TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/11 W202 2100275-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.2018
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Entscheidungsdatum

11.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §56 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W202 2100293-2/5E

W202 2100275-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerden 1) des XXXX, geb. XXXX, sowie 2) der XXXX, geb.XXXX, beide StA.: Indien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. 13-821199705/170971909 sowie vom 14.03.2018, Zl. 13-821199803/170079348, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. gem. §§ 10 Abs. 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 3 und 9 sowie 55 Abs. 1-3 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt V. der bekämpften Bescheide wird jeweils stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer, indische Staatsangehörige, reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 04.09.2012 Anträge auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führten die Beschwerdeführer aus, dass sie als Anhänger der Kongresspartei von den Anhängern der Akali Partei bedroht worden seien.

Am 20.09.2012 wurden die Beschwerdeführer seitens des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen, wobei der Erstbeschwerdeführer u.a. zu Protokoll gab, dass er zuletzt mit seiner Ehegattin, der Zweitbeschwerdeführerin, seinen Kindern und seinen Eltern im eigenen Haus in XXXX gewohnt habe. Im Heimatland würden neben seinen Eltern und Kindern auch zahlreiche sonstige Verwandte leben. In Österreich lebe er von der Grundversorgung. Er habe im Bundesgebiet weder Verwandte noch habe er sonst einen Bezug zu Österreich. Er spreche nicht Deutsch. Er besuche keine Kurse und auch keine Schule in Österreich. In Indien habe er zehn Jahre lang die Schule besucht und von 1997 bis Juli 2012 gearbeitet.

Im Rahmen der Einvernahme von dem Bundesasylamt am selben Tag gab die Zweitbeschwerdeführerin u.a. zu Protokoll, dass sie in Indien geboren worden sei und dort gemeinsam mit ihren Eltern und ihren drei Brüdern bis zu ihrer Eheschließung im Jahr 2000 gelebt habe. Dann sei sie zu ihrem Ehegatten, dem Erstbeschwerdeführer, nach XXXX gezogen und hätte dort mit ihm und den Schwiegereltern in einem Haus gelebt. Im Herkunftsstaat würden ihre Mutter, drei Brüder, ihre drei Kinder sowie drei Onkel mütterlicherseits leben. Sie habe weder Verwandte in Österreich noch habe sie sonst einen Bezug zu Österreich. Sie spreche nicht Deutsch und besuche auch keine Kurse.

Zum Fluchtgrund brachten die Beschwerdeführer in den jeweiligen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt vor, dass sie von den Anhängern der Akali Partei bedroht bzw. verletzt worden seien.

Mit Bescheiden vom 20.09.2012 wies das Bundesasylamt die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung der Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) ab und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III.).

Die dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Erkenntnissen vom 31.07.2014, Zlen. W175 1429719-1/14E und W175 1429720-1/17E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet ab und die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) zurück. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Beschwerdeführer keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende an asylrelevante Merkmale iSd Genfer Flüchtlingskonvention anknüpfende Verfolgung in Indien glaubhaft hätten machen können. Auch eine subsidiärschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Hinsichtlich der Zurückverweisung der Prüfung einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Beschwerdeführer keine in Österreich lebenden Verwandten und auch sonst keine familiären Anknüpfungspunkte hätten. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht seien - mit Ausnahme der Ausübung von geringfügig gemeinnützigen Beschäftigungen und der Absolvierung von Deutschkursen - nicht erkennbar, zumal Sprachkenntnisse allein noch nicht ausreichen würden, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können. Da sich im gegenständlichen Fall nicht ergeben habe, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, sei das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

Mit Schreiben vom 10.11.2014 gewährte das Bundesamt den Beschwerdeführern Parteiengehör zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung und forderte sie auf, binnen einer Frist von zwei Wochen zu einem Fragenkatalog eine Stellungnahme abzugeben.

Am 03.12.2014 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine diesbezügliche Stellungnahme der bevollmächtigten Vertreterin der Beschwerdeführer ein. Darin führte sie aus, dass die Beschwerdeführer "in der Absicht, den Antrag auf Verleihung österreichischen Asyls zu stellen, diesbezüglich also gerechtfertigt" in das Bundesgebiet eingereist seien. Die Beschwerdeführer hielten sich durchgehend im Bundesgebiet auf, hätten das vorläufige Aufenthaltsrecht und die Asylkarte "weiß" erhalten. Die Beschwerdeführer seien verheiratet und würden zusammenleben. Ihre gemeinsamen drei Kinder würden noch nicht in Österreich leben, sondern bei der Großmutter darauf warten, nach Österreich nachziehen zu können. In Österreich würden mehrere nahe Verwandte, Cousins und Cousinen, leben. Ein Freundeskreis der Beschwerdeführer habe sich im Flüchtlingsheim XXXX mit allen dort Anwesenden aufbauen lassen. Da die Flüchtlingsunterbringung nicht in der Nähe einer größeren Stadt erfolgt sei, werde die Integration etwas erschwert, jedoch seien alle im Flüchtlingsheim XXXX lebenden Personen inzwischen mit den Beschwerdeführern befreundet. Als besondere Bindung an Österreich ergebe sich der Umstand, dass innerhalb der Familie der Beschwerdeführer international bekannt sei, dass Österreich seine Flüchtlinge anständig behandle. Daher habe es durch die Beschwerdeführer von vorherein zu Österreich eine besondere Nahebeziehung gegeben, die bisher auch noch nie negativ von Seiten der österreichischen Bevölkerung beantwortet worden sei. Im Gegenteil, da der Erstbeschwerdeführer eine schwere Gehörerkrankung habe, sei er in Bezug auf seine Erkrankung mit Österreichern in Kontakt getreten und habe ausschließlich sehr positive Erfahrungen gemacht. Auch dort, wo die Beschwerdeführer freiwillig Sozialdienste verrichten würden, liebe man sie. Die Beschwerdeführer würden Deutsch auf dem Niveau A2 sprechen und jeden Dienstag und Donnerstag im Flüchtlingsheim den Deutschkurs besuchen. In Österreich seien die Beschwerdeführer bisher angelernte Hilfskräfte für viele Hilfsarbeitertätigkeiten gewesen, die in einer Art Sozialdienst oder Nachbarschaftshilfe freiwillig absolviert worden seien. Den Beschwerdeführern sei es nicht gelungen, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Die Beschwerdeführer erhielten Unterstützung in Form der Grundversorgung und würden im Flüchtlingsheim in XXXX leben. Strafgerichtliche Verurteilungen bzw. Aufenthaltsverbote würden nicht vorliegen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 17.12.2014 wurde den Beschwerdeführern kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise jeweils 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Betreffend das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer sowie den Aufenthalt in Österreich führte das Bundesamt aus, dass die Beschwerdeführer gemeinsam in einem Flüchtlingsheim leben würden. Weitere verwandtschaftliche oder familiäre Bindungen in Österreich hätten nicht festgestellt werden können. Es liege ein im Sinne von Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben in Österreich jeweils im Hinblick auf den Ehepartner vor; diese seien jedoch im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, weshalb die Rückkehrentscheidung diesbezüglich keinen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführer darstelle. Die Beschwerdeführer hielten sich seit September 2012 in Österreich auf. Sie verfügten über keinen gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel für Österreich bzw. für den Schengenraum. Darüber hinaus würden sie auch über keinen weiteren über das Asylverfahren hinausgehenden Aufenthaltsstatus verfügen. Sie würden nach wie vor von der Grundversorgung leben und seien mittellos. Sie würden keiner Arbeit nachgehen und hätten Deutschkurse absolviert. Ihr Aufenthalt sei lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert gewesen. Die Beschwerdeführer hätten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Indien verbracht und seien dort sozialisiert worden. Sie würden die Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau sprechen. Ebenso sei davon auszugehen, dass in Indien Bezugspersonen existieren würden. Es deute nichts darauf hin, dass es ihnen im Falle einer Rückkehr nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren, vor allem weil sie dort noch Familienangehörige hätten. Die Beschwerdeführer würden nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 erfüllen, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe ihr Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen und es komme daher auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht. Angesichts der abweisenden Entscheidung über die Anträge auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung der Beschwerdeführer nach Indien. Im Falle der Beschwerdeführer liege keine Gefahr iSd § 50 Abs. 1 FPG vor und die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer sei auch verneint worden. Weiters existiere keine Empfehlung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte iSd § 50 Abs. 3 FPG. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, weil besondere Umstände, die die Beschwerdeführer bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, nicht gegeben seien.

Gegen diese Bescheide erhob die bevollmächtigte Vertreterin der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.01.2015 fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass durch die gegenüber den Beschwerdeführern ausgesprochene Rückkehrentscheidung der Behörde ein Ermessensfehler begangen worden sei, weil gesetzliche Ermessenskriterien, die gegen die Verhängung einer Rückkehrentscheidung sprechen würden, überhaupt nicht berücksichtigt worden seien. So wäre konkret auf die Umstände der familiären und persönlichen Verhältnisse im Einzelfall einzugehen gewesen. Die Beschwerdeführer hätten Verwandte in Österreich, die bereits die EU-Freizügigkeitsbestimmungen genießen würden. Außerdem würden die Beschwerdeführer als Ehepaar zusammenleben und deren gemeinsame Kinder könnten Österreich im Hinblick auf den ho. Kindermangel helfen.

Die Beschwerdeführer würden sich nicht in einem aufrechten Dienstverhältnis befinden, würden jedoch im Fall der Zuerteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sofort einer Arbeit nachgehen können, dies im sozialen Bereich, der in Tirol ohnehin unterrepräsentiert sei. Die belangte Behörde übersehe, dass gerade das "unfaire österreichische Integrationsrecht" den Beschwerdeführern wenige Möglichkeiten zur Entfaltung und Vertiefung der Integration biete. Nicht einmal die Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer die Deutschprüfung mit Niveau A2 bestanden habe, werde als positiv angemerkt. Der Erstbeschwerdeführer habe sich bemüht, sein Bildungsniveau noch in Indien zu steigern, um als höher qualifiziert im Einwanderungsland zu gelten, weshalb die Prüfungsurkunden seiner Elektronikausbildung beigelegt würden. Auch die Zweitbeschwerdeführerin habe sich nachweislich redlich bemüht, Deutschkenntnisse zu erwerben. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher die belangte Behörde erkennen müssen, dass keine öffentlichen Interessen dem Weiterverbleib der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet entgegenstünden. Die Beschwerdeführer hätten außer den gemeinsamen drei Kindern keinerlei für sie relevante Verwandte in Indien. Die Beschwerdeführer würden alle Voraussetzungen erfüllen, die für eine Aufnahme im Bundesgebiet aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen sprechen würden. Nicht unbeachtet solle die schwere Ohrenerkrankung des Erstbeschwerdeführers bleiben, die aktenkundig sei. Nur in Österreich werde er die nötige ärztliche Versorgung erfahren können. Beantragt werde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Schreiben vom 10.02.2016 übermittelte die rechtsfreundliche Vertreterin der Beschwerdeführer diverse Unterstützungserklärungen hinsichtlich der Beschwerdeführer.

Am 12.02.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführer und ihre rechtsfreundliche Vertretung teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er in Indien geboren worden sei und dort zehn Jahre die Schule besucht habe. Danach sei er ein Jahr am College gewesen. Von 1997 bis 2011 habe er in einem Büro für Düngemittel gearbeitet und habe damit den Lebensunterhalt der Familie finanzieren können. Er habe in Indien gemeinsam mit seiner Ehegattin, seinen drei Kindern und seinen Eltern im Elternhaus gelebt. Kurz vor der Ausreise im Jahr 2012 habe er dieses Haus verkauft. Im Heimatland würden seine Mutter und seine drei Kinder bei seiner Schwiegermutter in deren Haus wohnen. Sein Schwiegervater sei bereits kurz vor der Ausreise, sein Vater im Jahr 2014 verstorben. Seine Mutter und seine Schwiegermutter würden in Indien als Putzfrauen arbeiten und könnten somit den Lebensunterhalt verdienen. Seine Schwester lebe in XXXX und werde von ihren Schwiegereltern unterstützt. Diese hätten ein kleines Restaurant. Seine Kinder würden in Indien von einem Privatlehrer unterrichtet. Diesen gehe es nicht gut, zumal sie die Eltern vermissen würden. Er habe einmal in der Woche telefonischen Kontakt mit seiner Familie in Indien. Er habe seine Kinder nicht mitgenommen, weil sie damals nicht genug Geld gehabt hätten; außerdem hätten sie sehr schnell die Flucht ergreifen müssen. In Indien würden auch Onkeln und Tanten leben, diese würden ihnen aber nicht helfen. Er sei seit November 2000 mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Es gehe ihm gesundheitlich gut; er müsse sich aber am 17.02.2016 einer weiteren Operation am Ohr unterziehen. Er habe einen Knoten hinter dem Ohr und dieser müsse am 17.02.2016 im Krankenhaus ambulant herausoperiert werden. Er lebe in Österreich mit seiner Ehegattin, der Zweitbeschwerdeführerin, in einem Flüchtlingsheim und werde vom österreichischen Staat unterstützt. Sie hätten keine Verwandten in Österreich. Er habe aber Freunde in Österreich; diese Leute würde er von seiner Arbeit kennen. Seit Mai 2015 arbeite er in einer Volksschule; er putze dort vier Stunden am Tag. Dafür bekomme er € 60,- die Woche. Er habe in Österreich Deutschkurse besucht und bereits den A2 Deutschkurs absolviert und wolle diesbezüglich auch sein Diplom vorlegen. Er habe in Österreich keine strafbare Handlung begangen, auch sei er in Österreich niemals Zeuge oder Opfer von Menschenhandel bzw. Opfer von Gewalt gewesen. Auf die Frage, ob er sonstige besondere Bindungen zu Österreich habe, führte der Erstbeschwerdeführer aus:

"Ich mag Österreicher und Österreich. Die Kultur und das Land sind sehr gut. Für meine drei Operationen musste ich kein Geld zahlen."

Weiters hätten seine Ehegattin und er gemeinnützige Arbeiten bei verschiedenen Festen in der Kirche verrichtet; sie hätten dort geputzt und gekocht und dafür kein Geld bekommen. Der Chef seiner Ehegattin habe zu dieser gesagt, dass sie weiterhin im Altersheim arbeiten könne; eine schriftliche Einstellungszusage hätten sie jedoch nicht. Schlussendlich gab der Beschwerdeführer noch an, dass er seine Kinder nach Österreich holen wolle.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, dass sie in Indien zehn Jahre die Schule besucht habe. Sie habe drei Brüder; ihr Vater sei bereits verstorben. Sie habe in Indien nicht gearbeitet. Ihre drei Kinder und ihre Schwiegermutter würden bei ihrer Mutter im Haus leben. Ihre Mutter und ihre Schwiegermutter würden den Lebensunterhalt durch Putzdienste finanzieren. Sie habe auch noch drei Onkel mütterlicherseits in Indien. Bis zum Verlassen des Heimatlandes habe sie mit ihrem Ehegatten und den Kindern bei ihren Schwiegereltern gelebt. Das Haus hätten sie kurz vor der Ausreise verkauft. Ihre Kinder würden eine private Schule besuchen. Einmal in der Woche habe sie Kontakt zu ihren Kindern bzw. zu ihrer Familie im Heimatland. Ihre Kinder hätten sie nicht mitnehmen können, zumal sie damals für die Ausreise nicht genügend Geld gehabt hätten. Außerhalb ihres Heimatlandes hätte sie keine Familienangehörige. Ihr gehe es gesundheitlich nicht gut. Sie sei in XXXX operiert worden. Sie hätte Kopfschmerzen und hätte auch schon zwei Spritzen in den Rücken bekommen. Sie würde mit ihrem Ehegatten, dem Erstbeschwerdeführer, in Österreich in einer Flüchtlingsunterkunft leben und im Monat €

400,- vom österreichischen Staat bekommen. Die Medikamente würden sie gratis erhalten. Sie habe keine Verwandten in Österreich; sie hätten aber bereits 22 Empfehlungsschreiben vorgelegt. Diese Empfehlungsschreiben hätten Leute, die sie aus der Kirche kennen würden bzw. Personen aus der Schule, wo ihr Mann arbeite, ausgestellt. In der Kirche würden sie auch aushelfen. Sie habe in Österreich bereits einen Deutschkurs besucht und werde nächste Woche ihre A2-Prüfung ablegen. Seit einigen Monaten arbeite sie ab und zu im Haus der Hoffnung für € 3,- pro Stunde; sie putze und wasche dort Teller. Davor habe sie 14 Monate in einem Altersheim gearbeitet. Sie habe 20 Stunden in der Woche gearbeitet und € 3,- pro Stunde bekommen. Diesbezüglich wolle sie eine Bestätigung des Alterswohnheimes XXXX vom 05.02.2014 und vom 31.08.2014 vorlegen. Sie sei in Österreich nicht straffällig geworden; auch sei sie niemals Zeuge oder Opfer von Menschenhandel bzw. Opfer von Gewalt gewesen.

Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnissen vom 18.05.2016, Zlen. W169 2100293-1/10E und W169 2010275-1/9E die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes vom 17.12.2014 gem. §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie §§ 52, 55 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt A) und erklärte die Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

Begründend traf das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges soweit wesentlich zunächst Feststellungen zu Herkunft und Situation der Beschwerdeführer sowie deren Familienangehörigen in Indien. In Österreich hätten die Beschwerdeführer keine Verwandten, sie hätten einen Freundschafts- und Bekanntenkreis. Der Erstbeschwerdeführer leide an einer Talgzyste am rechten Ohr und habe Bandscheibenprobleme, er sei in Österreich bereits dreimal am Ohr operiert worden.

Im Weiteren führte das Bundesverwaltungsgericht feststellend aus, dass der Erstbeschwerdeführer seit Mai 2015 in einer Volksschule vier Stunden täglich Putzdienste verrichte, womit er € 60,-

wöchentlich verdiene. Die Zweitbeschwerdeführerin habe von 18.06.2013 bis 31.08.2014 im Hausdienst eines Altenwohnheims als Hilfskraft im Rahmen der für Asylwerber möglichen gemeinnützigen Beschäftigung gearbeitet. Seit Oktober 2015 würden die Beschwerdeführer in einem Asylwerberheim mithelfen, putzen und Teller waschen; weiters würden sie eine Pfarre beim jährlich stattfindenden Pfarrfest unterstützen.

Die Beschwerdeführer hätten in Österreich Deutschkurse besucht, die der Erstbeschwerdeführer mit einem A2-Zeugnis abgeschlossen habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe noch keine A2-Prüfung abgelegt. Die Beschwerdeführer könnten sich in einfachem Deutsch verständigen, der Erstbeschwerdeführer viel besser.

Die Beschwerdeführer seien unbescholten und in die Grundversorgung einbezogen. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht hervorgekommen.

Rechtlich führte das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften und Judikatur im Wesentlichen aus, weder hätten die Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG 2005 behauptet, noch seien Hinweise auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes hervorgekommen. Nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben iSd § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK darstelle. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs. 1 AsylG 2005 sei daher ebenfalls nicht geboten. Daher sei eine Rückkehrentscheidung gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Indien sei zulässig und die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer betrage in Ermangelung der Behauptung besonderer Umstände durch die Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die Zweitbeschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 09.12.2016 beim Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wo dieser am 13.12.2016 einlangte. Mit Beschluss vom 13.01.2017, Zl. W169 2100275-1/14E leitete das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Zweitbeschwerdeführerin gem. § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das Bundesamt weiter.

In weiterer Folge stellten die Beschwerdeführer am 22.08.2017, eingelangt beim Bundesamt am selben Tag, Erstanträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gem. § 56 Abs. 1 AsylG 2005. (Der Antrag des Erstbeschwerdeführers ist sowohl auf 21.08.2017 als auch auf 22.08.2017 datiert, derjenige der Zeitbeschwerdeführerin auf den 22.08.2017.) Im Zuge der Antragstellung wurde von den Beschwerdeführern jeweils ein Konvolut an Unterlagen, die ihre Integrationsbemühungen hervorstreichen sollen, vorgelegt.

Mit Schreiben vom 24.01.2018 verständigte das Bundesamt die Beschwerdeführer davon, dass die Beschwerdeführer die für Aufenthaltstitel gem. § 56 AsylG 2005 erforderlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllen würden und trug den Beschwerdeführern jeweils auf, binnen einer Frist von vier Wochen folgende Nachweise zu erbringen:

• Nachweis über den, zum Zeitpunkt der Antragsstellung seit mindestens fünf Jahren durchgängigen Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich. Nachweis, dass die Beschwerdeführer zum Antragszeitpunkt davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, rechtmäßig aufhältig waren.

• Nachweise betreffend die Selbsterhaltungsfähigkeit.

• Nachweise über schulische und/oder berufliche Ausbildung im Bundesgebiet.

• Nachweis über den Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft.

• Nachweis einer in Österreich leistungspflichtigen alle Risiken abdeckende Krankenversicherung.

• Nachweis der Unterhaltsmittel, sodass der Aufenthalt der Beschwerdeführer zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt (ohne Sozialhilfen, ohne Mindestsicherung).

­ oder eine mindestens drei Jahre gültige tragfähige Patenschaftserklärung, die von einem österreichischen Notar oder einem inländischen Gericht beglaubigt wurde (die Tragfähigkeit ist durch entsprechende Nachweise zu belegen - bei mehreren Patenschaftserklärungen muss jede tragfähig sein).

• Sämtliche eingebrachten fremdsprachlichen Dokumente sind zusätzlich in deutscher Übersetzung vorzulegen (Übersetzt durch einen gerichtlich beeidigten Dolmetscher).

• Erklärung, warum von den Beschwerdeführern, auf dem gegenständlichen Antrag das Geburtsdatum des Erstbeschwerdeführers mit XXXX und auf dem vorgelegten "Birth Certificate" mit XXXX angegeben wurde und das Geburtsdatum der Zweitbeschwerdeführerin mit

XXXX und auf dem vorgelegten "Birth Certificate" mit XXXX angegeben wurde.

• Vorlage originaler Reisedokumente des Herkunftsstaates, oder einer Bestätigung der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates, dass den Beschwerdeführern auch in Zukunft kein Reisedokument ausgestellt werden kann (mit genauer Begründung).

Mit Schreiben vom 19.02.2018, beide eingelangt beim Bundesamt am 21.02.2018, legte die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführer ein Konvolut an Urkunden vor. Als Beilage ./9 (für den Erstbeschwerdeführer) bzw. Beilage ./13 (für die Zweitbeschwerdeführerin) wurde eine Stellungnahme zum Antrag vom 22.08.2018 angeschlossen. Darin wird betont, dass die Beschwerdeführer außer den jeweiligen Ehepartner keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet hätten. Die Beschwerdeführer würden in einem Flüchtlingsheim zusammenleben und würden gemeinnützige Tätigkeiten für die Gemeinde verrichten und immer noch an Integrationsprojekten Teilnehmen, die von der Stadtgemeinde ihres Aufenthaltes finanziert würden. Laut dem Flüchtlingsheim dürften sie keine gemeinnützigen Tätigkeiten mehr ausführen, weil sie negative Bescheide erhalten hätten. Das sei ihnen von der Heimleitung mitgeteilt worden. Somit könnten sie €

3/h-Jobs nicht mehr verrichten. Sie würden regelmäßig an kostenlosen Sprachangeboten teilnehmen, auch hätten sie bei einem Kochprojekt mitgewirkt. Sie hätten bereits viele Freunde, deren Kontaktdaten dem Anhang zu entnehmen seien.

Sie befänden sich seit 04.09.2012 im Bundesgebiet. Bestätigungen und Zeiten über die von den Beschwerdeführern verrichteten gemeinnützigen Tätigkeiten seien der Beilage zu entnehmen; Bestätigungen über legale Erwerbstätigkeiten könnten nicht in Vorlage gebracht werden, weil es den Beschwerdeführern nur gestattet gewesen sei, gemeinnützige Arbeiten zu verrichten.

Ihre drei Kinder würden mit den Müttern der Beschwerdeführer in Indien leben. Mit ihren wenigen Verwandten hätten die Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr, weil sie sich in schlechten Zeiten nie um die Beschwerdeführer gekümmert hätten.

Die Beschwerdeführer erhielten von der Grundversorgung ein Gesamteinkommen von € 505,-. Über andere Mittel würden sie nicht verfügen, weil sie keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen dürften. Jedoch hätten sie schon verbindliche Arbeitsvorverträge bzw. Einstellungszusagen von einem Restaurant.

Der Erstbeschwerdeführer habe seit er in Österreich sei bereits drei Operationen am Ohr gehabt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe sehr oft Kopfschmerzen und fühle sich sehr oft depressiv. Sie hätte sich diesbezüglich bereits bei einer Frauenberatung gemeldet, die sie nach Innsbruck verwiesen hätte. Der nächste Termin für eine psychologische Betreuung sei erst in acht Monaten sei ihr gesagt worden. Andere Behandlungen könne sie sich nicht leisten.

Die Beschwerdeführer hätten jeweils ein Deutschdiplom, Niveau A2, vorgelegt.

Trotz der negativen Entscheidungen hätten die Beschwerdeführer nicht damit aufgehört, sich in Österreich zu integrieren. Sie würden immer wieder Kontakt mit Einheimischen suchen und sich bei der Integrationsbeauftragten der Gemeinde nach Integrationsmöglichkeiten und Projekten erkundigen. Der Bürgermeister von XXXX habe ebenfalls einen Bericht über die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführer geschrieben, welcher ebenfalls angehängt sei.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen - ua. wurden von Seiten des Bundesamtes zahlreiche namentlich genannte Unterstützer der Beschwerdeführer telefonisch kontaktiert und

befragt - erließ das Bundesamt die im Spruch bezeichneten und nunmehr bekämpften Bescheide, mit denen es die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 56 AsylG 2005 abwies (Spruchpunkt I.), gegen die Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen erließ (Spruchpunkt II.) und gem. § 52 Abs. 9 FPG feststellte, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 1-3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) Darüber hinaus erließ das Bundesamt gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen die Beschwerdeführer auf die Dauer von zwei Jahren befristete Einreiseverbote (Spruchpunkt V.).

In seiner Begründung gab das Bundesamt zunächst den Verfahrensgang wieder.

Sodann traf es die Feststellungen zu den Gesundheitszuständen der Beschwerdeführer, zu ihrem Aufenthalt in Österreich, dazu, dass sie zu keinem Zeitpunkt einer legalen Beschäftigung nachgingen, dass sie Deutsch auf dem Niveau A2 beherrschen würden und an Deutschkursen zum Niveau B1 teilgenommen hätten. Sie würden Leistungen aus der Grundversorgung beziehen und seien Mitglieder des Roten Kreuzes. Sie hätten jeweils einen Arbeitsvorvertrag geschlossen. Außer ihrem jeweiligen Ehepartner hätten sie keine Verwandten im Bundesgebiet, sie würden hier aber über einen Freundes- und Bekanntenkreis verfügen.

In Indien würden die Beschwerdeführer über soziale Anknüpfungspunkte verfügen. Ihre Kinder und die jeweilige Mutter sowie weitere weitschichtige Verwandte seien im Herkunftsland aufhältig. Die Beschwerdeführer seien gesund und arbeitsfähig, wobei in Indien nur der Erstbeschwerdeführer gearbeitet und für den Unterhalt der Familie gesorgt habe. Die Beschwerdeführer seien in Indien geboren und sozialisiert worden und seien nach ihrem knapp fünfjährigen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet auch nicht komplett von ihrem Herkunftsland entwurzelt. Es könne festgestellt werden, dass sie im Falle einer Rückkehr nicht in eine wirtschaftliche oder medizinische Notlage geraten würden.

Es stünde fest, dass die Beschwerdeführer in Indien nicht verfolgt oder mit dem Tod bedroht würden, sie würden auch nicht in eine ausweglose Lage geraten.

Es stünde fest, dass gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen bestünden. Es stehe fest, dass sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen seien und sich illegal in Österreich aufhielten. Es stünde fest, dass sie in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig seien.

Beweiswürdigend verwies das Bundesamt hinsichtlich Identität, Volksgruppenzugehörigkeit, Sprachkenntnisse, Gesundheitszustand, Ausbildung und Ehe auf die hg. Erkenntnisse vom 18.05.2016, Zlen. W169 2100293-1/10E und W169 2010275-1/9E, auf im Verfahren vorgelegte Urkunden und die Aktenlage im Allgemeinen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt im Bundesgebiet legalen Beschäftigungen nachgegangen seien, würde sich aus den Angaben in den Stellungnahmen und aus den Versicherungsdatenauszügen ergeben. Hinsichtlich der gemeinnützigen Tätigkeiten und der Sprachkenntnisse verwies das Bundesamt auf im Verfahren vorgelegte Urkunden. Besondere Bemühungen, in Österreich legalen Tätigkeiten nachzugehen, ließen sich aus diesem Verhalten nicht ableiten. Auch hinsichtlich der Unterkunft, Krankenversicherung und der Bestreitung des Lebensunterhalts stützte sich das Bundesamt auf die vorgelegten Unterlagen.

Da die Beschwerdeführer die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen (Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft und einen solchen über ausreichende Unterhaltsmittel) nicht erfüllen würden, hätten die Beschwerdeführer eine am 14.02.2018 ausgestellte Patenschaftserklärung vorgelegt. Diese erfülle nicht "den Tatbestand der Tragfähigkeit", weil der Pate seine die Leistungsfähigkeit bezeichnenden Mittel nicht angegeben habe und keine entsprechenden Nachweise beigelegt habe. Da die Beschwerdeführer die Grundvoraussetzung für die Erteilung von Aufenthaltstiteln gem. § 56 AsylG 2005 nicht erfüllen würden, hätte das Bundesamt von weiteren Ermittlungen zur Patenschaftserklärung abgesehen. Weiters sei der Partner in Wien aufhältig und es sei dem Bundesamt die Motivation der Abgabe der Patenschaftserklärung und das Verhältnis der Beschwerdeführer zu dieser Person nicht nachvollziehbar.

Die Feststellung zum Arbeitsvorvertrag ergebe sich aus dessen Vorlage und dieser sei dem Bundesamt telefonisch bestätigt worden. Da in dem Vertrag gefordert würde, dass die Beschwerdeführer in Österreich arbeiten dürften, komme auch diesem Vertrag durch den illegalen Aufenthalt der Beschwerdeführer keine maßgebende Bedeutung zu.

Die Feststellungen dazu, dass die Beschwerdeführer außer ihrem jeweiligen Ehepartner im Bundesgebiet keine Familienangehörigen hätten, gründe sich auf die Angaben der Beschwerdeführer im Verfahren. Die Feststellung zum Bekanntenkreis gründe sich auf der Vorlage einer Liste von Kontaktpersonen von elf Personen, von denen auch vier Personen Unterstützungsschreiben vorgelegt hätten. Sie hätten auch weitere Unterstützungsschreiben vorgelegt, zu deren Aussagekraft sich der Beweiswürdigung relativierende Überlegungen entnehmen lassen. Sodann werden die Inhalte der Telefongespräche der kontaktierten Personen aus der Kontaktliste wiedergegeben.

Rechtlich führte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. soweit wesentlich aus, im Falle der Beschwerdeführer sei die Grundvoraussetzung des mindestens fünfjährigen durchgängigen Aufenthalts (gemeint: im Zeitpunkt der Antragstellung) nicht erfüllt. Da kein schützenswertes Familienleben in Österreich festgestellt worden sei und auch keine überragende Integration vorliege, sei eine weitere materiell rechtliche Prüfung nicht erforderlich. Die Prüfung des Sachverhaltes habe auch ergeben, dass die Beschwerdeführer auch nicht die gegebenenfalls erforderlichen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllen würden. Sie würden über keine ortsübliche Unterkunft verfügen und könnten keinen Nachweis über ausreichende Unterhaltsmittel erbringen. Die vorgelegte Patenschaftserklärung sei insofern nicht tragfähig, als die Mittel zur Bezeichnung der Leistungsfähigkeit nicht angeführt worden und demzufolge auch keine Nachweise der Mittel vorgelegt worden seien. Es obliege den Beschwerdeführern, die Tragfähigkeit einer Patenschaftserklärung nachzuweisen, was sie nicht gemacht hätten.

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt aus, im Falle der Beschwerdeführer bestünde kein schützenswertes Familienleben in Österreich, sodass auch kein diesbezüglicher Eingriff vorliege. Im Falle der Beschwerdeführer sei naturgemäß durch die Dauer ihres Aufenthalts in Österreich ein Privatleben entstanden. Sie würden sich seit ihrem Antrag auf internationalen Schutz seit 04.09.2016 im Bundesgebiet auf, seit dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren am 20.05.2016 würden sie sich illegal in Österreich aufhalten. Sie wären während der gesamten Zeit ihres Aufenthaltes auf Sozialleistungen des österreichischen Staates angewiesen gewesen. Ihre Unterkunft, ihre Verpflegung und ihre Krankenversicherung sei aus Mitteln der Grundversorgung bestritten worden. Sie seien zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthaltes legal beschäftigt gewesen. Gemeinnützig seien sie beschäftigt gewesen und die Bereitschaft, die deutsche Sprache zu lernen, sei zweifelsohne gegeben. Sie hätten Kontakte zu in Österreich lebenden Personen geknüpft und würden daher über einen Bekanntenkreis in Österreich verfügen. Das Bundesamt führte eine Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK durch und kam insbesondere mit der Begründung, der VwGH räume dem Gewicht einer Integration aufgrund eines langjährigen Aufenthaltes, der lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen sei, einen geminderten Stellenwert ein, zu dem Ergebnis, dass gegen die Beschwerdeführer die Erlassung von Rückkehrentscheidungen geboten sei.

Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt aus, da eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG nicht vorliege, sei im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1-4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Indien zulässig.

Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer 14 Tage ab Rechtskraft der Bescheide betrage, weil in ihrem Fall keine Gründe für eine längere Frist hätten festgestellt werden hätten können.

Zu Spruchpunkt V. führte das Bundesamt rechtlich aus, im Falle der Beschwerdeführer sei § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt. Sie seien in Österreich nicht legal beschäftigt und hätten bis dato auch keine Bestrebungen gezeigt, das zu ändern. Sie hätten zwar Arbeitsvorverträge vorgelegt, über deren Wertigkeit angesichts des illegalen Aufenthalts der Beschwerdeführer bereits abgesprochen worden sei. Da die Beschwerdeführer in Österreich illegal aufhältig seien, bestehe zudem eine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführer in die Schattenwirtschaft auswichen, was negative Auswirkungen auf das österreichische wirtschaftliche Wohl hätte. Die vorgelegte Patenschaftserklärung sei "nicht tragfähig", weil der Pate die Mittel der Leistungsfähigkeit in der Erklärung nicht bezeichnet und auch keine entsprechenden Nachweise vorgelegt hätte. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer auch in Zukunft auf Sozialleistungen des Staates angewiesen seien.

Die Erfüllung eines Tatbestandes des § 53 Abs. 2 FPG indiziere eine Gefährdung für die Öffentlichkeit. Nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK führte das Bundesamt aus, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die von den Beschwerdeführern ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.04.2018 zwei gesondert verfasste, aber inhaltsgleiche Beschwerden. Nach einer kurzen Wiedergabe des Sachverhaltes führt die Beschwerde soweit wesentlich aus, die Beschwerdeführer seien seit der Antragstellung im Jahr 2012 im Bundesgebiet aufhältig. Mit näherer Begründung wird auf das hohe Maß an Integrationswillen hingewiesen, das die Beschwerdeführer bewiesen hätten. Die Beschwerdeführer würden über Freunde und Bekannte verfügen. Die Beschwerdeführer würden ein schützenswertes Privatleben iSd Art. 8 EMRK führen, ihre Mitgliedschaften beim Roten Kreuz und ihre ehrenamtlichen Arbeiten würden von einer hohen Bereitschaft sprechen, sich in die Gesellschaft einzuordnen. Aufgrund der vielfältigen Beschäftigungen der Beschwerdeführer sei davon auszugehen, dass sie bald selbsterhaltungsfähig wären und so Aufenthaltstitel bekämen. Das Bundesamt weise den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit der Begründung ab, dass der fünfjährige Aufenthalt nicht gegeben sei, dies sei "er aber seit 2012".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehören der Volksgruppe der Punjabi an, sind seit November 2000 verheiratet und haben drei Kinder. Ihre Identitäten stehen fest. Sie beherrschen die Sprache Punjabi gut in Wort und Schrift. Die Beschwerdeführer besuchten im Heimatland jeweils zehn Jahre die Grundschule. Der Erstbeschwerdeführer besuchte zudem ein Jahr ein College. Er arbeitete fünf Jahre in einem Büro für Düngemittel und konnte damit den Lebensunterhalt der Familie finanzieren. Die Zweitbeschwerdeführerin ging in Indien keiner Arbeit nach. Die Beschwerdeführer lebten vor der Ausreise aus Indien mit ihren drei Kindern und den Eltern des Erstbeschwerdeführers in deren Haus. Dieses Haus wurde kurz vor der Ausreise verkauft. Im Heimatland leben zurzeit die drei Kinder der Beschwerdeführer mit der Mutter des Erstbeschwerdeführers im Haus der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Die Mütter der Beschwerdeführer arbeiten in Indien als Putzfrauen und können somit den Lebensunterhalt verdienen. Die drei Kinder der Beschwerdeführer gehen in Indien in eine private Schule bzw. werden von einem Privatlehrer unterrichtet. Die Väter der Beschwerdeführer sind bereits verstorben. Im Heimatland leben weiters eine Schwester des Erstbeschwerdeführers, drei Brüder der Zweitbeschwerdeführerin sowie Onkel und Tanten.

Die Beschwerdeführer haben einmal wöchentlich telefonischen Kontakt zu ihren Kindern bzw. zu ihrer Familie im Heimatland. Den Kindern der Beschwerdeführer geht es nicht gut, zumal sie ihre Eltern vermissen.

Die Beschwerdeführer haben abgesehen vom jeweiligen Ehepartner keine Verwandte in Österreich. Sie sind Mitglieder beim Roten Kreuz. Sie haben zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten durchgeführt. Sie verfügen in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Die Beschwerdeführer haben jeweils einen Arbeitsvorvertrag mit einem Restaurant.

Im September 2012 verließen die Beschwerdeführer auf dem Luftweg ihr Heimatland, reisten illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 04.09.2012 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführer befanden sich seit ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz am 04.09.2012 lediglich aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet, derzeit ist der Aufenthalt unrechtmäßig. Die Beschwerdeführer sind in die Grundversorgung einbezogen. Die Beschwerdeführer haben jeweils eine Patenschaftserklärung vorgelegt.

Die Beschwerdeführer sind im Wesentlichen gesund. Der Erstbeschwerdeführer leidet seit Jahren an einer Talgzyste am rechten Ohr bzw. hatte Probleme mit der Bandscheibe und wurde diesbezüglich bereits in Indien behandelt. In Österreich wurde er bereits dreimal am Ohr operiert; zuletzt am 17.02.2016 (ihm wurde ambulant im Krankenhaus XXXX eine Talgzyste entfernt).

Die Beschwerdeführer besuchten in Österreich Deutschkurse, sie haben jeweils Deutschdiplome bis zum Niveau A2 erlangt.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund des Vorliegens unbedenklicher nationaler Identitätsdokumente (indische Heiratsurkunde und Geburtsurkunde) steht die Identität der Beschwerdeführer fest. Die Feststellungen über die Lebenssituation der Beschwerdeführer und ihrer Familienangehörigen im Herkunftsstaat und in Österreich beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens und den hg. Erkenntnissen vom 18.05.2016.

Die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus den aktenkundigen Zeugnissen der Beschwerdeführer und den hg. Erkenntnissen vom 18.05.2016.

Dass die Beschwerdeführer gemeinnützige Tätigkeiten verrichten ergibt sich aus den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen im verwaltungsbehördlichen Verfahren. Die Patenschaftserklärungen wurden im Verwaltungsverfahren vorgelegt.

Dass die Beschwerdeführer über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich verfügen, ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten Unterstützungsschreiben. Dass die Beschwerdeführer keine Verwandten in Österreich haben, ergibt sich aus ihren Angaben im Verfahren.

Dass die Beschwerdeführer einmal wöchentlich Kontakt zu ihren Kindern bzw. zu ihrer Familie im Heimatland haben, ergibt sich aus den hg. Erkenntnissen vom 18.05.2016.

Die gesundheitlichen Probleme des Erstbeschwerdeführers, die schon in Indien bestanden haben, ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen des Verfahrens und den diesbezüglich vorgelegten medizinischen Unterlagen. Dass dem Erstbeschwerdeführer am 17.02.2016 im Krankenhaus XXXX eine Talgzyste am rechten Ohr ambulant entfernt wurde, ergibt sich aus den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen.

Zweifel an der grundsätzlichen Gesundheit der Zweitbeschwerdeführerin bestehen nicht, zumal die aktuellsten medizinischen Unterlagen, die hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegt wurden, aus dem Jahr 2013 stammen.

Dass die Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind, ergibt sich aus der Einsichtnahme in den Strafregisterauszug vom 05.09.2018, die Feststellungen zur Einbeziehung in die Grundversorgung in den Auszügen aus dem Grundversorgungsinformationssystem vom selben Tage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt A I. dieses Erkenntnisses:

Zu Spruchpunkt I. der bekämpften Bescheide:

Der mit der Überschrift "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" versehene § 56 AsylG 2005 lautet:

"§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."

Das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln regelt § 58 AsylG 2005 wie folgt:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."

Gemäß § 60 Abs. 1 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einen Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

Gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel gemäß § 56 leg. cit. einen Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Gemäß § 60 Abs. 3 AsylG 2005 dürfen einem Drittstaatsangehörigen Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 AsylG 2005 dessen Aufenthalt die öffentliche Or

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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