TE Vwgh Beschluss 1999/12/16 97/21/0869

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Veröffentlicht am 16.12.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1994 §2;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §47;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, in der Beschwerdesache des am 8. November 1964 geborenen I in Pfaffstätten, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser-Franz-Ring 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 14. August 1997 Zl. Fr 3599/97, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde auf Grund eines im Verfahren betreffend die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrages gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass die beschwerdeführende Partei in "Jugoslawien" gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Nach der Aktenlage wurde die beschwerdeführende Partei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 10. Mai 1996 gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG ausgewiesen.

Mit Verfügung vom 20. September 1999 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit, er gehe nach dem Inhalt der Beschwerde und der Verwaltungsakten vorläufig davon aus, dass die beschwerdeführende Partei im Sinn der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. II Nr. 133, der Volksgruppe der Kosovo-Albaner angehöre, vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sei und infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren könne. Den Parteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zweier Wochen zu dieser Annahme Stellung zu nehmen und allenfalls bekannt zu geben, ob die beschwerdeführende Partei anderweitig Schutz vor Verfolgung finden könne; diese wurde weiters aufgefordert anzugeben, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten sie sich durch den angefochtenen Bescheid (noch) als verletzt erachte.

Die beschwerdeführende Partei teilte dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass die eben beschriebene vorläufige Annahme des Verwaltungsgerichtshofes zutreffe. Die belangte Behörde teilte mit, dass der beschwerdeführenden Partei gemäß § 12 Asylgesetz 1997 mit Bescheid des Bundesasylamtes die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei.

Gemäß § 2 des am 28. April 1999 in Kraft getretenen Art. I der auf Grundlage der §§ 18 und 29 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, erlassenen Verordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 133, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, kommt Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass eine nachträgliche Legalisierung des Aufenthalts der beschwerdeführenden Partei - sei es durch die Gewährung von Asyl, sei es durch die Zuerkennung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts - eingetreten ist.

Diese Aufenthaltslegalisierung hat zur Gegenstandslosigkeit der gegen die beschwerdeführende Partei erlassenen Ausweisung geführt (vgl. den hg. Beschluss vom 26. November 1999, Zl. 96/21/0494). Damit steht dem Beschwerdeführer auch keine Abschiebung mehr bevor (vgl. die hg. Beschlüsse vom 13. November 1997, Zlen. 96/18/0139, 0140, und vom 27. November 1998, Zl. 95/21/0983, auf die gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird). Daher ist auch sein rechtliches Interesse hinsichtlich der Erledigung der Beschwerde gegen den angefochtenen, mit der Gegenstandslosigkeit der Ausweisung ebenfalls wirkungslos gewordenen Bescheid betreffend die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien nachträglich weggefallen.

Da der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei mit seinem Ausspruch betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien sohin nicht mehr in ihrer Rechtssphäre belastet, war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren konkret zwei Vorfälle geschildert, bei welchen sie im Zuge von Hausdurchsuchungen und Festnahmen von serbischen Polizeikräften mit Fäusten am Körper und ins Gesicht geschlagen worden sei. Weiters hat die beschwerdeführende Partei in ihrer Berufung aus einem Bericht von amnesty international betreffend eine verbreitete Praxis der Misshandlung und Einschüchterung der albanischen Bevölkerung im Kosovo durch serbische Polizeikräfte zitiert. Bei dieser Sachlage ist die Annahme der belangten Behörde, die von der beschwerdeführenden Partei geschilderten Vorfälle stellten bloße Behauptungen dar, die "zur Geltendmachung des Non-Refoulement-Prinzips nicht ausreichen, weil ansonsten jegliches Beweis- bzw. Ermittlungsverfahren unnötig wäre", keine schlüssige Begründung dafür, dass der beschwerdeführenden Partei in der Bundesrepublik Jugoslawien keine Gefahren im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG drohten. Auch setzt - anders als die belangte Behörde meint - eine Bedrohung iSd § 37 Abs. 1 FrG keine staatliche Verfolgungsmotivation voraus.

Da somit die Beschwerde erfolgreich gewesen wäre, hatte gemäß §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 ein Kostenzuspruch zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei zu erfolgen.

Wien, am 16. Dezember 1999

Schlagworte

Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997210869.X00

Im RIS seit

08.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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