TE Vfgh Beschluss 1997/11/27 B2357/97

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Veröffentlicht am 27.11.1997
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Zurückweisung der Beschwerde als verspätet

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit der am 11. September 1997 zur Post gegebenen selbstverfaßten, als "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" bezeichneten Eingabe begehrten die Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheides der Salzburger Landesregierung vom 8. Juli 1997, Z1/02-36.060/7-1997. Mit diesem Bescheid wurde eine Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen, die sie gegen einen Bescheid erhoben hatten, mit dem dem Eigentümer des angrenzenden Grundstücks die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines überdachten Abstellplatzes für PKW erteilt und die ausnahmsweise Unterschreitung des Mindestabstandes zur Grenze des Bauplatzes zugelassen wurde.

Der Verfassungsgerichtshof forderte die Beschwerdeführer am 16. September 1997 auf, binnen vier Wochen die Beschwerde durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen oder einen Antrag auf Verfahrenshilfe zu stellen. Dieser Aufforderung kamen die Beschwerdeführer rechtzeitig nach und brachten am 15. Oktober 1997 eine Beschwerde durch einen Rechtsanwalt ein.

1.2. Die Beschwerdeführer stellen nunmehr einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist. Sie bringen vor, daß entgegen des von ihnen erteilten Auftrages ihr damaliger Rechtsvertreter keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben hätte, wovon die Beschwerdeführer jedoch erst nach Ablauf der Beschwerdefrist Kenntnis erlangt hätten.

1.3. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führen die Beschwerdeführer aus, daß sie aufgrund des Nichttätigwerdens ihres ehemaligen Rechtsanwaltes an der rechtzeitigen Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof ohne ihr Verschulden durch ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis gehindert gewesen seien. Unter einem erheben die Beschwerdeführer Beschwerde gegen den obgenannten Bescheid.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen:

2.1. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).

2.2. Die Beschwerdeführer, die im Verwaltungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten waren, stützen den von ihnen gestellten Wiedereinsetzungsantrag auf die auftragswidrige Nichterhebung einer Beschwerde durch ihren ehemaligen Rechtsvertreter. Sie machen aber nicht geltend, daß ihr Rechtsvertreter durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde gehindert war.

Wenn die Beschwerdefrist versäumt worden ist, obwohl der Vertreter an der Einhaltung der Frist nicht gehindert war, so müssen dies die Beschwerdeführer gegen sich gelten lassen. Ein Irrtum der Beschwerdeführer über das Tätigwerden ihres Anwaltes stellt kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis dar. Die Beschwerdeführer waren folglich nicht an der rechtzeitigen Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gehindert.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

2.3. Die unter einem eingebrachte Beschwerde nach Art144 B-VG war wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VerfGG) zurückzuweisen. In der Beschwerde wird zwar das genaue Zustelldatum des angefochtenen Bescheides nicht angegeben, doch ergibt sich aus dem Vorbringen bezüglich des Wiedereinsetzungsantrages, daß die Beschwerdeführer die Beschwerdefrist versäumt haben.

Auf den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war daher nicht einzugehen. Weiters war der hilfsweise gestellte Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzuweisen.

3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B2357.1997

Dokumentnummer

JFT_10028873_97B02357_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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