TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/18 I419 1418729-3

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Veröffentlicht am 18.05.2018
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Entscheidungsdatum

18.05.2018

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

I419 1418729-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA alias Simbabwe, vertreten durch RA Dr. Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 11.04.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass erste Satz des Spruchpunktes I zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

und die Dauer des in Spruchpunkt III verhängten Einreiseverbots auf 8 (acht) Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit stellte am 07.08.2009 den ersten Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte er an, dass er Staatsangehöriger von Simbabwe sei und dort auf einer Farm für einen Europäer gearbeitet habe. Ende 2008 wären Männer des Präsidenten gekommen, hätten die Farm zerstört und viele Farmarbeiter getötet. Die Überlebenden seien geflüchtet. Der Beschwerdeführer sei benachrichtigt worden, dass der Präsident die noch lebenden Arbeiter dieser Landwirtschaft umbringen lassen wolle. So wäre er mit anderen Farmarbeitern geflüchtet. Ausgereist sei er im Februar 2009, in Österreich illegal eingereist am Tag der Antragstellung.

Aufgrund rascher, wiederholter Drogendelinquenz war der Beschwerdeführer ab 17.11.2009 wiederholt inhaftiert und verhängte die BPD Wien ein Rückkehrverbot gegen ihn, das am 05.10.2010 rechtskräftig wurde.

2. Ein Sprachgutachten zur Abklärung der wahren Herkunft des Beschwerdeführers vom 03.02.2011 ergab, dass dessen Hauptsozialisierung in Simbabwe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Hauptsozialisierung in Nigeria auszugehen sei. Hinweise auf eine Hauptsozialisierung in einem anderen Land als Nigeria gebe es nicht.

3. Das BAA wies den Asylantrag des Beschwerdeführers am 22.03.2011 ab, stellte Herkunft sowie Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers mit Nigeria fest und aberkannte einer Berufung die aufschiebende Wirkung. Die gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der AsylGH am 27.05.2011 in allen Spruchpunkten abgewiesen.

4. Am 25.04.2012 stellte der Beschwerdeführer in Schubhaft den zweiten Antrag auf internationalen Schutz und gab an, eine neue Chance zu brauchen. Er habe seit 2009 eine dem Vornamen nach genannte Freundin, bei der er auch bis dahin gewohnt habe, und wolle in Österreich leben. Seine alten Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht, neue habe er nicht. Bei einer Rückkehr befürchte er, vom Präsidenten getötet zu werden. Sein jüngerer Bruder sei bereits umgebracht worden.

Diesen Antrag hat das BAA m 23.06.2012 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der AsylGH hat die Beschwerde dagegen am 07.09.2012 mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Beschwerdeführer nach Nigeria statt nach "Nigeria alias Simbabwe" ausgewiesen werde.

5. Zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung brachte er am 05.10.2017 vor, seit 3 Jahren eine Beziehung mit einer Österreicherin zu führen, bei der er bereits 17 Monate gewohnt habe und dies auch nach seiner Haftentlassung wieder könne, während sich die Situation in Simbabwe nicht verändert und er dort Angst um sein Leben hätte. Mit den Angaben der genannten Frau konfrontiert korrigierte er sich am 29.03.2018 dahingehend, dass er diese im Mai 2016 kennengelernt und bei ihr "tageweise immer wieder" gewohnt habe. Seit 20.05.2013 habe er zudem einen Sohn österreichischer Staatsangehörigkeit, von dem er den Vornamen und die Vermutung angab, dass dieser in Salzburg lebe.

6. Mit dem nun bekämpften Bescheid erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 Asylgesetz 2005" und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I). Zugleich wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II), und ein Einreiseverbot für 10 Jahre verhängt (Spruchpunkt III). Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).

Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe verkannt, dass der Beschwerdeführer ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Elternteil eines minderjährigen EU-Bürgers habe, da zwischen diesem und ihm ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Ein solches sei anhand der Einzelfallumstände im Lichte des Kindeswohls zu prüfen. Dabei seien neben Alter und Entwicklung der Grad der affektiven Bindung und das Risiko zu beachten, das mit der Trennung für das innere Gleichgewicht des Kindes verbunden wäre.

Weiters wird geltend gemacht, die Dauer des Einreiseverbots sei zu lang, da die Rechtsprechung ein solches in vergleichbaren Fällen deutlich niedriger bemesse. Beantragt wurden ein Aufenthaltstitel nach §§ 54 ff AsylG 2005 und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ledig, christlichen Glaubens, gesund, arbeitsfähig und volljährig. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht Englisch und nach eigenen Angaben ein wenig Deutsch. In der Justizanstalt besucht er einen Deutschkurs und arbeitet für die Tischlerei.

Seine Eltern leben im Herkunftsstaat, wo der Beschwerdeführer in der Landwirtschaft gearbeitet hat, eine Schwester hält sich in den Vereinigten Staaten auf.

Er steht seit Mai 2016 mit einer gut 29 Jahre älteren, geschiedenen Österreicherin in einer Beziehung und hat bei dieser vor dem 24.09.2016 mehrfach genächtigt, ohne einen Wohnsitz zu begründen. Sie hat ihn danach in der Justizanstalt 2016 etwa wöchentlich und 2017 bis 31.10. etwa alle zwei Wochen besucht, seither bis 22.03.2018 nicht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Kinder hätte. Er hat kein Kind in Österreich, zu dem oder zu dessen Mutter er Kontakt hätte oder für das er Unterhalt leistet. Er benötigt weder Medikamente noch psychiatrische Behandlung.

Er hat angegeben, den Gottesdienst zu besuchen, ansonsten keine Vereinszugehörigkeiten oder andere soziale Eingebundenheit im Inland vorgebracht.

Er wurde wie folgt strafgerichtlich verurteilt:

Vom LGXXXX am 23.12.2009 wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten Unerlaubten Umgangs mit Suchtgift in gewerbsmäßiger Begehungsform zu einer Freiheitstrafe von sieben Monaten, davon sechs bedingt nachgesehen, wobei das Datum der Tat der 16.11.2009 war, somit drei Monate und neun Tage nach seiner Einreise, sowie

am 11.02.2010 wegen des Vergehens des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgift in gewerbsmäßiger Begehungsform zu einer Freiheitstrafe von sechs Monaten, wobei die bedingte Nachsicht zur ersten Verurteilung widerrufen wurde,

am 22.01.2013 wegen des Vergehens des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgift in gewerbsmäßiger Begehungsform zu einer Freiheitstrafe von 12 Monaten,

am 11.09.2014 wegen des Vergehens des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgift in gewerbsmäßiger Begehungsform zu einer Freiheitstrafe von 18 Monaten,

vom BG XXXX am 26.22.2014 wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung, wobei keine Zusatzstrafe zur Verurteilung vom 11.09.2014 verhängt wurde,

vom LGXXXX am 03.11.2016 wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten Unerlaubten Umgangs mit Suchtgift in gewerbsmäßiger Begehungsform, begangen am 23.09.2016 mit Heroin, zu einer Freiheitstrafe von 15 Monaten, sowie

am 27.02.2017 wegen der Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und der versuchten schweren Körperverletzung, begangen am 24.09.2016, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von 5 Monaten.

Wegen dieser Delikte befand und befindet er sich von 17.11.2009 bis 30.12.2009, von 13.01.2010 bis 05.01.2011, von 19.12.2012 bis 16.08.2013, von 21.08.2014 bis 20.06.2016 und seit 24.09.2016 durchgehend in Haft.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vom 07.08.2017 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere

außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vor-schriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes sowie den Akten der Asylverfahren, einschließlich der Erkenntnisse des AsylGH. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerde-führers gründen sich auf die bisher ergangenen Erkenntnisse dieses Gerichts, die strafgerichtlichen Urteile und - soweit unbestritten - die Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des BFA zu den familiären Verhältnissen.

Betreffend die angebliche Vaterschaft konnte aus folgenden Gründen nur eine Negativfeststellung getroffen werden:

Ein am 20.05.2013 geborenes Kind wäre etwa in der ersten Augusthälfte 2012 oder später gezeugt worden. Der Beschwerdeführer hat am 25.04.2012 angegeben, von Oktober 2009 bis zum Beginn seiner Schubhaft am 18.04.2012 unangemeldet bei seiner Freundin in Wien 17 gewohnt zu haben (AS 245 in Band 3). Am 21.06.2012 erklärte er, seine Freundin habe die Beziehung beendet, weil er nichts vorzuweisen und auch keinen Job hätte (AS 313 in Band 3). Nach Ende der Schubhaft am 03.05.2012 war der Beschwerdeführer nirgends, von 28.06.2012 bis zu seiner Inhaftierung am 19.12.2012 war er dann an einer Obdachlosenadresse gemeldet.

Im Rahmen der ersten Stellungnahme im Parteiengehör am 09.10.2017 gab der Beschwerdeführer den Deutschkurs an, erwähnte jedoch mit keinem Wort, Vater zu sein. In der Hauptverhandlung am 27.02.2017 hatte er angegeben, einen zweijährigen Sohn in Salzburg und einen vierjährigen in den Vereinigten Staaten zu haben, die bei ihren Müttern lebten. Dem Strafurteil ist zu entnehmen, dass er vorab nur von einem Kind gesprochen habe, und weder für das eine noch für das andere Unterhalt leistet.

Er gab betreffend den angeblichen Sohn in Salzburg am 30.03.2018 abweichend an, dieser sei am 20.05.2013 geboren, woraus sich ergäbe, dass das Kind bei der Hauptverhandlung nicht zwei sondern drei Jahre und zehn Monate alt gewesen wäre. Der Beschwerdeführer gab auch weder den Namen der Mutter noch den Nachnamen des Kindes an und erklärte, dieses lebe bei der Mutter, vermutlich ("voraussichtlich") in Salzburg. Er wusste also weder den Aufenthaltsort des Kindes noch den der Mutter anzugeben und gab lediglich an, er wolle nach der Entlassung "wieder Kontakt" zum Sohn bekommen. Daraus ergibt sich, dass er, wenn er Vater eines Sohnes im Inland ist, weder Kontakt zum Kind noch zur Mutter hat.

Die Daten zur Beziehungsaufnahme stammen aus den Angaben der beiden Personen, zum Familienstand der Frau und den Wohnsitzen aus dem ZMR. Betreffend die Besuche in der Justizanstalt ergibt sich die Häufigkeit aus deren Bericht (AS 245 ff).

2.3 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer hat dazu lediglich angegeben, er stamme nicht aus dem genannten Staat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der AsylGH hat mit Erkenntnis vom 27.05.2011, Zl. A13 418.729-1/2011/3E eingehend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Asylgewährung im Fall des Beschwerdeführers nicht erfüllt sind, und dies im Erkenntnis vom 07.09.2012, Zl. A13 418.729-2/2012/2E, bekräftigt. An dieser Beurteilung hält auch das Gericht im nunmehrigen Verfahren fest.

Zur wiederholten Behauptung des Beschwerdeführers, er habe nicht die Staatsangehörigkeit von Nigeria, ist zu erinnern, dass diese Frage bereits Prüfungsgegenstand im ersten Verfahren war, und einer neuerlichen Prüfung wie bereits im zweiten die "entschiedene Sache" entgegensteht.

Zu A) (Teilweises Stattgeben)

3.1 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I):

Im ersten Satz des Spruchpunkts I im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 Asylgesetz 2005" nicht erteilt werde. Damit war nach der Begründung (S. 79, AS 347) offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ein Drittstaats-angehöriger sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Zuletzt war der Beschwerde-führer während seines ersten Asylverfahrens aus diesem Grund zum Aufenthalt in Österreich berechtigt, welches aber wie festgestellt schon länger rechtskräftig abgeschlossen ist.

Seither hält sich der Beschwerdeführer nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist. Damit ist auch geklärt, dass eine Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht geboten ist.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein feststellbares Familienleben in Österreich und hat ein solches im Rechtssinn auch nicht dadurch behauptet, dass er angab, es sei sein Ziel, wieder Kontakt zu seinem angeblichen Sohn zu bekommen. Insofern erweist sich der in der Beschwerde enthaltene Vorwurf als verfehlt, das BFA habe es unterlassen, ein von seinem Sohn abgeleitetes Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses zu prüfen. Auch das in der Beschwerde angesprochene "Risiko, das mit der Trennung für das innere Gleichgewicht des Kindes verbunden wäre" lässt sich aus dem - eingestandenermaßen - fehlenden Kontakt zum angeblichen Sohn logisch nicht ableiten.

Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter den gegebenen Umständen kann vom Vorhandensein eines über den Umgang den Umgang mit Mithäftlingen, Kontaktpersonen der Tischlerei und Justizpersonal hinausgehenden Privatleben kaum gesprochen werden, zumal die Besuche durch die angeführte Österreicherin nahezu oder komplett beendet wurden, und andere nicht an deren Stelle traten.

Das alles ist aus der Tatsache erklärlich, dass der Beschwerdeführer von seinem bisherigen Aufenthalt im Inland von rund 8 Jahren und 9 Monaten insgesamt 5 Jahre und 3 Monate in Untersuchungs- und Strafhaft verbracht hat, dazu ein halbes Monat in Schubhaft. Das umfasst 60 % der Aufenthaltsdauer. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre verbrachte der Beschwerdeführer zusammengerechnet lediglich 15 Monate nicht in Haft.

Die Beziehung zur Österreicherin konnte er aus diesem Grund bereits nach vier Monaten lediglich als Fernbeziehung verlängern, zu einer Wohngemeinschaft kam es nicht.

Wenngleich der Beschuldigte seit mehr als fünf Jahren in erster Linie auf den Umgang mit Mithäftlingen und Justizpersonal beschränkt ist, kann vom Ende der übrigen privaten Beziehungen nicht ausgegangen werden, zumal der Beschwerdeführer auch angegeben hat, in die Kirche zu gehen, und 2017 noch regelmäßig Besuch in der Justizanstalt hatte.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, nämlich mindestens 16 von 25 Jahren, sprachliche und kulturelle Verbindungen, seine Eltern sowie Ortskenntnisse und die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen oder aufzufrischen.

Seine Beziehung zu der Österreicherin hat er zu einem Zeitpunkt begonnen, als sein Asylantrag bereits rechtskräftig abgewiesen und er ausgewiesen worden war. Das Gleiche gälte für die Beziehung zur angeblichen Mutter seines angeblichen Sohnes, der in der zweiten Jahreshälfte 2012 hätte gezeugt werden müssen. All das relativiert das Gewicht seiner privaten Interessen im Inland.

Dem bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Im konkreten Fall kommt dazu, dass der Beschwerdeführer die Behörden mehrfach über seine Staatsangehörigkeit und damit seine Identität zu täuschen versucht hat. Er lebte von der Grundversorgung und lebt nun als Strafgefangener in der Justizanstalt, weist - für die Dauer seines Aufenthalts - kaum Integrationsmerkmale auf, hat seinen Aufenthalt nur mittels eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz nach Einreise unter Angabe eines falschen Grundes verwirklichen sowie durch Ignorieren der Ausreiseverpflichtung fortsetzen können, und vom Spracherwerb im Alltag abgesehen Kurse zu diesem Zweck erst jüngst im Strafvollzug begonnen.

Am nachteiligsten wirkt sich aber aus, dass die Delinquenz des Beschwerdeführers zunehmend gravierender wurde, womit er die Trennung von seiner Partnerin und anderen Sozialkontakten wie zu deren Tochter bewusst als Folge in Kauf nahm. Der Beschwerdeführer wurde insgesamt fünfmal nach dem SMG verurteilt. Dazu kamen zwei weitere Verurteilungen wegen dreier Vergehen anderer Kategorien, nämlich ein Urkundendelikt, eine Straftat gegen Leib und Leben und eine gegen die Staatsgewalt.

Seit fünf Jahren fiel auch keine Strafe mehr unter 12 Monaten Freiheitsstrafe aus, von den fünf Monaten Zusatzstrafe aus 2017 abgesehen.

Den persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Auf-enthalt in Österreich stehen somit das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität und der anderen genannten Delikte sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber.

Was die Rückkehrentscheidung anbelangt, wird dabei der Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angesichts der vorangehenden, langen Trennung durch die Strafhaft und der nie vorhandenen Wohngemeinschaft geringeres Gewicht haben, sodass er gegenüber der Notwendigkeit, die von der Anwesenheit des Beschwerdeführers ausgehende Gefahr zu bannen, keine solche Bedeutung erlangt, dass von der - grundsätzlich nicht im Ermessen stehenden (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) - Rückkehrentscheidung abzusehen wäre. Diese Gefahr ergibt sich schon aus der gesetzlichen Vermutung des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG (siehe unten), wobei die erste Straftat nur Tage nach der Frist des § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG begangen wurde, andernfalls sie bereits für sich allein nach dieser Bestimmung die genannte Vermutung begründet hätte.

Der Sachverhalt lässt sich insofern mit jenem vergleichen, in welchem einem Fremden nach 16-jährigem Aufenthalt im Inland neben massivem fremdenrechtlichen Fehlverhalten eine "gravierende und von evidenter Unbelehrbarkeit gekennzeichnete Suchtmitteldelinquenz, die zur Verhängung von Freiheitsstrafen in einer Gesamtdauer von mehr als 7 Jahren führte, zur Last" zu legen waren (VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033). Fallbezogen sind es beim Beschwerdeführer 5 Jahre und 3 Monate, aber dafür in nur etwas mehr als der halben Aufenthaltsdauer.

Der VwGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass "angesichts dessen ein besonders großes Interesse" an der Aufenthaltsbeendigung bestand. Der Fremde habe "daher die damit verbundenen Folgen im öffentlichen Interesse (v. a.) an der Verhinderung von Delikten der in Rede stehenden Art (gewerbsmäßiger Suchtgifthandel) in Kauf zu nehmen." Das gelte "insbesondere nach dem langjährigen Inlandsaufenthalt in Bezug auf den Abbruch der Bindungen zu Österreich und Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat sowie in Bezug auf allenfalls eingeschränkte Möglichkeiten zur Erlangung der notwendigen medizinischen Behandlung" im Herkunftsland, "deren Auswirkungen aber jedenfalls die Schwelle des Art. 3 EMRK nicht erreichen".

Auch fallbezogen ist im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers eine solche Besorgnis nicht gegeben.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

Dementsprechend war - abgesehen von der Richtigstellung - die Beschwerde betreffend den Spruchpunkt I abzuweisen.

3.2 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.

Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat zumindest 16 Jahre seines Lebens dort verbracht. Er spricht Englisch und hat in Afrika auch schon Arbeitserfahrung gesammelt.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Es genügt nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer würde nach seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, dass er möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsland. Somit fehlen im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher auch betreffend den Spruchpunkt II abzuweisen.

3.3 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt III):

Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dau-er zu berücksichtigen ist, ist nach Abs. 3 Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten, aber auch seine mehrfache Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen.

Sämtliche über den Beschwerdeführer verhängten Strafen mit Ausnahme der zuletzt ausgesprochenen Zusatzstrafe erreichen mindestens sechs Monate, also 5 von 6, drei reichen vom Doppelten bis zum Dreifachen. Fünf von sieben Verurteilungen erfolgten wegen Drogendelikten.

Damit liegen die Voraussetzungen mehrfach vor, was sich auch auf die Dauer eines Einreise-verbots auswirkt.

Nach § 5 Z. 4 JGG hatte das Strafgericht am 23.12.2009, das von einer Jugendstraftat ausging, statt des zweijährigen Strafrahmens des § 27 Abs. 2a SMG von einem halbierten, also einjährigen auszugehen. Insofern ist die Freiheitsstrafe von sieben Monaten, auch wenn sechs davon bedingt nachgesehen wurden, bei einem Ersttäter ein Hinweis auf gravierendes Verschulden, weil damit bereits knapp 60 % der möglichen Höchststrafe ausgeschöpft wurden.

Das Strafgericht am 11.02.2010, das auch von einer Jugendstraftat ausging, hat unter anderem den "extrem" raschen Rückfall als erschwerend angeführt.

Der Beschwerdeführer wiederholte indes sein strafbares Verhalten und dehnte es auf andere Kriminalitätsbereiche aus. Seine Ausreiseverpflichtung ignorierte er dabei. Nach eigenen Angaben hat er auch jahrelang gegen die Meldepflicht verstoßen.

Angesichts dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Es besteht kein Zweifel, dass von ihm eine massive Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Kriminalität, speziell von Drogendelikten ausgeht.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen somit das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Kriminalität und das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung des Fremdenwesens gegenüber. Diesen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im Bundesgebiet rund 8 3/4 Jahre umfasst, wobei er weniger als ein Jahr mit Wohnsitzen außerhalb von Hafteinrichtungen gemeldet war, ansonsten nicht oder an einer Obdachlosenadresse und wie oben angeführt mehr als 5 Jahre in Haft.

Würde sich ein Fremder generell in einer Situation wie der des Beschwerdeführers erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so liefe dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwider.

Das BFA hat im Rahmen der möglichen Befristung von bis zu zehn Jahren die Höchstdauer gewählt. Das ist angesichts der Umstände, im Speziellen der Delinquenz des Beschwerdeführers, der zunächst nur durch Drogendelikte und die Übertretung des FPG, seit 2014 aber auch durch Straftaten gegen andere Rechtsgüter auffiel, und seiner mangelnden Selbsterhaltungsmöglichkeit im Inland, dem Grunde nach, aber nicht in dieser Höhe nachvollziehbar und angemessen.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, seine höchste und letzte Strafe nach dem SMG habe 20 Monate betragen [richtig: 18 bzw. 15 Monate], und das Gericht pflege bei Strafen von zwei Jahren das Einreiseverbot auf 6 Jahre zu reduzieren, übersieht er, dass in den beiden in der Beschwerde zitierten Entscheidungen jeweils Fremde mit weniger Verurteilungen (G301 2016852-1) oder vorangehenden weitaus geringeren Strafen zu beurteilen waren (W103 2107198-1).

Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im maximalen Ausmaß von zehn Jahren erweist sich dennoch in Anbetracht der Tatsache, dass von § 53 Abs. 3 FPG auch kriminelle Handlungen von höherem Unrechtsgehalt erfasst sind, in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe als zu hoch.

Allerdings erscheint eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf weniger als acht Jahre als nicht angemessen, zumal das persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers nicht etwa in einem einmaligen "Fehltritt" und einer daran folgenden Besserung seines Verhaltens bestand. Vielmehr hat er in einem Zeitraum von mehreren Jahren eine Vielzahl von strafbaren Handlungen gegen unterschiedliche Rechtsgüter verübt und wurde im Suchtgiftbereich immer wieder rückfällig.

Aus wichtigen öffentlichen oder privaten Gründen kann der Beschwerdeführer auch während dieser Zeit die Wiedereinreise nach § 27a FPG beantragen. Nach fristgerechter Ausreise und Ablauf der Wartefrist des § 60 Abs. 2 FPG bleibt es dem Beschwerdeführer unbenommen, z. B. im Fall geänderter Familienverhältnisse an das BFA wegen einer Verkürzung heranzutreten.

Nach all dem war auf Grund der Beschwerde dieser Spruchpunkt III wie geschehen abzuändern.

3.4 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV):

Nach § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

Die sofortige Ausreise erweist sich als nötig in diesem Sinne, da der Beschwerdeführer zur Bestreitung seiner Bedürfnisse auf kriminelles Verhalten verfallen ist. Er finanzierte sich seinen Lebensunterhalt nach eigenen Angaben über Betteln und Unterstützung seiner ehemaligen Freundin, jedoch nachgewiesen über Jahre zumindest auch durch Drogendelikte.

Verurteilt wurde er nicht nur wegen Beschaffens und Besitzens von Drogen unterschiedlicher Art, sondern auch wegen deren Weitergabe. Die zur Drogendelinquenz hinzugekommenen Vergehen zeigen, dass vom Beschwerdeführer auch Angriffe gegen unterschiedliche andere Rechtsgüter zu erwarten sind, da er die Werte der Rechtsordnung auch nach jahrelangem Aufenthalt und mehreren empfindlichen Haftstrafen nicht verinnerlicht hat.

Aus der Strafhöhe in Relation zum Strafrahmen lässt sich ablesen, dass das Verschulden des Beschwerdeführers und der Unrechtsgehalt der Taten eine gravierende Missachtung der rechtlich geschützten Werte bildeten. Angesichts des Fehlens legaler Einkünfte des Beschwerdeführers und der so drohenden jederzeitigen Möglichkeit weiterer Angriffe gegen unterschiedliche geschützte Rechtsgüter besteht daher die Notwendigkeit, mit dessen Ausreise nicht zuzuwarten.

Daher war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund fünf Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Angemessenheit, aufschiebende Wirkung - Entfall, Einreiseverbot,
Herabsetzung, Interessenabwägung, Körperverletzung, öffentliches
Interesse, Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung,
Suchtmitteldelikt, Urkundenunterdrückung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.1418729.3.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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