TE OGH 2018/4/25 2Ob67/18v

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Veröffentlicht am 25.04.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** H***** und 2. A***** H*****, vertreten durch Donnerbauer & Hübner Rechtsanwälte GmbH in Retz, wider die beklagte Partei R***** K*****, vertreten durch Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, Rechtsanwälte in Horn, wegen Unterlassung, über den (richtig) Rekurs der beklagten Partei gegen den Teilaufhebungsbeschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2018, GZ 1 R 172/17z-44, womit über Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Horn vom 31. Juli 2017, GZ 13 C 521/15f-37, teilweise aufgehoben und insoweit die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Es wird in der Sache selbst erkannt und im Umfang des Aufhebungsbeschlusses das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 2.031,74 EUR (darin enthalten 314,78 EUR USt und 143,10 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind unmittelbare Grundstücksnachbarn im Ortsgebiet einer Waldviertler Gemeinde.

Die Kläger begehrten die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung von deren Grundstück ausgehender Immissionen einerseits von Abgasen und Rauch und andererseits von Lärm auf das Grundstück der Kläger in näher bestimmtem Ausmaß, soweit dadurch jeweils das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Ausmaß überschritten und die ortsübliche Nutzung des unbeweglichen Guts der Kläger wesentlich beeinträchtigt wird. Hilfsweise begehren sie die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung des Betriebs ihres Holzvergaserofens, von dem diese Immissionen ausgingen.

Die Abweisung des Haupt- und des Eventualbegehrens betreffend die Lärmimmissionen ist rechtskräftig; im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof geht es daher nur mehr um das Haupt- und Eventualbegehren betreffend Abgase und Rauch.

Auf beiden Liegenschaften sind Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Gebäude errichtet, wobei das Anwesen der Beklagten südlich und etwas unter dem Anwesen der Kläger liegt. Beide Anwesen haben einen Hof, der auf allen vier Seiten durch Gebäude begrenzt ist, und liegen in der Nähe der stark befahrenen B2, die durch das Ortsgebiet führt.

Auf dem Anwesen der Kläger befindet sich links vom Hoftor der Wohntrakt, bestehend aus ebenerdigen und im ersten Stock gelegenen Räumen, in dem sich auch das Schlafzimmer befindet. Von der Straße weg befinden sich angrenzend an den Wohntrakt linkerhand Nutzräume – der Erstkläger war früher Tischlermeister. In dem schräg vis a vis vom Wohntrakt befindlichen Gebäudebereich befindet sich ein Abstellraum und daran angrenzend ein nicht beheizbarer Raum, in dem die Kläger ein Bett aufgestellt haben. Dieser Raum wird nicht als Wohnraum benützt, sondern von den Klägern zum Schlafen aufgesucht, weil er von einem Rutengeher als weitgehend störungsfrei bezeichnet wurde. Rechts von diesem Gebäudetrakt befindet sich ein schmaler Freiraum, ein Gartengang, an den das Grundstück der Beklagten grenzt. Rechts vom Hoftor der Kläger verläuft eine Mauer, die die Grenze zum Wohn- und Nebengebäude links vom Hauseingang auf dem Grundstück der Beklagten bildet. Auf diesem befinden sich im Bereich dieses Nebengebäudetrakts zwei Kamine, und zwar einer davon ca 3 m neben der Grundstücksgrenze, von der Straße aus gesehen. Ein weiterer, der für die Heizungsanlage verwendet wird, ist ca 12 bis 15 m von diesem entfernt. Diese Kamine sind auf der zum Grundstück der Kläger abfallenden Dachseite des Walmdachs errichtet.

Im Jahr 2013 ließ die Beklagte eine neue Heizung errichten, an die nun weitere Heizkörper angeschlossen sind. Der Heizungskessel ist links vom Hofeingang in dem an den Wohntrakt angrenzenden Nebengebäudetrakt der Beklagten (also in dem Gebäudeteil, der an das Grundstück der Kläger angrenzt) in einem Heizhaus installiert. Es handelt sich um eine Guntamatic-Stückholzvergaserfeuerungsanlage BMK 30 mit 30 kW Nennwärmeleistung. Der Kessel ist elektronisch geregelt. Die Abgasabführung erfolgt über ein Saugzuggebläse. Dies ist Teil des aufeinander abgestimmten Feuerungskonzepts und sorgt für die Abluftführung. Um eine optimale Verbrennung zu sichern, messen Lambdasonden die Abgaswerte kontinuierlich und regeln die Luftzufuhr. Über ein eisernes Rauchrohr, das in weiterer Folge in den Schiedelkamin einmündet, werden die Rauchgase abgeführt. Hinter dem Kessel befinden sich die Rücklaufanhebung, die Sicherheitsgruppe und der Heizungsverteiler. Gegenüber dem Heizkessel befinden sich zwei miteinander verrohrte Pufferspeicher, die mit Dämmschalen ummantelt sind und im Zuge der Errichtung der Heizung aufgestellt wurden.

Die Beklagte beheizt die Zentralheizung mit Brenngut aus dem eigenen Wald, und zwar gemischt Hart- und Weichholz. Das Brenngut ist ordentlich gelagert und trocken. Das Heizhaus ist sauber, ebenso der Rauchfang; es bestehen keine Versottungsspuren und im Kamin nur minimale Ablagerungen. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte für die Verwendung von nassem oder minderwertigem Holz. Der Kessel wird periodisch überprüft und gewartet und funktioniert einwandfrei, auch die Überprüfung der Anlage durch den Rauchfangkehrer 2016 ergab keine Besonderheiten.

Die Warmwasseraufbereitung im Anwesen der Beklagten erfolgte und erfolgt nicht über den Heizungskessel, sondern über zwei elektrisch aufgeheizte Boiler.

Die Beklagte betreibt die Heizungsanlage in den Monaten Juni bis August überhaupt nicht, im Mai, September oder Oktober dann, wenn es die Wetterlage erfordert, in den übrigen Monaten des Jahres beheizt die Beklagte das Haus über diese Heizung. In der Übergangszeit wird gegen 18 Uhr eingeheizt, in der Winterzeit heizt die Beklagte in der Früh oder gegen Mittag ein oder dann, wenn aus den Pufferspeichern keine Wärme mehr kommt. Bei Beginn des Einheizvorgangs raucht die Heizungsanlage zunächst stärker, dann schwächer.

Durch die geschlossene Bauweise des Gehöfts der Kläger kann es abhängig von der Windlage bei Niederdruckwetter durch die geografische Lage des Grundstücks der Kläger und des hügeligen Umlands zum „fallwindartigen“ Absinken von Rauchgasen in den Hof der Kläger kommen, wo sie tiefnebelartig hängen bleiben. Während dieses Zustands kann es auch zu kurzzeitigem Rußaustritt kommen. Mit dem Erreichen der Betriebstemperatur der Heizung läuft auch die Verbrennung vollständig ab, wodurch das Schadstoffausmaß auf ein Minimum zurückgeht. Die Rauch- und Geruchskulisse der Heizungsanlage entspricht den üblichen Holzkesseln.

Die Errichtung der Festbrennstoffzentral-heizungsanlage mit Pufferspeicher wurde durch das bauausführende Unternehmen am 11. 11. 2013 der Gemeinde angezeigt und die positiven Atteste des Rauchfangkehrermeisters angeschlossen. Der Guntamatic Abgaskessel ist behördlich geprüft und entspricht den einschlägigen ÖNORMEN, die fachgerechte Errichtung wurde bestätigt.

Im Hinblick auf die Differenzen mit den Klägern beantragte die Beklagte mit Bauansuchen vom 5. 10. 2015 beim Gemeindeamt die (nachträgliche) Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Abgasanlage Fabrikat Schiedel SIH DN 16 cm mit eingebautem Schalldämpfer für die Zentralheizungsanlage beim bestehenden Wohnhaus auf ihrem Grundstück. Diesem Ansuchen war eine Baubeschreibung, ein Einreichplan und eine Bestätigung des Unternehmens, wonach der installierte Abgasschalldämpfer nach dem neuesten Stand der Technik ausgeführt wird, angeschlossen. Mit Bescheid vom 8. 1. 2016 erteilte der Bürgermeister als Baubehörde 1. Instanz der Beklagten die nachträgliche baubehördliche Bewilligung, den Einwendungen der Kläger betreffend eine Geräuschentwicklung des Gebläses der Heizungsanlage wurde nicht Folge gegeben. Der Berufung der Kläger gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des Gemeindevorstands vom 23. 3. 2016 nicht Folge gegeben.

Dagegen erhoben die Kläger Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, das der Beschwerde nicht Folge gab und die Berufung der Kläger als unzulässig zurückwies.

In der 32 km² großen, aus 10 Katastralgemeinden bestehenden Gemeinde mit insgesamt rund 860 Einwohnern werden ca 80 % der Haushalte mit Festbrennstoffen geheizt, untergeordnet ca 20 % mit Gas oder Öl, es gibt auch gemischte Heizungen. Die Heizung der Beklagten ist sehr fortschrittlich, auch was den Kessel anlangt. In der Gemeinde selbst sind ca 20 bis 25 derartige Gebläsekessel bei Heizungsanlagen ohne Schalldämpfer vorhanden. Ältere Anlagen haben keine so gute Abmischung der Rauchgase. Auch von der in der Nähe der Streitteile befindlichen Heizungsanlage eines Nachbarn und den umliegenden Nachbarn, die mit Festbrennstoffen heizen, kommen Rußpartikel in die Luft. Eine Heizungsanlage mit Gebläsekessel wie die der Beklagten ist in der Gemeinde daher ortsüblich. Auch bei anderen Heizungen in der Umgebung kommt es zu Rauchemissionen und Rußpartikeln.

Beide Kläger sind sehr empfindlich und fühlen sich durch die Heizung der Beklagten gestört. Bereits früher, als die Beklagte noch über den Zentralofen heizte, fühlten sich die Kläger durch den Holzrauch gestört und gewöhnten sich an, die hofseitigen und südseitigen, also zum Grundstück der Beklagten gelegenen Fenster, überhaupt nicht zu öffnen. Da beide Kläger durch den beim Einheizen auftretenden Rauch, der sich bei Tiefdruck in den Hof ihres Anwesens drückt, und die Rußpartikel, die sich auch im Garten niederschlagen, enerviert sind, halten sie sich in der kalten Jahreszeit wenig im Hof ihres Anwesens und im dahinter liegenden Garten auf. Ein von der Zweitklägerin wahrgenommener „Dieselgeruch“ bzw Gasgeruch kann mit der Heizungsanlage der Beklagten nicht in Zusammenhang gebracht werden.

Eine von den Klägern angeregte Kaminerhöhung auf dem Grundstück der Beklagten um 5–6 m scheitert daran, dass ein derartiges Bauvorhaben bewilligungspflichtig, aber nicht bewilligungsfähig ist.

Die Kläger brachten im Wesentlichen vor, die Heizanlage entwickle enorme Rauchgasmengen, vor allem bei Tiefdruckwetterlage in den Wintermonaten. Die Rauchgasmengen würden in den Hof der Kläger gedrückt, die ortsübliche Benützung des Hofs sei gänzlich unmöglich, alle Gebäude seien wesentlich beeinträchtigt, ein Belüften der Wohnräume in den Wintermonaten sei wegen der Rauchentwicklung nicht möglich. Die Rauchentwicklung übersteige das ortsübliche Maß. Qualität und Quantität der Rauchemissionen seien gesundheitsschädlich.

Die Beklagte wendete ein, die von ihrer Heizanlage ausgehenden Rauchemissionen gingen über das ortsübliche Maß nicht hinaus.

Das Erstgericht stellte den wiedergegebenen Sachverhalt fest und wies sämtliche Klagebegehren ab. Die Rauchentwicklung überschreite das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht, sodass die Anspruchsvoraussetzungen für den Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB nicht vorlägen. Darauf, ob die ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt werde, komme es nicht mehr an. Irrelevant sei auch das subjektive Empfinden der sehr empfindlichen Kläger, es komme darauf an, ob sich auch ein Durchschnittsmensch gestört fühle. Dass es durch die besondere Lage der Anwesen, insbesondere die vierseitige Begrenzung und durch (im Winter häufige) Tiefdruckwetter zu einem „fallwindartigen“ Absinken des Rauchs und dessen „Festhängen“ im Hof der Kläger komme, sei eine klimatische Besonderheit, die von der Beklagten nicht zu vertreten sei. Dies falle in die Sphäre der Kläger.

Das Berufungsgericht bestätigte unbekämpft das Ersturteil als Teilurteil zu den Lärmimmissionen und hob es betreffend die Einwirkungen durch Abgase und Rauch und im Kostenpunkt auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung auf. Zu beurteilen sei nicht die Ortsüblichkeit der Emissionen, sondern der Immissionen. Dass es zum „fallwindartigen“ Absinken von Rauchgasen in den Hof der Kläger kommen könne, wo sie tiefnebelartig hängen blieben, deute darauf hin, dass für das Grundstück der Kläger besondere Bedingungen bestünden, die auf andere Grundstücke der Ortschaft nicht zutreffen müssten. Die Kläger müssten natürlichen Rauch hinnehmen, der sich wegen der örtlichen meteorologischen Gegebenheiten auf ihrem Grundstück sammle, nicht aber Rauch aus einer Heizanlage. Die Feststellungen betreffend die Nutzung anderer Grundstücke, die auf vergleichbare Emissionen schließen ließen, ermöglichten keine Beurteilung der Ortsüblichkeit der Immissionen. Dazu seien im zweiten Rechtsgang vom Erstgericht zu treffende Feststellungen darüber erforderlich, ob auch andere Grundstücke in der Ortschaft durch Rauchgase nach Art, Intensität und Häufigkeit so belastet würden wie das Grundstück der Kläger. Weiters müsse festgestellt werden, wie viele Anwesen im Vergleich zur Gesamtzahl der Objekte im Ort in dieser oder ähnlicher Weise betroffen seien. Sollten die ergänzten Feststellungen ergeben, dass die Immissionen nicht ortsüblich seien, müssten auch Feststellungen getroffen werden, die eine Beurteilung erlaubten, ob durch die Immissionen die ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigt sei. Gesundheitsschädliche Immissionen seien weder ortsüblich noch unwesentlich, weshalb erforderlichenfalls auch dazu Feststellungen zu treffen seien. Ob und welche Teile der Heizanlage baubehördlich genehmigt seien, sei irrelevant, weil eine baubehördlich genehmigte Anlage keine genehmigte Anlage iSd § 364a ABGB sein könne. Die Beklagte könne sich daher nicht auf das über § 364 Abs 2 ABGB hinausgehende Immissionsrecht nach § 364a ABGB berufen.

Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung zu, weil die Rechtsprechung zur Frage, ob eine baubehördlich genehmigte Abgasanlage unter § 364a ABGB zu subsumieren sei, uneinheitlich erscheine und insbesonders in Hinblick auf die Entscheidung 9 Ob 48/12t nicht auszuschließen sei, dass das Höchstgericht diese Frage für die hier anzuwendende Fassung der NÖ BauO anders beantworte als das Berufungsgericht.

Gegen den Teilaufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils.

Die Kläger beantragen in der Rekursbeantwortung, den Rekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteils im Umfang der Aufhebung berechtigt.

Die Rekurswerberin spricht zwar die vom Berufungsgericht als Begründung für die Zulassung des Rekurses angeführte Rechtsfrage nicht an, macht aber erkennbar geltend, das Berufungsgericht habe eine aufzugreifende Fehlbeurteilung zu verantworten. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass die von der Heizungsanlage der Beklagten ausgehenden Rauchimmissionen auf das Grundstück der Kläger ortsüblich seien.

Hierzu wurde erwogen:

1. Das Berufungsgericht hat das Verfahren „erforderlichenfalls“ auch zur Frage, ob die Immissionen gesundheitsschädlich seien, mit der (nicht näher begründeten, aus dem Gesetzeswortlaut des § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB jedenfalls nicht ohne Weiteres ableitbaren) Aussage, gesundheitsschädliche Immissionen seien weder ortsüblich noch unwesentlich, für ergänzungsbedürftig gehalten.

Das Erstgericht hat zur Gesundheitsschädlichkeit des immitierten Rauchs keine Feststellungen getroffen und sich auch in der rechtlichen Beurteilung in keiner Weise damit befasst. Die Kläger haben dieses Thema in der Berufung nicht angesprochen. Diese Frage ist daher schon im Berufungsverfahren aus dem Prüfungsrahmen herausgefallen (RIS-Justiz RS0043352 [T26]) und kann in dritter Instanz nicht mehr geprüft werden.

2.1. Die Beurteilung einer Immission als ortsüblich erfolgt auf der Grundlage eines Vergleichs der Benützung des störenden (nicht des betroffenen) Grundstücks mit anderen Grundstücken des betreffenden Gebiets. In der Regel hängt die Ortsüblichkeit von Immissionen in dem zu betrachtenden Raum davon ab, ob eine größere Anzahl von Grundstücken dieses Gebiets so genutzt wird, dass Einwirkungen von ihnen ausgehen, die den zu beurteilenden Immissionen entsprechen (7 Ob 286/03i = RIS-Justiz RS0010653 [T17]).

2.2. Auf dieser Grundlage reichen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Feststellungen (insbesondere über die im Ort verwendeten Brennstoffe und Heizungen) für die Beurteilung aus, die vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Rauchimmissionen seien ortsüblich. Diese Feststellungen implizieren offenkundig (§ 269 ZPO), dass von vielen anderen Heizungen im Ort nach Quantität und Qualität vergleichbare Rauchemissionen wie diejenigen vom Grundstück der Beklagten ausgehen. Dies betrifft auch das jahreszeitlich durchschnittliche Heizverhalten der Beklagten. Weiters ist aus dem festgestellten Tatsachensubstrat offenkundig iSd § 269 ZPO, dass sich die vergleichbaren Emissionen in ebenso vergleichbaren Immissionen auf Nachbargrundstücke niederschlagen. Die Besonderheiten des Grundstücks der Kläger (Hängenbleiben der Rauchgase im Hof) ändern an dieser Beurteilung nichts: Die Kläger haben nämlich in erster Instanz nämlich ausdrücklich zugestanden, dass auch von anderen Häusern im Ort in der Anheizphase Rauch ausgestoßen wird, von der Heizung der Beklagten ginge aber nicht nur in der Anheizphase, sondern ständig („zumindest zehn Stunden pro Tag“: ON 6, 3) eine hohe Rauchentwicklung aus (ON 34, 2). Darauf, dass ihre Beeinträchtigungen durch Rauchemissionen während der Anheizphase an sich gravierender sind als die Beeinträchtigungen anderer Grundeigentümer, haben sich die Kläger nicht berufen. Das Erstgericht hat aber festgestellt, dass die Heizungsanlage bei Beginn des Einheizvorgangs zunächst stärker, dann aber schwächer raucht. Die Kläger konnten somit ihre Behauptung, die Beeinträchtigung sei während der gesamten Dauer des Betriebs der Holzgasanlage gegeben, nicht beweisen. Angesichts des Zugeständnisses von Rauchausstoß in der Anheizphase auch bei anderen Häusern im Ort ist diese Einwirkung als ortsüblich anzusehen, darüber hinausgehende, nicht ortsübliche vom Grundstück der Beklagten ausgehende Rauch- bzw Gasimmissionen konnten die Kläger nicht beweisen.

2.3. Die Sache ist daher spruchreif im Sinne der Wiederherstellung des abweisenden erstgerichtlichen Urteils auch betreffend die Abgas- und Rauchimmissionen.

3. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Da nur eines (Rauch bzw Abgase) von zwei (Rauch bzw Abgase einerseits und Lärm andererseits) Unterlassungsbegehren Gegenstand des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof war, war diesbezüglich nur von der halben Bemessungsgrundlage, somit von 4.000 EUR, auszugehen. Im Verfahren dritter Instanz beträgt der Einheitssatz nur 60 %.

Textnummer

E121502

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00067.18V.0425.000

Im RIS seit

01.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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