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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1002;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der R Gesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller, Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 30. August 1999, RV-103.97/1-8/1997, betreffend u.a. Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. Dr. E ist ihr einziger Gesellschafter und auch ihr Geschäftsführer.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers der Jahre 1994 und 1995 Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt:
Wesentliche Bedeutung komme dem Fehlen von Unternehmerrisiko beim Geschäftsführer Dr. E zu. Dieser erhalte ein fixes Jahreshonorar von 960.000 S, welches nach dem Verbraucherpreisindex wertgesichert sei. Im Falle außerordentlicher Leistungen und entsprechender Geschäftserfolge könne er nachträglich ein entsprechendes Sonderhonorar in Rechnung stellen, worin ein bei Dienstverhältnissen üblicher Leistungsanreiz zu erblicken sei. Grundsätzlich sei der Jahresbezug erfolgsunabhängig. Dem Berufungsvorbringen, wonach sich das Unternehmerrisiko aus dem Verlust der Vermögenseinlage bei der Beschwerdeführerin und dem Tragen von Betriebsausgaben ergebe, werde entgegengehalten, dass das Risiko des Vermögensverlustes ein solches des Gesellschafters sei und konkrete Betriebsausgaben des Geschäftsführers nicht aufgezeigt worden seien. Der in der Berufung genannte Betrag von 115.200 S sei der in § 17 EStG 1988 vorgesehene Betriebsausgaben-Durchschnittssatz von 12%. Im Übrigen sei dem Geschäftsführer - zusätzlich zum laufenden Entgelt - eine Pensionszusage erteilt worden.
Die Beschwerdeführerin habe auch vorgebracht, dass Dr. E sich jederzeit vertreten lassen könne, dass er Hilfskräfte heranziehen könne und dies auch praktiziere, indem er "Kostenstellenverantwortliche" heranziehe. Die Möglichkeit der Arbeitsgestaltung sei Ausfluss der Stellung als wesentlich Beteiligter und bei leitenden Angestellten nicht außergewöhnlich. Nach § 2 des - auf unbestimmte Zeit geschlossenen - Geschäftsführervertrages müsse Dr. E seine berufliche Tätigkeit der Gesellschaft widmen, woraus auf das Schulden von Arbeitskraft zu schließen sei. Dass Dr. E im öffentlichen Bereich noch andere Tätigkeiten ausübe, könne als bekannt vorausgesetzt werden. Auch die Eingliederung von Dr. E in den Betrieb der Beschwerdeführerin könne nicht bestritten werden. Wenn er auch durch Einbindung von Erfüllungsgehilfen die Arbeitsumstände so gestaltet habe, dass er seinen umfangreichen anderen beruflichen Tätigkeiten nachkommen könne, wäre er dennoch nicht in der Lage, ohne eine gewisse Bindung an die zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten seinen Leitungs- und Überwachungsmaßnahmen nachzugehen. Es lägen daher Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vor.
Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die Beschwerdeführerin für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers Dr. E Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu entrichten hat, weil diese Bezüge zu Einkünften iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 führen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 57 Abs. 4 und 5 HKG idF BGBl. 958/1993 bzw. § 57 Abs. 7 und 8 HKG idF BGBl. 661/1994.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 und aus dem Zusammenhang mit der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988, dass der Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in § 22 Z. 2 das Verständnis beizulegen ist, dass es auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der Gesellschaft nicht gegeben ist, im Übrigen aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist die auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit hinzuzudenken und dann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen. Dem Vorliegen bzw. dem Fehlen des Unternehmerwagnisses kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 1999, 99/14/0136).
Im gegenständlichen Fall kommt dem Geschäftsführer Dr. E nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid kein Unternehmerwagnis zu. Hiezu wird in der Beschwerde vorgebracht, § 4 des Geschäftsführervertrages regle den fixen Bezug, während § 5 des Vertrages einen erfolgsabhängigen Teil vorsehe. Demnach behalte sich der Geschäftsführer das Recht vor, im Falle außerordentlicher Leistungen und darauf zurückzuführender besonders günstiger Geschäftserfolge ein angemessenes "Subhonorar" in Rechnung zu stellen. Die Festlegung dieses erfolgsabhängigen Bezugsteiles erfolge in Form eines Umlaufbeschlusses nach Vorliegen des Jahresabschlusses. Das gesamten Honorar habe 1993 840.000 S, 1994 960.000 S, 1995 960.000 S, sodann im Wirtschaftsjahr 1997/98 1,020.000 S, im Wirtschaftsjahr 1998/99 920.000 S und bisher im halben Wirtschaftsjahr 1999/2000 (von April bis September) 500.000 S plus Umsatzsteuer (für das ganze Jahr ergibt sich sohin 1 Mio. S) betragen. Auf der Ausgabenseite sei zu beachten, dass der Geschäftsführer Spesen (für Reisen, Fortbildung, Betriebsmittel und Fachliteratur) nicht ersetzt erhalte und auch Sozialversicherungsbeiträge sowie Einkommen- und Umsatzsteuer selber trage. Es sei zwar richtig, dass die in der Berufung angeführten Betriebsausgaben des Geschäftsführers (von 115.200 S) der nach § 17 EStG mit 12% pauschal bemessene Betrag sei, dies lasse aber nicht den Schluss zu, dass es keine konkreten Betriebsausgaben gegeben habe, zumal allein die Sozialversicherungsbeiträge 50.543 S ausgemacht hätten und der Ansatz des Pauschales nur der Einfachheit halber erfolgt sei.
Sozialversicherungsbeiträge stehen in einer bestimmten Relation zu den Einnahmen, und stellen daher kein "Wagnis" dar. Im Übrigen werden Sozialversicherungsbeiträge (hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile) auch von "klassischen" Dienstnehmern iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 getragen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 99/14/0264). Es liegt auch auf der Hand, dass der Geschäftsführer Umsatzsteuer, wenn er sie der Beschwerdeführerin in Rechnung stellt, an das Finanzamt abzuführen hat. Er erhält aber ohnedies von der Beschwerdeführerin eine (zusätzliche) Zahlung in Höhe dieser Umsatzsteuer. Dass der Geschäftsführer Einkommensteuer zu zahlen hat, spricht nicht für ein Unternehmerwagnis, zumal auch Einkommensbezieher mit nichtselbstständigen Einkünften der Einkommensteuer (im Wege des Lohnsteuerabzuges) unterliegen.
Hinsichtlich der Aufwendungen für Fortbildung, Fachliteratur, Betriebsmittel und Reisen wird in der Beschwerde weder ein konkretes Ausmaß dargetan noch vorgebracht, dass sie Dr. E zwingend auf Grund seiner Rechtsstellung habe tätigen müssen.
Wesentlich ist im vorliegenden Fall, dass dem Geschäftsführer ein Geschäftsführerbezug (Summe aus 12 x 80.000 S) eingeräumt war, der in den Jahren 1994 und 1995 konstant geblieben ist. Wenn die belangte Behörde in Anbetracht der gleich bleibenden Entlohnung vom Fehlen eines Unternehmerwagnisses ausgegangen ist, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Im Übrigen ist es bei leitenden Angestellten nicht unüblich, dass zusätzlich zu einem im Vordergrund stehenden Fixbezug eine Erfolgsprämie gezahlt wird (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 97/15/0175).
Gegen die Annahme einer organisatorischen Eingliederung wendet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen, Dr. E sei gegenüber einer Vielzahl von Auftraggebern tätig gewesen, weshalb ihm pro Betrieb nur geringe Zeit zur Verfügung gestanden sei. Dr. E habe im Alltagsgeschäft der Beschwerdeführerin nicht mitgewirkt. Diese Aufgaben hätten die Kostenstellenverantwortlichen für Neuwagen, Gebrauchtwagen, Ersatzteile, Reparaturwerkstätte, Spenglerei, Lackiererei sowie für die Filialen an sechs weiteren Betriebsstandorten - Repräsentanten der Beschwerdeführerin - erfüllt. Die Vertretung der Beschwerdeführerin gegenüber wesentlichen Vertragspartnern und Behörden sei hingegen in die handelsrechtlichen und gewerberechtlichen Pflichten des Dr. E gefallen. Im Hinblick auf die weiteren Funktionen des Dr. E sei seine Anwesenheit punktuell und nicht regelmäßig gewesen. Es habe keine Bindung an betriebliche Ordnungsvorschriften, wie geregelte Arbeitszeit und Arbeitspausen bestanden.
Das Beschwerdevorbringen geht dahin, dass Dr. E nur die Aufgaben der ersten Führungsebene wahrnimmt und wegen seiner sonstigen Funktionen (insb. im öffentlichen Bereich und in Aufsichtsräten) die Arbeitsleistungen nicht kontinuierlich, sondern eher blockweise erbringt. Dass für einen alle Anteile an der Kapitalgesellschaft haltenden Geschäftsführer eine exakt festgelegte Arbeitszeit nicht besteht, ergibt sich, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. November 1996, 96/14/0028, zum Ausdruck gebracht hat, schon aus der gesellschaftsrechtlichen Beziehung und der daraus resultierenden Weisungsfreiheit. Zudem ist bei den im Spitzenmanagement tätigen Fremdgeschäftsführern, auch wenn sie Dienstnehmer sind, im Hinblick auf weitere Funktionen (etwa in Aufsichtsräten) eine Unregelmäßigkeit in der Arbeitserbringung nicht unüblich.
Die Delegierung von Arbeit auf die weiteren Dienstnehmer ist beim leitenden Führungspersonal eine übliche, in gewissem Ausmaß notwendige Vorgangsweise (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 97/15/0175). Auch - im Dienstverhältnis stehende - Fremdgeschäftsführer sind vielfach für die strategische Führungsarbeit und nicht zur Abwicklung der täglichen Routine angestellt.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Geschäftsführung könne auch im Werkvertrag erbracht werden. Im Beschwerdefall sei der Geschäftsführungsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und könne von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden, was eine bei "längerfristigen Werkverträgen" übliche Vereinbarung sei.
Das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers kann ein Dienstvertrag im Sinne der §§ 1151 ff ABGB, ein sogenannter freier Dienstvertrag, ein Werkvertrag oder ein Auftrag sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 1998, 97/13/0169). Der - seltene - Fall eines Werkvertrages wird allerdings nur angenommen werden können, wenn die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, etwa in Form eines durch die Geschäftsführung abzuwickelnden konkreten Projektes, vereinbart ist, nicht aber wenn Gegenstand des Vertrages die auf Dauer angelegte und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen ist (vgl. Reich/Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz 2/83). Während beim Werkvertrag ein bestimmter Erfolg geschuldet wird, ist beim Dienstvertrag und beim freien Dienstvertrag die Arbeit selbst Leistungsinhalt (vgl. Krejci in Rummel2, Rz 117 zu §§ 1165, 1166 ABGB).
Die Beschwerdeführerin bringt nicht vor, worin im konkreten Fall das einzelne Werk (im Sinne eines geschuldeten Erfolges) bestehen sollte, welches eine kontinuierliche Entlohnung des Geschäftsführers (mit einem Bezug von jährlich ca. 1 Mio. S) rechtfertigte. Die im Beschwerdefall vorliegende Vereinbarung über die Vertragsdauer spricht - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - für ein Dauerschuldverhältnis, nicht aber für einen Werkvertrag als Zielschuldverhältnis.
Die Beschwerdeführerin zeigt weiters auf, dass sie ihrem Geschäftsführer zwar eine Pension zugesagt habe, er aber keinen Anspruch auf Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Abfertigung oder Urlaub habe.
Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Abfertigung sind keine unabdingbaren Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1999, 97/13/0164). Diese Umstände ergeben sich vielmehr als Rechtsfolge bei einem Arbeitsverhältnis iSd Arbeitsrechts, bei Einkünften iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 liegt aber oftmals (jedenfalls aber einer Beteiligung von 50%) kein solches Arbeitsverhältnis vor. Ob schließlich der Geschäftsführerbezug in 14 Teilbeträgen und damit unter Auszahlung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld ausgezahlt wird oder in weniger Teilbeträgen, beeinflusst die wirtschaftliche Stellung des Empfängers nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, 99/15/0188).
Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Einkünfte des Geschäftsführers als solche iSd § 22 Z. 2
Teilstrich 2 EStG 1988 angesehen hat.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 30. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999140270.X00Im RIS seit
01.06.2001