Entscheidungsdatum
05.02.2018Index
60/04 Arbeitsrecht allgemeinNorm
AuslBG §1 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Müller über die Beschwerde der Frau Dr. K. G., vertreten durch Rechtsanwälte OG, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 05.05.2017, Zl. MA ..., wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 900,00 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag 12 Stunden herabgesetzt.
II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG reduziert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 90,00 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe.
III. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
IV. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Nachfolgendes Straferkenntnis vom 05.05.2017 wird bekämpft:
„Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. B. GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in Wien, ..., vom 01.10.2016 bis zumindest 27.01.2017 in Wien, ..., die Ausländerin Frau R. M., geboren am ...1979, Staatsbürgerschaft Iran, als Angestellte beschäftigt hat, obwohl zwar diese Person in diesem Zeitraum als Angestellte zur Sozialversicherung gemeldet war, jedoch für diese Person weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde bzw. diese Person keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte“, keine „Blaue Karte EU“ oder keine „Aufenthaltsbewilligung - Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt - EU“ besaß.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 3.500,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Woche, 1 Tag und 18 Stunden
gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a erster Strafsatz AuslBG idgF iVm. § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 350,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 3.850,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.
Die B. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen Berufene, Frau Dr. K. G., verhängte Geldstrafe von € 3.500,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 350,00 samt Barauslagen in der Höhe von sowie für sonstige in Geld
bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.“
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein, mit der Begründung, dass die beschäftigte Ausländerin an dem Forschungsprojekt „...“ beschäftigt gewesen sei und sohin in einem privaten Unternehmen wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG durchgeführt habe, sodass die Bestimmungen des AuslBG nicht zur Anwendung gelangen würden.
Die Tätigkeit von Frau R. M. im Rahmen dieses Forschungsprojektes umfasse im Zuge des Umganges mit den Gewebekulturen eine Reihe von Arbeitsschritten, die für die X. habe eigens ausgearbeitet werden müssen. Frau M. habe im Zuge ihrer Arbeit spezielle Nährmedien entwickelt und vorbereitet, die isolierten Pflanzenzellen unter sterilen Bedingungen auf diese Nährmedien geimpft und die Ergebnisse statistisch erfasst und bewertet. Die Forschungstätigkeit sei auch Zielsetzung und Unternehmensgegenstand der Gesellschaft. Es sei dieses konkrete Projekt in Zusammenarbeit mit der ... durchgeführt worden. Die Tätigkeit von Frau M. im Rahmen dieses Projektes sei eindeutig wissenschaftlich gewesen, da der wesentliche Tätigkeitsbereich im Laborbereich gelegen sei und hohen Anforderungen zu genügen gehabt habe. Bezüglich der Erfahrung und der Ausbildung jener Personen, die eine wissenschaftliche Tätigkeit in der Forschung durchführen, nehme das AuslBG keine Einschränkung ihrer Qualifikation vor, sodass sämtliche Ausländer, die wissenschaftlich in der Forschung tätig seien, ex lege vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen seien.
Die Abgabenbehörde nahm zur Beschwerde mit Schreiben vom 12.07.2017 Stellung und bestritt, dass der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG vorliege. Als wissenschaftliche bzw. forscherische Tätigkeiten würden keine rein pädagogischen oder administrativen Tätigkeiten in wissenschaftlichen Einrichtungen oder reine Labortätigkeiten ohne wissenschaftliche Anforderung gelten. Aus dem Tätigkeitsbereich der Frau M. könne keine wissenschaftliche Tätigkeit abschließend abgeleitet werden, zumal auch in Stellungnahmen der Beschwerdeführerin vom 04.04.2017 und 24.04.2017 die Tätigkeiten von Frau M. als Praktikantentätigkeit beschrieben worden seien. Insbesondere aufgrund dieser Widersprüchlichkeit ergeben sich Zweifel an der wissenschaftlichen Tätigkeit dieser Ausländerin. Vielmehr lasse sich eine Labortätigkeit bzw. administrative Tätigkeit erkennen, die nicht vom Ausnahmetatbestand umfasst sei.
Aufgrund einer Anfrage beim AMS wurde mit Schreiben vom 26.07.2017 mitgeteilt, dass B. GmbH für den Tatzeitraum keine Beschäftigungsbewilligung für die Ausländerin beantragt habe und daher auch nicht bewilligt worden sei. Vielmehr sei für andere Unternehmen bzw. andere Arbeitgeber Beschäftigungsbewilligungen für die betroffene Ausländerin als Büroangestellte bzw. Buchhalterin beantragt und bewilligt worden.
In den öffentlichen mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht Wien am 31.08.2017 und 26.09.2017 wurde die Beschwerdeführerin, die das Forschungsprojekt leitende Professorin sowie die betroffene Ausländerin unter Einbindung eines Dolmetschers einvernommen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen wie folgt:
Folgende Feststellungen werden als erwiesen angenommen:
Die Beschwerdeführerin ist handelsrechtliche Geschäftsführerin der B. GmbH laut Firmenbuchauszug.
Aufgrund der Anzeige des AMS vom 27.01.2017 und der unstrittigen Auskunft des AMS vom 26.07.2017 hatte die iranische Staatsbürgerin R. M. keine Beschäftigungsbewilligung für eine Beschäftigung bei der B. GmbH während des Tatzeitraums und auch nicht danach. Vielmehr hatte sie Beschäftigungsbewilligungen für andere Unternehmen als Buchhalterin und Büroangestellte.
Die iranische Staatsbürgerin R. M. war bei der Firma B. GmbH als Angestellte vom 01.10.2016 bis zum 31.03.2017 zur Sozialversicherung angemeldet und war während dieses Zeitraumes dort beschäftigt.
Sie hatte im Labor mit Hilfe einer Maschine Nährflüssigkeiten bzw. Nährmedien mit unterschiedlichen Hormonkonzentrationen und Variationen zusammenzumischen und vorzubereiten. Die Bedienung der Maschine und die Zusammenstellung der Nährmedien erfolgte nach einmonatiger Schulung und ohne Vorkenntnisse.
Frau M. ist weder in ein technisches, noch in ein naturwissenschaftliches Studium inskribiert. Sie ist Studentin des Studiums ... an der Universität Wien.
Es war geplant, dass für Frau M. ein ... Praktikum der F. beantragt wird, das jedoch nur Studentinnen eines technischen oder naturwissenschaftlichen Studiums offensteht. Das Praktikum wurde von der F. – entgegen der ursprünglichen Behauptung des Steuerberaters der Beschwerdeführerin – nicht gewährt, da Frau M. die Voraussetzungen nicht erfüllt und weder in ein technisches, noch in ein naturwissenschaftliches Studium inskribiert ist.
Der Steuerberater brachte zunächst vor, dass es sich bei diesem Praktikum der Ausländerin um ein Berufspraktikum iSd § 3 Abs. 5 AuslBG handle und die Beschwerdeführerin nur verabsäumt habe, für dieses Praktikum eine Anzeigenbestätigung vorzulegen. Es stellte sich jedoch im Laufe des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien heraus, dass Frau M. kein Praktikum im Sinne des § 3 Abs. 5 AuslBG durchführte, da das Praktikum nicht im Rahmen ihres Studiums durchgeführt wurde.
Erstmals wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass Frau M. wissenschaftlich tätig gewesen und daher gem. § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG vom Anwendungsbereich des AuslBG nicht umfasst sei.
Es kann nicht festgestellt werden, dass Frau M. vor Arbeitsbeginn beim zuständigen AMS vorgesprochen und die Auskunft erhalten habe, dass sie (mit einer Bestätigung der Beschwerdeführerin über ihren Tätigkeitsbereich) ohne Beschäftigungsbewilligung bei der Firma der Beschwerdeführerin arbeiten dürfe. Unstrittig ist, dass sich die Beschwerdeführerin nicht beim AMS hinsichtlich einer Beschäftigungsbewilligung erkundigt hat.
Es kann nicht festgestellt werden, dass Frau M. wissenschaftliche Vorkenntnisse durch ihre Schulausbildung im Iran erworben hätte, die gleichwertig zu universitären Kenntnissen eines Biologiestudiums bzw. naturwissenschaftlichen Studiums sind. Technische Vorkenntnisse hatte sie ebenso wenig, zumal sie weder ein technisches Studium inskribierte, noch sonstige Vorkenntnisse hatte.
Die Beschwerdeführerin schloss mit der Ausländerin einen Dienstvertrag mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden und einem Gehalt von 1.400 Euro. Als Beschreibung ihrer Tätigkeit wird im Dienstvertrag festgehalten, dass mit Hilfe pflanzenbiotechnologischer Methoden an der Etablierung effizienter Vermehrungsmethoden von der X. gearbeitet werden soll. Die Arbeiten umfassen Haltungsmaßnahmen der Versuchspflanzen im Glashaus, Gewebekulturtechniken der Sprossvermehrung und der somatischen Embryogenese.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Ausländerin (eigene) wissenschaftliche Tätigkeit während des Tatzeitraums durchgeführt hätte oder sonst in irgendeiner Weise wissenschaftlich tätig gewesen wäre. Ebenso wie andere Studenten im Rahmen ihres Praktikums bediente sie nach einer einmonatigen Einschulung ein Gerät zur Mischung und Vorbereitung von Nährlösungen, damit in weiterer Folge an diesen weitergearbeitet werden können. Ergebnisse, Aufzeichnungen, statistische Erhebungen, Befunde oder Berichte der Tätigkeit von Frau M. wurden auch nicht vorgelegt.
Laut dem Dienstvertrag hat die Arbeitnehmerin eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 32 Stunden mit einer täglichen Kernzeit zwischen 09:00 Uhr und 17:00 Uhr. Die Vorgaben für die Tätigkeit sowie die Arbeitszeit wurden unstrittig von Frau Prof. L. vorgegeben, die das Forschungsprojekt leitete.
Diese Feststellungen ergeben sich aus folgenden Erwägungen:
Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den Einvernahmen, insbesondere auch der Einvernahme der Frau M., die zwar argumentierte, dass es sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit gehandelt habe, jedoch gleichzeitig ausführt, dass nach einer einmonatlichen Einschulung jeder mit Hilfe der Maschine die entsprechenden Nährlösungen zusammenmischen könne. Die Mischung werde mittels einer Maschine vorgenommen. Dass sie spezielle Vorkenntnisse gehabt hätte und die von ihr durchgeführte Labortätigkeit des Zusammenmischens von Nährmedien eine wissenschaftliche Tätigkeit oder Forschungstätigkeit darstelle, konnte weder belegt werden, noch in irgendeiner Weise nachvollzogen werden.
Die Zusammenmischung der Nährlösungen mit Hilfe der vorhandenen Maschine nach den Vorgaben von der Forschungsleiterin Prof. L. kann nicht als wissenschaftliche Tätigkeit oder Forschungstätigkeit gewertet werden, zumal keine Aufzeichnungen, Befunde, Erhebungen, Berichte oder Ergebnisse einer solchen wissenschaftlichen Tätigkeit vorgelegt und daher nicht bewiesen werden konnte. Es wurden auch sonst keine Unterlagen hinsichtlich der behaupteten Forschungstätigkeit, wie etwa Aufzeichnungen oder sonstige Ergebnisse vorgelegt. Auch ein Abschlussbericht wurde nicht angefertigt, zumal unstrittig keine Ergebnisse entstanden sind.
Frau M. hat unzweifelhaft kein technisches oder naturwissenschaftliches Studium inskribiert, sondern verfolgt vielmehr an der Universität Wien das Masterstudium .... Vorkenntnisse konnten nicht nachgewiesen werden, zumal nicht glaubhaft ist, dass im Iran in der Schule derart naturwissenschaftliche Kenntnisse vermittelt werden, die in Österreich universitäres Niveau darstellen und nur auf der Universität unterrichtet werden. Im Übrigen wurden dazu auch keine Zeugnisse oder sonstige Belege vorgelegt. Sohin konnte nicht nachgewiesen werden, dass Frau M. einen Wissenstand hatte, der dem Stand der Technik auf dem Gebiet der pflanzenbiotechnologischer Methoden an der Etablierung effizienter Vermehrungsmethoden von der X., Haltungsmaßnahmen der Versuchspflanzen im Glashaus, Gewebekulturtechniken der Sprossvermehrung und der somatischen Embryogenese entspricht. Vielmehr konnte Frau M. nur beschreiben, wie sie Nährmedien mit Hilfe der Maschine im Labor zusammengemischt hat.
Dass es ein Gespräch von Fr. M. beim zuständigen AMS gegeben hätte und sie die Rechtsinformation erhalten hätte, dass sie mit einer entsprechenden Bestätigung bei der Firma der Beschwerdeführerin arbeiten dürfe, konnte nicht nachgewiesen werden. Diesbezüglich hat bereits die belangte Behörde beim AMS nachgefragt und es konnte beim AMS kein Aktenvermerk oder eine Anfrage dazu gefunden werden (Aktenvermerk der belangten Behörde vom 06.04.2017). Dass die Beschwerdeführerin selbst sich beim AMS erkundigt hätte, wurde nicht einmal behauptet.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung gemäß durch BGBl. I Nr. 72/2013 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
Gem. § 3 Abs. 5 AuslBG bedürfen Ausländer keiner Beschäftigungsbewilligung, wenn sie gem. lit. a ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch (Volontäre) bis zu drei Monaten im Kalenderjahr oder gem. lit. b als Ferial- oder Berufspraktikanten beschäftigt werden.
Gem. § 1 Abs. 2 lit i AuslBG sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht anzuwenden auf „Ausländer in öffentlichen und privaten Einrichtungen und Unternehmen hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre, in der Entwicklung und der Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst und deren Ehegatten und Kinder“.
Nach dem OSCD Frascati Manual wird Forschung und experimentelle Entwicklung als eine Aktivität definiert, die darauf abzielt, auf systematische Weise den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten. Dabei sind fünf kumulative Merkmale genannt, um eine genaue Abgrenzung von F&E-Projekte vorzunehmen:
? Neuheit: gerichtet auf neue Erkenntnisse;
? Schöpferische Tätigkeit: keine Routinetätigkeit; objektiv neue Konzepte oder Ideen, die den Stand des Wissens vermehren;
? Unsicherheit: ein Element der Unsicherheit hinsichtlich des Ergebnisses muss vorliegen;
? Systematische Weise: bewusster planmäßig ablaufender Prozess;
? Übertragbarkeit und/oder Reproduzierbarkeit: Ergebnisse müssen durch Dritte nachvollziehbar und/oder reproduzierbar sein.
Diese Definition wird zur Auslegung des Begriffes Forschung und Entwicklung ergänzend herangezogen. Nach der Rsp des VwGH setzt jede Forschungstätigkeit, durch die neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden gewonnen werden sollen, eine zu beantwortende Fragestellung („scientific and/or technological uncertainty“) voraus. Eine bisher bestehende Wissenslücke soll mit einer nicht offensichtlichen Lösung geschlossen werden. Die durch die Forschungstätigkeit erarbeitete oder zumindest angestrebte Lösung muss insofern über den bisherigen Wissenstand hinausgehen, als dass sie sich nicht als für einen Fachmann offensichtliche Lösung der zur erforschenden Fragestellung anbietet (VwGH 29.03.2017, Ra 2015/15/0060).
Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 09.11.2010 zu GZ 2007/09/0205 steht fest, dass jenen Ausländer, die gem. § 1 Abs. 2 lit i AuslBG vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen sind, nach Absicht des Gesetzgebers grundsätzlich freisteht, von Anfang an oder auch erst nach einer bewilligungsfreien Beschäftigung auf Grund der Ausnahmeregelung (lit. i) in das Niederlassungsregime des NAG zu wechseln, sofern sie eine dauerhafte Niederlassung im Bundesgebiet anstreben und zwar als „Forscher-Schlüsselkraft“ (215 BlgNR 23 GP, 24). Auch hier ist daher klar, dass nur dann eine Ausnahme gem. § 1 Abs. 2 lit i AuslBG besteht, wenn es sich um einen Forscher handelt, der als „Forscher-Schlüsselkraft“ eine Niederbewilligung bekäme.
Nach den Feststellungen sind keine dieser Kriterien bei der Tätigkeit von Fr. M. gegeben. Weder hat sie ein (Vor-)Wissen in dem Bereich der somatischen Embryogenese, kennt auch nicht den Stand des Wissens, da sie nicht einmal naturwissenschaftliches Studium inskribiert hat, noch hat sie den Stand des Wissens durch ihre Tätigkeit in einer nachvollziehbaren und systematischen Weise erweitert.
Aufgrund der Feststellungen der Tätigkeit der Iranerin M. im Labor gab es keinerlei Nachweise, dass diese ausländische Studentin der internationalen Entwicklung eine „wissenschaftliche Tätigkeit in der Forschung“ im Rahmen der somatischen Embryogenese der X. oder ähnliches Forschungsbereiche der Naturwissenschaften durchgeführt hätte. Vielmehr wurden rein manipulativ Labortätigkeiten ausgeführt und Nährlösungen mit entsprechenden Konzentrationen und Mischungen von Hormonen mit einer Maschine zusammengemischt und angefertigt, die in weiterer Folge für das Forschungsprojekt vorbereitet wurden. Die Tätigkeiten von Frau M. dienten lediglich dazu, das Forschungsprojekt von Prof. L. vorzubereiten und entsprechende Nährflüssigkeiten zusammenzumischen.
Ergebnisse wurden unstrittig nicht erzeugt. Es wurden keine Aufzeichnungen vorgelegt, die in irgendeiner Weise eine wissenschaftliche Tätigkeit von Frau M. nachweisen würden, zumal eine wissenschaftliche Tätigkeit eine Aufzeichnungspflicht, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit erfordern würde.
Die Motivation der F. ... Praktika ist die Erhöhung des Anteils der Forscherinnen und Technikerinnen für Karrieren im naturwissenschaftlichen/technischen Bereich. Im Mittelpunkt steht die Vermittlung praxisbezogenen Know-hows durch qualifizierte Betreuung sowie aktive Mitarbeit der Studentinnen an Forschungsprojekten und die Heranführung an die angewandte Forschung.
Auch wenn dieselbe Tätigkeit wie jene von Fr. M. im Rahmen eines ... Praktikums einer Studentin eines Technischen oder Naturwissenschaftlichen Studiums zu einer F.-Förderung eventuell berechtigt hätte, bedeutet dies nicht, dass daraus abgeleitet werden könnte, dass es sich bei der Tätigkeit von Fr. M. um eine „wissenschaftliche Tätigkeit in der Forschung“ gehandelt hätte. Vielmehr wird eine solche wissenschaftliche Tätigkeit der F.-Praktikantin nicht überprüft, sondern müssen für die Förderung durch die F. nur formale Voraussetzungen erfüllt werden.
Allein aus der Ausschüttung einer F.-Förderung für diese Tätigkeit von anderen Studentinnen kann daher nicht geschlossen werden, dass es sich nur um eine „wissenschaftliche Tätigkeit in der Forschung“ von Fr. M. gehandelt hätte, die nicht einmal die vorausgesetzten Studien inskribiert hat. Die vorgelegten Unterlagen zu F.-Praktika anderer Studentinnen der Naturwissenschaftlichen und Technischen Studien bestätigt dies, da diese Studentinnen ebenso nur Nährmedien zusammengemischt haben, keine Ergebnisse hervorgebracht und genau die gleiche manipulative Labortätigkeit wie hier Fr. M. durchgeführt habe.
Die wissenschaftliche Tätigkeit steht bei einem F. ... Praktikum auch nicht an erster Stelle, sondern soll der Praktikantin vielmehr die erste Arbeitserfahrung erleichtert werden, wie dies unter anderem auch aus der Praktikumsbeschreibung in Beilage ./II hervorgeht. Eine Mitarbeit im Rahmen eines Forschungsprojekts indiziert für sich allein nicht, dass die Praktikantin selbst wissenschaftlich tätig wäre.
Die Tätigkeit von Fr. M. kann auch nicht mit jener einer Dissertantin der Naturwissenschaften verglichen werden, da Fr. M. nicht einmal ein naturwissenschaftliches Studium inskribiert hatte und daher keine relevanten Vorkenntnisse in diesem Bereich hatte. Sie konnte daher nicht den Stand des Wissens vergleichbar mit einer Dissertantin der Naturwissenschaften erweitern, was im Übrigen auch gar nicht behauptet wurde, zumal auch keine Ergebnisse hervorgebracht wurden.
Zusammenfassend kann daher keine wissenschaftliche Tätigkeit gem. § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG in einer rein manipulativen Labortätigkeit ohne wissenschaftliche Anforderungen, ohne Aufzeichnungen und ohne Ergebnissen gesehen werden.
Aufgrund der manipulativen Tätigkeit von Frau M. im Labor der B. GmbH, die keine wissenschaftliche Tätigkeit darstellt, war sohin von einem Angestelltenverhältnis auszugehen. Sie verdiente für 32 Wochenstunden 1.400 Euro. Die Arbeitszeiten und die Tätigkeiten von Frau M. hat Frau Prof. L. vorgegeben. Frau M. hätte daher eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG für die GmbH haben müssen. Die Beschwerdeführerin wäre als handelsrechtliche Geschäftsführerin der B. GmbH verpflichtet gewesen, diese einzuholen.
Auch das Vorbringen, dass sich die Ausländerin beim AMS selbst erkundigt habe, kann nicht ein Kontrollsystem nachweisen. Vielmehr wäre es an der Beschwerdeführerin selbst gelegen, nachzugehen, ob es sich bei dieser Tätigkeit um eine wissenschaftliche Tätigkeit handelt, zumal es sich nicht einmal um eine Studentin der natur- oder technischen Wissenschaften handelt. Es konnte auch nicht nachgewiesen werden, dass es tatsächlich eine Zusicherung seitens des AMS gegeben hätte, dass für eine wissenschaftliche Tätigkeit von Frau M. eine Ausnahme nach dem AuslBG vorliegen würde. Dies wär vielmehr Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, dies beim AMS sicherzustellen. Es kann sohin nicht von einem geringen Verschulden ausgegangen werden.
Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs. 1 VStG der Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass die Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für ihre Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge.
Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen wäre.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich schädigt jede Verletzung der zwingenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in erheblichem Ausmaß staatliche und privatwirtschaftliche Interessen, da sie eine Verzerrung des Wettbewerbes und des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitskräfteangebotes bewirken, Lohndumping und die Hinterziehung von Steuern und Abgaben ermöglichen. und den primären Zugang inländischer Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt verhindern. Ferner steht die illegale Beschäftigung einzelner ausländischer Arbeitnehmer auch im Gesamtinteresse aller ausländischen Arbeitskräfte in ihrer Gesamtheit entgegen, da wesentliche Schutzbestimmungen des Arbeits- und Sozialrechtes bei der verbotenen Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften keine Anwendung finden, so auch im vorliegenden Fall.
Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Taten kann daher nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden führt (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 30.8.1991, ZI. 91/09/0022 und ZI. 91/09/0134).
Das Verschulden kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Aufgrund der Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ist vom ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG mit einem Strafrahmen von 1.000 Euro bis 10.000 Euro auszugehen und die Strafbemessung vorzunehmen.
Unberücksichtigt blieb bei der belangten Behörde die Anmeldung zur Sozialversicherung, die während des gesamten Beschäftigungszeitraumes vorgelegen ist. Des Weiteren war die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin mildernd zu werten.
Erschwerend war dagegen der lange Tatzeitraum von fast vier Monaten zu werten, der aufgrund des Strafrahmens Berücksichtigung zu finden hat.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen; dafür kommt es aber nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe an, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts (vgl. VwGH vom 23.04.2008, 2008/03/0012, mwN).
Da im vorliegenden Fall die Milderungsgründe der Unbescholtenheit und der Anmeldung zur Sozialversicherung beträchtlich den Erschwerungsgrund des langen Tatzeitraumes überwogen, konnte aufgrund der Strafbemessungsgründe eine außerordentliche Strafmilderung vorgenommen werden. Eine weitere Herabsetzung kam aus spezialpräventiven Gründen insbesondere deshalb nicht in Frage, da kein Kontrollsystem in der GmbH zur Verhinderung der Beschäftigung entgegen des AuslBG eingerichtet war und ist.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausländer; Beschäftigung; Beschäftigungsbewilligung; Wissenschaft; Forschung und Entwicklung; Schlüsselarbeitskraft; wissenschaftliche TätigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.041.075.8829.2017Zuletzt aktualisiert am
10.09.2018