Entscheidungsdatum
23.03.2018Index
L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz SalzburgNorm
NatSchG Slbg 1999 §25 Abs1 litdText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Ing. Dr. Adalbert Lindner über die Beschwerden der Überparteilichen Interessengemeinschaft „AG“ und der Wassergenossenschaft AJ-Siedlung, beide vertreten durch Mag. BD BE (für die WG als Obmann), AJ 5, AH AI, der Dr. AL AK und des Dr. AM AK, AJ 15, AH AI, des AO AN, AP 3, AH AI, der Mag. AR AQ und des Mag. AT AQ, AS 10, AH AI, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14.08.2017, Zl xxx, (mitbeteiligte Partei: AA, BB BC, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH AW)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) und § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 25 Abs 1 lit d Salzburger Naturschutzgesetz (NSchG) wird den Beschwerden betreffend Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides keine Folge gegeben und werden diese als unbegründet abgewiesen. Sofern sich die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richten, wird gemäß § 31 Abs 1 VwGVG iVm § 8 AVG der Beschluss gefasst, diese als unzulässig zurückzuweisen.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ordentliche Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:
Mit Bescheid (Spruchteil I) der belangten Behörde vom 14.08.2017, Zl xxx, wurde der mitbeteiligten Partei - unter Auftragung verschiedener Auflagen, Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen und Setzung von Fristen - die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung von Bohrplätzen samt Zufahrt für die Bohrungen „BF12“, „BF13“ und „BF14“, auf GN x und y, je KG AI, erteilt.
Im Spruchteil II (Ausspruch über Einwendungen) Ziffer 3. und 4. des angefochtenen Bescheides werden die Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung der Wassergenossenschaft AJ-Siedlung, der Dr. AL AK und des Dr. AM AK als unbegründet abgewiesen.
Die vorgebrachten Einwendungen aller Beschwerdeführer (Spruchteil II Ziffer 2., 3., 4., 7. und 9. des angefochtenen Bescheides) betreffend möglicher Beeinträchtigungen durch das gegenständliche Projekt wurden als unzulässig zurückgewiesen. Die Behörde hat dies damit begründet, dass es sich bei den Beschwerdeführern weder um Antragssteller noch um Grundeigentümer handelt, diesen damit keine Parteistellung zukommt und daher von unzulässigen Einwendungen auszugehen sei.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wird in den gleichlautenden Beschwerden unter anderem ausgeführt, dass die Naturschutzbehörde die Bestimmungen des Salzburger Naturschutzgesetzes einzuhalten und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 zu berücksichtigen habe. Von einer näheren Darstellung der inhaltlichen Ausführungen der Beschwerdeführer konnte mangels Relevanz für die vorliegende Entscheidung abgesehen werden.
In der Beschwerdebeantwortung der mitbeteiligten Partei wird durch ihre Rechtsvertretung zusammengefasst ausgeführt, dass den Beschwerdeführern weder Parteistellung noch Beschwerdelegitimation im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren zukomme und dass die Zurückweisung der Einwendungen mangels möglicher UVP-Pflicht rechtmäßig wäre.
Von der Durchführung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da schon die Akten erkennen lassen, dass es sich bei der Beurteilung - ob den Beschwerdeführern als Nachbarn im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren eine Parteistellung zukommt und die erhobenen Einwendungen zulässig sind - um die Lösung von Rechtsfragen handelt und daher eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Sowohl Art 6 EMRK als auch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, zumal die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung an die mitbeteiligte Partei "civil rights" der Beschwerdeführer nicht berührt. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung von den Beschwerdeführern auch nicht beantragt.
Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Alle Beschwerdeführer sind in Bezug auf die Grundstücke (GN x und y, KG AI), für welche die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung von Bohrplätzen samt Zufahrt durch die belangte Behörde erteilt wurde, als Anrainer und Nachbarn anzusehen. Die Beschwerdeführer haben im behördlichen Verfahren Einwendungen erhoben.
Die Beschwerdeführer sind andererseits in diesem Verfahren weder Antragsteller noch Grundeigentümer jener Grundstücke, für welche die naturschutzrechtliche Bewilligung durch die belangte Behörde erteilt wurde.
Diese Feststellung gilt auch hinsichtlich der Interessensgemeinschaft als auch der Wassergenossenschaft.
Weitergehende Sachverhaltsdarstellungen erübrigen sich mangels Entscheidungsrelevanz.
In beweiswürdigender Hinsicht ist festzuhalten, dass sich der festgestellte Sachverhalt zweifelsfrei aus dem vorliegenden Akt der Behörde in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer ergibt.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu erwogen:
Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten:
Das Verwaltungsgericht hat, gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs 1 VwGVG).
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
Gemäß § 25 Abs 1 lit d Salzburger Naturschutzgesetz 1999 bedürfen die mit erheblichen Bodenverwundungen, Abtragungen oder Aufschüttungen verbundene Anlage und wesentliche Änderung von Schipisten, Sommerrodelbahnen, Straßen und Wegen einschließlich ihrer jeweiligen Nebenanlagen, ausgenommen nicht mit Lastkraftwagen befahrbare unbefestigte Rückewege zur Holzbringung, sofern damit keine größeren Abtragungen oder Aufschüttungen verbunden sind; alle sonstigen Gelände verändernden Maßnahmen dann, wenn diese Maßnahmen auf einer Fläche von insgesamt mehr als 5.000 m2 erfolgen, einer Bewilligung der Naturschutzbehörde.
Rechtlich folgt daraus:
In dieser Rechtssache ist zu prüfen, ob den Beschwerdeführern als Nachbarn sowie der Interessengemeinschaft und der Wassergenossenschaft im gegenständlichen naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung zukommt und sie infolgedessen zu beachtende Einwendungen im behördlichen Verfahren erstatten konnten und desweitern beschwerdelegitimiert für ein Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht sind.
§ 8 AVG verleiht allen (natürlichen und juristischen) Personen Parteistellung iSd AVG, die entweder vermöge eines Rechtsanspruchs oder vermöge eines rechtlichen Interesses an der Sache beteiligt sind. § 8 AVG transformiert nach Lehre und Rechtsprechung die materiellen subjektiven Rechte in durchsetzbare subjektive Rechte (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 8, Stand 1.1.2014, rdb.at).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes gibt § 8 AVG allerdings keine Auskunft darüber, wann im Einzelfall ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse gegeben ist. Diese Begriffe gewinnen erst durch die im jeweiligen Fall in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften einen konkreten Inhalt. Ob einer Person ein subjektiv öffentliches Recht zusteht – ihr Parteistellung eingeräumt wird – ist durch die materiellrechtlichen Verwaltungsvorschriften zu prüfen (idS zB VwGH vom 1.12.1988, 88/09/0108, oder vom 16.7.1992, 92/06/0082, ua).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 27. August 2002, 2001/10/0239, festgestellt hat, enthält das Salzburger Naturschutzgesetz keine ausdrückliche Vorschrift – ausgenommen betreffend Formalparteien (zB § 55 leg cit Landesumweltanwaltschaft) – über die Parteistellung im Verfahren zur Erteilung naturschutzrechtliche Bewilligungen im Allgemeinen oder im Verfahren zur Erteilung einer Bewilligung nach § 18 Salzburger Naturschutzgesetz. So sind auch im Verfahren zur Erteilung naturschutzrechtlicher Bewilligungen gemäß § 25 Salzburger Naturschutzgesetz subjektiv öffentliche Rechte für Nachbarn und Anrainern gesetzlich nicht vorgesehen und ist daher den Nachbarn und Anrainern die Parteistellung nicht eingeräumt worden. Ebenso wenig ist eine Formalparteistellung für Interessensgemeinschaften oder Genossenschaften vorgesehen bzw eingeräumt.
In der oben bereits zitierten Entscheidung führt der Verwaltungsgerichtshof auch aus, dass die Annahme, Nachbarn könnten gleichsam subsidiär anstelle der Landesumweltanwaltschaft (wenn diese beispielsweise wie im konkreten Fall auf eine Beteiligung im Verfahren verzichtet hat) in das Verfahren eintreten, im Salzburger Naturschutzgesetz keine Stütze findet. Dies begründet der Verwaltungsgerichtshof damit, dass - abgesehen davon, dass das Gesetz keinerlei Anordnung in diese Richtung enthält – die Aufgabe der Landesumweltanwaltschaft in der Wahrnehmung öffentlicher Interessen besteht und sie auch nicht eine Art Vertretung von Privatinteressen der von einem Vorhaben betroffenen Dritten darstellt. Gleiches gilt für Interessensgemeinschaften oder Genossenschaften.
Es kann entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes festgehalten werden, dass die Vorschriften des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 allein dem öffentlichen Interesse am Schutz der Natur dienen und allfällige Schutzansprüche von Nachbarn – insbesondere vor Gefährdung und Belästigung durch Anlagen - in Verfahren nach anderen Materiengesetzen wahrzunehmen sind (so auch zum OÖ NatSchG VwGH vom 22.12.2003, 2003/10/0232).
Mit einem naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid wird sohin nicht in Rechte von Nachbarn eingegriffen und lässt sich auch keine Bestimmung des Salzburger Naturschutzgesetzes finden, aus der sich eine Parteistellung von Nachbarn oder Genossenschaften im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren ableiten ließe.
Um das Recht, in einem Genehmigungsverfahren das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung als Rechtswidrigkeit geltend machen zu können, ist es Voraussetzung, dass dem Beschwerdeführer Parteistellung im betreffenden Materiengesetz zukommt. Es ist nämlich die Stellung als Partei in einem Verfahren, die diese Möglichkeit eröffnet (zB VwGH vom 5.4.2004, 2000/10/0178). Umgekehrt begründet das Recht, dass Nachbarn an UVP-Verfahren als Partei teilnehmen können, nicht auch das Recht, in einem Verfahren nach dem Naturschutzgesetz – bei fehlender Parteistellung nach diesem Gesetz - mit Erfolg geltend zu machen, es müsse eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden (zB VwGH vom 22.12.2003, 2003/10/0232). Eine erfolgreiche Geltendmachung eines solchen Vorbringens ist also an die Stellung als Partei im entsprechenden Verfahren – hier im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren – geknüpft. Im gegenständlichen Fall ist diese erforderliche Parteistellung, wie dargelegt, nicht vorhanden. Den Beschwerdeführern ist daher auch mit diesem Vorbringen kein Erfolg beschieden.
Es ist daher der rechtlichen Beurteilung der Behörde, welche die Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung der Wassergenossenschaft AJ-Siedlung sowie von Dr. AL AK und Dr. AM AK als unbegründet abgewiesen hat, nicht entgegenzutreten. Gleiches gilt für die Zurückweisung der Einwendungen aller Beschwerdeführer im behördlichen Verfahren.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund waren die Beschwerden betreffend Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
Mangels Parteistellung im naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren waren auch die Beschwerden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, soweit sie sich inhaltlich mit dem Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides auseinandersetzten, als unzulässig zurückzuweisen. Ein näheres Eingehen auf die inhaltlichen Ausführungen der Beschwerden erübrigt sich somit.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In seiner Entscheidung ist das Landesverwaltungsgericht weder von der bisherigen Rechtsprechung - siehe Judikaturzitate - des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, soweit hier relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Naturschutzrecht, Parteistellung, Nachbarn, AnrainerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.1.220.1.6.2018Zuletzt aktualisiert am
22.01.2020