der Beschwerdeführerin zuständig sein solle, sei für diese mehr als problematisch, weil Italien seit September 2015 nicht in der Lage gewesen sei, über ihren Asylantrag abzusprechen. Ferner sei ihr weiterer Aufenthalt bei einer unfreiwilligen Rückkehr mehr als ungewiss.

4. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit E-Mail vom 28.08.2018 bekannt, dass das Verfahren der Beschwerdeführerin wegen unbekannten Aufenthalts ausgesetzt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährige Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige von Nigeria. Sie verließ ihren Herkunftsstaat im September 2015 und fuhr über den Niger und Libyen nach Italien, wo sie sich in der Folge ca. ein Jahr und zehn Monate aufhielt. Die Beschwerdeführerin reiste sohin über Italien, wo sie am XXXX .2015 einen Asylantrag stellte, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. Ohne auf das Ergebnis ihres Asylverfahrens in Italien zu warten, begab sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 24.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 25.07.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Italien. Aufgrund von Verfristung trat die Zuständigkeit Italiens zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerdeführerin ein, was der italienischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 21.08.2017 mitgeteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Italiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da die Beschwerdeführerin flüchtig ist.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Fall einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin seit dem 23.11.2017 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügt.

1.2. Zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien:

Zum italienischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 16 bis 34 Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017).

[...]

b). Dublin-Rückkehrer:

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

c). Non-Refoulement:

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).

Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).

d). Unterbringung:

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

[...]

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

[...]

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Italien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zu ihrer Ausreise aus Nigeria bzw. zu ihrem weiteren Reiseweg sowie zu ihrer illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Italien samt Aufenthaltsdauer in Italien und zu ihrer unrechtmäßigen Weiterreise in das österreichische Bundesgebiet sowie zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt. Dass die Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig war, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung, im Zuge derer sie zu ihren persönlichen Daten angegeben hat, am XXXX geboren (vgl. AS 1) und sohin volljährig zu sein. In der Einvernahme vor dem Bundesamt am 12.09.2017 gab sie zunächst an, dass sie bis dato im Verfahren zu ihrer Person die Wahrheit gesagt habe. Die Beschwerdeführerin habe keine identitätsbezeugenden Dokumente, die sie dem Bundesamt vorlegen könne (vgl. AS 125). Widersprüchlich hierzu brachte sie am Ende dieser Einvernahme erstmals vor, im Jahr 1999 geboren zu sein. Ein Originaldokument könne sie nicht vorlegen (vgl. AS 128). Ca. drei Wochen später - am 05.10.2017 - langte beim Bundesamt via E-Mail die Kopie eines undatierten und handschriftlich ausgefüllten "Birth Certificate" ein, in welchem das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin mit XXXX angeführt wurde (vgl. AS 137). Wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, ist die vorgelegte E-Mail Kopie kein taugliches Beweismittel. Abgesehen davon, dass diese E-Mail Kopie keiner Echtheitsüberprüfung unterzogen werden kann, widerspricht die Vorlage dieser "Geburtsurkunde" dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin. Vor dem Hintergrund der Angaben der Beschwerdeführerin, sie sei am XXXX geboren und habe keine identitätsbezeugenden Dokumente, kann das drei Wochen nach der Einvernahme plötzlich vorgelegte "Birth Certificate" den Nachweis des Geburtsdatums XXXX (und sohin einer zum Antragszeitpunkt vorgelegen habende Minderjährigkeit) nicht glaubhaft machen.

Dass die Beschwerdeführerin am XXXX .2015 in Italien einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem diesbezüglichen Eurodac-Treffer und wurde darüber hinaus auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin gab in der Einvernahme vor dem Bundesamt von sich aus an, dass sie in Italien einen Asylantrag gestellt habe (vgl. AS 126). Dass sich die Beschwerdeführerin ohne auf das Ergebnis ihres Asylverfahrens in Italien zu warten, nach Österreich begeben hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass Italien dem auf lit. b des Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO gestützten Wiederaufnahmegesuch nicht widersprochen hat. Darauf, dass die Zuständigkeit Italiens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise und wurde ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet.

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zum Übergang der Zuständigkeit an Italien aufgrund Verfristung sowie zur diesbezüglichen Mitteilung durch das Bundesamt ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Dass sich die Überstellungsfrist aufgrund "Untertauchens" der Beschwerdeführerin auf 18 Monate verlängert hat, ergibt sich aus einer E-Mail des Bundesamtes an das Bundesverwaltungsgericht vom 28.08.2018 und gründet darüber hinaus auf dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin seit dem 23.11.2017 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügt.

Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien entgegenstehen könnten, ergibt sich ebenso wie die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab die Beschwerdeführerin dezidiert an, an keinen Krankheiten zu leiden (vgl. AS 5 bzw. AS 125) und keine familiären Beziehungen in Österreich zu haben (vgl. AS 3 bzw. AS 126).

Dass die Beschwerdeführerin seit dem 23.11.2017 über keine aufrechte Meldung in Österreich mehr verfügt, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 28.08.2018.

2.2. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Italien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Italien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab sie zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass sie in Österreich bleiben wolle, wenn ihr Österreich helfe. Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes lässt sich diesem Vorbringen jedenfalls nicht entnehmen. Auch in der Beschwerde wurde den Länderberichten des Bundesamtes nicht entgegengetreten, insbesondere wurden keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt. Zusammengefasst kann jedenfalls gesagt werden, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid durchaus ein differenziertes Bild von der Situation in Italien zeichnen und ebenso auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug nehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 25 Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich. In jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]

(1) [...]

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) [...]

(4) [...]

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, "Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem", K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12).

Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da die Beschwerdeführerin aus der Libyen - einem Drittstaat - kommend, die (See)grenze von Italien illegal überschritten hat. Für die Zuständigkeit eines anderen Staates als Italien gibt es keine Hinweise. Darüber hinaus wurde die Zuständigkeit Italiens von der Beschwerdeführerin weder vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren bestritten. Die Verpflichtung Italiens zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin basiert, nachdem diese während der Prüfung ihres Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO.

Betreffend die Verlängerung der Überstellungsfrist ist im gegenständlichen Fall anzumerken, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, da die Beschwerdeführerin (innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist) "untergetaucht" im Sinne von für die Behörden nicht greifbar und sohin "flüchtig" ist und sich aufgrund dessen die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert hat (vgl. hierzu "Filzwieser/Sprung: Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem", Stand: 01.02.2014, K12 zu Art. 29 Dublin III-VO, wonach eine Verlängerung bis zur Maximalfrist erfolgen kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger einmal flüchtig ist und zwar auch dann, wenn er wieder betreten wird).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob die Beschwerdeführerin im Fall der Zurückweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung nach Italien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949, wie folgt ausgesprochen: "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten. An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Bundesrepublik Deutschland gegen Kaveh Puid zu verweisen.

3.2.4.2. Betreffend ihren ca. ein Jahr und zehn Monate dauernden Aufenthalt in Italien brachte die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung im Wesentlichen vor, dass es in Italien nicht "gut" gewesen sei. "Die Leute" seien schlecht behandelt worden und "man" habe sich nicht um die Beschwerdeführerin gekümmert. Sie habe lange auf ihr Interview gewartet, aber es sei nichts passiert. Auch wisse sie nicht, ob sie auf dem "Platz" wohnen könne, wo sie früher gewesen sei. In ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 12.09.2017 ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sie in Italien in einem Lager in XXXX untergebracht und versorgt worden sei. Das Lager in XXXX habe sie freiwillig verlassen und habe in der Folge einen Monat bei der Schwester einer Freundin in XXXX gewohnt. Danach sei sie ein Jahr und sechs Monate in XXXX gewesen, wo sie mit Freundinnen zusammengelebt habe. Aus diesem Vorbringen ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführerin in Italien eine

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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